Kinzweiler bekommt Zuwachs: Aus dem staubigen Acker soll bald

Eschweiler
Seite 13 · Nummer 202 · Dienstag, 1. September 2015
Eschweiler drängt’s mit Energie
in die Zukunft. Stolberg besinnt
sich in Sachen Eigenwerbung
mehr auf Vergangenes. „Kupfer
in den Adern“ lautet der von
der Stadt propagierte Werbeslogan. Dabei sollte doch zumindest jeder Stolberger wissen,
dass Stolberg eher Messing- als
Kupferstadt war. Allerdings:
„Messing in den Adern“, das ist
Langeweile pur. Kupfer dagegen
ist ein lebenswichtiges Spurenelement, wirkt desinfizierend,
setzt Hormone der Hirnanhangdrüse frei und ist von
grundlegender Bedeutung für
Wachstum, Knochenbildung
und die Funktionen des zentralen Nervensystems. Alles schön
und gut. Hippokrates setzte
Kupfer gegen Geschwüre und
Krampfadern ein, Paracelsus
wandte es zur Behandlung von
Geisteskrankheiten und Hysterie an. Studien haben allerdings
auch festgestellt, dass Kupfer
fürs Gehirn schädlich sein
kann. Bei den Stolberger Werbestrategen ist das allerdings noch
nicht der Fall. Vielleicht hätten
sonst die Werbetexter ein ganz
anderes Metall bemüht, dass in
Stolberg eine wichtige Rolle
spielt. Wie wäre es mit „Blei im
Hintern“?
Rudolf Müller
kurz notiert
Heißes vom Grill, Kaltes
aus dem Zapf in Lohn
Eschweiler. Bei einem abwechslungsreichen Programm, Köstlichkeiten vom Grill und kalten
Getränken feiert die KG Kirchspiel Lohn am Wochenende ihr
Sommerfest am Vereinsheim
am Domtalweg. Beginn ist am
Samstag, 5. September, um 15
Uhr, und am Sonntag, 6. September, ab 11 Uhr.
Tanztee mit Musik von
Nonnweiler-Storms
Eschweiler. „Darf ich bitten?!“,
heißt es am Mittwoch, 9. September, wieder im Städtischen
Seniorenzentrum an der Marienstraße 7. Der traditionelle
und beliebte Senioren-Tanztee
findet von 15 bis 17 Uhr statt.
Musiker Claus-Dieter Nonnweiler-Storms spielt zum geselligen Tanzvergnügen auf. Die Seniorenberatung bleibt von
Montag, 21. September, bis
Freitag, 2. Oktober, geschlossen.
es freut uns, . . .
. . . dass ein Röher Bürger 45 Kilogramm Kartoffeln aus eigenem Anbau der Eschweiler Tafel
spendete, wie uns Heike Schüller mitteilt. Unter dem Titel
„Kartoffeln von der Goerdtstraße“ bauten 14 Röher Familien auf einem rund 500 Quadratmeter großen Grundstück
Kartoffeln an.
es ärgert uns, . . .
. . . dass das rücksichtslos verkehrsbehindernde Parken in
zweiter Reihe in Eschweiler immer mehr zur Regel als zur Ausnahme wird.
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ärgert? Rufen Sie an (☏ 555 49 30), faxen
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europäischer sozialpreis
Heinz Jussen wird am
3. Oktober ausgezeichnet
es wird lustig
Bill Mockridge kommt
in den Talbahnhof
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Kinzweiler bekommt Zuwachs: Aus dem staubigen Acker soll bald ein Dorado für 57 Häuslebauer werden
Sieben bis acht Jahre waren nötig, das
Projekt ans Laufen zu kriegen. Dietmar Röhrig hat es von Anfang an begleitet. Zunächst als Wirtschaftsförderer in Diensten der Stadt Eschweiler, zuletzt als Geschäftsführer der SImmo, der Immobilien-GmbH der
Sparkassen. Gestern hatte Röhrig,
der gemeinsam mit seinem Mit-Geschäftsführer Franz Jansen, Sparkassen-Vorstand Norbert Laufs und Gebietsdirektor Klaus Wohnaut nach
Kinzweiler gekommen war, deshalb
doppelt Grund zur Freude: Das
Wohnbauprojekt Ackerstraße geht in
die „heiße Phase“. Gemeinsam mit
Bürgermeister Rudi Bertram, dem
Chef der Eschweiler Strukturförderrungsgesellschaft, Dieter Kamp, und
Norbert Laufs tat Röhrig gestern den
ersten Spatenstich zum Bau der Erschließungsstraße, um die herum
schon in wenigen Monaten 33 freistehende Einfamilienhäuser und 24
Doppelhaushälften in offener Bauweise entstehen sollen. Eigentümerin
des Areals ist die S-Immo gemeinsam
mit der städtischen Strukturförde-
rungsgesellschaft. Die (gerade begonnene) Erschließung trägt die SImmo, ebenso die Vermarktung der
voll erschlossenen Grundstücke.
Und das Interesse Bauwilliger ist
enorm, wie Röhrig berichtet: Bis gestern lagen für die 57 Grundstücke an
die 120 ernsthafte Anfragen vor –
viele davon von außerhalb. Auch für
Bürgermeister Rudi Bertram ein
Grund zur Freude: „Eschweiler lebt
von Zuzügen. Wir sind die einzige
Stadt in der Region mit wachsenden
Einwohnerzahlen. Und: Nein, da sind
Flüchtlinge nicht eingerechnet!“
23 126 Quadratmeter groß ist das
Baugebiet, das an das ebenfalls von
der S-Immo entwickelte Wohngebiet
„Begauer Mühlenweg“ mit seinen 48
Grundstücken anschließt. Die hier
verfügbaren Baugrundstücke sind
zwischen 292 und 655 Quadratmeter
groß – und kosten zwischen 49 640
und 111 350, macht 170 bis 180 Euro
je Quadratmeter. Hinzu kommen pro
Grundstück je 1500 Euro für den bereits verlegten Kanalanschluss sowie
für die Vermessung. Ende November
soll die Baustraße fertiggestellt sein.
Danach kann mit den privaten Baumaßnahmen bei freier Architektenund Bauträgerwahl begonnen werden. Auf unserem Bild von links: Planungsausschuss-Vorsitzender Peter
Kendziora, Bürgermeister Rudi Bertram, Sparkassen-Vorstand Norbert
Laufs, halb verd(r)eckt S-Immo-Geschäftsführer Dietmar Röhrig, Technischer Beigeordneter Hermann
Gödde und Strukturförderungsgesellschafts-Geschäftsführer Dieter
Kamp.
Foto: Rudolf Müller
Wirtschaftsbetriebe in „desaströser Lage“
Prüfer stellen Stadtunternehmen ein schlechtes Zeugnis aus. Vorwurf der Bereicherung bestätigt sich nicht. Sondersitzung des Rates.
Von patrick nowicki
Eschweiler. Die Krise der Wirtschaftsbetriebe Eschweiler (WBE)
beschäftigt den Stadtrat in einer
Sondersitzung am 10. September.
Die CDU beantragte die Zusammenkunft, nachdem Wirtschaftsprüfer dem Unternehmen der
Stadt eine „desaströse bilanzielle
und finanzielle Lage“ bescheinigt
hatten. Das Aachener Büro VBR
ging allerdings vorrangig dem anonymen Hinweis nach, dass sich die
Firmenleitung illegal bereichert
haben soll. Dem widersprechen
die Wirtschaftsprüfer deutlich:
Die Vorwürfe hätten sich „im Rahmen unserer Prüfung für die Jahre
2014 und 2015 in keiner Weise bewahrheitet“, heißt es in dem Gutachten.
Das Stadtunternehmen hat erste
Konsequenzen gezogen. So wurden die Buchhaltung neu strukturiert und eine damit bisher betraute Person versetzt. Eine externe Steuerberatungsgesellschaft
hat diese Aufgaben übernommen.
Die Wirtschaftsprüfer hatten zuvor in diesem Bereich deutliche
Mängel festgestellt. So hakt der
Jahresabschluss für das vergangene
Jahr wegen kaufmännischer Fehler. Details wollte der WBE-Geschäftsführer Manfred Knollmann
nicht nennen.
Knollmann betont, dass man spielplätzen. Der sieht noch 200
diese Finanzspritze benötige, sonst Geräte vor, tatsächlich kümmert
sei der Gang in die Insolvenz ge- sich das Unternehmen um die
wiss. Allerdings dürfte das Loch in doppelte Menge. Auch Klauseln in
diesem Jahr geringer ausfallen, als Altverträgen sollen aktualisiert
ursprünglich befürchtet. War im werden, um die Ertragslage für das
Juni noch von einem Defizit in Unternehmen zu verbessern. DaHöhe von 1,7 Millionen
Euro die Rede, so spricht
Knollmann aktuell von
„Es lassen sich in zwölf
einer Millionen Euro. Als
erste Reaktion auf die MiMonaten nicht alle
sere mussten Mitarbeiter
Versäumnisse der
gehen, die mit einem
Zeitvertrag ausgestattet
Vergangenheit beseitigen.“
waren. Auch von unwirtMAnfRED KnoLLMAnn,
schaftlichen Fahrzeugen
WBE-GESChäfTSfühRER
trennte man sich.
Um die Wirtschaftsbetriebe auf gesunde Füße
zu heben, sollen die Leistungsent- rüber hinaus will Knollmann
gelte der Stadt angepasst werden. „strukturelle Änderungen“ vor„Diese sind vielfach nicht mehr nehmen. So denke man darüber
zeitgemäß“, berichtet Knollmann nach, Wartungen und Reparatuund nennt als Beispiel den War- ren von Geräten fremd zu vergetungsvertrag für Geräte auf Kinder- ben. Erste Gespräche dazu habe
man geführt.
Zwar spricht Knollmann auch
davon, dass die „schwarze Null“
am Ende eines Jahres stehe, aber
bisher ist dies dem Unternehmen
noch nie gelungen. Da es jedoch
unwahrscheinlich ist, dass sich die
Stadt von den WBE trennt, werden
„Gebührenanpassungen“ in der
Geldbörse der Bürger zu spüren
sein. Allerdings geht Knollmann
davon aus, dass die Gebührenzahler lediglich „marginale Erhöhungen“ verkraften müssen.
CDU will Sitzung abwarten
Die Christdemokraten, die die
Sondersitzung des Rates beantragten, wollen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht äußern. „Wir
kennen das Gutachten, werden jedoch die Sitzung abwarten“, teilte
der
CDU-Fraktionsvorsitzende
Willi Bündgens mit. Der Antrag ist
mit konkreten Fragen an die WBE-
Geschäftsleitung verbunden.
Im Juni dieses Jahres erhielten
die Ratsparteien und Bürgermeister Rudi Bertram ein anonymes
Schreiben, in dem der Verfasser der
WBE-Leitung finanzielle Bereicherung unterstellte und weitere Missstände anprangerte. Daraufhin berief Bertram den Aufsichtsrat ein,
der schließlich die Aachener Wirtschaftsprüfer beauftragte, den Gerüchten nachzugehen. Die Expertise äußert in vielen Punkten Kritik, räumt allerdings ein, dass nicht
alles Bestandteil des Auftrags war.
So monieren die Prüfer unter anderem, dass in vielen Bereichen keine
Dienstanweisung bestehe. Dies
will Knollmann nun nachbessern.
Nach Informationen unserer Zeitung soll das Gutachten 13 500
Euro gekostet haben.
Die WBE kümmern sich unter
anderem um die Straßensäuberung und den Winterdienst. Zwei
Personen sind alleine damit beschäftigt, 8000 Straßeneinläufe in
Eschweiler zu kontrollieren. Auch
die Müllentsorgung wird zum Teil
von den WBE übernommen und
ist eine der wichtigsten Einnahmequellen. Hinzu kommt die Friedhofspflege. Bis vor zwei Jahren waren Schönmackers Umweltdienste
mit 49 Prozent beteiligt und mussten das jährliche Defizit auffangen.
Patronatserklärung
Erfüllung der Aufgaben
Der ehemalige Kämmerer der
Stadt, der das 100-prozentige
Tochterunternehmen der Stadt
seit einem Jahr in Teilzeit leitet,
spricht von Fehlern der Vorjahre:
„Es lassen sich in zwölf Monaten
nicht alle Versäumnisse der Vergangenheit beseitigen.“ Er selbst
beziehe eine Vergütung in Höhe
von 1250 Euro, darin sei der Firmenwagen eingerechnet. Nach
den anonymen Vorwürfen ließ er
sich das Vertrauen des Aufsichtsrats zusichern. Diesen leitet Bürgermeister Rudi Bertram als Vorsitzender, ihm gehören allerdings
auch die Vertreter der Ratsparteien
an. Die Stadt hängt schließlich am
finanziellen Fliegenfänger der
WBE, gab der Rat doch eine Patronatserklärung ab. Diese besagt,
dass die Stadt für das Defizit der
WBE aufkommen muss.
Die Erfüllung dieser Aufgaben
müssen von der Kommune sichergestellt werden. Alleine dies
spricht in den Augen Knollmanns
dafür, die WBE als Tochterunternehmen der Stadt zu erhalten. „Ich
kenne keine Kommune in der
Größe Eschweilers, die sämtliche
dieser Aufgaben an andere Unternehmen vergeben hat“, sagt er. Zudem glaube er nicht, dass die Stadt
dadurch besser dastehe.
Ob dies die Ratsparteien auch so
sehen, wird sich in der nicht-öffentlichen Sondersitzung am 10.
September zeigen. Sie findet an
diesem Tag um 17 Uhr statt, anschließend tagt der Planungs-,
Bau- und Umweltausschuss. Allerdings wird Knollmann selbst nicht
Rede und Antwort stehen können:
Er befindet sich zu diesem Zeitpunkt in Urlaub.
Schreiben in diesem Jahr wieder Miese: die Wirtschaftsbetriebe Eschweiler. Prüfer attestierten dem Stadtunternehmen eine „desaströse Lage“.
Foto: Patrick Nowicki