D Deklination

Prof.Dr.PeterGallmann
D
D1
Jena,Sommer2016
Deklination
AllgemeineszurDeklinationimDeutschen
–
–
–
–
Deklinierbar:Nomen(Substantiv),Artikelwort/Pronomen,Adjektiv
KategorienderDeklination:Kasus,Numerus,Genus(=KNG)
Nomen:festesGenus,DeklinationnachKasusundNumerus
Artikelwort/Pronomen und Adjektiv: Deklination auch nach Genus. Aber keine Ge‐
nusunterscheidungenimPlural.
– Kasus:KeineUnterscheidungvonNominativundAkkusativ,außerSingularMasku‐
linumundPersonalpronomender1./2.Person.
D2
Substantiv
– FestesGenus
– Numerus‐undKasusflexionweitgehendentkoppelt(Ausnahme:schwacheMaskuli‐
na)
D2.1
DiedreiGenera
Jedes Substantiv (außer solchen, die nur im Plural vorkommen; = Pluraliatantum) ge‐
hörteinemGenusan:Maskulinum,FemininumoderNeutrum.AmSubstantivselbstist
dasGenusnichtdirekterkennbar,esbestimmtaberdieFormvonArtikelwörternund
Adjektiven(Wortgruppenflexion,→SkriptE).
(1)
TabellemitBeispielen: Maskulinum
derLöffel
dieserLöffel
einsilbernerLöffel
Femininum
dieGabel
dieseGabel
einesilberneGabel
Neutrum
dasMesser
diesesMesser
einsilbernesMesser
RegelhaftistdasGenusnurbeieinemTeilderPersonenbezeichnungen(undbeieinigen
wenigenTierbezeichnungen).
D2.2
Zum»Geschlecht«derPersonenbezeichnungen
Bei Personenbezeichnungen spielen zwei Kategorien eine Rolle, die unbedingt ausei‐
nandergehaltenwerdenmüssen:
– Genus=grammatischesGeschlecht
– Sexus=semantischesGeschlecht
ImFolgendenwirdvoneinemschlichtenKonzeptvonSexusausgegangen,dasdreiWer‐
tekennt:
– sexusindifferent
– spezifischmännlich
– spezifischweiblich
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2
Eigentlichmüsstehiernochweiterdifferenziertwerden,etwadahingehend,inwieweit
reinbiologischeMerkmaleeineRollespielen(→SexusimengenSinn,biologischesoder
»natürliches«Geschlecht)oderabersozialeundpsychologischeMerkmale(→Gender,
sozialesoderpsychologischesGeschlecht).BeidersozialenKategorieGenderistvieles
imFluss(vgl.die58GenderklasseninderenglischenVersionvonFacebook;Frühjahr
2014). Außerdem spielt die kommunikative Relevanz eine Rolle: »sexusindifferent«
heißtnicht,dasskeinbiologischesoderkeinsozialesGeschlechtvorhandenist(daswä‐
re»geschlechtslos«bzw.»sexuslos«,»genderlos«),sondernnur,dassdiespezifischege‐
schlechtlicheAusprägungimvorliegendenKommunikationszusammenhangkeineRolle
spielt.
Statt von sexusindifferentem wird auch von sexusunspezifischem, geschlechtsneutra‐
lem oder generischem Gebrauch gesprochen. Letzteres ist genau genommen nur eine
Möglichkeit des sexusindifferenten Gebrauchs. Generische Aussagen beziehen sich im
SinneallgemeinerAussagenaufbestimmteGattungen,wobeivondenjenigenBesonder‐
heitenderIndividuen,dieimvorliegendenZusammenhangirrelevantsind,abstrahiert
wird.
Die meisten substantivischen Personenbezeichnungen lassen sich einer der folgenden
dreiKlassenzuordnen:
– KlasseA:nursexusindifferenterGebrauch
– KlasseB:nursexusspezifischerGebrauch
– KlasseC:sowohlsexusspezifischeralsauchsexusindifferenterGebrauch
KlasseAumfasstPersonenbezeichnungen,dienursexusindifferentgebrauchtwerden.
AlsNormalgenuskannmandasMaskulinumvermuten.RealspieltdasaberkeineRolle,
eskommenfaktischalledreiGeneravor(lexikalischesWissen):
(2)
a.
b.
c.
d.
Maskulina:derMensch,derGast,derStar
Feminina:diePerson,dieFachkraft,dieNachtwache
Neutra:dasMitglied,dasIndividuum,dasKind
OhneGenus(nurimPluralvorkommend):dieLeute
WennsolcheSubstantivedocheinmalsexusspezifischverwendetwerdensollen,behilft
mansichmitAdjektiven:
(3)
einweiblicher/männlicherFahrgast;einweiblicher/männlicherStar
Ein Sonderfall von ausgeblendetem Sexus liegt bei Personen‐ und Tierbezeichnungen
mitMerkmal»klein«,»niedlich«,»nichterwachsen«vor:SieweisenoftdasGenusNeut‐
rumauf.
(4)
a. dasKind,dasBaby,dasGirl
b. AuchSuffixe:‐chen,‐lein(dasMädchen,dasBüblein;dasKätzchen);aber
nicht‐ling(daher:derSäugling);→(6)
c. dasFohlen,dasKüken,dasKalb
d. dasKleine,dasJunge(Substantivierungen)
e. DialektalauchweiblichePersonennamen:datAnna,sEva(Nüblingetal.
2013)
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3
Klasse B umfasst Personenbezeichnungen, die nur sexusspezifisch gebraucht werden.
SiebeziehensichalsojenachdemnuraufmännlicheodernuraufweiblichePersonen.
Dabeigilt:(a)spezifischmännlich=maskulinesGenus,(b)spezifischweiblich=femini‐
nesGenus:
(5)
a. derMann,derJunge,derHerr
b. dieFrau,dieDame;dieChefin,dieFreundin
Sonderfälle:
– MorphologischeFaktorenhabennormalerweisemehrGewichtalssemantische.Dies
zeigtsichbeiPersonenbezeichnungenmitdenSuffixen‐chenund‐lein(sogenannte
Diminutive).SiehabenimmerdasGenusNeutrum;→(4):
(6)
das Mädchen, das Büblein, das Jüngelchen; das Herrchen, das Frauchen
(einesHaustiers);(veraltet:)dasFräulein
– AbweichendeEinzelfälle(lexikalischesWissen):
(7)
die Memme, die Tunte; das Model, das Weib (als neutrale Personenbe‐
zeichnungveraltet;heutepejorativ);derVamp
Klasse C umfasst maskuline Personenbezeichnungen, die sowohl sexusspezifisch (Be‐
zugnuraufMänner)alsauchsexusindifferentgebrauchtwerden.NebensolchenMas‐
kulinastehtgewöhnlicheinefeminineAbleitung,diesexusspezifischaufweiblichePer‐
sonenreferiert(KlasseB),meistmitdemSuffix‐in:
(8)
Abiturient→Abiturientin;Agent→Agentin;Anhalter→Anhalterin;Bü r‐
ger→Bü rgerin;Chef→Che in;Erbe→Erbin;Favorit→Favoritin;Freund
→ Freundin; Gewinner→ Gewinnerin; Hersteller → Herstellerin; Kollege
→Kollegin;Sieger→Siegerin;Teilnehmer→Teilnehmerin;Verbrecher→
Verbrecherin
– BeispielefürdensexusspezifischenGebrauch:
(9)
a. DiesenBerichthatunserKorrespondentinNewYorkverfasst.DiesenBe‐
richthatunsereKorrespondentininNewYorkverfasst.
b. NochimmerverdienenÄrztemehralsÄrztinnen.DiesesJahrschlossen37
Gärtnerund42GärtnerinnenihreLehreab.
– BeispielefürdensexusindifferentenGebrauchderMaskulina:
(10) Einige Politiker meinen, Ärzte verdienten zu viel. Die Schüler müssen in
dieserGegendoftweiteSchulwegezurücklegen.JederGärtnerkenntdiese
Schädlinge.
Amsexusindifferenten(generischen)Gebrauchwirdkritisiert,dassersichformalnicht
vomsexusspezifischenGebrauchunterscheidet,sodassinhaltlicheundkommunikative
Missverständnisse entstehen können, z.B. der Eindruck, dass Frauen gar nicht mitge‐
meintsind.ExperimentestützendieseAnnahme.AusdiesemGrundwirddersexusin‐
differenteGebrauchderMaskulinaoftvermieden;stattdessenwerdenPaarformenge‐
braucht:
(11) Alle Schülerinnen und Schüler sind herzlich eingeladen. (Anrede:) Liebe
ZuschauerinnenundZuschauer!
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AußerdemkommenPersonenbezeichnungenderKlasseAinFragesowiesubstantivier‐
te Adjektive und Partizipien im Plural (siehe nachstehend); die kommunikative Wir‐
kungdieserMittelscheintabergeringerzusein(Stahlberg/Sczesny2001).DaPaarfor‐
men–abgesehenvomangestrebtendeutlichenBezugaufweiblicheundmännlichePer‐
sonen–vielRedundanzaufweisen,werdensieingeschriebenerSpracheoft(ingespro‐
chener zumindest gelegentlich) verkürzt. Die amtliche Rechtschreibung nimmt (be‐
wusst)dazunichtStellung:
(12) a.
b.
c.
d.
e.
f.
g.
h.
AbsolventenundAbsolventinnen
Absolventen/Absolventinnen
Absolventen/‐innen
Absolvent/‐innen
Absolvent/innen
AbsolventInnen
Absolvent_innen
Absolvent*innen
FürsubstantivierteAdjektiveundPartizipiensowiefürdiemeistenPronomengelten
beiBezugaufPersonendiefolgendenRegeln:
– ImSingularwerdendiemaskulinenFormenwiedieSubstantivederKlasseC(a)se‐
xusspezifisch(BezugaufmännlichePersonen)oder(b)sexusindifferentverwendet:
(13) a. VölligverzweifeltstehtMarcellaeinemFremdengegenüber,dereinstihr
Geliebterwar.(Internetbeleg)
b. WozuistmangegenübereinemFremdenmoralischverpflichtet?Aufun‐
seremPlanetenkenntjederjedenübersechsEcken.(Internetbelege)
– DiefemininenFormendesSingularssindimmersexusspezifisch(Bezugaufweibli‐
chePersonen).
(14) SiewareineFremde,diekeineHoffnunghatte.DiegroßeAngst,diedube‐
schreibst,kenntjedehierimForum.(Internetbelege)
– ImPluralistnureinesexusindifferenteEinheitsformvorhanden:
(15) a. einNeuer,eineNeue→vieleNeue
b. derStudierende,dieStudierende→dieStudierenden
c. Dashatschonmanchererfahren.Dashatschonmancheerfahren.→Das
habenschonmancheerfahren.
Wenn sichergestellt werden soll, dass ein Ausdruck sexusindifferent zu verstehen ist,
verwendetmansingularischePaarformenoderPluralformen:
(16) a. Dann tragen Sie dafürSorge, dass deroderdieNeue am ersten Tag nicht
alleindasteht.DerRektorbegrüßtedieNeuen.
b. Natürlich kennt jeder und jede mindestens eine Person, die raucht und
von Tabak abhängig ist. Natürlich kennen alle mindestens eine Person,
die…
Bestimmte Pronomen werden vornehmlich sexusindifferent gebraucht (a). Sie haben
wiedieSubstantivederKlasseCmaskulinesGenus,wiemananwiederaufnehmenden
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Pronomenablesenkann(b).BeispezifischemBezugaufweiblichePersonensetztsich
aberzuweilenderSexusdurch(c).
(17) a. wer,jemand,jedermann,niemand,man
b. MansiehthiervorlauterRauchseine/*ihreeigeneHandnichtmehr.Wer
hatseinegroße(oderkleine)LiebeübersInternetkennengelernt?(Inter‐
netbeleg)
c. Natürlich muss sich niemand,die das nicht will, an die offiziellen Vorga‐
benhalten.(Internetbeleg)
D2.3
Numerus
DieOppositionSingular–PluralistgekoppeltandassemantischeMerkmalderZählbar‐
keit.NichtalleNomendrückenetwasZählbaresaus!
DieBildungderPluralformen:
Grundregeln
G1
Neutra/Maskulina
→Pluralauf‐e
Tisch→Tische
G2
Feminina
→Pluralauf‐en
Frist→Fristen
G3
Auslaut‐en,‐er,‐el
→e‐Tilgung
Teller→Teller,Ader→Adern
Zusatzregeln
Z1
Auslaut‐e
→Pluralauf‐en
Zeuge→Zeugen
Z2
AuslautaufVollvokal
→Pluralauf‐s
Auto→Autos
Z3
Femininaauf‐ee,‐ie,‐ei
→Pluralauf‐en
Allee→Alleen
AllgemeineMuster,lexemgebundeneAnwendung
L1
FemininamitPluralauf‐e
Hand→Hände
L2
Mask./NeutramitPluralauf‐en
Staat→Staaten
L3
Mask./NeutramitPluralauf‐er
Feld→Felder
L4
KonsonantischerWortausgang+‐s
Hotel→Hotels
Umlaut:Regelwissen(Normalfall:keinUmlaut)
U1
Feminina+L1(e‐Plural)
→Umlaut
Hand→Hände
U2
Maskulina/Neutra+L3(er‐Plural)
→Umlaut
Wald→Wälder
Umlaut:allgemeinesMuster,lexemgebundeneAnwendung
U3
Maskulina+G1
Maskulina+G1+G3
→±Umlaut
Hund→Hundevs.Wolf→Wölfe
Stapel→Stapelvs.Nagel→Nägel
Tempus→Tempora;Tempo→Tempi
SonstigeEinzelfälle
D2.4
DieKasusflexiondesSubstantivs
Substantive können nach dem Kasus flektiert werden. Das jeweilige Kasusmerkmal
hängt vom Gebrauch im Satz ab und bestimmt nicht nur die Flexion des Substantivs,
sonderndieganzedarausgebildeteNominalphrase.DieFlexionvonSubstantiven,Arti‐
kelwörtern und Adjektiven wirkt im Deutschen im Verbund, wobei Artikelwörter und
stark flektierte Adjektive den Kasus eher deutlicher anzeigen als das Substantiv (→
SkriptE:Wortgruppenflexion).
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Bei der Kasusflexion des Substantivs kann man verschiedene Muster unterscheiden.
MansprichthiervonFlexionsklassenoderDeklinationsklassen.
Kasusformen
imSingular
Kasusformen
imPlural
I
endungslos
II
stark
III
stark
(Eigennamen‐
deklination)
IV
schwach
V
Nominativ
Akkusativ
Dativ
Genitiv
dieZahl
dieZahl
derZahl
derZahl
derRaum
denRaum
demRaum(e)
desRaum(e)s
Anna
Anna
Anna
Annas
derPrinz
denPrinzen
demPrinzen
desPrinzen
dieLeute
dieLeute
denLeuten
derLeute
Nominativ
Akkusativ
Dativ
Genitiv
dieRegel
dieRegel
derRegel
derRegel
dasSegel
dasSegel
demSegel
desSegels
Paris
Paris
Paris
Paris’
derZeuge
denZeugen
demZeugen
desZeugen
dieSachen
dieSachen
denSachen
derSachen
DieKasusflexiondesSubstantivsberuhtweitgehendaufallgemeinenRegeln.Lexemge‐
bundenesWissenistfastnurinTeilbereichenderschwachenFlexionerforderlich.
– DiefolgendenRegelnnehmennuraufNumerusundGenusBezug:
(18) K1:Femininum+Singular→FlexionsklasseI(endungslos).
K2:Maskulinum/Neutrum+Singular→FlexionsklasseII(stark)
K5:Plural→FlexionsklasseV
Die Regeln K3 und K4 sind spezifischer und führen zu den Sondermustern III und IV.
WenndieaufgeführtenBedingungenzutreffen,habensiedenVorrang:
(19) K3:Eigenname+artikellos→FlexionsklasseIII
K4:Maskulinum+belebt+n‐Plural→FlexionsklasseIV(schwach)
BeiderschwachenFlexiongibtesetwaeinDutzendWörtermitIrregularitäten:
(20) Herz;Buchstabe;Name(n),Glaube(n),Haufe(n),Funke(n),Wille(n)…
D3
ZurFlexionvonArtikelwörternundPronomen
D3.1
Kasus,Numerus,GenusundPerson
ArtikelwörterundPronomentragengrammatischeMerkmalederMerkmalklassenKa‐
sus,NumerusundGenus.MehrheitlichsindsienachdiesengrammatischenMerkmalen
flektierbar:
(21) a. Flexion nach dem Kasus: Das bin ich (Nominativ) → Dieses Foto zeigt
mich(Akkusativ).→DieserKerlaufdemFotogleichtmir(Dativ).
b. FlexionnachdemNumerus:meinBuch→unserBuch;meinBuch→mei‐
neBücher
c. Flexion nach dem Genus: dieser Löffel → diese Gabel → dieses Messer;
seinBuch→ihrBuch
d. Aber feste Merkmale: jemand (Singular Maskulinum), nichts (Singular
Neutrum)
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7
Die grammatische Person spielt bei Personal‐, Reflexiv‐ und Possessivpronomen eine
Rolle:
(22) fürmich,fürdich,fürihn/sie;meine,deine,seine/ihreSachen
EsgeltendanndiefolgendenRegeln:
– ArtikelwörterstimmenmitdemSubstantivinKasus,NumerusundGenusüberein.
– Pronomen können sich auf ein Substantiv, eine Substantivierung oder ein anderes
Pronomen beziehen (genauer: auf die damit gebildete Nominalphrase). Sie über‐
nehmendannPerson,NumerusundGenus(abernichtdenKasus).
– WenneinPronomenkeinBezugsworthat,kommenbeimGenussemantischeRegeln
zurAnwendung.
D3.2
DiebeidenDeklinationsmusterderPronomen
Pronomen und Artikelwörter folgen zwei Flexionsmustern. Das dominante ist das ad‐
jektivische,sobezeichnetnachseinerÄhnlichkeitmitderstarkenadjektivischenFlexi‐
on.
D3.2.1
AdjektivischflektierteArtikelwörterundPronomen
AlsPrototypfürdieadjektivartigeFlexionkanndasDemonstrativumdieserangesehen
werden. Wenn man von einer traditionellen Abfolge der Genus/Numerus‐Merkmale
undderKasusmerkmaleausgeht,ergibtsichdasfolgendeParadigma:
Maskulinum
Femininum
Neutrum
Plural
Nominativ
dieser(Löffel)
diese(Gabel)
dieses(Messer)
diese(Leute)
Genitiv
dieses(Löffels)
dieser(Gabel)
dieses(Messers)
dieser(Leute)
Dativ
diesem(Löffel)
dieser(Gabel)
diesem(Messer)
diesen(Leuten)
Akkusativ
diesen(Löffel)
diese(Gabel)
dieses(Messer)
diese(Leute)
Schon früh ist aufgefallen, dass in den insgesamt 16 Zellen des Paradigmas nur 5 En‐
dungenauftreten:‐e,‐er,‐en,‐em,‐es.ZueinemetwasbesserenVerständnisgelangtman
mitdenfolgendenAnnahmen:
– Es gibt nur eine begrenzte Anzahl exakt passender Flexionsendungen. Allerdings
sindesmehrals5,dasheißt,manmussauchbeiderNeuordnungflexivischeHomo‐
nymieannehmen.
– Bei Dativ und Genitiv des Femininums sind zwei homonyme Formen auf ‐er ange‐
setzt,weilhiereinigePronomendifferenzieren(ihrer≠ihr;derer≠der).
– Die Funktionen der fehlenden Formen werden durch Formen mit möglichst ähnli‐
chenMerkmalenausNachbarzellenübernommen.DieErsatzformensinddannhin‐
sichtlichbestimmterMerkmaleunterspezifiziert.
– ImSingularfüllenauchFormenauf‐endieLücken;siehängenimheutigenSystem
(aber nur teilweise sprachgeschichtlich) mit den schwachen Formen der Adjektive
zusammen.
D Deklination
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Ausgangspunkt:dieexaktpassendenFlexionsendungen.
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Plural
Nominativ
dies‐es(Messer)
dies‐er(Löffel)
dies‐e(Gabel)
Akkusativ
Dativ
dies‐em(Messer)
dies‐er(Gabel)
dies‐en(Leute)
Genitiv
dies‐es(Messers)
dies‐er(Gabel)
DieAusweitungaufbenachbarteParadigmenzellenführtzudenerwähntenFeldernmit
gleichenEndungen,densogenanntenSynkretismusfeldern:
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Plural
Nominativ
dies‐es(Messer)
dies‐er(Löffel)
dies‐e(Gabel)
←dies‐e(Leute
Akkusativ
↑dies‐es(Messer)
dies‐en(Löffel)
↑dies‐e(Gabel)
↑dies‐e(Leute)
Dativ
dies‐em(Messer)
←dies‐em(Löffel)
dies‐er(Gabel)
dies‐en(Leuten)
Genitiv
dies‐es(Messers)
←dies‐es(Löffels)
dies‐er(Gabel)
←dies‐e(Leute
BeidiesererscheintimSingularnureineeinzigeFormauf‐en,inderTabellekursivge‐
setzt.EsgibtimDeutschenaberdieTendenz,denGebrauchdieserEndungauszuweiten.
ImGenitivSingularNeutrumundMaskulinumistdieEntwicklungschonweitvorange‐
schritten:
(23) dieLösungjedes/jedenProblems,dieWurzelalles/allenÜbels
Die auch im Ausgangsschema angenommenen Fälle von flexivischer Homonymie (vgl.
etwadiedreiFällevondies‐er)werdenbeider/die/dasdurchLangformenundbeson‐
dereVokalqualitätweitgehendaufgelöst;dieLangformenerscheinenallerdingsnurim
GebrauchohnefolgendesSubstantiv.DerStammdiesesLexemsbestehtauseinemblo‐
ßend‐:
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Plural
Nominativ
d‐as
d‐er
d‐ie
←d‐ie
Akkusativ
↑das
d‐en
↑d‐ie
↑d‐ie
Dativ
d‐em
←d‐em
d‐er
d‐enen
Genitiv
d‐essen
←d‐essen
d‐erer/d‐eren
←d‐erer/d‐eren
Ähnlich ist die Flexion des Personalpronomens der 3.Person, er/sie/es, zu beurteilen.
DieflexivischeHomonymiewirdaußerdem(a)durchdasZusammenwirkenderFlexi‐
onsformen innerhalb der Nominalphrase (Wortgruppenflexion) oder (b) durch die
KongruenzmitdemfinitenVerbaufgelöst:
(24) a. Ichnehme[dies‐eGabel]vs.[dies‐eGabel‐n]
b. Manch‐ekenn‐tdasvs.Manch‐ekenn‐endas.
EinSonderfallsinddieArtikelwörterdesTypsein,kein,meinmitendungslosenFormen
imNominativdesMaskulinumsundimNominativ/AkkusativdesNeutrums.BeimGe‐
brauch ohne unmittelbar folgendes flektiertes Wort erscheinen allerdings Endungen
D Deklination
9
ähnlichwiebeidieser(kein‐es/kein‐s,kein‐er);zuEinzelheitendesGebrauchsundzuei‐
nerErklärungsieheSkriptE(Wortgruppenflexion):
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Plural
Nominativ
kein(Messer)
kein(Löffel)
kein‐e(Gabel)
←kein‐e(Leute)
Akkusativ
↑kein(Messer)
kein‐en(Löffel)
↑kein‐e(Gabel)
↑kein‐e(Leute)
Dativ
kein‐em(Messer)
←kein‐em(Löffel)
kein‐er(Gabel)
kein‐en(Leuten)
Genitiv
kein‐es(Messers)
←kein‐es(Löffels)
kein‐er(Gabel)
←kein‐er(Leute)
D3.2.2
SubstantivischflektierteArtikelwörterundPronomen
AlsPrototypfürsubstantivischeFlexionkannmandasPronomenjedermannansehen:
(25) a.
b.
c.
d.
Nominativ:
Akkusativ
Dativ Genitiv
jedermann
jedermann
jedermann
jedermanns
EinebesondereKasusformexistierthiernurfürdenGenitiv,dieübrigenFormensind
endungslos.VielederhierhergehörendenWörterbildenallerdingsgarkeinenGenitiv,
sodassgegebenenfallsaufKonstruktionenohneGenitivausgewichenwerdenmuss:
(26) Der Kauf so *etwas / *etwessen muss gut überlegt sein. (Aber mit von +
Dativ:DerKaufvonsoetwasmussgutüberlegtsein.)
ZudensubstantivischflektiertenArtikelwörternundPronomenzählen:
(27) a. jedermann,etwas,nichts,genug
b. einbisschen,einwenig,einpaar
c. derlei,vielerlei,mancherlei,dreierlei(undweitereauf‐erlei)
Schwankend:
(28) Anna weiß viel/vieles. Ich habe jemand/jemanden(niemand/niemanden) ge‐
sehen.
D4
DieflektiertenFormendesAdjektivs
Jedes Adjektiv kann stark und schwach flektiert werden. Das Flexionsmuster ist dabei
nichtwiebeimSubstantivvorbestimmt,sondernsyntaktischgesteuert(zueinerErklä‐
rungsieheSkriptE:Wortgruppenflexion):
– WenndemAdjektiveinArtikelwortmitFlexionsendungvorangeht,wirddasAdjek‐
tivschwachflektiert,sonststark.
Die starken Endungen des Adjektivs entsprechen denjenigen bei Artikelwörtern und
Pronomen,insbesonderedemMusterdieser–abgesehenvomGenitivSingularMaskuli‐
numundNeutrum,derimheutigenDeutschimmerauf‐enausgeht.ErklärungdesMus‐
ters:wiebeidieser(sieheoben).
D Deklination
10
Singular
Plural
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Nom. kaltesWasser
kalterRauch
kalteMilch
kalteSachen
Akk. kaltesWasser
kaltenRauch
kalteMilch
kalteSachen
Dat.
kaltemWasser
kaltemRauch
kalterMilch
kaltenSachen
Gen. kaltenWassers
kaltenRauchs
kalterMilch
kalterSachen
BeimAdjektivgibtesnurzweischwacheEndungen:‐eund‐en.DieEndung‐ensteht
– imPlural
– imDativundimGenitiv
– nurbeimSingulardesMaskulinumsauchimAkkusativ
SonststehtdieEndung‐e.Manfindethier(wieauchbeidenstarkenFormen)eineKon‐
stantewieder:ImDeutschenunterscheidensichNominativundAkkusativnurimSingu‐
lardesMaskulinums(sowiebeider1./2.PersondesPersonalpronomens).Siehedazu
diefolgendeTabelle:
Singular
Plural
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Nom. dieseskalteWasser
dieserkalteRauch
diesekalteMilch
diesekaltenSachen
Akk. dieseskalteWasser
diesenkaltenRauch
diesekalteMilch
diesekaltenSachen
Dat.
diesemkaltenWasser
diesemkaltenRauch
dieserkaltenMilch
diesenkaltenSachen
Gen. dieseskaltenWassers
dieseskaltenRauchs
dieserkaltenMilch
dieserkaltenSachen
Da die Flexion des Adjektivs strikt syntaktisch gesteuert ist, reicht es grundsätzlich,
wennmanweiß,welcheArtikelwörterbeiwelchenMerkmalenFlexionssuffixe(Endun‐
gen) tragen oder nicht. Das gilt insbesondere auch für die Artikelwörter des Typs ein,
kein, mein. Hier muss man sich zwei suffixlose Formen merken: Nominativ Singular
MaskulinumsowieNominativ/AkkusativSingularNeutrum(sieheoben).Dassnachdie‐
senFormendasAdjektiveinestarkeEndungträgt,sonstabereineschwache,ergibtsich
direktausderGrundregel.InderfolgendenTabellesindnurdiestarkenEndungenfar‐
bighinterlegt:
Singular
Plural
Neutrum
Maskulinum
Femininum
Nom. keinkaltesWasser
keinkalterRauch
keinekalteMilch
keinekaltenSachen
Akk. keinkaltesWasser
keinenkaltenRauch
keinekalteMilch
keinekaltenSachen
Dat.
keinemkaltenWasser
keinemkaltenRauch
keinerkaltenMilch
keinenkaltenSachen
Gen. keineskaltenWassers
keineskaltenRauchs
keinerkaltenMilch
keinerkaltenSachen