Die Sparkassenorganisation in Österreich

 Finanzgruppe
Deutscher Sparkassen- und Giroverband
Berlin, 8. Juli 2015
Die Sparkassenorganisation in Österreich
Der österreichische Bankenmarkt
Gesamtwirtschaftlich besitzt der Bankensektor in Österreich eine leicht
unterdurchschnittliche Bedeutung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. So
war die Bilanzsumme aller Banken 2013 in etwa 2,8-mal so groß wie die
gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes. Im Vergleich dazu betrug der europäische
Durchschnitt das 3,2-fache des BIP. Das Bankfilialnetz in Österreich ist mit 1.942
Einwohnern pro Geschäftsstelle stark überdurchschnittlich ausgebaut. Im Vergleich dazu
liegt der europäische Durchschnitt bei 3.490 Einwohnern pro Geschäftsstelle (siehe
Grafiken 1 und 2).
Die Cost-Income-Ratio der österreichischen Banken lag 2013 mit 77% deutlich über dem
Niveau anderer europäischer Länder. Die Rentabilität der österreichischen Banken,
gemessen am Return on Equity, war 2013 im europäischen Vergleich sehr gering (siehe
Grafiken 3 und 4).
Traditionell wird der österreichischen Bankensektor gemäß Rechtsform und
(historischer) Kundenausrichtung der jeweiligen Institute in acht Sektoren unterteilt,
wobei die Grenzen zwischen den Sektoren zunehmend verwischen. Unterschieden wird
zwischen Aktienbanken, Sparkassen, Bausparkassen, Volksbanken,
Landeshypothekenbanken, Raiffeisenbanken, Sonderbanken und Zweigstellen von
Kreditinstituten aus EU-Mitgliedstaaten.
Zu Beginn der 1990er Jahre expandierten österreichische Banken in die zentral-, ostund südosteuropäischen Länder (CESEE-Region). Diese Länder stellen heute ein
wesentliches Geschäftsfeld mit hoher Profitabilität aber auch großen Risiken dar. So
waren neben dem Rückgang der Neugeschäftsmargen vor allem Firmenwertabschreibungen bei Tochterbanken in der CESEE-Region für das negative Gesamtergebnis
der österreichischen Banken in 2013 in Höhe von 1 Mrd. Euro verantwortlich.
2014 fiel das Ergebnis der österreichischen Banken (inkl. Auslandstöchter) mit 1,4 Mrd
EUR wieder positiv aus. Allerdings ist anzumerken, dass die Verluste der Hypo Alpe Adria
Bank aufgrund der laufenden Abwicklung in diesen Zahlen nicht mehr enthalten sind.
Insgesamt bleiben die identifizierten Risiken für die österreichischen Banken bestehen.
Darunter fallen die relative Ertragsschwäche im Inland, die Exponierung gegenüber der
CESEE-Region und die verstärkte Gewinnkonzentration auf einige wenige CESEE-Länder
sowie die unterdurchschnittliche Eigenmittelausstattung.
1
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Die größten Bankengruppen in Österreich sind die Erste Group Bank AG, die UniCredit
Bank Austria AG und die Raiffeisen Bank International AG. Zusammen haben sie fast die
Hälfte der ausstehenden Schuldverschreibungen des gesamten Bankensektors emittiert.
Tabelle 1: Die größten österreichischen Banken/Bankengruppen nach Bilanzsumme
Gruppe
2013
2012
2011
2010
Erste Group Bank AG
200
214
210
206
UniCredit Bank Austria AG
196
208
199
193
Raiffeisen Bank International AG (RBI) 131
136
147
131
VB Verbund (Volksbanken Verbund)
46
60
65
Raiffeisenlandesbank Oberösterreich 39
40
38
36
BAWAG P.S.K.
41
41
39
n.a.
36
Quelle: www.relbanks.com, 2015, in Mrd. Euro
Grafik 1: Bilanzsumme Banken zu BIP (BzBIP)
Grafik 2: Einwohner pro Geschäftsstelle (EpG)
4.000
500
400
3.000
300
2.000
200
1.000
100
0
0
2010
2011
BzBIP Österreich
2012
2010
2013
2011
EpG Österreich
BzBIP Europa Durchschnitt
2012
2013
EpG Europa Durchschnitt
Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in %
Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, Personen
Grafik 3: Cost-Income-Ratio (CIR)
Grafik 4: Return on Equity (RoE)
100
10
75
5
50
0
25
2010
0
2010
2011
CIR Österreich
2012
2013
CIR Europa Durchschnitt
Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in %
2011
2012
-5
RoE Österreich
RoE Europa Durchschnitt
Quelle: Europäische Zentralbank, 2015, in %
2013
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Die österreichischen Sparkassen
Die österreichische Sparkassengruppe besteht aus 48 Instituten: 46 Sparkassen in den
Bundesländern, sowie der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG (Erste Bank
Oesterreich) und der Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse (Zweite Sparkasse). In
manchen Aufstellungen wird auch die Erste Group Bank AG, die als Holdinggesellschaft
und Zentralinstitut fungiert, als 49stes Institut hinzugerechnet.
Die Erste Bank Oesterreich ist für das gesamte Österreich-Geschäft inklusive Haftungsverbund verantwortlich. Die Erste Group Bank AG ist als Holding zuständig für die
strategische Ausrichtung ihrer Tochterbanken in Österreich, Tschechien, der Slowakei,
Rumänien, Ungarn, Serbien, Kroatien sowie operativ für die Zentralfunktionen Treasury,
Large Corporates und internationales Geschäft.
Tabelle 2: Strukturmerkmale der österreichischen Sparkassen
Rechtsform
Im weiterhin gültigen Sparkassengesetz von 1979 werden die
österreichischen Sparkassen in § 1 Absatz 1 als „von Gemeinden oder
Sparkassenvereinen gegründete juristische Personen des privaten Rechts“
definiert. Die Gemeindesparkassen sind Einrichtungen, die durch eine
oder mehrere Gemeinden getragen werden, wobei die Gemeinden bis
Anfang 2003 voll für die Verbindlichkeiten der Sparkasse hafteten. Die
Vereinssparkassen entsprechen in ihren Strukturen in etwa den
deutschen freien Sparkassen.
Seit 1987 haben die österreichischen Sparkassen die Möglichkeit, ihr
Bankgeschäft in eine Aktiengesellschaft einzubringen. Die ursprüngliche
Sparkasse verbleibt als Anteilsverwaltungssparkasse (AVS), d.h. ihre
Funktion umfasst nur noch die Verwaltung der durch sie gehaltenen Aktien
an der Sparkassenaktiengesellschaft sowie gemeinwohlorientierte
Tätigkeiten.
33 Sparkassen (inkl. Erste Bank Oesterreich) haben ihren Geschäftsbetrieb
in eine Aktiengesellschaft ausgelagert. Die übrigen 15 Institute bestehen
noch in der traditionellen Form von 3 Gemeinde- und 12
Vereinssparkassen.
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Eigentümerstruktur
2013
2012
Sparkassen insgesamt*
48
49
Aktiengesellschaften
33
44
Gemeindesparkassen
3
3
Vereinssparkassen
12
12
* mit Erste Bank Oesterreich und Zweite Wiener Vereins-Sparcasse
Als Aktionäre der insgesamt 33 Sparkassen-Aktiengesellschaften
fungieren u. a. 35 Stiftungen und 9 Anteilsverwaltungssparkassen. Das
bedeutet, dass bei einigen Sparkassen-Aktiengesellschaften die Aktien
von mehreren Stiftungen bzw. Anteilsverwaltungssparkassen gehalten
werden.
Sparkassenstiftungen
Seit 01.01.1999 können die Anteilsverwaltungssparkassen in private
Stiftungen umgewandelt werden. Im Falle von Gemeindesparkassen haftet
die Gemeinde mit der Umwandlung in die Stiftung nur mehr für die bei
Umwandlung bestehenden Verbindlichkeiten, nicht aber für neu
eingegangene Verbindlichkeiten, sodass die Haftung sich im Laufe der Zeit
gegen Null reduziert und damit der von der EU angenommene
Beihilfentatbestand der öffentlichen Hand an Bedeutung verliert. Bisher
wurden 35 Anteilsverwaltungssparkassen gemäß § 27a Sparkassengesetz
in eine Sparkassenstiftung umgewandelt. .
Geschäftstätigkeit
Die Sparkassen sind seit 1979 als Universalbanken allen anderen Kreditinstituten gleichgestellt. Der Schwerpunkt liegt traditionell auf
Privatkunden, klein- und mittelständischen Unternehmen sowie in der
Vermögensverwaltung.
Landesweite
Verbreitung
Die Sparkassengruppe umfasst 48 Sparkasseninstitute (inkl. Erste Bank
Oesterreich und Zweite Sparkasse, Stand 12/2014) mit einem
flächendeckenden Netz von 970 Geschäftsstellen in allen Bundesländern
Österreichs.
Regionalprinzip/
Marktstellenbereinigung
1979 abgeschafft. De facto ist das Regionalprinzip wieder eingeführt, da
das Spitzeninstitut Erste Bank Oesterreich seine Filialen im Rahmen der
Marktstellenbereinigung im Austausch gegen Sparkassenbeteiligungen an
die Bundesländersparkassen weitgehend übertragen hat. Insgesamt sind
seit 1998 etwa 100 Bankstellen der Erste Bank an die Sparkassen
übertragen worden. Marktgebiete der Sparkassen werden durch den
Haftungsverbundvertrag
festgelegt.
Im
Burgenland
ist
die
Sparkassengruppe durch Filialen der Erste Bank und der Sparkasse
Hainburg-Bruck-Neusiedl vertreten, die Mitglied des Landesverbandes der
niederösterreichischen Sparkassen ist.
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Gemeinwohlorientierung/
Corporate
Social
Responsibility
Die Sparkassen erfüllen in ihrem Einzugsbereich auch gemeinnützige,
insbesondere soziale und kulturelle Aufgaben. Das gesellschaftliche und
soziale Engagement ist freiwillig. 2014 haben die österreichischen
Sparkassen insgesamt 21,5 Mio. EUR in soziale, kommunale und kulturelle
Projekte investiert.
Haftungsverbund
Erste Bank und Sparkassen haften seit 2002 im Rahmen von
wechselseitigen Haftungsvereinbarungen für die Auszahlung der
Kundeneinlagen weit über die gesetzlich gesicherten Beträge hinaus.
Der Haftungsverbund wirkt ergänzend zur gesetzlichen Einlagensicherung
und Anlegerentschädigung als zusätzliches Sicherheitsnetz. Er ist ein
subsidiäres Instrument, das im Absicherungsfall (Eröffnung des Konkurses
über ein Mitglied des Haftungsverbunds) nach der gesetzlichen
Einlagensicherung in Kraft tritt.
Der Haftungsverbund wird durch die Haftungsverbund GmbH getragen, an
der die Erste Bank Oesterreich die Mehrheit hält. 2007 wurde er durch
einen „wirtschaftlichen Zusammenschluss“ seiner Mitglieder erweitert (gilt
seit Januar 2008). Ziele des erweiterten Haftungsverbundes sind die
Entwicklung eines effektiven Produktionsverbundes, eine Vereinheitlichung des Marktauftritts und der Werbelinie, eine einheitliche Risikopolitik, ein abgestimmtes Liquiditätsmanagement sowie gemeinsame
Standards im Controlling, welche die Marktstellung ausbauen sollen.
In der Grundsatzvereinbarung zum Haftungsverbund, dem alle 1
österreichischen
Sparkassen
angehören,
ist
zudem
ein
Früherkennungssystem verankert, um frühzeitig auf wirtschaftliche
Schwierigkeiten einer Sparkasse reagieren zu können. 2014 trat der
Haftungsverbund 3 in Kraft, der eine vertragsrechtliche Konzernstruktur
zum Inhalt hat.
Zweite
Sparkasse
1
2006 wurde auf Initiative der Erste Bank-Stiftung die Zweite Wiener
Vereins- Sparcasse gegründet. Sie ermöglicht ein Guthabenkonto für
Menschen, die keinen Zugang zu Bankdienstleistungen mehr bekommen.
Die Zweite Sparkasse, die eng mit Wohlfahrtsverbänden und
Schuldnerberatungen zusammenarbeitet, ist inzwischen in ganz
Österreich (außer Vorarlberg) tätig. Überwiegend ist die Zweite Sparkasse
in den Filialen der lokalen Sparkassen mit vertreten. Eigene Filialen
bestehen in Wien, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Villach.
Eine Ausnahme ist die Allgemeine Sparkasse Oberösterreich Bankaktiengesellschaft, die 2009 mit der Erste
Group Bank AG und der Erste Bank Oesterreich eine trilaterale Haftungsvereinbarung abgeschlossen hat.
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Tabelle 3: Wichtige Strukturkennzahlen der österreichischen Sparkassen
2014
2013
Anzahl Institute
48
48
Anzahl Kunden
3,43 Mio.
3,36 Mio.
Geschäftsstellen (inkl. OMV)
1.154
1.160
Mitarbeiter
13.069
13.248
Quelle: Factsheet Erste Bank und Sparkassen, 12/2014
Tabelle 4: Wichtige Bilanz- und GuV-Kennzahlen der österreichischen Sparkassen
2014
2013
Bilanzsumme
96,5
94,7
Kredite an Kunden
66,3
64,6
Unternehmern
27,1
26,1
Privat
32,6
32,6
Staat
3,5
3,1
Banken
3,1
2,8
Zinsüberschuss
1,58
1,43
Provisionsüberschuss
0,79
0,73
Gewinn nach Steuern
0,41
0,33
davon an:
Quelle: Geschäftsbericht 2014, in Mrd. Euro
Tabelle 5: Wichtige Ertragskennzahlen der österreichischen Sparkassen
2014
2013
Cost Income Ratio
62,2
65,2
Eigenkapitalrentabilität
8,0
6,6
84432
84432
Staat
Quelle: Geschäftsbericht 2014, in %
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Das Zentralinstitut: Erste Group Bank AG (Konzernholding)
Gegründet 1819 als die „Erste österreichische Spar-Casse“, ging die Erste Group 1997
mit der Strategie, ihr Retailgeschäft in die Wachstumsmärkte Zentral- und Osteuropas
(CEE) auszuweiten, an die Wiener Börse. Durch zahlreiche Übernahmen und organisches
Wachstum hat sich die Erste Group, gemessen an der Kundenzahl und der Bilanzsumme,
zu einem der größten Finanzdienstleister im östlichen Teil der EU entwickelt.
Tabelle 6: Wichtige Kennzahlen der Erste Group Bank AG
2014
Anzahl Kunden
16,2 Mio.
Anzahl Mitarbeiter
46.000
Anzahl Geschäftstelle
2.700
Gewinn nach Steuern (1.Quartal 2015)
226 Mio. Euro
Bilanzsumme
203 Mrd. Euro
Gesamtkapital
14 Mrd. Euro
Betriebsergebnis
741 Mio. Euro
Kernkapitalquote
10,5%
Kredit-Einlagen-Verhältnis
99%
Eigenkapitalrendite (1.Quartal 2015)
9,0%
Quelle: Factsheet Erste Group Bank AG und Ad-hoc-Mitteilung 1.Quartal 2015
Grafik 5: Übersicht Gruppenstruktur Erste Group Bank AG
Quelle: Unternehmenswebseite
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Grafik 6: Übersicht Aktionärsstruktur Erste Group Bank AG
Quelle: Webseite
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Der Dachverband: Österreichischer Sparkassenverband
Tabelle 7: Strukturmerkmale des österreichischen Sparkassenverbandes
Mitglieder
Rechtsform
Aufgaben
Die 6 regionalen Landesverbände der österreichischen Sparkassen, die 49
österreichischen Sparkassen (inklusive Erste Group Bank),
Anteilsverwaltungssparkassen und die 35 Sparkassenstiftungen sowie
Kooperationspartner
eingetragener Verein
- Interessenvertretung (national und in der EU)
- strategische Diskussionsplattform der Sparkassengruppe
- Kollektivvertragsverantwortung
- Sparkassenrelevante Beratungs- und Serviceleistungen in den
Bereichen Recht, Wirtschaftspolitik und Datenmanagement, Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
- Interessenausgleich innerhalb der Sparkassengruppe
Der Österreichische Sparkassenverband ist Mitglied des Weltinstituts der Sparkassen
und der Europäischen Sparkassenvereinigung sowie außerordentliches Mitglied des
Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V., sowie Mitglied in der
Sparkassenstiftung für internationale Kooperation (Bonn).
Alle Angaben ohne Gewähr.
Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.
Abt. Volkswirtschaft und Finanzmärkte
Charlottenstraße 47
10117 Berlin