Wildnis und Natura 2000 im Nationalen Naturerbe Konflikte und Synergieeffekte PD Dr. Heike Culmsee DBU Naturerbe GmbH Osnabrück 1 Der Europäische Wildnis-Qualitätsindex Basisdaten: - Populationsdichte - Straßennetz - Schienennetz - Natürlichkeit der Landbedeckung - Zugänglichkeit des Geländes © EEA (2010) Quellen: 2 © Culmsee (2009) European Environmental Agency (2011) Fisher et al. (2010) Wildnis und Wildnis-Entwicklungsgebiete NBS-Ziele: - 5% Wälder mit natürlicher Entwicklung - 2% Wildnisgebiete (>1000 ha) Eigenschaften europäischer Wildnisgebiete: - Nutzungsverzicht - Ablauf natürlicher Prozesse - Natürlichkeit - Ausdehnung („non-intervention management“) (Sukzession, Mosaik-Zyklen, Lebensraum für Wildtiere, natürliche Stoffkreisläufe) (heimische Arten und Lebensräume) (Mindestflächengröße) Primäre und sekundäre Wildnis Renaturierung 3 © Culmsee (2012) Seit > 600 Jahren nutzungsfreier Wald im BiaáowieĪa Nationalpark (Weißrussland) Schlüsselindikatoren für funktionierende natürliche Prozesse auf verschiedenen räumlichen Skalenebenen 5-50 ha 50;100 ha Mikro- und Mesofauna (unabhängige Populationen) 100;1.000 ha Simultanes Vorkommen aller Waldmosaik-Phasen, lokale dynamische Ereignisse (z.B. Windwurf, Erosion) >1.000 ha Große Säugetiere/Vögel 3.000;10.000 ha 4 Initiale von Waldmosaik-Phasen entwickelt Gesamtes Spektrum der Prozesse, unabhängiges System, minimale externe Einflüsse Bücking (2003), Finck et al. (2013), Wild Europe (2013) Natura 2000-Gebiete Schutzgebietsnetz Natura 2000 Anteil der Landesfläche (2013): - Europa: 18,4% - Deutschland: 15,4% © EEA (2012) European Environmental Agency (2012) 5 Biodiversitäts-Ziele: - Schutz, Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen und Arten mit gutem Erhaltungszustand - Geeignete Formen des Managements (keine Totalreservate, ökonomische Aktivitäten erlaubt, anthropogene Habitate sind eingeschlossen) Nutzungsabhängigkeit von Lebensraumtypen in Mitteleuropa D: Vollständig nutzungsabhängig P: Teilweise nutzungsabhängig N: Natürliche Lebensraumtypen 6 Nationales Naturerbe Bundesweit 150.000 ha gesamtstaatlich repräsentative Naturschutzflächen DBU-Naturerbe: - 47 Flächen, 60.000 ha - mittlere Flächengröße 1215 ha, 21 Flächen >1.000 ha - Meist ehemalige TÜP - >50% Natura 2000-Flächenanteil Hauptziele: 1. Wälder mit natürlicher Entwicklung / Wildnis-Entwicklungsgebiete 2. Schutz und Erhaltung der Biodiversität (Lebensräume und Arten) ¾ Lösung konfliktärer Naturschutzziele durch systematische Naturschutzplanung 7 Vom Leitbild zur spezifischen Zielformulierung im Naturerbe-Entwicklungsplan Leitbilder (allgemeine Zielsetzungen des Naturschutzes) Grundlagenerfassungen Datenanalyse mit Bewertung von Objekten (Biodiversität) und Funktionen (natürliche Prozesse) - Seltenheit, Gefährdung, Verantwortlichkeit - Naturnähe, Regenerationsfähigkeit - Konfiguration in der Landschaft Potenzial- und Defizitanalyse mit Zieltypenformulierung: Erhaltung durch Schutz oder Pflege, Wiederherstellung/Renaturierung, Entwicklungssteuerung, natürliche Entwicklung Spezifische Erhaltungs- und Entwicklungsziele, Ausweisung prioritärer Räume für die Umsetzung Flächenspezifische Maßnahmenplanung 8 DBU-Naturerbefläche Prora 9 Biotoptypenkartierung Prora DBU Naturerbe (2015) 10 FFH-Lebensraumtypen Hotspots von (teilweise) nutzungsabhängigen Lebensraumtypen DBU Naturerbe (2015) 11 Trockene europäische Heiden FFH-Code 4030 © Tillmann / DBU Naturerbe 12 Kalkreiche Niedermoore im Überflutungsraum des Kleinen Jasmunder Boddens FFH-Code 7230 Liparis loeselii 13 Pedicularis palustris Epipactis palustris Kalkreicher Sumpf mit Cladium mariscus FFH-Code 7210* Cladium mariscus 14 Bewaldete Küstendüne FFH-Code 2180 © Poniatowski / DBU Naturerbe 15 Waldumbau mit dem Ziel der Nutzungsaufgabe Langfristige Überführung (ÜL) Kurzfristige Überführung (ÜK) Natürliche Entwicklung (N) DBU-Naturerbe Prora (Rügen) 16 Spezifische Erhaltungs- und Entwicklungsziele 17 DBU Naturerbe (2015) Wälder Waldfläche nach abgeschlossenem Waldumbau: ca. 1,500 ha 122 ha 190 ha 750 ha 90 ha Waldumbau Natürliche Entwicklung DBU Naturerbe (2015) 18 Fazit Konflikte zwischen Wildnis und Natura 2000? - Hauptsächlich begründet in unterschiedlichen Raumansprüchen - Nur bei pflegeabhängigen Lebensraumtypen und Arten Ansätze der Konfliktlösung: - Systematische, grundlagenbasierte Naturschutzplanung - Definition von räumlich-expliziten Schwerpunkträumen für Pflegemaßnahmen (Biodiversitäts-Ziele) und Prozessschutz (natürliche Entwicklung/Wildnis-Entwicklungsgebiete) - Dynamischer Ansatz: Renaturierung / Sukzession Synergieeffekte? - Ökotone von Pflege zu natürlicher Entwicklung sind nicht unbedingt Barrieren - Refugien für seltene/gefährdete Arten (Leitartengruppe Vögel), die halboffene bzw. multiple Habitate beanspruchen 19 Herzlichen Dank! 20
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