MARIMBA SOLO - Konstanze Ihle

KONSTANZE IHLE
YELLOW
MARIMBA SOLO
Über die Marimba und die hier präsentierten Stücke
Geklatscht, geklopft, getrommelt wurde zu allen Zeiten und überall. Rhythmus und
Percussion ist keinem Kulturkreis fremd und die Menschen schufen sich im Laufe der
Zeit ihre Hilfsmittel dafür. Die Marimba ist ein außergewöhnliches Instrument und
gehört zu den ältesten der Musikgeschichte. Je nach Kulturkreis wird sie auch
Mambira, Gyil oder Balafon genannt. Die Ursprünge der historischen Marimba finden
sich im afrikanischen und malaiisch-ozeanischen Raum. Etwa um 1000 n.Chr. wird
der erste Hinweis auf die Existenz des afrikanischen Xylophons, des nächsten
Verwandten der Marimba, datiert, das zuerst an der Küste Südostafrikas zu finden
war. Die Grundidee des Instrumentes stammt vermutlich nicht ursprünglich aus
Afrika, sondern gelangte auf dem Handelsweg von Südostasien/Thailand dorthin.
Dort entstand sie mit einfachem, vierbeinigem Holzgestell, in deren Mitte
Kalebassen als Resonatoren direkt unter den Klangstäben angebracht waren. Damals
wie heute hat man diese Klangstäbe mit härteren oder weicheren Schlägeln zum
Klingen gebracht. Seine jetzige Form erhielt die Marimba zu Beginn des vorigen
Jahrhunderts, als aus den Kalebassen Resonanzröhren aus Metall wurden.
Die Klangstäbe verlaufen wie die Tastatur eines Klaviers chromatisch in zwei Reihen.
Man fertigt sie aus wertvollem Tropenholz, vorzugsweise Palisander. Dieses erzeugt
diesen typischen gedeckten Ton und einen erstaunlich naturnahen, warmen Klang, in
dem viel Archaisch-Afrikanisches mitschwingt. Doch das mächtige und trotzdem so
unprätentiös wirkende Groß-Instrument durchlief auch in der neueren Zeit weitere
Entwicklungen: Die Erschließung mannigfaltiger Spiel- und Anschlagtechniken, die
Einflüsse verschiedener Kulturen, des Jazz, der Popmusik, ihr Wirken in der
Klassischen Musik, all das bereichert die musikalische Welt heute mehr denn je.
Auf der vorliegenden CD werden ausschließlich zeitgenössische Komponisten
präsentiert, zum Teil selbst Marimbaphon-Künstler, durch deren Werke ein lange
gewachsener musikalischer Reichtum zum Ausdruck kommt.
Mitchell Peters’ „Yellow after the Rain“ (1) gehört zu den bekanntesten Stücken der
4-Schlegel-Literatur für Marimba. Der Titel des Stückes evoziert Stimmungen zu einer
Farbe, die Musik jedoch bietet eine reichhaltige Palette an Farbklängen. Ein Start im
3/4 Takt, eine wellenförmige Melodie, im zweiten Teil dann rhythmische Elemente
und Wirbel, die fast ausschließlich aus Quart- und Quintklängen bestehen, gefolgt
von dynamischen Steigerungen, Wiederholungen und rhythmischen Verschiebungen
lassen ein lebendiges, vielfarbiges Szenario spüren. Nach dem dritten, sehr verhaltenen Teil, der mit drei Wirbeln im Pianissimo schließlich wieder Ruhe einkehren lässt,
weiß der aufmerksame Zuhörer, was gemeint war mit „Yellow after the Rain“. Peters
wirkt bis heute nicht nur als Pauker und Schlagzeuger, als Mitglied in der „Gruppe für
Neue Musik“ und als Lehrer in der „University of California“, er geht auch als Komponist einen äußerst produktiven Weg. Seine Werke sind weltweit hoch beachtet.
Auf dieser CD ist „Furioso and Valse D-Minor“ (2) von Earl Hatch das einzige Stück
für zwei Schlägel. Er begann seine Karriere damit, Stummfilme zu begleiten und
machte sich einen Namen als Percussionist in Radio und Fernsehen. Als Komponist war er einer der Ersten seiner Zeit, der Werke für Solo-Marimba komponierte.
„Furioso and Valse“ ist als eine sehr traditionelle Komposition in den 70er Jahren entstanden und sehr beliebt bei Schlagwerkern und Publikum. Hier handelt es sich um
ein ausgesprochen virtuoses, rasantes Klanggebilde, das aus zwei Teilen besteht und
zwischen Pianissimo und Fortissimo viele Schattierungen in der Dynamik aufweist.
Fernöstliches hören wir in Akira Miyoshis „Tender Talk“ (3) aus „Conversation“, einer
5-sätzigen Suite für Solo-Marimba, von der hier nur der erste Satz ausgewählt ist.
Japanische Klangtradition durchwebt wie selbstverständlich die zarten Melodien.
Auch Rich O‘Meara hat - wie viele Schlagwerker - die musikalischen Landschaften in
ihrer Vielfalt zwischen Neuer Musik, Weltmusik, Jazz und Rock sämtlich durchschritten. Er schuf mit „Tune for Mary O.“ (4) ein Werk, das bereits nach den ersten Takten
wohltuend weiblich, ja sinnlich wirkt; eine intime Atmosphäre wird im Hauptteil
immer deutlicher, man kann sich seiner soghaften Wirkung nicht entziehen. Im
Fade-out werden die Klänge dann bei gleich bleibendem Tempo immer mehr von
kleinen Pausen durchbrochen, um dann in ein ruhiges Ausgleiten überzugehen.
Werner Stadler wird gleich mit zwei Stücken vorgestellt: Einmal mit „Play seven“
(5), das in einer besonderen Takt-Art, nämlich im 7/8 Takt steht, der den sorglosen
Charakter der Musik bestimmt. Dies ist ein schlichtes, fröhliches Stück und erklingt
in der Bearbeitung von Konstanze Ihle. Sie spielt es nicht mit drei, sondern mit vier
Schlägeln; in der oberen Lage hat sie zur Melodie noch eine Oktave hinzugefügt.
Werner Stadlers zweites Stück auf dieser CD ist „Charade“ (6). Auch diese Komposition ist klar und einfach strukturiert. Sie besteht aus mehreren charakterlich sehr
unterschiedlichen Sätzen, die in einem Stück miteinander verbunden werden.
Keith Larson hat seine „Suite Mexicana“ (7, 8 und 9) sehr einfach mit den Satzbezeichnungen „slow – fast – slow“ überschrieben. So unkompliziert und verspielt, fast
wie ein mexikanisches Kinderlied oder die Melodie einer Spieluhr, beginnt dann auch
das Stück, gefolgt von schattenhaften Wirbeln, nur durch das Aufleuchten einer
chorartigen Melodie durchbrochen, wodurch eine fast surreale Stimmung erzeugt
wird. Südamerikanisch-heiter, rhythmisch, mit sehr durch mehrere Lagen wechselnden Akkord-Klängen, schließt das Werk dann im dritten Teil.
Die erstaunlich variationsreiche Klangvielfalt der Marimba, die innere Bilder entstehen lässt, wirkt auf Musiker und Komponisten gleichermaßen inspirierend.
Konstanze Ihle setzt mit ihrer eigenen Komposition ein kleines aber ausgesprochen
feines Denkmal für ihren Schlagzeuglehrer Martin Amthor: „Rondo Amthorio“ (10).
Sie schrieb es anlässlich seines Geburtstages im Jahre 1988. Die Rondo-Form ist für
die Interpretin der Inbegriff von Lebenslust und der Freude am Einfachen.
Von Mitchell Peters klar vorgegeben ist die Anzahl des einzusetzenden Handwerkszeuges in „Three Pieces for Three Mallets“ (11, 12 und 13). Der Komponist legt eine
wunderbare Schlichtheit in das Allegro. Wiegend, mit großer Ruhe geht es mit
tremolierten, wie Liegetöne wirkenden Klängen durch das Andante, um in einem
allgegenwärtigen Ostinato mit klar dominierender darüberliegender Melodie im
Presto abzuschließen.
In Paul Smadbecks „Rhythm Song“ (14) wird deutlich, wie scheinbar einzeln
musizierende Stimmen gleichzeitig in intimer Kommunikation miteinander stehen
können. 1984 entstanden fünf Stücke für Marimba. „Rhythm Song“ ist eines davon
und äußerst beliebt bei Marimbaphon-Künstlern. Basierend auf den Prinzipien des
Minimalismus liegen dem Stück afrikanische Elemente zugrunde. Jeder der vier
Schlägel spielt eine eigene Melodie, die jedoch, eng miteinander verwoben, sich
steigernd im Tempo – auch in den zurückgenommenen Momenten – vorwärts
streben, schließlich übergehen in eine introvertierte Stimmung und sich endlich,
kaum mehr wahrnehmbar, auflösen im letzten Ton.
Die Kunst, ein Marimbaphon der Gestaltungsfähigkeit und den musikalischen Ideen
seines Klangerzeugers zu unterwerfen, liegt in der Beherrschung der verschiedenen
Anschlagtechniken. Das faszinierende, uralte Instrument mit seinen ethnischen
Wurzeln und illustrer Verwandtschaft in der Schlaginstrumenten-Großfamilie kann
zudem mit seiner enormen Wandlungsfähigkeit Hörgewohnheiten wohltuend neu
ausrichten. Spieltechniken, Bauweise, Material, breiter künstlerischer Freiraum –
gegeben durch die zunehmenden Einflüsse aus allen uns bekannten Musikrichtungen
– taten und tun das ihrige hinzu. Kein unhörbares Piano, kein berstendes, betäubendes Forte, sondern interessante Buntheit, flirrende, samtene Weichheit, grandiose
Klangwolken, kurz, eine ungeheuer variationsreiche Klangvielfalt und gestalterische
Bandbreite bieten den Künstlern ein weites Feld, sich mitzuteilen.
Konstanze Angela Ihle
Konstanze Stiebler wurde 1968 in München
geboren. Sie stellte die Weichen schon früh auf
eine musikalische Bahn: Im musischen Gymnasium
waren - neben dem Klavier, dem Akkordeon, dem
Kontrabass und dem Gesang - Schlagzeug und
Marimba ihre favorisierten Instrumente. Später, in
der Berufsfachschule für Musik in Bad Königshofen bei Martin Amthor, wählte sie als Hauptfach
Schlagzeug. Ihre Studien setzte sie an der Staatlichen Hochschule für Darstellende Kunst und Musik
in Stuttgart bei Prof. Klaus Treßelt fort. Es folgte
die Staatliche Hochschule für Musik in Freiburg bei
Prof. Bernhard Wulff, wo sie als zweites Hauptfach
Rhythmik bei Prof. Martina Jacobi dazu wählte.
Vorläufig letzte Station war die Staatliche Hochschule für Musik in Trossingen bei Prof. Franz Lang.
Sie ist diplomierte Orchestermusikerin, Instrumentalpädagogin und Rhythmikerin. Allen Berufen geht
sie bis heute in wechselnder Gewichtung nach.
Die musikalische Welt ist groß und bunt und
Konstanze Ihle hat die Weiten und Tiefen der
verschiedenen Genres ausgelotet, derer sich eine
Percussionistin bedienen kann: Im Bereich der
Orchestermusik wirkte sie beim Basler Rundfunkorchester, dem Philharmonischen
Orchester Freiburg, den Heidelberger Sinfonikern, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz mit. Immer wieder
boten sich ihr auch Gelegenheiten, die Welt des Orchesters gegen die der „leichteren“
Muse und des Musiktheaters zu tauschen. Mit der Gruppe „Die Schönen der Nacht“
in Freiburg gab sie „Grüner Mond von Alabama“ von Kurt Weill und „Die Blume von
Hawaii“ von Paul Abraham zum besten.
Sie wirkte am Kinder- und Jugendtheater im Marienbad, Freiburg, mit, in „König
Ludwig II.“ und „Ludwig²“ am Musical-Theater Füssen und schließlich im HafenTheater Hamburg in „Der König der Löwen“. Ferner musizierte sie in mehreren kleinen
Ensembles: dem Marimba- und Percussion-Duo mit Conny Sommer, dem „Duo Gitarrimba“ mit Ursula Kurze, dem Duo „TastSinn“ mit der Pianistin Eva-Maria Ogrzewalla
und den „Xylophonikern“ aus München. Mit den Xylophonikern unternahm sie eine
Konzertreise nach El Salvador und Guatemala, wo die Marimba das Nationalinstrument ist. Mit ihnen hat Konstanze Ihle bereits zwei CDs aufgenommen („Konzert ‚92“
und „die xylophoniker“, erhältlich unter www.xylophoniker.de).
Jazz, Pop- und Weltmusik ließ Konstanze Ihle keineswegs links liegen. Sie spielte Schlagzeug im Salonorchester „Glühwürmchen-Ensemble“ aus Freiburg. Die
Flamenco-Gruppe „Luna de Plata“, Wiesbaden, unter der Leitung ihres Schwagers und
Gitarristen Frank Ihle, kann fest mit ihrer Unterstützung am Cajón rechnen. (www.
frank-ihle-flamenco.de) Darüber hinaus kann man sie in ganz Deutschland bei zahlreichen Solo-Auftritten mit dem Marimbaphon bestaunen. (Barocke, klassische und
zeitgenösische Musik, Pop und Jazz)
Seit 1992 arbeitet sie als Lehrerin für Schlagzeug an diversen Musikschulen, u.a. an
der Musikschule Südlicher Breisgau in Staufen, der Musikschule der Stadt Ulm, am
„rhythmpoint“ in Laupheim/Ulm, an der Musikschule Offenburg-Ortenau, sowie als
Lehrbeauftragte für Schlagzeug/Percussion an der Staatlichen Hochschule für Musik
in Hamburg. Zudem ließ sie sich zur Integrativen Musiktherapeutin am Fritz-PerlsInstitut ausbilden und legte 2004 die Prüfung zur Heilpraktikerin (Psychotherapie) ab.
Seit 2003 ist sie verheiratet mit Marc Ihle, dessen Nachnamen sie annahm.
Text: Cornelia Bürk, München
Danksagung
-meinen Eltern dafür, dass sie mir mein Musikstudium ermöglicht haben
-meinen ehemaligen Lehrern und ProfessorInnen für wichtige Impulse im Rahmen meiner musikalischen Ausbildung
-meinem Mann Marc für seine Präsenz und Unterstützung während der Aufnahmen
-Familie Steiert für die Bereitstellung des so idyllisch gelegenen Ussermannsaales in
St.Ulrich-Bollschweil/Freiburg
-meinem Duo-Partner Conny Sommer für die Aufnahmeleitung
-Mehmet Ergin für das Mastering
-Cornelia Bürk für das Schreiben der Texte
-Ariane Steglich für ihre sowohl kritischen als auch ermunternden Anregungen
-Rainer Schröder für die graphische Gestaltung dieser CD