Zusammen Wege gehen

Zusammen Wege gehen
Der die Kastanien aus dem Feuer holt
Kirschtee gewünscht? Detlef Schliffke hilft weiter
Wenn Detlef Schliffke von Keimen
spricht, dann spiegelt sich in seinem
Gesicht wilde Entschlossenheit. „Alle
bösen Keime müssen erstickt sein,
bevor ein Patient das Krankenhaus
verlässt.“ Für einen Arzt ist das keine
überraschende Haltung. Doch Detlef
Schliffke ist kein Arzt, sondern Patientenfürsprecher des Philippusstift in
Essen. Wenn er von Keimen spricht,
dann meint er nicht Bakterien oder
Viren. „Ich bekämpfe keine Krankheiten. Ich bekämpfe Unzufriedenheit, weil die sich unbehandelt sonst
ausbreitet, streut und wuchert. Sie
versuche ich im Keim zu ersticken
– ganz egal, woher sie rührt.“
niges darüber, wie das Katholische
Klinikum Essen die ehrenamtliche
Tätigkeit seines Patientenfürsprechers wertschätzt. Sein Büro be¿ndet sich direkt neben dem Haupteingang. Eine zentralere Lage gibt es
nicht. Modern. LichtdurchÀutet. Mit
eigenem Computerarbeitsplatz und
Telefon ausgestattet. Doch es ist nicht
allein das Büro – sondern auch die
volle Unterstützung der Geschäftsführung und die enge Zusammenarbeit mit dem Beschwerdemanagement, die Detlef Schliffkes Position
im Haus unterstreichen.
„Den Satz ‚Ich bin nicht
zuständig‘, gibt es nicht“
Manchmal ist das ganze Problem ein
fehlender Teebeutel. Wie kürzlich,
Das Katholische Klinikum Essen
als sich eine Frau bei Detlef Schliffweiß, was es an Schliffke hat – und
ke meldete. „Acht verschiedene TeeSchliffke wiederum weiß das zu
sorten hatte sie auf ihrer Station vorschätzen: „Ich bin zweimal zu einem
gefunden, aber sie beschwerte sich Nie ohne sein Telefon: Detlef Schliffke ist immer erreichbar.
zentralen Treffen von dem Bundesdarüber, dass es keinen Kirschtee suchung zu lange dauert. Oder der kann keine halben Sachen. Sein Hän- beauftragten der Patientenfürspregab.“
Arzt ihnen erklärt hat, dass nach dem dedruck ist fest, sein Blick ist offen, cher nach Berlin eingeladen worden.
Krankenhaus eine Reha das Beste seine Worte sind klar. Er ist genau Da habe ich in den Gesprächen schon
„Alle bösen Keime
sei – die Patientin oder der Patient das, was man sich im positiven Sin- gemerkt, dass die meisten von ihren
müssen erstickt sein“
das aber nicht möchte. Detlef Schliff- ne unter einem Menschen aus dem Krankenhäusern nicht so unterstützt
ke kümmert sich, so schnell er kann. Ruhrpott vorstellt – und es passt nur werden wie ich.“ Er sagt das fast lieAls Außenstehender könnte man sich
Dabei sind ihm zwei Punkte beson- zu gut in dieses Bild, dass Schliffke bevoll.
jetzt die Frage stellen, ob das Situatiders wichtig. Erstens: Egal, wie auf- 18 Jahre als Bergmann unter Tage
Ohne Herzblut geht bei Detlef
onen sind, in denen selbst gutmütige
gebracht ein Patient ist, er unterbricht auf der Zeche Consol in GelsenkirSchliffke nichts. Demnächst wird
Patientenfürsprecher mal laut werniemanden. Zweitens: Den Satz ‚Ich chen gearbeitet hat. Im Jahr 2000
er für zwölf Tage mit seiner Famiden oder innerlich den Vogel zeigen.
erklärten ihn die Ärzte nach einer
bin nicht zuständig‘, gibt es nicht.
lie in die Türkei in den Urlaub reiDetlef Schliffke lächelt. „Nein, ich
Operation für erwerbsunfähig. „Das
sen. Zwölf Tage ohne Krankenhaus.
habe dafür gesorgt, dass die Frau ih„Ich sage allen:
war hart, denn ich war Bergmann
Zwölf Tage ohne die Möglichkeit,
ren Kirschtee bekommt – und zwar
Rufen Sie mich an“
mit Leib und Seele“, sagt Schliffke.
mit dem Telefon am Philippusstift
innerhalb einer Stunde.“ BeschwerJetzt ist er mit Leib und Seele Pativorbei zu fahren. Detlef Schliffke
den über fehlende Teebeutel, Be- Bislang kann er stolz von sich beentenfürsprecher. Früher holte er die
hat sich schon etwas überlegt: „Ich
schwerden über das Essen mögen für haupten, dass er alle Probleme löKohle aus den Flözen, heute holt er
werde aus der Türkei alle drei Tage
andere Leute Lappalien sein. Detlef sen konnte. Was auch an seiner Arfür das Krankenhaus die Kastanien
im Krankenhaus anrufen und hören,
Schliffke macht seinen Job seit vier beitshaltung liegen mag. Denn an
aus dem Feuer.
was es gibt.“ Halbe Sachen kann er
Jahren und betrachtet sie aus einer die Sprechzeiten, die an seiner Büanderen Perspektive: „Natürlich mö- rotür angeschlagen sind, hält sich der Die Lage und die Ausstattung von eben nicht.
gen das auf den ersten Blick Kleinig- 48-Jährige nicht einmal ansatzweise. Detlef Schliffkes Büro verraten eikeiten sein. Aber für Patienten, die 24 „Mittwoch 13 bis 14 Uhr“, sollte der
Stunden im Bett liegen, sind Essen Patientenfürsprecher in seinem Büro
Philippusstift in Essen
und Getränke die einzige Konstante sein. Tatsächlich läuft er täglich über
– und zugleich die einzige Abwechs- die Flure des Krankenhauses. Sobald Anzahl der Betten: 477
lung, die sie noch haben. Dadurch Detlef Schliffke das Philippusstift Fachabteilungen: Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin, Medizinische
nehmen sie eine fast elementare Be- verlässt, nimmt er das PatientenfürKlinik, Klinik für Neurologie, Klinik für Unfallchirurgie,
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinik für
deutung an.“
sprecher-Telefon mit. Wann immer
Radiologie, Klinik für Allgemein-Chirurgie
er
am
Krankenhaus
vorbei
kommt
Detlef Schliffke geht regelmäßig
Historie:
über alle Stationen und fordert die – und das tut er mehrfach am Tag – 1893: Eröffnung des Philippusstifts
1925: Gründung der Psychiatrie
Patientinnen und Patienten regel- wählt sich das Telefon in das Netz 1985: Beginn der Generalsanierung
1994: Abschluss der Generalsanierung
recht auf, sich bei ihm zu melden. ein. „Wenn die rote Lampe leuchtet, 1996: Fusion St. Vincenz Krankenhaus und Marienhospital zur Katholische
„Ich sage allen: Rufen Sie mich an. weiß ich, dass jemand versucht hat,
Kliniken Essen-Nord gGmbH (KKEN)
Lieber einmal zu viel als einmal zu mich zu erreichen. Dann gehe ich in 2004: Gründung der Kath. Kliniken Essen-Nord-West Holding gGmbH
wenig.“ Viele nehmen das Ange- mein Büro und rufe zurück.“
2008: Verschmelzung KKEN und Philippusstift Kath. Krankenhaus zur
bot an. Zum Beispiel, weil ihnen die Wer Detlef Schliffke gegenüber
Wartezeit bis zur Röntgen-Unter- steht, spürt das sofort: Der Mann
Katholische Kliniken Essen-Nord-West gGmbH (KKENW)
2011: Um¿rmierung der KKENW zur Katholisches Klinikum Essen GmbH
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