Feldkamp

Kartelle und ihre Verfolgung in der deutschen,
europäischen und amerikanischen Praxis
Dr. Hans-Martin Feldkamp
52. FIW-Ferienkurs 23.09.2015
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© Dr. Hans-Martin Feldkamp
Kartelle und ihre Verfolgung in der deutschen, europäischen
und amerikanischen Praxis
 Einführung: worum es in der Praxis geht
 Welches Recht?
 Kartellverbot: Tatbestand
 Rechtsfolgen / Verfahren
 Kartellbekämpfung in der Unternehmenspraxis
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Einführung
FOR IMMEDIATE RELEASE
THURSDAY; MAY 20, 1999
WWW.USDOJ.GOV/ATR
AT
(202)514-2007
TDD: (202)514-1888
F. HOFFMANN-LA ROCHE AND BASF AGREE TO PAY RECORD CRIMINAL FINES FOR PARTICIPATING IN
INTERNATIONAL VITAMIN CARTEL
F. HOFFMANN-LA ROCHE AGREES TO PAY $ 500 MILLION;
HIGHEST CRIMINAL FINE EVER
Swiss Executive Agrees to Plead Guilty and Serve U.S. Jail Time
WASHINGTON, D.C. -- A Swiss pharmaceutical giant, F. Hoffmann-La Roche Ltd today agreed to plead guilty and pay a
record $ 500 million criminal fine for leading a worldwide conspiracy to raise and fix prices and allocate market shares for
certain vitamins sold in the United States and elsewhere, the Department of Justice announced. A German firm, BASF
Aktiengesellschaft, also will plead guilty and pay a $ 225 million fine for its role in the same antitrust conspiracy, the
Department said.
.
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Einführung
Existenzgefährdung durch eigene Kartellabsprachen
SGL Carbon AG
Share Prices
1995-2005
Quelle: Stephan: The Bankruptcy Wildcard in Cartel Cases, Centre for Competition Policy Working paper 06-5,
im Internet unter: http://www.ccp.uea.ac.uk/public_files/workingpapers/CCP06-5.pdf
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Einführung
Geldbußen in den USA (1)
Fast paralleler Anstieg in der EU
Quelle: : Hammond, The Evolution of Criminal Antitrust Enforcement Over the Last Two Decades, speech, Miami FL, February 25, 2010
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Einführung
Geldbußen in den USA (2)
Anstieg innerhalb der Dekade auch in der EU
Quelle: U.S. Department of Justice, CRIMINAL ENFORCEMENT, Fine and Jail Charts Through Fiscal Year 2014, Updated June 25, 2015;
im Internet unter: http://www.justice.gov/atr/criminal-enforcement-fine-and-jail-charts
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Einführung
Gefängnisstrafen in den USA
Quellen: Hammond a.a.O. (li.); US DOJ, a.a.O. (re.)
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Einführung
USA Top Ten
Quelle: Webseite des US Department of Justice, Stand: 25.06.2015
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Einführung
USA und EU im Vergleich
Quelle: Connor: Cartels Portrayed: U.S. vs. EC: Who‘s Winning the Prosecution Race? A 21-Year Perspective, 1990 to 2010;
Im Web unter: http://kartellblog.de/2015/01/14/connor-u-s-vs-ec-whos-winning-the-prosecution-race-a-21-year-perspective-1990-to-2010/
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Einführung
Ausgangslage
• Aufdeckung von Kartellen ist ein Schwerpunkt der US-Administration und der EU-Kommission
• Inflationärer Anstieg der Geldbußen in USA und EU; D zieht nach.
• Die Top Ten sind internationale Kartelle.
• Alle betreffen außer-amerikanische Konzerne.
• Durchsetzung von Haftstrafen gegen Mitarbeiter außer-amerikanischer Unternehmen (jüngst im
inFokus)
Kein Unternehmen ist vor einer Schädigung oder
Existenzgefährdung durch Verstöße gegen das
Kartellrecht sicher.
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Welches Recht?
Auswirkungsprinzip
Kartellverträge, die sich auch im Ausland auswirken, unterliegen ...
... dem Kartellrecht aller betroffenen Staaten.
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Welches Recht?
EU vs. Mitgliedsstaaten: Art 3 VO 1 / 2003
• Die Behörden / Gerichte der Mitgliedsstaaten wenden nationales Kartellrecht und Art. 101, 102
VAEU an
• Keine Anwendung nationalen Kartellrechts, wenn ein Verhalten durch Art. 101 VAEU
zugelassen ist (Abs. 1, 3 oder GVO)
• Art. 102 VAEU blockiert strengeres nationales Recht nicht!
• Nationales Recht mit anderer Zielsetzung als Art. 101, 102 VAEU darf angewendet werden.
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Kartellverbot: Tatbestand
Horizontale Absprachen
• Preisabsprachen (auch Rabatte)
• Festlegung von Marktanteilen
• Aufteilung regionaler Märkte
• Sachliche Marktaufteilung
• Aufteilung von Kunden
• Kapazitätsabsprachen
• Stilllegungsabkommen
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... sind regelmäßig verboten.
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Kartellverbot: Tatbestand
Vertikale Absprachen
• Festlegung von Wiederverkaufspreisen
•
Festlegung von Handelsspannen
•
Export-/Importverbote (EU)
... sind regelmäßig verboten.
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Kartellverbot: Tatbestand
Abgestimmtes Verhalten
• Abgestimmtes Marktverhalten ist in gleichem Umfang verboten wie ein den Wettbewerb
beschränkender Vertrag.
• Abgestimmtes Verhalten ist jede gegenseitige Verständigung über das künftige Marktverhalten.
• Das Nachahmen des Verhaltens eines anderen Unternehmens oder gleichförmiges Verhalten
mehrerer Unternehmen sind kein abgestimmtes Verhalten.
• Der Indizienbeweis ist zulässig.
• Exkurs: Auch Korrespondenz mit dem Inhouse Counsel kann als Beweismittel verwertet werden
(s. EuG v. 17.9.2007 i. S. Akzo Nobel, Akcros ./. Kommission, T-125/03, T-253/03, bestätigt
durch EuGH am 14.09.2010).
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Bußgeld und Kriminalstrafe
Land
individuell
Unternehmen
Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10*
Jahren; Geldstrafe bis zu $ 1.000.000*
Geldstrafe bis zu $ 100 Mio* oder
2facher Mehrerlös / Schaden
./.
Bußgeld bis zu 10 % des weltweiten
Konzernumsatzes
- Bußgeld bis zu € 1.000.000*
- Submissionskartelle: Freiheitsstrafe bis
zu 5 Jahren oder Geldstrafe
Bußgeld bis zu € 1.000.000* bzw.
10 % des weltweiten
Konzernumsatzes*
*: neu seit 2005
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
EU-Bußgeld-Leitlinie vom 01.09.2006
Berechnung des Bußgeldes aus folgenden Faktoren:
(1) Prozentsatz vom relevanten Umsatz (≤ 30%) je
nach Schwere des Verstoßes
x
(2) Zahl der Jahre der Beteiligung
+
(3) „Eintrittsgebühr“
+/(4) Zuschläge/Abschläge
Absolute Obergrenze: 10% vom weltweiten
Konzernumsatz
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Zum Durchgriff auf die
Konzernobergesellschaft
s. EuGH v. 10.9.2009 i. S.
Akzo Nobel et al. ./.
Kommission (C-97/08)
Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Die europäische „Kronzeugenregelung“ - Fälle
• Immunität vor Geldbußen,
• wenn der Kommission die Existenz des Kartells unbekannt war
oder ihr ausreichende Beweismittel fehlten
• für die erste Anzeige / die erste Vorlage ausreichender
Beweismittel
• Ermäßigung der Geldbuße, wenn
• Kenntnis der Kommission oder Dritter für Immunität qualifiziert und
• Beweismittel erheblichen Mehrwert darstellen
30-50 % Ermäßigung für das erste Unternehmen
20-30 % Ermäßigung für das zweite Unternehmen
< 20 % Ermäßigung für jedes weitere Unternehmen
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Die europäische „Kronzeugenregelung“
• Voraussetzungen:
• sofortige Einstellung der Beteiligung (Ausnahmen jetzt möglich)
• uneingeschränkte Zusammenarbeit (nicht mehr nur für Immunität)
• strenge Regeln für die Sicherung von Dokumenten (neu)
• keine Ausübung von Zwang zur Teilnahme am Kartell (Immunität)
•
Verfahren:
• Antrag mit Beschreibung und Beweismitteln (ggf. hypothetisch; evtl. “Marker“)
• Prüfung mehrer Anträge nach Reihenfolge des Eingangs
• Gewährung bedingter Immunität.
• Kommision muss nicht tätig werden.
• Strafnachlass für „direct settlements“.
„Kronzeugenregelungen“ weltweit:
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
USA: Individual Accountability for Corporate Wrongdoing
1. To be eligible for any cooperation credit, corporations must provide to the Department all relevant
facts about the individuals involved in corporate misconduct.
2. Both criminal and civil corporate investigations should focus on individuals from the inception of the
investigation.
3. Criminal and civil attorneys handling corporate investigations should be in routine communication
with one another.
4. Absent extraordinary circumstances, no corporate resolution will provide protection from criminal or
civil liability for any individuals.
5. Corporate cases should not be resolved without a clear plan to resolve related individual cases
before the statute of limitations expires and declinations as to individuals in such cases must be
memorialized.
6. Civil attorneys should consistently focus on individuals as well as the company and evaluate whether
to bring suit against an individual based on considerations beyond that individual’s ability to pay.
Quelle: Sally Quillian Yates, Speech at NYU, September 10, 2015, im Web unter:
http://www.justice.gov/opa/speech/deputy-attorney-general-sally-quillian-yates-delivers-remarks-new-york-university-school
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Zivilrechtliche Rechtsfolgen
Schadensersatzanspruch aus § 33 Abs. 3 GWB;
ausgeweitet durch die 7. GWB-Novelle
Schadenersatzanspruch aus § 33 Abs. 3 GWB i. V. m.
Art. 101 Abs. 1 VAEU (und vergleichbaren Vorschriften
anderer EU-Mitgliedsstaaten; vgl. die neue EUSchadensersatz-Richtlinie)
Treble damages, aber nicht mehr zu Lasten von Kronzeugen
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Besonderheiten des US-Verfahrens
• Jury Proceedings
• Discovery
• Class Actions
• Klagen indirekter Käufer
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Kartellverbot: Rechtsfolgen/ Verfahren
Ein Beispiel aus den USA
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Kartellverbot: Rechtsfolgen/ Verfahren
Entwicklung der Praxis
Zulässigkeit der Klage bestätigt
durch OLG Düsseldorf v. 14.5.08,
VI U (Kart) 14/07; BGH v. 7.4.09,
KZR 42/08, GRUR-RR 2009,319;
LG Düsseldorf v. 17.12.13,
37 O 200/09: unbegründet;
OLG Düsseldorf v. 18.2.15, VI U
3/14: Berufung zurückgewiesen;
Erfolg in der Sache 2013 in NL
(Gas Insulated Switchgear)
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
US- und andere Verfahren vs. EU-Kronzeugenregelung
• Problem: Der Kläger darf die Herausgabe belastender Dokumente verlangen, auch
schriftlicher Anträge unter der Kronzeugenregelung.
• Jede Offenlegung eines Antrages würde die Effizienz der Kronzeugenregelung stören.
• Lösung der Kommission: mündliche Antragstellung („paperless testimony“)
• Zugriff von Klägern auf vorgelegte Dokumente?
EuGH v. 14.06.2011, ABl. C 232,5 (Pfleiderer) verweist auf die Rechtsordnungen der
Mitgliedsstaaten -> z. Z. relevantes Risiko
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Schadensersatz: Neu im deutschen und EG-Recht
• Anspruchsberechtigt jetzt: jeder Betroffene, d. h. „wer als Mitbewerber oder sonstiger
Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.“
• „Passing-on-Defence“ ausgeschlossen (s. aber BGH v. 28.06.2011 – KZR 75/10 Durchschreibpapier)
• Auch indirekte Abnehmer begünstigt (a.a.O.)
• Verzinsungspflicht ab Schadenseintritt
• Tatbestandswirkung für kartellbehördliche Entscheidungen: Aber welcher Behörden?
Auch gegenüber Kronzeugen?
• Verjährungshemmung durch laufende Kartellverfahren
Modifizierung durch die am 17.04.2014 durch das EP angenommene EU-Richtlinie über
Schadensersatzklagen (…) wg. Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen
(…), im Web unter: http://ec.europa.eu/competition/antitrust/actionsdamages/documents.html
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
EU-Schadensersatz-Richtlinie
• Voller Schadensausgleich; Überkompensation ausgeschlossen (Art. 2)
• Anordnung der Vorlage von Beweismitteln durch das Gericht (vorbe-haltlich
Verhältnismäßigkeit und eines evtl. Berufsprivilegs) (Art. 5)
• Begrenzter Schutz des Kronzeugen (Art. 6)
• Abgestufte Bindungswirkung behördlicher Entscheidungen (Art. 9)
• Verjährung: 5 Jahre ab Kenntnis, ggf. unterbrochen durch behördliches Tätigwerden
(Art. 10)
• Im Prinzip gesamtschuldnerische Haftung der Kartelltäter (Art. 11)
• Anspruchsberechtigt ist der direkte oder indirekte Kunde, bei dem der Schaden
geblieben ist; „passing-on defence“ möglich (Art. 12 ff.)
• Schädigung vermutet, Schaden kann geschätzt werden (Art. 13)
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Kartellverbot: Rechtsfolgen / Verfahren
Internationale Zusammenarbeit zwischen den Kartellbehörden
• Übereinkommen über die Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten
Kartellbehörden
• Sonderfall European Competition Network (ECN)
• Informationsaustausch
• I.d.R. kein Austausch vertraulicher Informationen, aber USA:
Rechtsgrundlage im International Antitrust Enforcement Assistance Act,
15 U.S.C. §§ 6201-6212 (1994)
Tendenz zum weiteren Ausbau der Zusammenarbeit
Ein weiterer Ausbau des Informationsaustausches kollidiert mit der
Verschiedenartigkeit der Rechtssysteme und unterschiedlich strukturierten
rechtsstaatlichen Garantien.
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Kartellbekämpfung im Unternehmen
Wie kommt es zu Kartellverfahren?
• Vermeintliche „wirtschaftliche Notwehr“ bei Problemprodukten (vs.
Strukturmaßnahmen)
• Aufdeckung von Kartellrechtsverstößen durch gekündigte oder abgefundene
Mitarbeiter
• beteiligte Unternehmen (begünstigt durch Immunitätsprogramme; auch Imagefrage!
• betroffene Unternehmen (Kunden!)
• Behörden (Erkennbarkeit; Zufallsfunde)
• externe Faktoren, bis hin zum Ehepartner
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Kartellbekämpfung im Unternehmen
Vorsorgemaßnahmen zur Risikominderung
• Verhaltensrichtlinien für kartellrechtskonformes Verhalten als Bestandteil der
„Company Policy“ kann strafmildernd wirken.
• Disziplinarmaßnahmen gegen Mitarbeiter bei Rechtsverstößen (bis hin zu
Kündigungen)
• Evtl. Installierung eines Ombudsmanns oder einer Hotline
• Regelmäßige Information der Führungskräfte über die kartellrechtlichen Vorgaben
• Optional E-Learning-Programme
• Instruktion aller Mitarbeiter zur Nichtteilnahme an Besprechungen, sobald die Gefahr
einer Kartellabsprache aufkommt
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Thesen
1. Die erhöhten Bußgelder für Hard-Core-Kartelle wirken sich nachhaltig aus auf Täter
und Dritte (Beschäftigte, Aktionäre, dritte Staaten).
2. Internationale Kartelle unterliegen nach dem Auswirkungsprinzip dem Recht aller
betroffenen Staaten.
3. Die aktuelle Europäische Kartellverordnung hat das Zweischrankenkonzept etwas
zurückgedrängt.
4. Nicht Kartellverträge, sondern ein „nur“ abgestimmtes, oft kollusiv verdecktes
Verhalten bilden den Schwerpunkt der Hard-Core-Kartelle der letzten Jahre.
5. Die heutigen Sanktionsdrohungen genügen allen generalpräventiven
Anforderungen.
6. Die Verfolgung von Kartellen in den USA ist effizient, widerspricht aber in vielem
europäischem Rechtsempfinden.
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Thesen
7. Die europäische Kronzeugenregelung war bisher effizient, hat aber im Netzwerk der
Behörden zu Problemen geführt.
8. Schadensersatzansprüche von Kartellopfern sollten auch international konfliktfrei mit
dem öffentlichen Kartellrecht und dem übrigen Zivilrecht harmonieren; sie sind
davon mehr denn je entfernt.
9. Die Verwirklichung des „Anwaltsprivilegs“ für Syndici ist verbesserungsbedürftig.
10. Kartelle sind meist nicht nur volkswirtschaftlich, sondern auch betriebswirtschaftlich
schädlich, indem sie nötige Strukturmaßnahmen verhindern.
11. Die Zuversicht mancher Unternehmensmitarbeiter, Kartelle blieben unentdeckt, ist
irrig.
12. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter durch Verhaltensrichtlinien, Schulungen, ggf.
Disziplinarmaßnahmen zur strikten Respektierung des Kartellverbotes anhalten.
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Anlage 1
Das US-Kartellverbot - Sherman Act
Section 1 (15 U.S.C. § 1).
Every contract, combination in the form of trust or otherwise, or conspiracy, restraint of trade or
commerce among the several States, or with foreign nations, is declared to be illegal. Every
person who shall make any contract or engage in any combination or conspiracy hereby declared
to be illegal shall be deemed guilty of a felony, and, on conviction thereof, shall be punished by fine
not exceeding $ 100.000.000* if a corporation, or, if any other person, $ 1,000,000*, or by
imprisonment not exceeding 10* years, or by both said punishments, in the discretion of the court.
Die Pflicht zum Ersatz des Zweifachen des Gewinns / des finanziellen Schadens folgt aus 18
U.S.C. §§ 3571 - 3572 (1994)
*Verschärfungen 2005
Kommentierung: Blechman / Bernstein, in: Frankfurter Kommentar zum GWB, US Antitrust Recht
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Anlage 2
Extraterritoriale Anwendung des US-Kartellrechts
Sherman Act
Section 6a (Foreign Trade Antitrust Improvement Act, 15 U.S.C. § 6a(1982)).
Sections 1 to 7 of this title [15 U.S.C.] shall not apply to conduct involving trade or commerce
(other than import trade or import commerce) with foreign nations unless (1) such conduct has a direct, substantial, and reasonably foreseeable effect (A) on trade or commerce which is not trade or commerce with foreign
nations, or on import trade or import commerce with foreign nations, or
(B) on export trade or export commerce with foreign nations, of a person
engaged in such trade or commerce on the United States; and
(2) such effect gives rise to a claim under the provisions of sections 1 to 7 of this title,
other than this section.
If section 1 to 7 of this title apply to such conduct only because of the operation of paragraph (1)
(B), then sections 1 to 7 of this title shall apply to such conduct only for injury to export business in
the United States.
Vgl. auch Hartford Fire Insurance Co. v. California Merret Underwritting Agency Management Ltd., 509 U.S. 764, 797 (1993) und Empagran S.A. et al vs. F.
Hoffmann-La Roche Ltd. et al; No. 01-7115 (D. C. Cir.) (2003), aufgehoben durch den US Supreme Court am 14.6.2002
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Anlage 3
Bußgeldberechnung und -statistik
Europäische Kommission: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß
Art. 23 Abs. 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, ABl. C 210 vom 01.09.2006, S. 2.
Aktuelle EU-Statistik im Web abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/competition/cartels/statistics/statistics.pdf
Bundeskartellamt: Bekanntmachung Nr. 38/2006 (über die Festsetzung von Geldbußen nach §
81 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gegen
Unternehmen und Unternehmensvereinigungen – Bußgeldleitlinien – vom 15. Dezember
2006), im Internet unter:
bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/06_Bussgeldleitlinien_Logo.pdf,
nicht mehr angewandt seit dem 19.04.2013 wegen:
BGH v. 26.02.2013, KRB 20/12, WuW 2013, 609 = WuW/E DE-R 3861 – Grauzementkartell,
kommentiert im „Kartellblog“ unter: http://kartellblog.de/
2013/04/26/bgh-in-grauzement-die-kappung-der-kappungsgrenze/
Statistik:http://de.statista.com/statistik/daten/studie/158809/umfrage/vom-bundeskartellamtverhaengte-bussgelder
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Anlage 4
Bonusregelungen - Beispiele
US Department of Justice: Corporate Leniency Policy, issued August 10, 1993; im
Internet unter: www.justice.gov/atr/public/guidelines/0091.htm
Industry Canada - Competition Bureau: Immunity Program under the competition
act, June 6, 2010; im Web unter: www.competitionbureau.gc.ca/eic/site/cbbc.nsf/eng/03248.html
EU-Kommission: Mitteilung der Kommission über die Nichtfestsetzung oder die
niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen, ABl. C 298 vom 8.12.2006,
S. 7
Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren (…), ABl.
C 167 vom 02.07.2008, S.1
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Anlage 5
Bonusregelungen - weitere Beispiele
European Competition Network: Das ECN-Kronzeugenregelungsmodell, im Internet
unter:
http://ec.europa.eu/comm/competition/antitrust/ecn/ecn_home.html
Bundeskartellamt; Bekanntmachung Nr. 9/2006 über den Erlass und die Reduktion
bei Geldbußen in Kartellsachen – Bonusregelung – vom 7. März 2006; im Internet
unter:
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Merkblaetter/Merkblaetter_
deutsch/06_Bonusregelung.pdf
Office of Fair Trading; im Internet unter: Leniency in cartel cases,
www.oft.gov.uk/shared_oft/business_leaflets/ ca98_mini_guides/oft436.pdf
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Anlage 6
Mehrfache Verfolgung derselben Kartellabsprache?
... aus Sicht des ...
... EU-Rechts
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... deutschen Rechts
Mehrfache Verfolgung
durch dieselbe Behörde
OWiG) wegen desselben Verstoßes
Ne bis in idem
Ne bis in idem
(Art. 103 III GG, 84 I, II 1)
EU-vs. nationales Kartellrecht
Lt. EuGH nur Anrechnungspflicht
bzgl. bereits ergangener Sanktionsentscheidungen
(analog Art. 90 II EGKSV)
Anrechnungspflicht
(§ 51 StGB)
mehrfache Verfolgung durch
verschiedene Behörden nach
Art. 81 EGV
Ne bis in idem
(s. aber die Erwägungen im LysinFall)
Ne bis in idem
erneute Verfolgung nach Verfolgung in einem Drittstaat
Auch Anrechnungspflicht verneint
in den Fällen Lysin (C-397/03) und
Spezialgraphit (C-328/05)
Anrechnungspflicht
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Anlage 7
Internationale Zusammenarbeit - Beispiele
Agreement between the European Communities and the Government of the
United States of America regarding the application of their competition laws,
signed September 23, 1991; ABl. L 95 v. 27.4.1995, S. 45 ff.; ABl. L 131 v.
15.6.1995, S. 38
Agreement between the Government of the U.S.A. and the European
Communities on the application of positive comity principles in the enforcement
of their competition laws, signed June 3/4, 1998; ABl. L 173 v. 18.6.1998
Agreement between the Government of Canada and the European Communities
regarding the application of their competition laws, date: 17.06.1999; Abl. L 175
v. 10.7.1999
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