Justiziarin Andrea Schannath gibt Antwort - NAV-Virchow-Bund

Recht Fragen an die Expertin
Justiziarin Andrea Schannath
gibt Antwort
Kein Anspruch auf Zeugnis
ohne Silbentrennung
Gestaltungsmissbrauch
bei Befristung von Verträgen
zur Vertretung
Verträge mit Betriebsärzten
sind jederzeit kündbar
Frau Dr. T. aus Bielefeld
„Ich habe einer Mitarbeiterin aufgrund
ihrer fachlichen Unfähigkeit kündigen
müssen. Ich habe ihr dennoch ein be­
friedigendes Zeugnis ausgestellt, dass
sie aber nicht akzeptiert, weil am Zeilen­
ende Silben getrennt wurden. Sie ist der
Ansicht, dass ich mit dem Zeugnis eine
Missbilligung ihrer Arbeitsleistung zum
Ausdruck bringe, weil ich mich durch
die äußere Form, also durch die Silben­
trennung, vom Inhalt des Zeugnisses
distanziere. Muss ich ein Zeugnis ohne
Silbentrennung ausstellen?“
Herr Dr. P. aus Dresden
„Ich habe vor sieben Jahren eine Mitar­
beiterin befristet als Mutterschaftsver­
tretung eingestellt. Da die zu vertretende
Mitarbeiterin noch zwei Kinder bekom­
men hat, habe ich jetzt schon den vier­
ten befristeten Vertrag auf Grund Mut­
terschutz und Elternzeit abgeschlossen.
Kann ich jetzt noch einmal eine Befris­
tung vereinbaren, wenn die zu vertreten­
de Mitarbeiterin Sonderurlaub beantragt
hat, oder ist das nicht zulässig?“
Herr Dr. H. aus München
„Ich arbeite neben meiner Praxis noch
für eine Firma als Betriebsarzt. Im Ver­
trag, der am 01.07.2007 begonnen hat,
steht, dass der Vertrag für zwölf ­Monate
gilt. Er verlängert sich jeweils um ein
Jahr, soweit er nicht von einem Vertrags­
partner sechs Monate vorher schriftlich
gekündigt wird. Mir wurde jetzt eine
Kündigung zum 31.12.2015 vorgelegt.
Ist dieser Kündigungstermin zulässig?“
Andrea Schannath
„Nein, das müssen Sie nicht. Das Landesarbeitsgericht Baden Württemberg hat am
27.11.2014 (Az.: 3 Sa 21/14) entschieden,
dass eine Arbeitnehmerin grundsätzlich
nicht die Erteilung eines Arbeitszeugnisses
ohne Silbentrennung beanspruchen kann.
Die Richter waren der Ansicht, dass ein
Zeugnis mit vereinzelt, sich zwangslos
ergebenden Silbentrennungen in keiner
­Weise auffällig sei und wiesen die Klage
der Mitarbeiterin ab.“
Andrea Schannath
„Ich kann sie beruhigen, Sie können durchaus nochmals einen befristeten Vertrag
abschließen. Das Bundesarbeitsgericht
(BAG) hat am 29.04.2015 (Az.: AZR
310/13) sogar entschieden, dass eine Beschäftigung über 15 Jahre auf Grund von
zehn befristeten Arbeitsverträgen nicht
rechtsmissbräuchlich ist, wenn der Arbeitnehmer während der gesamten Zeit unmittelbar eine auf Grund Mutterschutz,
Elternzeit und Sonderurlaub abwesende
Arbeitnehmerin vertritt. Der Arbeitgeber
kann also für den Vertretungsfall auch
mehrere befristete Arbeitsverträge hintereinander abschließen, sofern zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch mit
der Rückkehr der Vertretenen zu rechnen
ist. Dafür bedarf es auch nicht besonderer
Anhaltspunkte, vielmehr ist die ­Prognose
der Rückkehr nur in Ausnahmefällen
ausgeschlossen, wenn z. B. die Vertretene
ausdrücklich erklärt, dass sie nicht mehr
zurückkomme. Sie können also einen weiteren befristeten Vertrag vereinbaren.“
Andrea Schannath
„Wenn man dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 31.11.2014 (Az.: III ZR
101/14) folgt, dann leider ja. Der Vertrag
mit einem Betriebsarzt stellt ein Dienstverhältnis höherer Art dar. Es kann, anders
als ein Arbeitsverhältnis, jederzeit fristlos
und ohne Vorliegen wichtiger Gründe
gekündigt werden. Sie werden also die
Kündigung zum 31.12.2015 akzeptieren
müssen.“
Andrea Schannath
Justiziarin des NAV-Virchow-Bundes, Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e. V., der seit über 60 Jahren
kompetenten Arzt-Service bietet, beantwortet auf dieser Seite für den „niedergelassenen arzt“ die interessantesten Fragen,
die im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit an sie herangetragen werden.
Haben auch Sie Fragen an Andrea Schannath? Mitglieder des NAV-Virchow-Bundes erreichen sie montags bis donnerstags
jeweils von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 13 Uhr unter der Telefonnummer (030) 28 87 74 125.
30 — der niedergelassene arzt 11/2015