Praktische Ratschläge für die Architektur-Fotografie

 Praktische Ratschläge für die Architektur-Fotografie
Material und Einstellungen
• Kamera :
Verwenden Sie eine digitale Spiegelreflexkamera vom Typ DX (kleiner
Sensor) oder vorzugsweise vom Typ FX (Sensor 24x36 mm).
• Dateiformat :
Ziehen Sie das RAW-Format (Rohdatenformat) dem JPEG-Format
vor.
Wenn Sie das JPEG-Format wählen, nimmt die Kamera selbst
zahlreiche Korrekturen vor und komprimiert das Bild. Dabei gehen
Informationen verloren.
Das JPEG-Format ist nur zu empfehlen, wenn man keine Korrekturen
mit dem Computer vornehmen will oder kann. Die Ergebnisse werden
relativ gut, wenn auch enttäuschend.
RAW-Dateien hingegen sind noch «unbearbeitet» und ermöglichen es
so, mit diversen Programmen das bestmögliche Ergebnis
herauszuholen. Konvertieren Sie dann die Datei zu TIFF 16 Bit
(Oktett), nehmen Sie auf Photoshop letzte Nachbearbeitungen vor
und, wenn Ihnen das Bild gefällt, speichern Sie die Datei im JPEGFormat (Komprimierung minimal 8 oder vorzugweise 10 bis 12 mit
Photoshop), um die Bildgrösse zu verkleinern.
• Objektive:
Zooms sind praktisch und können von sehr guter Qualität sein.
Objektive mit Festbrennweite eignen sich sehr gut für ArchitekturAufnahmen.
Sogenannte «Tilt-und-Shift-Objektive» sind ausgezeichnet (aber
teuer) und ermöglichen die Korrektur der Trapezverzerrung vertikaler
Linien, wenn gegen oben oder unten fotografiert wird. Beachten Sie,
dass sich diese Verzerrungen auch auf dem Computer korrigieren
lassen.
• Stativ :
Ein brauchbares Stativ muss stabil sein!
Obschon ein Stativ für Aussenaufnahmen und Aufnahmen bei gutem
Wetter nicht immer nötig ist, hilft es, Fotos mit guter Bildeinstellung zu
machen, ebenso ermöglicht es einen kleinen ISO-Wert (100),
wodurch die Bildqualität erhöht wird (weniger Rauschen, weniger
Körnung). Für Innenaufnahmen sollte es immer verwendet werden,
ebenso ein Fernauslöser für die Kamera.
• Blitz :
Es wird ausdrücklich empfohlen, wenigstens einen abnehmbaren Blitz
zu haben, genug stark, mit drehbaren Kopf. Gebrauchen Sie ihn
indirekt, von einer Decke oder einer Wand aus, um die Schatten zu
erhellen, ohne neue zu schaffen. Stimmen Sie Umgebungslicht und
Blitz gut aufeinander ab. Es ist auch möglich, einen Blitz per Kabeloder Infrarot-Fernauslöser auszulösen.
• Polarisationsfilter :
Der Polarisationsfilter ist sehr nützlich, wird aber oft vergessen. Er
macht es möglich, störende Reflexionen auf dem Boden, auf Glas etc.
abzuschwächen.
• Farbtemperatur :
Sie sollte an die Situation angepasst sein (Tages- oder Kunstlicht,
Leuchtstoffröhre etc.). Die «Auto»-Einstellung liefert in der Regel gute
Resultate.
Beachten Sie, dass die Kamera die Farbtemperatur zu « Tageslicht »
ändert, wenn ein Blitz aufgesetzt wird!
Probleme vor Ort
• Position der Sonne :
Wenn die Sonne nicht zu hoch am Himmel steht, werden die Bilder
«plastischer», schillernder. Achten Sie deshalb darauf, die Sonne
nicht im Rücken zu haben, andernfalls werden ihre Sujets flach, als
wären sie auf 2 Dimensionen reduziert. Die Sonne selbst sollte nicht
im Bild sein.
• Zu hoher Kontrast :
Bei hohem Kontrast ist die Kamera nicht mehr in der Lage, alle Details
in den Schatten oder Lichtern zu zeigen. Insbesondere wenn Sie im
JPEG-Format fotografieren, sind diese Details für immer verloren.
Finden Sie den besten Kompromiss durch Variieren der
Belichtungszeiten. Das RAW-Format deckt einen höheren Kontrast
ab!
Eine andere Möglichkeit besteht darin, ein HDR-Bild zu kreieren.
Dazu müssen Sie mit Stativ arbeiten und eine Belichtungsserie
erstellen (z. B. von Blende -2 bis +2). Diese Bildserie kann mit
Photoshop oder anderen adäquaten Programmen zu einer einzigen
«verschmolzen» werden. Sie erhalten so ein Bild, das reich an Details
ist.
Die neusten Spiegelreflexkameras verfügen über eine integrierte
HDR-Funktion, welche die Belichtungsvarianten direkt übereinander
legt.
• Mischlicht :
Normale Halogen- und Glühlampen lassen sich gut mit normalem
Tageslicht mischen. Zögern Sie deshalb nicht, die Lampen einer
Wohnung auch am helllichten Tag anzuschalten. Sie helfen, Schatten
zu erhellen, und geben dem Bild eine goldfarbene Note.
Leuchtstoffröhren hingegen sollten wegen ihrem Lichtspektrum
ausgeschaltet werden.
• Trapezverzerrung :
Eine Aufnahme aus der Vogel- oder der Froschperspektive verzerrt
rechteckige Oberflächen zu Trapezen. Ist der Effekt gewollt, muss er
markant sein: Die Vertikalen sind entweder parallel oder eben
eindeutig nicht.
• Tiefenschärfe :
Für Detailfotos ist es gut, die Bildschärfe auf das Detail zu begrenzen
und die anderen Bildebenen unscharf zu lassen. Verwenden Sie dafür
eine offene Blende (2.8 bis 5.6).
Für eine Gesamtansicht ist es vorzuziehen, dass alles scharf ist. Für
eine Tiefenschärfe von 1 bis 10 m, auch mit grossem Winkel, ist eine
Blende von 8 bis 11 nicht zu viel. Benutzen Sie auch hier ein Stativ
und verlängern sie die Belichtungszeit, um den Lichtverlust zu
kompensieren.
Was führt zu einem gutem Bild?
• Die Antwort ist einfach: Sie! Bleiben Sie kritisch und tragen Sie Sorge zu Details, beim Fotografieren
ebenso wie bei der Bildbearbeitung am Computer. Um das Resultat beurteilen zu können, ist ein
guter, gut kalibrierter Bildschirm ein Muss!
• Nehmen sie die nötige Zeit und den nötigen Abstand zu Ihrem Sujet: Was sagt Ihnen das Bild, das auf
dem Bildschirm Ihrer Kamera erscheint? Lässt es Sie gleichgültig? Dann suchen Sie einen anderen
Blickwinkel.
• Vermeiden Sie «Sackgassen»-Fotos. Bemühen Sie sich stattdessen, Tiefe zu schaffen, und spielen
Sie zu diesem Zweck mit verschiedenen Ebenen, mit Gegenlicht, mit den Fenstern, mit der
Perspektive und den Fluchtpunkten. Öffnen Sie die Türen, um im Bild weiter zu sehen etc. Verhindern
Sie ausserdem, dass der Hintergrund ins Dunkle fällt.
• Spielen Sie mit den Kraftlinien, mit der Symmetrie und den Bewegungen, welche durch die Möbel und
Gegenstände hervorgerufen werden. Suchen Sie die Harmonie. Vermeiden Sie grosse leere
Oberflächen, besonders im Vordergrund.
• Wenn Ihnen die Botschaft, der Bildausschnitt, die Komposition und die Lichtstimmung Ihres Bildes
zusagen, sind Sie fast am Ziel angelangt. Beachten Sie die kleinsten Details und korrigieren Sie wenn
möglich jene, die stören. Sollte der Sonnenschirm nicht offen sein? Sollte man nicht Kerzen
anzünden? Etc.
• Gute Architekturbilder sollten nicht zu steril sein. Durch Platzieren einiger Accessoires kann ein Raum
wirken, als wäre er bewohnt und als würden sich dessen Bewohner darin wohl fühlen. Das Bild muss
Emotionen wecken und eine Einladung sein, einzutreten.
• Denken Sie auch daran, dass man bei Einbruch der Dunkelheit sehr schöne Fotos von Häusern und
Gebäuden machen kann.
Ich wünsche Ihnen allen viel Vergnügen und Erfolg bei Ihren nächsten Aufnahmen.
Thierry Bösiger
www.boesiger-fotodesign.ch
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