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AUSSERSCHWYZ
Dienstag, 2. Juni 2015
7
Sich einmal wie
ein Rockstar fühlen
E
von Bianca Anderegg
s wird geschwatzt, getanzt,
gekichert – die Aufregung
ist deutlich zu spüren, als
rund 30 ganz in Weiss gekleidete junge Höfner am späten Freitagnachmittag so langsam im
Kongresshaus Zürich eintrudeln. «Wer
fehlt noch?», fragt Peperoncini-Dirigent
Ulrich Wolf in die Runde und zählt
nochmals durch. Noch sind nicht alle
Kinder und Jugendlichen da. Der Feierabendverkehr lässt grüssen. Es wird
nochmals telefoniert, und nach einiger Zeit kommen auch die letzten Mitglieder an. Noch ein paar Instruktionen, und dann wird der Chor in den
Backstage-Bereich geführt, vorbei an
der grossen Bühne, auf der bereits die
Band am Proben ist.
«Wann gibts eigentlich Znacht?»,
will ein Mädchen wissen. «Irgendwann
zwischen jetzt und acht Uhr», meint
Ulrich Wolf schulterzuckend. «So ist
eben das Künstlerleben.» Und wieder
ist Warten angesagt, niemand weiss
genau, wann es weitergeht. Doch plötzlich kommt Bewegung ins Spiel. Produzentin Federica holt die Gruppe ab,
führt sie auf die Bühne. Nun gilt es,
das Stück «Another Brick in the Wall»,
in dem der Freienbacher Chor seinen
grossen Auftritt hat, zusammen mit
dem Orchester durchzusingen. «Lauter!», werden die jungen Sänger auf
Englisch angewiesen. Deutsch spricht
niemand, schliesslich stammt die Produktion aus Italien. Verständigungsschwierigkeiten gibt es dennoch keine,
der Peperoncini-Dirigent, der von den
Crew-Mitgliedern einfach nur «Wolf»
genannt wird, nimmt kurzerhand die
Rolle des Übersetzers ein.
«Zeigt die Revolution»
Zurück im Backstage-Bereich. Lagebesprechung. «Ihr müsst noch ein wenig an eurer Haltung arbeiten», erklärt
Ulrich Wolf seinen Schützlingen. «Und
die Revolution darf man noch mehr
sehen.» Immerhin heisst die wohl bekannteste Liedzeile «Hey! Teacher! Leave them kids alone!» – Hey, Lehrer, lass
die Kinder alleine. «Und was ist, wenn
ein Lehrer im Publikum sitzt?», will ein
Junge wissen. «Fragen über Fragen»,
meint der Dirigent schmunzelnd, «dabei weiss ich doch auch nicht mehr als
die Kinder.»
Nun haben die Chormitglieder erst
einmal etwas Zeit, sich auszuruhen.
Und dann stehen erneut Proben auf
dem Programm. Das Betreten und Verlassen der Bühne soll geübt werden.
«Im Rhythmus des Songs gehen, nicht
stampfen», lautet die Anweisung. «Und
An dieses Erlebnis werden sich die Sängerinnen und Sänger des
Jugendchors Peperoncini wohl ihr Leben lang erinnern: Am Freitag
standen sie auf der Kongresshaus-Bühne in Zürich, wo sie in der
Pink-Floyd-Show «The Wall – Live Orchestra» mitwirkten.
nicht winken!» Auch die Aufstellung
wird festgelegt: «Merkt euch genau, wo
ihr steht.» Innert kürzester Zeit sitzt
die Choreografie. Und endlich gibt es
etwas zu essen …
Zeit für ein Nickerchen
Nach langem Warten ist der grosse Auftritt da: Der Jugendchor Peperoncini steht mit Orchester und Band auf der Bühne und
Bilder Bianca Anderegg
interpretiert das legendäre Stück «Another Brick in the Wall».
Von Zürich
nach Pfäffikon
Wer den Auftritt des Jugendchors
Peperoncini im Kongresshaus
in Zürich verpasst hat, kann
dessen Interpretation von Pink
Floyds «Another Brick in the Wall»
morgen Mittwoch um 19.30 Uhr
am Jahreskonzert in der Aula der
Schule Weid in Pfäffikon hören.
Daneben präsentieren die jungen
Sängerinnen und Sänger unter
ihrem Dirigenten Ulrich Wolf die
neuesten Andrew-Bond-Lieder
und aktuelle Pophits wie etwa
«I See Fire». Das Konzert steht
unter dem Motto «Muuhsig».
Der Jugendchor Peperoncini
ist ein Angebot der Musikschule
Freienbach. Es wird jeweils
montags in zwei Gruppen
geprobt: Chor 1 für Zweit- bis
Viertklässler (17 – 18 Uhr), Chor
2 ab der fünften Klasse bis Ende
Oberstufe (18 – 19 Uhr). Nach
den Sommerferien ist der
optimale Zeitpunkt zum Einsteigen. (asz)
In der Zwischenzeit hat sich der Saal
gefüllt. Auch die Peperoncini-Mitglieder nehmen ihre Plätze auf der Empore ein, denn die ersten paar Lieder der
Show können sie noch als Zuschauer
geniessen, bevor sie ihren grossen Auftritt haben. Schon bald wird das Licht
gedämpft, und die ersten Klänge ertönen. Und dann kommt auch schon
das Stichwort für die Kinder, sich aufzustellen. Wie selbstverständlich betreten sie die Bühne – die mitgereisten Eltern jubeln ihnen zu, und auch
das übrige Publikum applaudiert euphorisch. Der Auftritt sitzt, als hätten
die Ausserschwyzer nie etwas anderes
gemacht.
Danach können sich die jungen Sängerinnen und Sänger auf ihren Stühlen
zurücklehnen und den Rest der Show
verfolgen. Erst für das Finale müssen
sie noch einmal auf beziehungsweise
vor die Bühne, doch bis dahin ist es
noch eine lange Zeit – die trotz lauter
Gitarrenriffs auch gerne für ein kurzes Nickerchen genutzt wird. Rechtzeitig zu ihrem Einsatz sind aber wieder
alle Chormitglieder fit und stellen sich
unter stehenden Ovationen dem Publikum. Dieses verlangt laut nach Zugaben, doch der Saal erhellt sich bereits wieder, und die insgesamt rund
70 Künstler verabschieden sich von Zürich. Auch der Jugendchor Peperoncini
macht sich auf den Heimweg, mit Erinnerungen im Gepäck, die sowohl
die Kinder als auch der Dirigent wohl
nicht so schnell vergessen werden.
Idee eines Vaters
Der Text sitzt: An der Hauptprobe trafen die Peperoncini-Sänger erstmals
auf das Live-Orchester.
«Ihr zwei kommt bitte noch nach links»: Bei der Aufstellung des Chors gab Dirigent Ulrich Wolf (links) das Zepter an
die italienische Crew ab.
«Es war sogar noch besser, als ich es
mir vorgestellt hatte», meint ein Mädchen nach dem Auftritt, und ihre
Freundin pflichtet ihr bei: «Richtig cool
wars.» Es sei ein «Wahnsinnserlebnis»
gewesen, sagt auch Ulrich Wolf, für den
das Gastspiel im Kongresshaus ebenfalls eine Premiere war. Verantwortlich für diesen Höhepunkt in der bisherigen Karriere des Jugendchors ist
übrigens der Vater eines Schülers der
Schule Weid in Pfäffikon, in der auch
Wolf unterrichtet. «Er hat im Internet gelesen, dass für die Aufführung
von ‹The Wall› ein Kinderchor gesucht
wird, und mich darauf aufmerksam
gemacht», erklärt der Dirigent. «Ohne
die Unterstützung der Eltern wäre dieses Erlebnis allerdings nicht machbar
gewesen.»
Im grossen Finale postierte sich der Jugendchor vor der Bühne und somit direkt vor dem Publikum, das die Höfner
mit tosendem Applaus bedachte.