Inhalt:
Karlheinz Wenzel: Spiel mit dramatischen
Vorlagen ...................................................................35
Schultheater der Länder- zu
seiner
Entstehung. Zielsetzung, Organisation ............ 2
Frank Herdemerten, Spiel mit dramatischen
Vorlagen ............................ ............ .......... ................. 36
PROGRAMM .......................................... ....................3
Christiane Mienert: Spiel mit dramatischen
Vorlagen . .................. ......... ........................................37
Ingo Scheller: Schultheater - ein Theater
der Schüler? ... ...................... ................................... 39
Erich Unglaub: Literarisches Theater.............. 42
RÜCKBLICKE
Reinhold Klinge , Literaturtheater.....................43
Hans Zehetmair, Grußwort ..................................7
Elinor Lippert: Rede beim Empfang .................. 8
Elinor Lippert: "Du gleichst dem Geist..."Rückblick ............................. ................... ..... ... ............9
Christiane
Mienert,
Theaterarbeit
ist
Tischarbeit ...................... ........................... ....... ..... .. 44
ARBEITSGRUPPEN DER FACHTAGUNG:
Probleme textnaher Produktionen .....:.... ...... 46
WERKSTÄTTEN ....... ...................................... ...............19
Adaption einer epischen Vorlage .................. 47
Ändern. ohne den Text zu ändern ................. 48
Verändern durch szenische Gestaltung .... 50
Politisches Schu lt heater............. ....... ........ „
FACHTAGUNG
„ „ ....
51
Gerhard Lippert: Einführung ..... ................... ....26
Günter Erken, Problemaufriß. Meinungen ... 27
Ulrich Hesse, Zwischen Werktreue und
Willkür ............................... .........................................33
Videofil m I Broschüren ............. ................. ..... .... 52
Teilnehmer der Fachtagung ............................ 53
Impressum
Fotos , Christian Döge. München
Herausgeber,
Kampchaussee
Körber
10.
2050
Stiftung.
Hamburg
80
Bundesarbeitsgemeinschaft
für
das
Darstellende Spiel in der Schule e.V.
(über, Elinor Lippert. Hauptstraße 51. 8901 Horgau)
außer, S. lo. 3u. 5r. Br. 10. llu. 120. 20o.
22m.u. 23. 251. 37. 43. 47
(alle, Günter Frenzel. Oberschleißheim)
Collage S. 50/51: Günter Frenzel/ Wulf Schlünzen/
Milo Lohse
Satz , Hannelore Bollinger/ Hildegunde Latsch/
Sybille El-Kerk/ Wulf Schlünzen I LAG Hamburg
Redaktion, Horst Rödinger. Wulf Schlünzen
Druck, Hein &. Co! Hamburg
Layout,
Nachdruck
auch
auszugsweise
Genehmigung der Herausgeber
Günter Frenzel. Milo Lohse.
Wulf Schlünzen
nur
mit
2
Schultheater der Länderzu seiner Entstehung, Zielsetzung und
Organisation
Das "Schultheater der Länder" ist ein Treffen
schulischer
Theatergruppen
aus
allen
Bundesländern. offen für alle Schulformen und
Schulstufen. Begründet wurde es von der
"Bundesarbeitsgemeinschaft für das Darstellende
Spiel in der Schule e.V." und der "Körber-Stiflung".
Den Anstoß zu einem Erfahrungsaustausch
zwischen Schultheatergruppen über die Grenzen
der Bundesländer hinweg gab Dr. Kurt A. Körber,
Industrieller in Hamburg-Bergedorf und Förderer
zahlreicher Initiativen in Wissenschaft, Bildung und
Kunst.
Das "Schultheater der Länder· soll ein Forum für
Spielansätze
und
Spielstile
aus
allen
Bundesländern sein. Es findet daher in jedem Jahr
in einem anderen Bundesland statt.
Das "Schultheater der Länder" ist ein Arbeitstreffen .
Es bezieht sich ausschließlich auf die Theorie und
Praxis des Darstellenden Spiels in der Schule. Für
jedes Treffen wird ein thematischer Rahmen
gesetzt. Die eingeladenen Gruppen stellen ihre
Aufführungen vor und diskutieren darüber.
die
Demonstration
von
Weiterhin
soll
Spielansätzen und Arbeitsweisen in eigens dafür
eingerichteten
Werkstätten
die
Spielpraxis
erweitern und vertiefen. Begleitet wird das
"Schultheater der Lände( von einer Fachtagung.
Die TeilnehmerlNNEN - spielleitende LehrerlNNEN,
DozentlNNen der Lehreraus- und -fortbildung und
FachreferentlNNen
von
Kultusund
Bildungseinrichtungenbeobachten
die
Aufführungen
und
untersuchen
sie
unter
theoretischen Gesichtspunkten.
Geplant, vorbereitet und durchgeführt wird das
"Schultheater der Länder" von der "BAG
Darstellendes Spiel in der Schule", der "KörberStiftung",
der
jeweiligen
Landes=
arbeitsgemeinschaft und von VertreterlNNEn der
regionalen oder lokalen Schulverwaltung.
Finanziert wird dieses jährliche Schultheatertreffen
von der "Körber-Stiftung· und durch einen
geringfügigen- Eigenbetrag der TeilnehmerlNNEN.
Das erste "Schultheater der Länder" fand 1985
unter dem Rahmenthema "Schultheater und Freies
Theater" statt. Am Beispiel der für dieses Treffen
ausgewählten Schultheateraufführungen und der
Gastspiele des schwedischen Theaterkollektivs
"Jordcirkus" sowie an der Arbeit der Werkstätten
und an den Ergebnissen der begleitenden
Fachtagung ließ sich erkennen, daß in den
Spielansätzen„ in der Arbeitsweise und in der
Ästhetik des Freien Theaters für das Schultheater
Möglichkeiten liegen, die ihm bei der Suche nach
eigenen Wegen weiterhelfen können .
Das zweite "Schultheater der Länder" - 1986 in
Lübeck - rückte das Thema "Schultheater und
Musik" als einen wichtigen Bereich der Gestaltung
in den Mittelpunkt der Fachdiskussion. Entgegen
der Tendenz zum gedankenlosen Einsatz von Musik
wurde ihre Wirkung als Ausdrucksträger analysiert
und in den begleitenden Werkstätten erprobt. Auch
in Lübeck war mit der "Laokoon-Dance-Group"
eine professionell arbeitende Freie Gruppe
beteiligt.
1987 fand das "Schultheater der Länder" in
Braunschweig
unter
dem
Rahmenthema
"Körperorientiertes Spiel
Impulse für das
Schultheater?" statt. In der Fachtagung wurde der
körperorientierte Ansatz als dem Schultheater
besonders entsprechend herausgearbeitet. Die
Mitwirkung der Freien Gruppe "La Otra Orilla" aus
Braunschweig bewies einmal mehr. daß das
Schultheater sich von der Arbeit professionell
arbeitender Freier Gruppen anregen lassen kann .
Das vierte "Schultheater der Länder" - 1988 in
Tübingen - befaßte sich mit dem Rahmenthema
"Stücke selbstgebaut - Eigenproduktionen im
Schultheater". Ein Teil der Fachtagung fand im
Rahmen der Zentralen Arbeitstagung der "BAG für
das Darstellende Spiel in der Schule" - zwei
Monate nach dem Treffen in Weilburg/ Hessen statt. Deutlich
wurde,
welche
besonderen
Möglichkeiten bei der Themenfindung und in der
Spielweise
gerade
Eigenproduktionen
dem
Schultheater
bieten,
aber
auch,
welche
Schwierigkeiten
mit
der
Erarbeitung
von
Eigenproduktionen verbunden sind.
Die Arbeit bei der Umsetzung dramatischer
Vorlagen - das Thema des fünften "Schultheaters
der Länder" 1989 in Bamberg - steht vor anderen
Problemen.
Bewußt
gegen
das
'VomBlatt-Spielen„ war das Thema formuliert: "Spiel mit
dramatischen Vorlagen". In den Gesprächen der
Fachtagung
und
den
Werkstätten
wurden
Möglichkeiten des spielerischen Umgangs mit
dramatischen Texten erörtert. erprobt und anhand
der Schultheateraufführungen überprüft. Die
Ergebnisse
sind
in
dieser
Broschüre
wiedergegeben.
Das nächste "Schultheater der Länder" findet im
September 1990 in Trier statt. Rahmenthema ist das
"Spiel mit Masken·.
Wulf Schlünzen
3
PROGRAMM
>Die Mädchen aus Viterbo«
nach dem Hörspiel von Günter Eich
Theater-AG des Albeck-Gymnasiums Sulz/ BadenWürllemberg
Mittwoch, 20.9.89
Fachtagung 1
Spielleiterin , Ursula Weber
Eröffnung »Schultheater der Länder '89«
»Rattenfänger«
»Geheime Freunde«
Musical frei nach Carl Zuckmayer
von Rudolf Herfurtner nach Myron Levoy
Gymnasium Chrislianeum. Hamburg
Theater-AG am Gymnasium Kronwerk. Rendsburg/
Schleswig-Holstein
Spielleiter, Günther Schäfer
Spielleiter, Tilmann Ziemke
Donnerstag, 21.9.89
Werkstätten
»Erinnerungen an Bertoll B.«
Brechtabend mit Szenen. Songs und Gedichten
»Der goldene Brunnen«
Theater-AG an der Integrierten
Kaiserslautern/ Rheinland-Pfalz
Märchenspiel nach Olfried Preußler
AG Schultheater der HauptAuguslfehn/ Niedersachsen
und
Realschule
Leitung: Ingo Zach. Folkerl Frerichs. Detlef Drews.
Birgit Kies
Gesamtschule
Spielleiter, Wolfgang Stepp
»Der Neinsager«
Schuloper von Bertoll Brecht
Gestalten/
Freie
Grundkurs
Dramatisches
Maria-Ward-Gymnasium.
Theatergruppe
Gymnasium bei St. Stephan. Augsburg/ Bayern
»Der Widerspenstigen Zähmung«
Komödie von William Shakespeare
Theater-AG am Robert-Schuman-Gymnasium
Saarlouis/ Saarland
Spielleiterin, Ulrike Niederländer
Spielleitung, Reinhold Schira und Ludwig Striegel
Sonntag, 24.9.89
»Die Launen der Verliebten«
Teilnehmertreffen
nach J.W. v. Goethe
Spielschar am
Lelmhollz-Gymnasium
Nordrhein-Westfalen
Freitag, 22.9.89
Essen/
Spielleiter, Frank Herdemerten
Werkstätten
Präsentation der Werkstätten
Fachtagung II
Fachtreff
»Wir sind noch einmal davongekommen«
»Tasso«
von Thornton Wilder
nach J.W. v. Goethe- Versuch einer Annäherung
Arbeitsgemeinschaft
Theater
Goetheschule Kassel/ Hessen
an
der
am
Schulzenmtrum
Theater-AG
Bördestraße. Bremen
Spielleitung, Lisa Steinmetz. Hedwig Lühmann
Spielleiter, Günter Wagner
Abschlußfest
Sonnabend, 23.9.89
»Faust I«
von J.W. v. Goethe
Theater-AG an der John-F.-Kennedy-Schule. Berlin
Spielleiter, Jochen Pfeifer
an
der
5
5. Schultheater der Länder
Rückblicke
... auf Bamberg '89
- - -
-
----
----
-
-
7
Grußwort
des Herrn Staatsministers Hans Zehetmair zum
#Schultheater der Länder# 1989 am 20. September
1989 in Bamberg
Ich freue mich, daß das -schulttieater der Länder#
auf seiner Tournee durch die Bundesrepublik
Deutschland in diesem Jahr einer bayerischen
Stadt ein Gastspiel gibt. Gerne habe ich die
Schirmherrschaft
über
diese
repräsentative
Veranstaltung des Schulspiels übernommen. und
ich begrüße die ausgewählten Spielgruppen und
die Teilnehmer der begleitenden Fachtagung sehr
herzlich. Mein besonderer Gruß und Dank gilt
allen
für
die
Organisation
dieser
Tage
Verantwortlichen, insbesondere den Vertretern der
Körber-Stiftung, der Bundesarbeitsgemeinschaft
für das Darstellende Spiel in der Schule und der
Landesarbeitsgemeinschaft Schulspiel in Bayern.
Das Schultheater in Bayern hat eine lange
Tradition. Daß es nicht nur Tradition besitzt.
sondern auch ein kraftvolles Leben führt. zeigt
neben
den
verschiedenen
repräsentativen
Spieltagen
vor
allem
die
Vielzahl
von
Spielgruppen und Aufführungen an den Schulen.
So gab es z.B. allein an den Oberstufen der
bayerischen
Gymnasien
im
vergangenen
Schuljahr 124 Grundkurse Dramatisches Gestalten,
über 200 Realschulen verfügten über aktive
Theatergruppen. Wenn die Schulen in so großem
Umfang von diesem Wahlfachangebot Gebrauch
machen, ist dies ein Beleg für die nachhaltige
Aufgeschlossenheit der Schüler und für den
großen Einsatz der Lehrer. Beides erfüllt mich mit
Befriedigung. Denn ich sehe beim Schultheater
weniger die Selbstdarstellung einer Schule nach
außen. so berechtigt dieses Motiv ist. sondern vor
allem
das
wertvolle
Instrument musischer
Erziehung.
Im professionellen Theater ist die Probenarbeit
vorwiegend Mittel zum Zweck. Im Unterschied
dazu kann beim Theaterspiel in der Schule die
gelungene Aufführung zwar krönender Abschluß
sein, der Hauptzweck aber liegt in der
Probenarbeit selbst. Schulspiel ist ja vor allem ein
pädagogisches Angebot. Es zielt ab auf das
Wecken und Fördern kreativer Fähigkeiten. auf die
Entwicklung der körperlichen und sprachlichen
Ausdrucksmöglichkeiten und auf die Erziehung zur
Verantwortung in der Gemeinschaft. Damit bietet
es günstige Ansatzpunkte, die Persönlichkeit der
jungen Menschen zu bilden.
Sieht man die Hauptaufgabe des darstellenden
Spiels in der Schule so. dann ergeben sich daraus
Konsequenzen für die Inhalte. Wichtig ist weniger,
ob das Stück bei einem Publikum ankommt. so
wenig dieser Aspekt ganz entfallen kann;
wesentlich ist. daß es die Spieler anspricht. daß die
Spieler sich mit dem Inhalt und den Personen
identifizieren oder auseinandersetzen wollen und
können - mit anderen Worten. das Stück muß
schülerorientiert sein.
Wo aber. so scheint es, ist die Schülerorientierung
durchschlagender als dort. wo die Schüler nicht
eine fertige Vorlage aufgreifen und auf die Bühne
bringen. sondern wo sie auch den Inhalt und die
sprachliche Gestaltung selbst entwerfen? Daher
verwundert es nicht. daß zeitweise der Eindruck
erweckt wurde. als sei die Eigenproduktion oder
das -selbstgebaute Stück" das Nonplusultra eines
schülergerechten.
zeitgemäßen
Schultheaters.
Wenn das "Schultheater der Länder- sein Tübinger
Treffen im vergangenen Jahr unter diesem
Rahmenthema durchführte. lag es zumindest
scheinbar ganz auf dieser Linie. Freilich war das
Resümee, das Reinhold Klinge in der Zeitschrift
"Spiel und Theater" zog, eher skeptisch. Er meinte,
das schöne Phantom. wonach junge Menschen im
eigenen Spiel - möglichst ohne jede Beeinflussung
Erwachsener
ihre Probleme in ästhetisch
gelungener Darstellung bewältigten. sei auch hier
nicht zum Leben erweckt worden. Es sei wohl nie
lebensfähig gewesen oder eine schöne Lüge,
wenngleich von unbestrittener Zugkraft.
Für d ieses Jahr haben Sie das Motto "Spiel mit
dramatischen Vorlagen" gewählt. Als Antithese
zum Thema des Vorjahres drängte es sich
geradezu auf. Allerdings frage ich mich. ob es sich
unter dem Gesichtspunkt der theatralischen
Darstellung wirklich um einen Gegensatz handelt;
wir sprechen ja immer von Spielgruppen und nicht
von Autorenkollektiven. Liegt der Unterschied
vielmehr nicht darin, ob die Schauspieler zugleich
Produzenten der Spielvorlage sind oder nicht?
Wenn
man
bedenkt.
wie
wenige,
selbst
hervorragende Schauspieler und Regisseure sich
auch als Autoren betätigt oder gar einen Namen
gemacht haben wie z.B. Johann Nestroy, dann
braucht das erwähnte Urteil Reinhold Klinges nicht
zu überraschen.
Der Streit um Eigenproduktion oder Spiel nach
literarischer Vorlage ist daher müßig in einem
Fach, das sich "Darstellendes Spiel" nennt.
Wesentlich ist vielmehr. ob Inhalt und sprachliche
Gestaltung etwas taugen und ob sie der konkreten
Spielgruppe entsprechen. also dem Verständnis
wie dem Darstellungsvermögen adäquat sind.
Diese Frage allerdings müssen sich Spielleiter wie
Spielgruppe immer wieder von neuem stellen.
Hier muß meines Erachtens auch die Kritik einer
Schulspielaufführung
ansetzen.
nicht
beim
Vergleich mit dem professionellen Theater. Der
Vorwurf. eine Schulspielaufführung sei Abklatsch
des Stadttheaters. scheint mir so billig wie
unbedacht. Wer Profitheater nicht für etwas per se
8
Unanständiges hält. braucht eine solche Kritik
auch nicht zu fürchten.
Schule heißt weithin "Lernen am Modell". Sie
verhilft den Schülern dazu. möglichst gut
nachzuahmen. was Erwachsene bereits können .
Auch die musische Erziehung ist am Vorbild
orientiert. ohne darin etwas Verwerfliches zu
sehen. Kein Schulorchester wird es als abträglich
empfinden. wenn ihm ein Kritiker bescheinigt. die
Schüler spielten beinahe wie Profis; seine Geltung
hängt auch nicht davon ab. ob es selbst
kompositorische Versuche
unternimmt
oder
tradierte Kompositionen als Material für eigene
Experimente benützt.
Ich möchte nicht mißverstanden werden, so als ob
ich Experimente ablehnte. Aber Schultheater ist
nicht'schon deshalb besser. weil es anders ist. Ich
zweifle. ob die These richtig ist. Schultheater habe
andere Möglichkeiten als professionelles Theater.
Korrekter ist es wohl zuzugeben. daß Schultheater
manche Möglichkeiten des Profitheaters nicht hat.
daß es sich deshalb auf seine Möglichkeiten
beschränken und diese verstärkt einsetzen muß.
Ich möchte mit diesen persönlichen Anmerkungen
den Diskussionen der Fachleute in diesem Kreise
nicht vorgreifen. Wichtig ist nur. daß Ihre
Gespräche in den nächsten Tagen neue Impulse
setzen für das Schultheater in Bayern und darüber
hinaus. Ihnen wünsche ich eine fruchtbare Arbeit.
das
Erlebnis
möglichst
vieler
gelungener.
anregender Aufführungen und insgesamt schöne
Tage in dieser so gewinnenden Stadt.
ELINOR LIPPERT
Rede beim Empfang
Nach Worten der Begrüßung und des Dankes an
die Teilnehmerlnnen, die Organisatorlnnen und
die Gäste aus der Politik (Staatsminister
Zehetmair, Oberbürgermeister Röhnery führte
die RAG-Vorsitzende aus:
Wir Schultheaterleute machen Theater in der
Schule und für die Schule. Es tut gut zu wissen, daß
wir ganz oben in der Liste der höchsten
Bildungsziele der Schulen aller Bundesländer
rangieren, es tut gut zu wissen. daß das
Schultheater gerne zitiert wird. wenn es darum
geht. nachzuweisen. daß Phantasie und Kreativität
in Denken und Handeln in der modernen Schule
gefragt sind.
Doch Kreativität gibt es nicht zum Nulltarif.
Gefordert ist in jedem Fall Idealismus. Ohne
idealistische
Mehrarbeit
kämen
keine
Schultheateraufführungen zustande. sei es als
"Heimspiel" in der . eigenen Schule oder bei
regionalen oder überregionalen Treffen. und erst
recht bei einem solchen bundesweiten Treffen. wie
wir es hier in Bamberg miterleben werden . Aber
dazu brauchen wir - Schüler wie Lehrer - unseren
festen Platz im Stundenplan; die Schüler brauchen
den sicheren Hort der schulischen Organisation.
den institutionellen Rahmen. sie brauchen das
Bewußtsein. daß das Darstellende Spiel ebenso
zur ästhetischen Erziehung der Jugendlichen
gehört wie Musik und Kunsterziehung.
Aber dazu brauchen wir Gewißheit. daß mit
Lehrplan und Stundendeputat unsere "kulturelle
Bildungsarbeit'' in den Schulen gleichberechtigt.
d.h. kontinuierlich und konjunkturunabhängig als
ein krisenfester Beitrag zum schulischen Leben
beachtet und bewertet wird. unabhängig vom
Festkalender
der
Jahreszeiten
und
bildungspolitischen Wechselbäder.
Daß Darstellendes Spiel nicht fest in allen Stun=
denplänen der Länder in allen Jahrgangsstufen
verankert ist. bleibt eine bildungspolitische Panne.
die höchst notwendig zu reparieren ist.
Es fehlt unseren Schülerinnen und Schülern aller
Schulformen und Jahrgangsstufen damit die
Chance. Theaterspielen an sich selbst zu erproben
und zu erfahren. Fehlt also Darstellendes Spiel im
Fächerkanon der Schulen. so fehlt es erkennbar an
einer
stetigen
Aufbauarbeit,
an
einer
Qualitätssicherung.
Es
fehlt
an
einer
pädagogischen Langzeitbetreuung durchgehend
in den Sekundarstufen 1 und II gerade in einem
Fach. das die Schülerorientierung zum Prinzip hat
und davon lebt.
Und wenn Darstellendes Spiel als Fach vorhanden
ist. warum wird es dann so rasch an den Rand des
Schulalltags gedrängt. sobald die Erstversorgung
der harten Kernfächer ins Wanken gerät? Und
warum müssen wir in Einzelgefechten erkämpfen.
was für Musik. Kunsterziehung. Handarbeiten. Sport
und Computerunterricht selbstverständlich einge=
plant wird , den Fachraum und die finanzielle
Ausstattung? Warum gibt es für Theater an der
Schule kein Studienangebot. keinen Studiengang
wie für Bildende Kunst und Musik?
Das "Schultheater der Länder" wird auch in diesem
Jahr wieder zeigen. daß Schultheater sich sehen
lassen kann, daß Theaterspielen an den Schulen
sich lohnt.
9
ELINOR LIPPERT
Du gleichst dem Geist, den du
begreifst, nicht mir...
Rückblick auf Bamberg
Literaturtheater- anerkannt und verfemt zugleich
im Schultheater. Ist es für viele -vor allem
Außenstehende- die einzige Legitimation für das
Theaterspielen an den Schulen. kommt es für
andere -vor allem für manche Spielleiterlnnnengleich,
verkopfles
und
einer
Horrorvision
verschultes Bildungstheater.
M it dem diesjährigen Rahmenthema #Spiel m it
dramatischen
Vorlagen#
hat
sich
die
"Bundesarbeitsgemeinschaft für das Darstellende
Spiel in der Schule# einen Schwerpunkt der
selbstkritischen Standortbestimmung gesetzt, Das
Spielen nach dramatischen Vorlagen gehört
unübersehbar
zum
üblichen
Schultheater=
repertoire. das Spielen mit dramatischen Vorlagen
geht dagegen weiter , Es fordert zu einem mutigen
und selbstgewissen Umgang mit Textvorlagen aufentgegen der landläufigen Tradition nach einer
-werktreueH-. lebendiges Schultheater also. kein
Bildungsmuseum.
Das Rahmenthema wirft Fragen auf. die geklärt
werden müssen , Wie behauptet sich jugendliches
Lebensgefühl gegenüber der Übermacht eines
großen Textes?
Was geht in den Herzen und Köpfen der
Schülerinnen vor. wenn sie sich der großen Inhalte
und Formen der Dramatiker aus Vergangenheit
und Gegenwart bedienen?
Führt d ie Erfahrung einer ihnen fremden Welt zu
einer produktiven Auseinandersetzung mit einem
Gegenbild oder nur zu einer Flucht aus dem
Alltag in den schönen Schein anerkannter Kunst?
Reichert das jugendliche Spielen den Text an?
Wird die Vorlage zum Steinbruch für jugendlichunbekümmerte Selbstdarstellung? Entziehen sich
die Jugendlichen spielerisch einer ehrlichen
Wahrnehmung der kulturellen Tradition?
Sind sie ü~rhaupt in der Lage. die Rollen der
großen Texte glaubwürdig zu spielen?
die
Im Verlaufe des Auswahlverfahrens
Landesarbeitsgemeinschaften der Bundesländer
treffen eine Vorauswahl und melden bis zu drei
Produktionen - bestätigte sich eine Vermutung,
Spielen nach literarischen Vorlagen dominiert vor
allem im gymnasialen Bereich. Dabei zeigte sich.
daß der rasche Griff zu den sogenannten
Lehrplandramen zwar häufig. aber keine Garantie
dafür ist. daß die dramatische Vorlage zu einem
Medium der Selbst-Darstellung Jugendlicher wird
und
die Arbeit
zu
einer
eigenständigen
Auseinandersetzung mit einem literarischen Werk
führt.
beides
wichtige
Kriterien. die
laut
Ausschreibungstext die für Bamberg gemeldeten
Produktionen zumindest in deutlichen Ansätzen
erfüllen sollten.
x
Im Programm für Bamberg standen,
Shakespeare. 3 x Goethe. 2 x Brecht. jeweils l x
Zuckmayer. Eich und Wilder und nur zwei Autoren
aus dem Kinder- und Jugendtheaterrepertoire,
Olfried Preußler und Levoy/Herfurtner. Wohl -wie
ein Blick auf die Ländertreffen zeigt- nicht nur ein
Zufallsergebnis. Fast scheint es, Je klassischer ein
Stück. desto sicherer fühlen sich Schülerinnen und
Lehrerinnen in der Anerkennung ihrer SchultheaterArbeit. Selbst wenn der professionelle Standard
nicht erreicht werden kann. nützlich scheint es
allemal. sich so lange und intensiv mit einem
bedeutenden Autoren abgemüht zu haben.
Insofern
erscheint
der
Klassiker-Bonus
die
risikoärmere Voraussetzung auch für einen
souveränen Umgang mit zeitlosen Fragen oder
Lösungen.
Die AUFFÜHRUNGEN in Bamberg zeigten. wie
unbelastet und selbstgewiß. Schülerinnen die
Überlast großer Texte von Shakespeare bis
Zuckmayer angehen. Ob textnah gespielt oder
szenisch wie inhaltlich adaptiert. erkennbar war
bei allen Gruppen der Versuch. die literarische
Vorlage zum Sprachrohr der eigenen JetztSituation zu machen. Die Mittel dazu waren
verschieden. ob durch äußere Veränderungen
(Bühnenraum. Licht. Musik) oder durch Eingriffe in
die Struktur und Botschaft des Textes, allemal
wollten - und müssen- die Spielerinnen die Texte zu
sich herholen.
PRÜFSTEIN GOETHE
Goethes "DIE LAUNEN DER VERLIEBTEN". "die erste
Jugendsünde des Dichters". bietet an. was die
SPIELSCHAR AM HELMHOLTZ-GYMNASIUM (Essen/
Nordrhrein-Weslfalen) wollte, die Zeitlosigkeit von
Themen wie Liebe und Eifersucht. "Und wenn sie
nicht gestorben sind. dann lieben sie noch heute".
ist mehrfach im Programmheft nachzulesen. Doch
ist es nicht ein langer Weg von der Schäferei von
1767 bis zur Anmache der Unangepaßten von 1989?
Wir sahen , zwei Doppelpaare, die Schäfer in feiner
Gewandung. grell aufgemotzt die Punker. beide
Doppelpaare in ihrem verliebten Tun kommentiert
von Clowns. die sich nicht nur wie die Verliebten
die Leitern hinauf und hinunter kämpften. sondern
kräftig mitmischten.
Das wohlvertraute Spiel von Liebe und Eifersucht.
Begehren und Schmollen offenbarte in mehrfacher
10
Verschränkung von gestern und heute und in
immer neuen Konstellationen, wie schwierig das
doch mit der großen und kleinen Liebe ist, die
Tändeleien des Schäferspiels konfrontiert mit
Punker-Feeling, doch bei beiden von den Clowns
ach! dieselben
ironisch zur Schau gestellt Beziehungskisten. Es war ein Feuerwerk an
Variationen zu einem Thema, das nicht nur junge
Herzen bewegt. Und am Schluß die Botschaft von
der Bühne, Die Probleme der Liebesleute sind
zeitlos und nur spielerisch zu packen. Wenn das
nicht dem Altmeister Goethe Vergnügen bereitet
hätte!
Was hat nun die Spielschar der Großstadt Essen
am Text so verändert, daß sie uns erreichte mit
ihrer Botschaft, nicht gänzlich neu, ober prickelnd
sie so zu hören und zu sehen?
"Launen der Verliebten„ - Essen
Sie beherzigte die Grundregel für jedes
Unternehmen dieser Art sie ging von sich aus, von
den Gegebenheiten der Gruppe: „Das Drama hat
vier Figuren, und unsere Spielgruppe bestand
damals aus 11 Leuten.- Dies hätte schlimm
ausgehen können, wenn nicht die Spielgruppe mit
ihrem erfahrenen Spielleiter im Text nachgeforscht
hätte, wie die gesamte Gruppe ins Spiel integriert
werden kann.
Sie entdecken die Kreisbewegungen im Text und
wiederholenden
Erweiterungen
finden
ihre
konsequent von der Dramaturgie des Textes her.
Sie entdecken in den Schäfern eine extreme
gesellschaftliche Gruppe und finden sie in den
Punkern von heute wieder. Dazu erfinden sie die
-Gruppe der souveränen Clowns", die kritisieren
und belehren, auch aus der Sicht des Zuschauers,
den sie in ihrem kreativen Umgang mit der
literarischen Vorlage nicht vergessen. Und sie
vergessen auch die theater- und schülergerechte
Umsetzung nicht- mit den Mitteln des Armen
Theaters, Leiter rauf, Leiter runter! Das Auf und Ab
einer
Liebelei
demonstriert
an
einem
schwankenden Brett- ein glucksendes Vergnügen
mit und nach Goethe!
Ähnlich ehrlich der 'Versuch einer Annäherung"
an Goethes -TASso- der Arbeitsgemeinschaft an
der GOETHESCHULE (Kassel/Hessen), die bisher nur
"Selbstgestricktes" spielte, wie im Programmheft zu
lesen war. Auch hier der kecke Versuch, den
eingefrorenen
Klassiker
aufzubrechen,
das
Bekenntnis zu der Aussage, die für Schülerinnen
brisant ist, ein junger Mann zwischen zwei Frauen.
Im Weiterspinnen des Konflikts werden es noch
zwei mehr, und zwar ganz heutige, emanzipierte,
so daß der Tosso-Dorsteller unübersehbar
Probleme mit diesen Frauen hatte.
Warum erreichte diese Love-Story ihr jugendliches
Publikum in Bamberg nicht? Zuviel der Verse für
ungeübte Ohren, die so nicht wahrnehmen
konnten, daß "dieser Mann gute Texte schreiben
"Tasse" - Kassel
"Fausr - Berlin
11
"Der Widerspenstigen Zähmung" Saarlouis
"Erinnerungen an Bertolt B." - Kaiserslautern
konnte"? Auch wenn gekürzt wurde. den jungen
Spielerinnen wurden Wortkonzenzentrate und
gestanzte Wahrheiten abverlangt. zudem in einem
Werk. das nicht nur den jungen Mann zwischen
zwei Frauen meint. sondern in dem es auch
wesentlich um das Verhältnis des Dichters zu den
Mächtigen geht. Tasso textgetreu auf der
Schulbühne. diese sichtbare Anstrengung, Goethe
anläßlich eines Schuljubiläums Achtung zu zollen.
zeigte uns ZuschauerlNNEn immerhin. daß sein
Klassiker-Nachlaß immer noch von jungen
Menschen so wichtig genommen wird. daß sie
mit
der
ganzen
Kraft
ihres
sich
Einfühlungsvermögens
dafür
stark
machen.
"FAUST
I"
von
der
Theater-AG
der
JOHN-F.-KENNEDY-SCHULE (Berlin) : Es war nach
eigenem Bekunden für die Gruppe "eine große
Herausforderung. den "Faust" spielbar zu machen.
daß die Aufführung zu einem Erlebnis für Spieler
und Zuschauer wird". Sie versuchte dies vor allem
mit
viel
Theatermaschinerie zu
erreichen.
möglichst so. wie dies der Direktor im ·vorspiel auf
dem Theater" verlangt. Damit war die Gruppe
trotz
einer
geschickten
Textkürzung,
die
philosophische Durststrecken vermied, schnell bei
e inem
Remake
der
Inszenierung
einer
Stadttheateraufführung. Soviel Klassiker-Treue -und
das aus der Weltstadt
Berlin- verblüffte ,
Theaterspielen als kunstbeflissener Nachvollzug
des kulturell
Ererbten? Zumindest für die
Spielleiterinnen im Publikum wurde das Spiel der
jungen
Menschen
auf
der
Bühne
vom
Grauschimmel der Bildungsaura überlagert. auch
wenn die Inszenierung in einigen Szenen durchaus
andere Momente hafte: so in der Kerker-Szene. in
der Bühnenbild und Spiel Angst und Bedrückung
vermitteln konnten.
Prüfstein Goethe? Der souveräne Umgang mit dem
Text bei genauer Wahrnehmung der Textvorgaben
machf's möglich. Goethe mit den Augen
Jugendlicher zu sehen. Dies gelingt sicher leichter
bei einem weniger gewichtigen Text, bei dem die
Vorstellung von diesem Werk nicht überlebensgroß
die eigenen Erfahrungen und Wünsche zudeckt.
UND SHAKESPEARE?
Warum mögen d ie Schülerinnen ihn so gerne
nachspielen? Weil er so lustig oder so tiefsinnig ist.
so modern. so absurd. so schwer? Oder nur, weil er
schon so lange tot ist. und man mit ihm machen
kann. was man will?
Die
Theater-AG
des
ROBERT-SCHUMANNGYMNASIUMS (Saarlouis/Saarland) suchte mit der
Komödie "DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG" die
"echte
Herausforderung",
sie
wollte
komödiantisches Theater. In einem modernen
Rahmen wurden die im Stück schon angelegten
vertauschten Rollen noch einmal durchgetauscht.
Männer wurden zu Mädchen und umgekehrt. was
12
die Spiellaune auf der Bühne zusehends steigerte.
Die
munteren
Mädchen.
lustvoll
als
elisabethanische Männer verkleidet. hatten selbst
da keine Probleme. wo am Schluß die gezähmte
Katharina (von einem Mädchen gespielt) von
ihrem Petrucchio (auch von einem Mädchen
gespielt) zu einer männerhörigen dienenden Rolle
verdonnert wird. Dieses vom heutigen Standpunkt
aus problematische Ende des Stücks blieb -wohl
durch das Rollentausch-Verwirrspiel erst möglichein Baustein der Spielebene. der als solcher in
ungehemmter Spiellust akzeptiert wurde. Ich hätte
mir eine Bearbeitung gewünscht. die den Text
mehr zu den Schülerinnen hingezogen hätte. eine
Reduktion auf Schülermaß. ohne Shakespeare zu
vergessen.
PROVOKATION BRECHT?
Was passiert mit den modernen "Klassikern"?
"Neinsager" - Augsburg
ERINNERUNGEN AN BERTHOLD B. Anläßlich des 90.
Geburtstages
wollte
die
Theater-AG
der
INTEGRIERTEN
GESAMTSCHULE
KAISERSLAUTERN
(Rheinland-Pfalz) ihre Sicht auf Brecht vermitteln.
v.a. auf eine Seite. die weniger bekannt ist, "B.B.
und die Liebe", "die erotische. die käufliche. die
berechnende. die zarte Menschenliebe. das
Mitleid ... Darauf kann man sich einigen". so wird
die Annäherung an Brecht im Programmheft
beschrieben. Ein ehrlicher Ansatz. der sich in der
theatralen Umsetzung allerdings nicht deutlich
genug dem Publikum vermitteln konnte. Aber es
gab einige musikalische Glanznummern. gekonnt
vorgetragen. auch wenn es die bekannten
Brechtnummern waren.
Auch
die
Schülerinnen
des
Grundkurses
Dramatisches
Gestalten
(MARIA-WARDGYMNASIUM/ GYMNASIUM BEI ST. STEPHAN aus
Augsburg/ Bayern)erfüllten mit der Schuloper von
Bert Brecht "DER NEINSAGER" eine Auftragsarbeit.
Das Augsburger Stadttheater wollte für . die
Brechtwoche
ein
Brechtprojel<t
mit
den
Augsburger Schulen machen. gedacht als
Hommage an Brechts Lehrstücke, "DER JASAGER".
Die Schülerinnen selbst wünschten sich als
notwendige
Ergänzung
des
Projekts
den
"Neinsager''. Doch bei der Arbeit entwickelte sich
auch zu diesem Neinsager-Optimismus eine
kritische Distanz. was -und das für für uns
Zuschauer entscheidend- mitinszeniert wurde. So
wurde der Chor eben mehr als nur der
Kommentator Brechts. er agierte nach heutigem
Verständnis. Oder, die Muter und der Knabe
wurden unter dem verstaubten Versteck zur
der
reinen
Lehre
Brechts
Demonstration
hervorgeholt.
wohin
sie
auch
wieder
verschwanden. Der didaktische Zeigerfinger
wurde als überdimensionales Comic-Strip-Objekt
augenzwinkernd ins Bild geschoben und warnte
"Rattenfänger· - Hamburg
13
so davor. dem Lehrmeister Brecht alles zu glauben.
Am Text änderte die Gruppe nichts.. aber durch
ihre Eingriffe in die Art der Präsentation. in die
szenische Gestaltung und vor allem auch durch
die neue Art von musikalischem Kommentar wurde
daraus eine Schuloper für Schülerinnen. die sich
mit Brecht lebendig auseinandergesetzt hallen und
ihn an den Ort gestellt hallen. der ihm -von ihrem
Standpunkt aus- heute zukommt.
Wir Zuschauerinnen erlebten ein kulinarisches
Schau-Stück zur reinen Lehre. ein Nein-Sagen zum
unreflektierten Ja-Sagen zum All-Meister Brecht.
ÜBER LEBENS-THEATER
oder, Mil Texten von gestern wider die Blinden und
Tauben von heule
"W ir sind noch einmal davongekommen" Bremen
Natürlich standen auch die Texte selbst zur
Disposition. Spiellust und Aktualisierungsdrang
gingen
über
gängige
Streichungen
und
Umstellungen hinaus, die Struktur der Texte wurde
aufgebrochen. in ihre Bauelemente zerlegt und
wieder
neu
kombiniert.
Respektlose
Textzertrümmerung oder doch ein konstruktiver
Vorgang?
Der Kurs Darstellendes Spiel des Gymnasiums
CHRISTIANEUM (Hamburg) entdeckten für ihren
Bedarf Carl Zuckmayers "RATTENFÄNGER". Sie
bauten daraus ein Müllkippen-Musical und
faszinierten mit ihrem augenfälligen Bühnenbild
und ihren Show-
"Die Mädchen aus Viterbo" - Sulz
Nummern. Die da oben -über dem Müllberg
thronend- wurden im Spiel als flotte ManagerKarikaturen gebrandmarkt. die da unten im
Müllberg als malerische Opfer dagegengestellt.
Dazwischen die Hoffnungsträger. die jungen.
Es
ging
der
unschuldigen
Liebenden.
energiegeladenen Truppe auch um ihre Botschaft.
und sie haben enttäuscht registriert. daß vor allem
das jüngere Publikum nur konsumieren wollte. Sie
wußten. was sie sagen wollten. und taten dies
mehrfach mit allen Mitteln. je greller desto besser.
Der Text also ein Steinbruch. freigegeben zur
Selbstbedienung durch Jugendliche? Warum auch
nicht
Zuckmayers "Rattenfänger'' verlangt
ohnehin heule nach einer Bearbeitung. Die
Hamburger hallen die "moralische und soziale
Thematik" des Stückes auf sich und die ungelösten
Abfallprobleme bezogen und ihre Ungeduld und
Anklage eben in ein Musical frei nach Carl
Zuckmayer gepackt.
Gleich im Anliegen -die Menschen sind taub und
blindversuchte
die
Theater-AG
des
SCHULZENTRUMS AN DER BÖRDESTRAßE (Bremen)
mit Thornton Wilders "WIR SIND NOCH EINMAL
DAVONGEKOMMEN"
eine
"zeitgemäßere
Interpretation"
des
"heule
kaum
noch
nachvollziehbaren" optimistischen Glaubens an
14
die
"vitalen
Kräfte
der
Menschheit"
(Programmheft). Durch die bewährten Mittel der
Parodie
und
Verfremdung
sollten
wir
Zuschauerinnen erfahren. was damals 1942 wie
heute gilt, Die Menschen lernen nichts aus
Katastrophen. Doch es gibt wohl Stücke. die so
haarscharf ihre Zeitsituation widerspiegeln. daß
sie später nicht mehr sind als ein historisches Zitat.
Das Stück hat es schwer. uns heute zu erreichen.
Tief eingetaucht in scheinbar Vergangenes und
Immer Existentielles ist die Theater-AG des ALBECKGYMNASIUMS (Sulz/ Baden-Württemberg) mit ihrer
Montage zu Günter Eichs Hörspiel "DIE MÄDCHEN
AUS VITERBO". Die Arbeit an existentiellen Themen
wie Liebe. Angst. Schuld und Tod und an dem
Thema der Auseinandersetzung mit der Zeit des
Zweiten Weltkrieges führte zu unterschiedlichen
Spielformen und zur Erweiterung der Spielvorlage
durch eigene und fremde (Beckett, ENDSPIEL)
Texte.
Was uns Zuschauerinnen beeindruckte. war die
utopische Kraft
der Forderung nach einer
besseren Zukunft. mit der die Darstellerlnnen in
den realistischen Kurzszenen aufbegehrten. Die
Angst. diese Zukunft nicht haben zu können. war
ehrlich und ohne -großes Theater" überzeugend.
Weniger allerdings funktionierte die Angst. die sich
dem Publikum mit rüde auftretenden. verkleideten
NS-Schergen
als Gefühl
des
Bedrohtseins
vermitteln sollte. Dies war unnötig. ich hätte mich
als Zuschauerin lieber selbst entscheiden dürfen.
wie mich das Spiel der jungen. engagierten
Darstellerlnnen betroffen gemacht hat.
UND
DIE
ANGEBOTE
JUGENDTHEATERS?
DES
KINDER-
UND
Sind die Texte des Kinder- und Jugendtheaters
nicht die geeigneten Texte. passend für den
Gebrauch einer jugendlichen Theatergruppe?
Die Arbeitsgemeinschaft der HAUPT- UND
REALSCHULE AUGUSTFEHN (Niedersachsen) wollte
mit Offried Preußlers Märchenspiel "DER GOLDENE
BRUNNEN"
die
zeitnahe
Geschichte
vom
versiegeMen Wasser für jüngere Schüler erzählen.
In Bamberg waren für diese Zielgruppe die ersten
Reihen reserviert. Die Kinder ließen sich gerne
hineinnehmen
in
das
reich
ausstaffierte
Zauberreich. die älteren Schülerinnen aus den
anderen Theatergruppen. die im Pubblikum
saßen. konnten damit nicht viel anfangen. sie
fühlten sich nicht in ihre Kindertage zurückversetzt.
Vielleicht war auch die Anstrengung der drei TeilAGs (Darstellendes Spiel - Bühnenbild/Kostüm/
Maske
Bühnentechnik/Beleuchtung/Ton) zu
wenig manövrierbar geworden. Trotzdem ein
beachtenswertes
Unternehmen,
Ältere
-Der goldene Brunnen· - Augustfehn
15
Schülerinnen
produzieren
für jüngere
Märchenwelt, die sie erreichen soll.
eine
Betroffenheit bis zur atemlosen Beklemmung
erreichten die Darstellerinnen von Herfurtner/Levoys
"GEHEIME
FREUNDE"
der
Theater-AG
am
GYMNASIUM KRONWERK (Rendsburg/ SchleswigHolstein) mit ihrem ehrlichen Spiel. Wir konnten
ihnen glauben. was sie sagten. weil die Sätze des
Autors zu ihren eigenen geworden waren. Dabei
war es nicht der missionarische Eifer. dem
Publikum ein Stück Vergangenheitsbewältigung zu
präsentieren - nach eigenen Aussagen stand für
sie die Jugendproblematik im Mittelpunkt ihrer
Arbeit. In ihrem Spiel auf der Bühne handelten sie
so. daß durch die Textvorlage hindurch ein Stück
Jugend '89 sichtbar und spürbar wurde. Wir
konnten sehen. wo sich die Ängste und Hoffnungen
verborgen halten. Mil dem Text über den Text
hinaus ...
DU GLEICHST DEM GEIST. DEN DU BEGREIFST, NICHT
MIR!
So schmettert der Geist in Fausts Studierstube das
Ansinnen Fausts ab. mehr zu wollen. als er ist. Wir
Schultheaterleute lesen für unseren Bedarf heraus,
Uns möge genügen. was wir darzustellen
vermögen. was unserem "Geist" gleicht, nicht
mehr. aber auch nicht weniger.
Ob textnah oder texlfern- das Spielen mit
dramatischen Vorlagen kann nur überzeugen.
wenn es sich dem Lebensumfeld der Schülerinnen
annähert. Der Text bleibt letztlich Medium für das
wache und unverstellte Verlangen nach Ich- und
Fremderfahrung Heranwachsender. Gerade für
das Schultheater gilt, Der Text ist als Partitur
anzusehen. allerdings auf Schülermaß zurecht
gemacht und für Schülerbedarf gestaltet.
"Geheime Freunde" - Rendsburg
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Tolle „Theater-total-Tage" erlebt
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..Super•. ..Klasse", „Großartig",
das ist J: u"z~efaßt die Meinung
der Beteiligten für die 5. Schulth catt·rtagc der Länder, die am
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Theatergruppe der Re2lsch"1• Augustfehn in Niedersachsen hat s:ch
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19
5. Schultheater der Länder
,__________
Werkstätten
Bamberg '89
-
-
20
Werkstatt
t
Körperbetontes Spiel mit dramatischen Vorlagen ,
Bewegung soll Ausgangspunkt und Mittel der
Darstellung sein. In dieser Werkstatt geht es darum.
die eigene Bewegungsfähigkeit zu erfahren und
das individuelle Bewegungsmaterial zu erweitern.
Übungen aus verschiedenen Bereichen der
Bewegung und des Tanzes werden die Grundlage
der Arbeit bilden. Bewegungstechniken sollen
erfahren. probiert. erlernt und in Improvisationen
angewandt werden und neue Möglichkeiten für
szenisches Gestalten schaffen. Der Weg führt
dabei. von alltäglichen Bewegungssequenzen
ausgehend. über Stilisierung und Rhythmisierung
zur choreographierten Szene.
Geräusch und Musik. Wort und Text werden
Stimulans und Mittel und/oder Inhalt der Arbeit
sein. um innere Vorgänge durch äußere
Bewegung zu visualisieren.
Ulrike Stolle, Berlin
Werkstatt 2
Theterarbeit mit literarischen Texten , Ein klassischer.
stürmisch-drängender Text liegt vor. Titel, "Die
Räuber". Autor: Friedrich Schiller. Zeit, damals.
aber es wird heute gespielt.
Auf dem Hintergrund von Informationen über das
Stück selbst. über den Autor und über die eigene
Situation der WorkshopTeilnehmerlnnen zeigt sich das. was an diesem
Text heute interessiert. Wir lesen eine Szene. 1.Akt.
2.Szene. Schänke an der Grenze zu Sachsen. Karl
von Moor und Spiegelberg. Zwei Räuber? Wir
dürfen ungeschickt sein, heftig sein. Den Text
herausschreien. Im Chor. Durcheinander. lustvoll.
Expressiv. Die Rollen (ver-)tauschen. Spielversuche
schließen sich an. Szenen und Textstellen. die wir
zunächst nicht verstehen oder szenisch nicht
umsetzen können. lassen wir weg . Eine Collage
entseht. "Unser" Zugang zu dem Text steht im
Vordergrund . Ja. tatsächlich auch das ist erlaubt.
Herbert Enge. Hamburg
Werkstatt 3
Es wird an bzw. mit Texten der Aufführungen der
Teilnehmerinnen gearbeitet. An
bestimmten
Szenen
soll
Neues
ausprobiert.
weitere
Möglichkeiten des Andersseins getestet werden .
Alternativen und andere Lesarten zu einer Szene
können eine Bereicherung für das Vorhandene
sein. Es geht auf keinen Fall um eine Veränderung
der Schulinszenierung. Auszuprobieren wäre zum
Beispiel. genau am Gegenteil einer Szene zu
arbeiten. d .h.. relativ statische Szenen anhand von
21
Tierimprovisationen oder Isolierung bestimmter
Körperbewegungen
nach
vorhandenen
körperlichen
Impulsen
durchzuforsten.
Und
umgekehrt Szenen mit großen. äußerlichen Mitteln
auf ihre emotionalen Vorgänge und Wahrhaftigkeit
hin "abzuklopfen".
Peter Rein, Wien
Werkstatt 4
Zur Bearbeitung kommen soll der Text einer
Kurzgeschichte von Ingeborg Bachmann "Alles".
Im "Gegensatz" zum primär an der Sprache
orientierten klassischen Theater versuche ich die
vielfältigen
Ausdrucksund
Gestaltungs=
möglichkeiten des Körpers in Haltung und
Bewegung zur Herstellung bzw. zum Träger einer
Geschichte werden zu lassen. Dies setzt voraus.
daß eine Sensibilisierung der Teilnehmerinnen für
das weite Feld der Körpersprache vermittelt wird .
Körpersprache ist dabei nach zwei verschiedenen
Aspekten zu unterscheiden, zum einen nach ihrem
aktuellen Zeichengehalt (oder auch nach dem
Symbolsprachengehalt). zum anderen in ihrer
biographischen Bedingtheit.
In der Werkstatt soll aufgrund der Sensibilisierung
für die skizzierten Grundlagen der Arbeitsschritt
folgen. eigenes Erleben in eine "andere"
Geschichte einzufügen. sich in einer anderen
Geschichte wiederzufinden und sie dadurch zu
beleben. Dieses Material wiederum muß in einem
weiteren Schritt zu Bildern und Handlungsextrakten
verdichtet werden. so daß eine dem Zuschauer
zugängliche dramatische Form entsteht.
Wolfgang Gufler. München
Werkstatt 5
Im Mittelpunkt wird die Erarbeitung eines
Szenenausschnitts aus "Die Macht der Gewohnheit"
von Thomas Bernhard stehen (in , Die Salzburger
Stücke, Suhrkamp 257). Über den vorbereitenden
Weg der Lockerungs- und Entspannungsübungen
eine
(Strasberg-Methode)
soll
zunächst
gemeinsame Einstimmung auf die Arbeit gefunden
werden. In der Auseinandersetzung mit dem Text
wird es darum gehen, die Textinformation zu
erarbeiten. um dann mit Hilfe von Improvisationen
an die gezieltere Umsetzung der Spielsituationen
heranzukommen. die Grundstimmungen der
einzelnen Figuren in sich selber und die Beziehung
untereinander spielerisch zu erfahren.
Die Arbeit soll den Teilnehmern die Möglichkeit
geben. Einblicke zu erhalten in eine spezielle Form
der professionellen Erarbeitung einer literarischen
Szene.
in
deren
Mittelpunkt
immer
die
Persönlichkeit des Spielers steht. Von seinen
22
individuellen
Fähigkeiten
soll
ausgegangen
werden,
nicht
von
einer
konzeptionell
vorbestimmten Idee. (Textkenntnis ist dringend
erwünscht)
Alter der Teilnehmer, ab 17 Jahre
Victor Oller, Barcelona
Werkstatt 6
Aus einer literarischen Vorlage werden bestimmte
Szenen ausgewählt, woraus sich je nach Motiv
und Handlung verschiedene Sprach- und
Bewegungsformen ausarbeiten lassen. Da diese
Formen die Realität nicht imitieren sollen, werden
die Bewegungen von der Realität losgerissen, so
daß eine abstrakte Form übrig bleibt.
Unser Körper und unsere Stimme sind Instrumente.
um das zu äußern. was uns beschäftigt. Um sich
darauf einlassen zu können, werden Stimm- und
Atemübungen durchgeführt. Dann folgt ein
spielerischer Einstieg in die BewegungstheaterTechnik. Durch weitere Elemente wie Rhythmus.
Spannung und Entspannung, Einbeziehung der
räumlichen Umgebung und der Beziehungen
zwischen den Personen wird eine bestimmte
Körper- und Stimmbeherrschung erzielt, die
Gefühle und Gedanken einer Szene sprechen
lassen.
Altersgruppe: ab 16 Jahre
Sacha Anema, München
Werkstatt 7
Einführung in Rollen und Szenen.erprobt am
Beispiel
von
Frank
Wedekinds
#Frühlings
Erwachen-.
Je besser es dem Spieler bzw. der Spielerin
gelingt, sich in eine Rolle einzufühlen, und das
heißt immer auch, einen Zusammenhang
der
Rolle
und
den
eigenen
zwischen
Wahrnehmungs-. Denk- und Empfindungsweisen
auf der einen Seite und den eigenen sprachlichen
und
körperlichen
Verhaltensmöglichkeiten
herzustellen, um so dichter und realistischer wird
die Darstellung auf der Bühne. Gerade beim
Schultheater muß es darum gehen, das
Verhaltensrepertoire
aller
Spielerinnen
wachzurufen und so ins Spiel einzubeziehen, daß
die Darstellung glaubwürdig wird. Im Workshop
die
Teilnehmerinnen
Verfahren
sollen
kennenlernen und erproben, mit denen sie s!ch
schrittweise einen Zugang zur inneren und
äußeren Haltung einer Rollenfigur und zu
einzelnen
Szenen
erarbeiten
können.
Mit
Wedekinds #Frühlings Erwachen- wurde dabei ein
Stück ausgewählt, das sich in kurzen Szenen in das
Leben von Jugendlichen um 1890 einblendet und
23
deren
Probleme
und
Wünsche
mit
den
Gleichaltrigen. Eltern und Lehrern zeigt. Im
Workshop soll es auch darum gehen. sich über
Körperarbeit. Rollenbiographie. Rollengespräche
und szenische Improvisationen die historisch
andersartigen Haltungen und Situationen dieser
Jugendlichen und Erwachsenen zu erarbeiten.
Ingo Scheller. Universität Oldenburg
Werkstatt 8
Eine oder mehrere Kleinstszenen werden zum
Experimentierfeld für die Spielbarkeit einer
dramatischen Vorlage. Was gibt der dramatische
Text her. wenn wir ihn nicht nur sprechen. sondern
auch visualisieren wollen? Um diese Frage dreht
sich
die
Werkstattarbeit.
Aber
nicht
Grundlagentheorie. sondern Handwerkliches. das
Machen. die genaue Arbeit am Detail sollen im
Vordergrund stehen. Der Workshop richtet sich vor
allem an Spielerinnen und Spielleiterlnnen. die sich
für Bewegungs- und Körpertheater interessieren.
Lust auf etwas Akrobatik verspüren. keine Angst vor
Boden- und Körperkontakt haben und nach
Möglichkeit Spielerfahrung mitbringen.
Henning Hörmann. Ebersberg
Werkstatt 9
Vom Text zum Spiel und weiter... : Wie lassen sich
Spielmöglichkeiten für literarische Vorlagen finden.
die sich zunächst einem spielerischen Umgang zu
entziehen scheinen und daher allzuhäufig "vom
Blatt gespielt'' werden?
Die
Erarbeitung
des
Textverstäntnisses.der
Aussageabsicht der Gruppe und der Gestaltung
sind sich gegenseitig beeinflussende und im
Idealfall beförderte Teilprozesse der Arbeit mit der
dramatischen Vorlage.Die dramatische Vorlage
wird
szenisch
erkundet.die
spielerische
Auseinandersetzung
mit
Haltungen
und
Erfahrungen
führt
zur
Suche
nach
Gestaltungsmöglichkeiten.
Je nach Zusammensetzung der Gruppe werden
eine oder mehrere überschaubare Einzelszenen
unter Einbeziehung von Raum. einfachen Requisiten
und musikalischen Elementen bis zur Gestaltung
erarbeitet. Ausgangspunkt einer jeden Arbeit sind
Warm-ups. Interaktion und Körpertraining.
Altersgruppe: ab 14 Jahre
Reinhold Schira
Werkstatt 10
Pantomime ist mehr als das Umgehen mit
Bewegungstechniken.
In
ihrer
Form
als
Körpertheater erweitert sie das Bewußtsein über
die vorhandene Sensibilität hinaus. Bewegung und
Musik werden uns helfen. die Musik im Körper zu
finden, Ich betrachte den Körper als ein
Musikinstrument. dessen Eigenarten und Gesetze
man kennen sollte. um damit zu spielen und zu
improvisieren. Um dies zu erreichen. versuchen wir
Übungen aus Pantomime und Mime. aus
asiatischem und afrikanischem Tanz. T'ai Chi und
aus Grundlagen der Akrobatik. Wir werden an
einem dramatischen Text arbeiten.
Ingrid Irrlicht. München
Werkstatt 11
Nach einer kurzen -auch theaterhistorischenEinführung über Bedeutung und Funktion des
Theaters
werden
wir
mit
Körperarbeit
und
noch
Impulsarbeit)
(Körperausdruck.
wortlosen Übungen zur Stimme uns auf unser
Hauptthema vorbereiten, Die Umsetzung eines
Monologes (Arie! in Shakespeares "Sturm") mit
Stimme und Bewegung der gesamten Gruppe.
Hariet Wolf. Athanor Theater München (Leitung
David Esrig)
Werkstatt 12
Behauptung, Eine literarische Vorlage bzw. ein Text
kann nicht wertneutral gelesen werden; jedes
Lesen ist perspektivisch und interpretiert somit. Wir
werden einen kurzen Ausschnitt aus Brechts
Stück,"Die heilige Johanna der Schlachthöfe" auf
seine "Lesbarkeiten" überprüfen und versuchen.
gefundene Variationen zu erspielen. wobei das
Augenmerk auf zwei Gesichtspunkte konzentriert
wird:
Umsetzen einer eindeutigen bzw. klar erkennbaren
Emotion und der Vollzug des Wechsels in eine
andere emotionale "Farbe". Klare Organisation
des Spieles. Durchstrukturierung einer Szene
hinsichtlich verschiedener Ausdrucksebenen des
Schauspielers. Vorbereitung über Warmup einzeln
und interagierend.
Klaus Wildermuth. Augsburg und Linz
25
5. Schultheater der Länder
Fachtagung
Spiel mit dramatischen Vorlagen
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Bamberg und Bremen '89
26
GERHARD LIPPERT
Einführung in die
Fachtagung
Belasten soll uns nicht in erster Linie die alte
Frontstellung:
"hier Eigenproduktion
dort
Literaturtheater"
mit den abgeschliffenen
Anmutungen,
Nur in selbstgebauten Stücken könnten sich
Interessen und Lebenswelt der Jugendlichen
artikulieren_
Dramen würden fernab vom Alltag und der
Wahrnehmung
der
Spielgruppe
nicht
nachvollziehbare Probleme. Handlungen und
Figuren vom Einzelnen abforden_
Selbstgebaute Stücke sind das ideale Gefäß. in
das persönliche Erfahrung und persönliche
Selbstkonzepte einfließen können. Jugendliche
erfahren sich, eingelassen in ihrer Innerlichkeit, in
ihrer persönlichen Erfahrung von Alltag und
Umwelt; Orientierungswerte für Thematik und
Gestaltung sind dann,
Selbstfindung, Identität,
Entfalten der Person. lebensweltlicher Bezug auf
die eigene Person. Dieser Ansatz läßt nur zu. was
mich erreicht, berührt und weiterbringt: Schule,
Beschäftigtsein,
Partnerschaft,
aber
auch
Umweltprobleme und politische Tagesthemen
haben ihren zugewiesenen Stellenwert.
Literarische Spielvorlagen können kräftige Anstöße
geben, sich über das eigene Ich hinauszuheben,
sich in andere Figuren und ihre Umwelt, ihre
Probleme und Lösungsversuche hineinzubegeben.
sie nachzuvollziehen versuchen. Das geht dann
hinein in ein intensives Anverwandeln, in eine Art
selbstloser Fremderfahrung. Muß das am Ende das
eigene Ich draußen vor lassen? Kann es nicht auf
diesem Umweg wieder zu einer - allerdings
distanzierten - neuen Selbsterfahrung hinführen,
angereichert eben durch ein behutsames
Sicheinlassen auf das andere. das manches in der
eigenen
Lebensumwelt
relativieren
oder
problematisieren mag? Dramatische Vorlagen
lösen Empathie wie Rückkoppelung auf das
eigene Ich aus
und da ist dann der
dramaturgischen Texteinrichtung Tür und Tor
geöffnet.
Allbekannte "Lehrplandramen" und "Klassiker" -wie
z.B. Moliere, Shakespeare, Brecht- lassen Spielleiter
vor allem dann vorsichtig werden, wenn
Spielgruppen recht dezidiert nach dem großen
Vorwurf rufen, nach "FAUST" z.B. Doch man sollte
nicht verkennen. daß -anders als für den Lehreralle dramatischen Vorlagen für die Jugendlichen
neu sind, d.h. nicht in vielen Aufführungen und
Interpretationen vorgeformt und abgegriffen.
Spielgruppen können daher durchaus mit Neugier
und frischen Gestaltungsideen an "Klassiker"
herangehen - und das sollte ein Spielleiter auch
nutzen, um dem falschen Anspruch eines
"Bildungstheaters" zu begegnen.
Skepsis und Warnung vor großen Klassikerder
drohenden
Aufführungen
sind
aus
Überfrachtung der Spielgruppe mit großartigfremden Schicksalen und nobler Sprache zu
begründen. Schüler wollen häufig Literatur. und die
-leider!- in voller Länge. Im Schultheater aber ist
eher
eine
einschneidende
Kürzung
und
Bearbeitung angesagt, damit die szenische
Realisation der Spielgruppe gelingt_ Dann können
sich produktive Widersprüche zum vorgegebenen
dramatischen Text ergeben, es kann sich eine
eigenständige
Einrichtung
der
Spielvorlage
ergeben. Dann wird man nicht in "Ersatzspielen".
"Ersatzgefühlen"(Erken) steckenbleiben, weil der
Text zu groß und zu fremd für die Schulspielgruppe
blieb. .
Wie kann diese Arbeit gerade bei älteren Dramen
aussehen? Ältere Dramen brauchen zu ihrer
szenischen Vergegenwärtigung Geschichte als
denn
Figuren,
Handlungen,
Bezugsinstanz,
Probleme und Lösungen sind in den Kontext ihrer
Zeit eingebunden, mentalitäts- und sozial=
geschichtlich.
Dann kann die Differenzerfahrung zu heute in der
persönlichen und gruppenspezifischen Aneignung
und Anverwandlung des Dramas spielbestimmend
werden. Da erarbeiten sich die Spieler einen
Zugang zum schwierigen Text stellen sich den
Verständnisproblemen.
achten
darauf.
nicht
hineinzufliehen in das "Seelenmuseum" einer
fernen unbekannten Zeit.
Aber kann ich auf der anderen Seite in der
Bearbeitung soweit gehen. daß die Zuschauer die
"Klassiker" nicht mehr wiedererkennen? Wozu dann
noch die gewählte literarische Vorlage? Gewarnt
werden muß vor einer "Literatur-Zerstörung", die
darin
besteht.
die
Vorlage
für
aktuelle
Auseinandersetzungen zu funktionalisieren, für
eigene Ansichten bruckstückhaft Zitate aus der
dramatischen Vorlage zu verwenden. Es geht nicht
um die moralische Frage der Achtung vor Autor
und Werk. sondern um die Balance zwischen
Substanzerhaltung des Stückes und notwendiger
moderner
Aspekterkennung
durch
die
Spielgruppe.
27
GÜNTHER ERKEN
Problemaufriß, Meinungen
Referat zur Fachtagung in Bamberg
Über zwei Dinge ist man sich einig im
Schultheater,
es
solle
keine
Kopie
des
professionellen Theaters sein, und es solle mit dem
Leben der Jugendlichen zu tun haben. Leider
werden diese Maximen manchmal einander
gleichgesetzt
oder
ungenau
m iteinander
verbunden, etwa so, das Schultheater solle mit
dem Berufstheater nichts zu tun haben und könne
deshalb nur eine Kopie des Lebens der
Jugendlichen sein. Sehen wir uns nur die erste
Meinung genauer an; was ist damit gemeint? Das
Schultheater soll nicht in einem Dressurakt die
ganzen Voraussetzungen des professionellen
Theaters kurzschlüssig überspringen wollen, um
dessen Stil zu imitieren. Warum aber sollte es sich
nicht an Methoden des Profitheaters anlehnen? (Es
ist ein Dilemma, daß Methoden so schnell zum Stil
verkommen.) Im Grundsätzlichen könnte das
professionelle Theater dem Schultheater durchaus
Orientierungshilfe sein. Seine Erfahrungen von
"gutem" Theater. seine Vorstellungen von Qualität
und künstlerischem Standard bezieht es doch,
zugegeben oder nicht, vom Berufstheater, und
seine Methoden im Umgang mit literarischen
Vorlagen sind denen der Profis analog. Orientieren
sich nicht sogar Eigenproduktionen -zumindest in
ihrer Vision vom Produkt- daran?
Dennoch
gibt
es
Unterschiede,
sind
Einschränkungen zu machen, im Profitheater ist das
Produkt, die Inszenierung, das Wichtigste, nicht die
Probenlust und -freude; die Wirkung in die
Öffentlichkeit, nicht der innerbetriebliche Nutzen.
Als Staatstheater-Dramaturg. der das Schultheater
kaum kennt kann ich dessen pädagogische
Ausgangspunkte und Ziele nur schlagwortartig
mitbedenken. Ich versuche mir vorzustellen. was es
heißt, von
den
Bedürfnissen
der
Schüler
auszugehen, in den Spielmöglichkeiten auf
jugendspezifische Ausdrucksmittel zu achten,
folgende Lernziele vor Augen zu
haben,
Selbstfindung, soziales Lernen, Einüben von
sozialem verhallen. Förderung der Kreativität,
Förderung
der
ästhetischen
Wahrnehmungsfähigkeit. Letzteres liegt mir noch
am nächsten, weil ich gerne an den Zuschauer von
morgen denke. Ein entscheidender Unterschied
besteht auch im Bereich des Tagungsthemas , Im
Schultheater hat der Stücktext, hat man sich
einmal
zu
einer
dramatischen
Vorlage
entschlossen, einen viel größeren Stellenwert. Er
dominiert,
weil
ihm
nur
ein
schwacher
Umsetzungs-Apparat und unperfekte Spielmittel
gegenüberstehen, während im Berufstheater die
Institution das Stück dominiert weil dieses im
kontinuierlichen Spielbetrieb nur während einer
kürzeren
Probenzeit
(vor
allem
in
der
Anfangsphase) im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit
steht - dann gilt die Fürsorge der Inszenierung- .
weil es nur ein Stück unter vielen im Repertoire ist
und weil es nur wenige Anwälte hat gegenüber
der übermacht eines riesigen Apparats und seiner
Sachwalter,
die
durch
die
weitgehende
Arbeitsteilung keinerlei Kontakt mehr zum Stück
haben.
Um das Thema "Spiel mit dramatischen Vorlagen"
angemessen in den Blick zu bekommen, gilt es
aber auch von Defiziten des Schultheaters zu
sprechen. wie sie sich aus der Sicht von
Professionellen darstellen. Wulf Schlünzen hat in
der Dokumentation Ihrer vorjährigen Tagung
selbstironisch dargestellt, was den Spielleiter an
den
Schülern
"störi-.
Ich
bitte
ihn
um
Entschuldigung, daß ich den dialektischen
Charme seines Kurzessays auflöse und die
Hauptsache vergröbert und grobianisch referiere,
Die Themen der Schüler sind zu allgemein und zu
sehr auf die gerade aktuelle Medieninformation
bezogen, ihre Musik-Vorlieben entstammen dem
schlimmsten Konsumterror. sie haben keine eigene
Sprache, sondern nur ihren Reduktionsjargon, sie
können nicht sprechen (aber turnen), ihre
Individualität ist der darstellerischen Verwandlung
nicht zugänglich, wirkt auf der Bühne zu privat,
deshalb ist es am besten, ihre Gesichter mit
Masken zu verdecken, sie in Tücher einzuhüllen
und in Gruppenformen einzuebnen. Weitere
Aussagen dazu, die man ähnlich oft findet,
Schüler können nicht auf Lebenserfahrung
rekurrieren. die sie aufgrund ihres Alters nicht
haben können, also können sie streng genommen
keine Erwachsenenprobleme. keine "Charaktere"
darstellen. Fremd ist ihnen auch das große Pathos
vieler, vor allem klassischer Rollen; schon ihrem
Stimmenklang und ihrer Artikulation ist es nicht
angemessen.
In der Spielpraxis des Schultheaters und ihrer
Programmatik gibt es schon seit längerem
Auswege, die meines Erachtens keine Lösungen
des Problems sind, l. Eine radikale inhaltliche
Beschränkung, die Einengung auf sogenannte
"schülernahe" Alltagsthemen. Die ist deshalb
problematisch, weil sie auf Reibung und den
Bewältigungsversuch verzichtet, weil sie eine
wichtige Darstellungsmöglichkeit nicht nutzt, das
Eigene,
Schülergemäße
gerade
in
der
Auseinandersetzung mit dem Fremden zu zeigen,
weil das Nahe zum identifikatorischen Spiel
verführt und Erkenntnis (die nur durch Distanz
gelingt)
blockiert,
und
weil
das,
was
schülergemäß oder nah ist, ohnehin heftig
28
umstritten ist. Was Schüler für brennende eigene
Probleme holten. ist oft genug das, was die
gestrige Tagesschau gesendet hat. Was natürlich
nichts gegen die sympathische Fähigkeit zum
Engagement und zur Anteilnahme sagen soll. Mit
literarischen Beispielen ausgedrückt: Ich habe
meine
durch
Jugendclub-Theaterarbeit
begründete Skepsis, ob sich mit "Gerettet" oder
"Strafmündig" schülernäheres oder lohnenderes
Theater machen läßt als mit ·:Troilus und Cressida"
oder "Prometheus".
2. Formol sucht das Schultheater oft Zuflucht bei
peripheren und partikularen Mitteln der Bühne,
beim Theater-Ersatz oder bei Ausdrucksträgern aus
dem Umkreis von Theater. also zum Beispiel wenn
Musik zur Hauptsache wird; hier ist Schülern
Professionalität leichter erreichbar. die Inszenierung
wird
dann
zur
Liederfolge
oder
wird
"Musical"genonnt. Häufig tragen auch eingespielte
Filme wesentlich die Darstellung und Aussage,
oder es überwiegen Showelemente der Revue. des
Kabaretts. des Zirkus. des Varietes den bunten
es herrscht die
kostümierte
Theaterabend.
Spielostik. die man oft für Commedia dell'arte
ausgibt und hält. oder die theatralischen Strukturen
nähern sich der bloßen Mixtur. der simplen
Varietät. der Assoziations-Montage. der einfachen
Collage von Fertigteilen, man bringt nur Szenen,
benutzt nur Jargon und improvisiert. was die
Situation gerade so hergibt. Oder man solviert sich
mit der Theater auf dem Theater-Metapher. stellt
das Spiel in einen schützenden Rahmen. etwa so:
Ein Entertainer. Showmaster führt vor. ein Fernsehen
dreht. was der Gruppe zu dem und jenem
eingefallen ist, was sie gerade dazu erarbeitet.
erwartbare Irrtümer und Mängel inklusive....
"Faust" - Berlin
"Launen der Verliebten" - Essen
Ich bin zugegebenermaßen etwas allergisch
gegen dergleichen Formen, weil sie uns im
Profitheater natürlich genauso begegnen. wie ja
andererseits auch alle möglichen und denkbaren
Tugenden des Schultheaters auch solche des
professionellen sind. Die genannten Formen aber
liegen unterhalb der Möglichkeiten von Theater
und sind Auswege ins nur scheinbar leichtere; wie
schwer ein Musical. die Artistik der Commedia
dell'arte. eine sinnvolle Collage wirklich sind- dafür
gibt e~ berühmte Beispiele.
Die Alternative heißt oft auch "Eigenproduktion".
Mich hoben die Darlegungen der Schwierigkeiten
bisher mehr überzeugt als die der Chancen. Wenn
man den Begriff Eigenproduktion nicht rein
legitimistisch als eine Etikettenfrage versteht. so
kann man Literarizität aus ihm nicht ausschließen.
Eigenproduktionen ermäßigen die Anforderungen
der Darstellung, ober sie loden dem Schultheater
die zusätzliche Anstrengung des Schreibens auf.
Ich bin nicht befugt und in der Lage zu einem
Vergleich der beiden Produktionswege, vielleicht
29
sind es gar keine Alternativen, sondern nur
Varianten. Jedenfalls kann man meines Erachtens
nicht von Eigenproduktionen her das Ausgehen
von einer dramatischen Vorlage als Manko per se
und a priori verdächtigen. Es sind de facto zwei
Wege geworden. Thema ist diesmal die
dramatische Vorlage. Gehen wir von den
Chancen und Vorteilen dieses· Produktionszweiges
aus!
Textvorgaben sind in der Schule nicht nur für das
darstellende Spiel relevant, sondern auch für die
spielorientierte Dramenlektüre (Spiel als Mittel der
Analyse), auch wenn es sich beim Spielrepertoire
nicht um die Lehrplandramen handelt; die
Aufführung von Stücken ist daneben ein
praktisches Übungsfeld für Theaterkunde und verständnis, für die Erziehung des Zuschauers von
morgen; und sie rückt das professionelle Theater
in die Nähe, als Orientierungshilfe beim Umgang
mit Literatur. Daß das Darstellende Spiel für das
oder
für
den
Bereich
Fach
Deutsch
Kulturgeschichte auch noch etwas abwirft, sehe
ich als Vorzug, nicht als Spielhindernis. Erkenntnis
kann man der Kreativität nicht dualistisch
entgegensetzen.
Mit der dramatischen Vorlage
ist dem darstellenden Spiel ein allgemeiner
künstlerischer Anspruch vorgegeben, manifest in
der Sprache. Dazu weitere Gestaltungsangebote
wie ein großes und genaues Formgefüge,
dramatische
Figuren,
die
in
einer
aussagekräftigen Konfiguration stehen, eine Fabel,
die das Interesse am Stoff mitformuliert. Damit ist
zugleich thematische Vorarbeit geleistet, die
Probleme sind exponiert. die Aspekte gegliedert.
die
Aussagen
differenziert
und
einander
zugeordnet. Schließlich bringt ein vorgegebenes
Stück, vor allem ein älteres, Geschichte als
Bezugsinstanz ins Spiel. Das ist das Wichtigste.
Geschichte, fiktive und
reale, als unsere
Vorgeschichte, und das Fremde darin als
Widerstand und Ferment zu sehen, also auch
"fern" zu halten, nicht als heutig auszugeben darum geht es. Aktualisierung geschieht nicht
außerlich, sondern im Bezug-Stiften. Was die alte
Sache uns angeht, macht sie aktuell. Dem
korrespondiert
das
Historisieren
als
ein
Verfremden,
Unterscheiden
vom
Heute,
der
Vergangenheitsform
Kenntlichmachung
dessen, was uns dennoch angeht. Solcher
Umgang mit Geschichte als dem zugleich
Fremden und Eigenen gibt den Modus vor für den
Umgang mit der dramatischen Vorlage. Nicht
diese wird "umgesetzt", sondern dargestellt wird
das Ergebnis (und im besten Falle auch der Prozeß)
unserer Erkundung und produktiven Aneignung
des Stücks.
Im Vertrauen darauf, daß manche
Teile des Stückes zur Lebenswelt des Schülers
querliegen und manche nicht, muß man sich
vielleicht nicht vorrangig um die Distanz der
Schüler zu den von ihnen dargestellten Figuren
kümmern . Das totale Sicheinlassen aufs allzu
Fremde wäre nur die Gefahr des Extremfalls : daß
nur in Ersatzgefühlen und -vorstellungen agiert
wird.
Die Probleme des "Umgangs" stellen sich fürs
Profitheater ähnlich wie fürs Schultheater. Es sind
vor allem Probleme, die durch den nicht
wegzuargumentierenden
und
wegzupolemi=
sierenden Begriff der "Werktreue" entstehen, also
der Erwartungen an die theatralische Darstellung
von seifen des Publikums. bzw. der Eltern und der
Kulturinstitutionen, der literarischen Öffentlichkeit,
der Literaturwissenschaft, bzw. der Literaturlehrer,
des Rektors etc .. Wohl die Hälfte derDiskussionen,
die ich in meinem Beruf führe, drehen sich um
diesen Punkt. Das führt zu Erschöpfungen und
mancher Resignation, aber nicht zu bestimmten
Standards in der Argumentation; man fängt
jedesmal wieder bei Null an, weil das Postulat
'Werktreue" sich historisch wandelt und je nach
den Kontrahenten, die es einklagen, etwas anderes
bezeichnet. Der Wechsel der Strategien ist auch
von unausgesprochenen Momenten bestimmt. Das
Münchner Publikum findet z.B. das prototypische
Exempel für Stückveränderung durch Inszenierung
Friscays "Räuber" von und nach Schiller am
Bayrischen Staatsschauspiel - aufregend; nach
zwei kontroversen Voraufführungen nimmt es die
Produktion nicht nur widerspruchslos hin, sondern
hat sie zum Hit und Renner gemacht. Andererseits
hat mich unser Intendant gestern überrascht durch
sein Bekenntnis zur werkgerechten literarischen
Inszenierung; er fand deshalb die vernichtende
FAZ-Kritik an Frank Castorfs Baseler "Aias" in
Ordnung, aber er selber hat von Castorf viele
Inszenierungen in der DDR und den Kölner
"Hamlet'' gesehen und hat den Regisseur eben
deswegen engagiert, bei uns eine "Miß Sara
Sampson" zu inszenieren. - Wenn ich nachforsche,
wie oft mir selbst solche Inkonsequenzen passiert
sind, allein schon in der Beurteilung der
Theaterarbeit von Hansgünther Heyme, die ich
besonders lange und genau kenne, dann staune
ich über die eigene Windbeutelei. Ich schließe
daraus, daß die Frage nicht vorentschieden
werden kann, daß es über "Werktreue" keine
prinzipiellen und keine von zeitlichen und örtlichen
Gegebenheiten unabhängigen Urteile geben
kann. Aber es widersteht mir auch, solche Urteile
so theorielos dem individuellen Geschmack im
Einzelfall überlassen zu sehen.
Irgendwelche Voraussetzungen müssen doch
geklärt werden können! "Werktreue" ist keine
Sache des taktischen Ausgleichs, der moderaten
Liberalität, keine Frage der Ausgewogenheit, des
richtigen
Mischungsverhältnisses!
Was
ist
Bezugsobjekt der Werktreue? Welche Schicht oder
Substanz des "Werkes" wird von der theatralischen
30
Umsetzung und Interpretation vorrangig betroffen?
Der Text? Geht es da um den exakten Wortlaut
und gar Vollständigkeit? Im 19.Jahrhundert ging es
oft darum. der produktive Begriff von Werktreue
richtete sich gegen Bühnenadaptionen. die man
vor allem technisch für notwendig hielt. weil man
sich die Vorgänge eines Stücks nur auf opulentillusionislisch erreichten Schauplätzen spielend
vorstellen konnte und die Textfassung mit Schere
nach
Bühnenbildbedürfnissen
und
Kleister
schneiderte. Oder geht es um den AusslatlungsSlil? Hamlet im Frack und Ödipus in der
Tiefgarage scheinen Jahrzehnte lang der größte
Stein des Anstoßes gewesen zu sein. und hier wird
wohl auch heule noch am häufigsten die
"Untreue" gerügt. Kostüme bei Klassikern. eine
Verdrußquelle erster Ordnung! Oder gehl es um
den Stil der Inszenierung. den man für
ein-für-alle-mal vorgegeben hält? "Werktreue ist
Faulheit''. hat Fritz Kortner gesagt. Aber Felsenstein
plädierte im Namen der "Werktreue" für die
Befreiung des Repertoires von allen Bearbeitungen
(Korlner ließ sie sich tantiemisieren). Oder ist das
Bezugsobjekt der "Werktreue" die Fabel? Die
Figurenauffassung? Wo setzt man an? Bei der
Intention des Autors. sagen manche; sie ist
widerspruchsvoller. verborgener. uneindeuliger
und vor allem historisch zu relativ. als daß man
seinen "Willen" so einfach erfüllen könnte. Für
manche gehört auch die Rezeplionsgeschichle
des Stücks und Autors zum Bezugsobjekt, "Was uns
heute Schiller heißt. ist die Summe der
Verhältnisse. in die dieser Name eingetreten ist."
Wir werden es auct-1 hier nicht ausdiskutieren
können. Aber soviel ist wenigstens zu sagen,
"Werktreue" ist keine moralische Frage. wie die
Begriffe "Treue" oder "Dienst am Dichter''
suggerieren. es geht nur juristisch um ein Dürfen
(bei Autoren. die noch nicht 70 Jahre tot sind).
künstlerisch immer um eim Können. "Werktreue" ist
auch keine pragmatische Frage. die mit
Kompromissen zu beantworten wäre. und sie ist
nur zum Teil eine bildungspolitische Frage. wenn
Theater sich als "Museum" versteht (was ja
beileibe kein Schimpfwort mehr ist). aber nicht als
Institution zur Wiedererkennung des Bekannten.
Wichtig erscheint mir. daß man die Positionen
Theater und Literatur erst einmal trennt. um ihr
Verhältnis dann genau zu definieren. Dabei sollte
man wegkommen vom Prioritätsdenken und dem
Subordinationsschema. Stück und Aufführung sind
einander koordinierte Darbietungsweisen; das
Drama ist weder Maßstab noch Pflegefall des
Theaters; es präjudiziert nichts für die Bühne. aber
die Aufführung wirft auch ein Licht aufs Stück. sagt
viel über dieses. Die Aufführung definiert sich aus
aktuellen Auseinandersetzungen und "verwendet"
dazu ein Stück. ist auf einen Text gestoßen. der
auch
seinerseits
zur
Auseinandersetzung
auffordert.
Aber genau besehen sind das alles keine Fragen
der
Produktion
selbst.
sondern
nur
ihrer
Rechtfertigung und ihrer Vermittlung. Sie müssen
nur im publizistischen Zusammenhang des
professionellen
Theaters
bzw.
im
gesamtschulischen des
Darstellenden
Spiels
beachtet werden. Wie ist etwa dem Vorwurf zu
begegnen. im Schultheater mit dramatischen
Vorlagen erfahre der Schüler weniger das
methodische Eindringen in ein Werk als vielmehr
eine planvolle Stückzertrümmerung, einen Akt der
Literaturzerstörung? Das widerspräche vielen
Bildungszielen. aber der spielende Schüler muß
gar keine Probleme damit haben, für ihn kann das
Werk unzerstört in seinem Bücherregal stehen,
obwohl er mit seinen Mitspielern nur Ansichten und
Fragmente davon spielt. Also kann die Frage der
"Werktreue" auch unnötigerweise aufgeworfen
werden. Für die Spieler kann man sicher davon
ausgehen, daß sie keinen Anstoß daran nehmen.
Sie können sich zu recht zur Avantgarde zählen, zu
den bewußteren. für Differenzierungen. auch für
Verluste sensibleren lätern". Das Problem sind
wohl eher die Eltern.
Konkreter nach dem Umgang mit der Vorlage
gefragt! Aber nicht zu praktisch. Ich kann und will
Ihnen keine Tips geben. sondern versuchen, Ihnen
ein Erfahrungsmodell nahezubringen. das dazu
angetan ist. Bedenken und Vorurteile bei der
Produktion nach literarischen Vorlagen aufzulösen
und zugleich bestimmte Produktionsweisen für das
Schultheater nahezulegen.
Die
drei
bis
vier
Jahrzehnte
meiner
Theaterbeobachtung haben ausgereicht, einen
Wandel in den Realitätsansprüchen an eine
Theateraufführung festzustellen. Die Beschäftigung
mit
alten
Theaterverfilmungen
und
mit
Theatergeschichte überhaupt bestätigt das. Dabei
ist zu bemerken, daß dieser historische Wandel für
verschiedene Schichten einer Theateraufführung in
unterschiedlicher Weise gilt: In der Spielweise kann
man z.B. etwas für realistisch hallen und zwanzig
Jahre später nicht mehr, während sich in der
Einschätzung der Ausstattung hinsichtlich ihres
zureichenden Realismus· nichts oder wenig
geändert hat. Man erfährt die Historizität von
Theatermitteln, aber für einzelne Schichten nicht
synchron, nicht im gleichen Veränderungstempo.
Erst dadurch nimmt man ja die Differenz der
Schichten wahr. Solche Schichten sin z.B.: die
dramaturgische Logik. die Durchmotivation und
die "Lückenlosigkeit" der Handlung
(heute
verzichtet man leichter und lieber auf vieles, was
1960 noch für nötig gehalten wurde). Dann, die
Geschehnisdichte (heute verkraftet man mehr
action, aber zugleich auch viel weniger, also: die
Lizenz, die Amplitude ist größer geworden), der
31
Anteil
der Überraschungsmomente daran. die
Deutlichkeit der Symbolik (heute lieber weniger).
die Stil-Einheit und -Reinheit (nicht mehr gefragt),
die
Verständlichkeit
und
Glaubhaftigkeit
historischer Illustration. die "Wahrheit" eines
Gestenrepertoires etc .....
Was so erfahren wird, ist letztlich, daß
Wahrscheinlichkeit, Glaubhaftigkeit,
Kausalität,
Realismus
historische
Konventionen
sind.
theaterimmanent gesagt: Illusionen. die nach
einer gewissen Zeit ihre Wirkung verlieren und von
anderen ersetzt, repariert. überlagert werden .
Natürlich wandelt sich noch Mehreres im Theater
und vor allem um das Theater herum und in
Bezug auf das Theater, etwa die Erwartungen. die
generell ans Theater herangebracht werden. die
sozialen
Gruppen,
die
es
tragen.
die
Theaterideologie. die es rechtfertigt. Für die
konkrete Produktion ist aber jetzt wichtig, für wie
"real" es gehalten wird. Denn das ist ein zentrales
Kriterium für die Zeitgerechtigkeit und Qualität
einer Inszenierung und bestimmt den Umgang mit
der
Vorlage.
Es
kann
sein.
daß
die
Schichtendifferenz im Theaterwerk vor allem als
gegenseitige Relativierung genommen wird. so
daß man keiner mehr traut, alle als Schein und
Vortäuschung begreift, keiner mehr die Kraft der
lllusionierung zutraut, für "real" zu gelten. Das führt
zu
einem
Theater
des
Illustration.
der
Veranschaulichung, wie etwas. das nicht sinnlich
auf der Bühne statuiert w ird. "wirklich" sei; zu
einem Theater. das immer nur einen Als- ObCharakter demonstriert und darauf verweist, wie
etwas "gemeint" sei. Das Gemeinte. immer
Beschworene. nie durch Darstellung Behauptete ist
das Stück. Die Aufführung setzt es nicht um.
sondern zitiert es permanent als das Obskure. auf
das es "eigentlich" ankomme.
Wenn darstellendes Spiel nicht zu seiner
Eigenrealität sieht, entsteht ein unvermitteltes
Nebeneinander. eine verlegene Mixtur von
abstrakter
naturalistischen
Abklatsch
und
Zeichenhaftigkeil,
von
"Natürlichkeit"
und
Stilisierung. Das ist die Folge von Einschüchterung
durch Literatur. das Drama ist nicht in die
Inszenierung aufgegangen. sondern spukt als
Gespenst in ihr herum.
Es gibt die andere Konsequenz, daß die
Schichtenstruktur
des
Theaters
und
die
Unterschiede der Theatermittel als produktive
Widersprüche angesehen werden . Brecht hat das
als erster propagiert. Das Bühnenbild müsse nicht
dasselbe und auch noch synchron sagen. was die
Schauspieler sagen oder die Musik. Die Schichten
"konzertieren", agieren selbständig
und
in
kalkulierter Spannung zueinander. Ambivalenz.
Polarisierung, P<;lradoxie, wohin das dialektische
Denken ausgreift! Es gilt, die Widersprüche im
Stück zu suchen und in der Inszenierung zur
Geltung zu bringen oder neu zu schaffen. Das
kleine Unerwartete in einem Verhalten. einer
Reaktion. einem Vorgang ist d ie Urzelle eines
solchen spannungsschaffenden Produzierens. die
Auffassung von Geschichte als Spannungs=
verhällnis zwischen Gestern und Heute ist ihr
der
inspirierende
weitester
Rahmen,
Anachronismus der konkrete Repräsentant in der
Aufführung,
ihr
Spannungsaufbau
und
Gesamtrhythmus der Wirkungsgarant.
Das ist jetzt mehr ein Credo als eine Explikation. Es
mag vorerst genügen für die Abfertigung
scheinbarer Auflagen des darstellenden Spiels. Ist
das Erfahrungsmodell akzeptiert, werden der Kopf
und die Phantasie frei von falschen, vermeintlichen
Ansprüchen. als da sind ,
1. Die Bühne müsse eine Realität als "Bild" im
Guckkastem vor Augen stellen. 2. Die Bühne müsse Schauplätze zeigen oder
andeuten (die Andeutung scheint mir der
schlimmste Kompromiß des lllustrationsthealers.
der gefährlichste Feind des "realen" Spielorts). 3. Mimetische Abbildung sei Aufgabe des Theaters.
Kleidung und Benehmen habe den sozialen und
historischen Standort einer Figur zu definieren. 4. Die Verrichtungen und Vorgänge auf der Bühne
hätten naturgemäß zu sein. (Das folgert heute die
Umgewöhnung der ästhetischen Wahrnehmung
durch den Fernsehrealismus). 5. Rollen seien Illustrationen von Figuren. Figuren
seien immerfort mit sich identisch. 6. Sprache. Dialog sei primäres oder einziges
Ausdrucksmittel einer Figur. 7. Es gebe das Ausdrucksdiktat eines Textes. Er kann
aber doch ironisch behandelt oder sonstwie
verfremdet werden .
Ich behaupte nicht, daß all diese Annahmen irrig
seien. Sonst wären sie nicht in solcher Breite
akzeptiert und propagiert worden . Aber sie können
etwas lockerer, zweifelnder betrachtet werden. es
sind nicht Theatergesetze, von der dramatischen
Vorlage oktroyiert. Sie werden von gegenteiligen
Konventionen
konterkariert.
Was
aber
an
Ansprüchen des Stücks an die Inszenierung bleibt,
in welchem Modus auch immer er zu erfüllen ist,
scheint mir, der Wortlaut des überlieferten Textes
als Basis (nicht unantastbar. aber auch nicht völlig
zu ignorieren) - und von ihm evoziert, die
Vorstellung von Situationen, in denen Figuren sich
befinden und aufeinandertreffen. und als oberster
Begriff der zusammenhänge die Fabel, die
bestimmte Aussagen und Emotionen transportiert.
Wenn man die fraglichen Ansprüche l bis 7 (es gibt
natürlich mehr!) positiviert und das sehr konkret
auf die Praxis des darstellenden Spiels bezieht,
32
dann empfiehlt sich Folgendes,
1. Schultheater wenn irgend möglich auf einer
Raumbühne. 2. Einheitsspielraum; seine Gestaltung muß nur
materialgerecht und echt sein (d.h. Holz ist Holz,
Pappe ist nicht Stein). Es gibt den Materialreiz der
Raumgestaltung und Kleidung zu entdecken. Die
der
Gefühle
wird
erspielt,
Topographie
Spannungsrichtungen werden vom Schauspieler
bestimmt durch systematisches Augenmerk auf
die
Auftrittsund
Abgangswege.
Die
Szenenübergänge und überschneidungen werden
wichtig . 3. Kostüme und Haltungen suggerieren einen
Bezug, sind assoziativ wirksam, dienen aber nicht
zur Codierung von Figuren. Eine Figur ist nicht, was
sie anhat. Auch Historisches kann evoziert werden,
aber das Kostüm sollte nicht im historisch
Genauen steckenbleiben. 4. Natürliches Verhalten. natürliches Spiel ist auf
dem Theater. das seine Figuren ausstellt. vorstellt,
nur begrenzt sinnvoll. Es ist gefährlich, wenn
dadurch
naturalistische
Realitätserwartungen
geweckt werden. Ein Kopfstand ist eher eine
theatergemäße Spielerfindung als ein Kratzen am
Kopf; differenzierte Mimik ist für den Film und die
Fernseheinstellung,
Blicke
und
das
beziehungsstiftende Spiel der Augen sind fürs
Theater. -
#Der Widerspenstigen Zähmung# Saarlouis
33
ULRICH HESSE
Zwischen Werktreue und Willkür
Kritisches und Selbstkritisches über den
Umgang mit dramatischen Texten im
Schultheater
Dem
Beobachter
der
Inszenierungen
dramatischer Texte beim SCHULTHEATER DER
LÄNDER in Bamberg drängt sich die Frage auf,
-Wie hältst du's eigentlich mit dem dramatischen
Text als Spielvorlage?" Und da einer im laufe
eines Spielleiterlebens mehr Aufführungen sieht.
als er selbst erarbeiten kann, fragt er gleich weiter,
"Welche Inszenierungen dramatischer Texte haben
dich
als
Zuschauer
interessiert.
fasziniert.
überzeugt? Und warum?"
Aus der eigenen Spielpraxis mit den l0-l6jährigen
wüßte ich kein Beispiel der Arbeit mit einer
dramatischen
Vorlage
zu
nennen.
Auch
umfangreiches und intensives Stöbern im Angebot
zahlreicher Texte förderte stets nur zutage, was sich
mit der jeweiligen Gruppe genauso gut oder
besser -weil ihr angemessener- selbst machen
ließ. Also habe ich mit Schülerinnen dieser
Altersstufe Stücke selbst gebaut.
Die beobachtete Fremdpraxis bestätigte die
eigenen Erfahrungen : Es gab spannende und
geglückte Aufführungen von selbsterarbeiteten
Stücken zu sehen, Langeweile dagegen breitete
sich bei der Präsentation dramatischer Texte aus.
Eine Ausnahme: Waechters "SCHULE MIT CLOWNS".
Ich habe mehrfach das Stück aufgeführt gesehen,
meist in eindrucksvollen szenischen Lösungen.
Besonders
gelungen
die
Aufführung
der
Realschule München-Pasing beim SCHULTHEATER
DER LÄNDER in Braunschweig. Der schulische
Autoritätskonflikt, hilflos bearbeitetes Thema so
mancher Textvorlage, hat bei Waechter eine Form
gefunden, die den Spielenden Distanz gegenüber
dem vertrauten Sujet erlaubt.
Eine "SCHULE MIT CLOWNS" ist eben nicht die
spielhemmende Widerspiegelung der Realität
Schule, sondern die Fiktion von Schule. Auf dieser
Ebene läßt sich für Schülerinnen dieser Altersstufe
dann mit der schulischen Wirklichkeit spielen. In
den Figuren der Clowns stehen ihnen die
Alltagsrollen nicht mehr im Wege, die Spielerinnen
können die gesamte Skala des Noch-nichtErwachsenseins
einsetzen.
Einzig
dieser
dramaturgische Einfall macht "SCHULE MIT
CLOWNS" spielbar und gleicht andere Schwächen
des Stückes aus.
Ganz anders die Situation auf der gymnasialen
Oberstufe, Dort dominiert im Spielplan der
dramatische Text. Das gilt für die eigene Praxis,
aber auch für die anderer. Warum? Eigentlich
sprechen doch so viele gute Gründe dafür, auch
mit Gruppen dieses Alters nur Eigenes zu
produzieren : Rollen, Themen und dramaturgische
Struktur lassen sich auf die Zusammensetzung,
Interessen und Fähigkeiten der Gruppe abstimmen
und müssen sich nicht Bedingungen fügen, die oft
nur schwer oder gar nicht von der Gruppe zu
erfüllen sind.
doch
dieses
Festhalten
an
der
Warum
dramatischen Vorlage? Natürlich ist etwas
Verzagtheit im Spiel. Denn die ein Stück
produzierende Gruppe tritt hier in Konkurrenz zur
dramatischen Weltliteratur und nicht - wie im
Spielplan der Jüngeren - in Konkurrenz zu
sogenannten Gebrauchstexten. Letztere haben
kaum literarische Qualität. heben darauf auch
keinen Anspruch.
Wer es auf sich nimmt. daß die Produktion seiner
Gruppe mit literarischer Elle gemessen · wird und
diesen Test besteht, darf darüber glücklich sein und
sollte
weiteres
und
mehr
riskieren.
Eine
Eigenproduktion
kommt
einem
an
den
Jugendlichen orientierten Theater prinzipiell am
nächsten. Einige Spielleiterinnen sind diesen Weg
gegangen
und
haben
die
konsequent
Schultheaterszene um manches Stück wirklicher
Literatur bereichert.
Wer sich das nicht zutraut oder vielleicht auch
schon einmal daran gescheitert ist. kann sich
jedoch getrost auf das bereits Vorhandene
verlassen . Das Angebot an dramatischen Texten ist
groß genug, die Wege zur Inszenierung von
Vorlagen sind vielfältig .
Werktreue gegenüber der Vorlage - als Verfahren
verstanden, das Text. Thema, Personal und
dramaturgische Struktur weitgehend unangetastet
läßt- ist im Schultheater selten zu erreichen, wobei
es nebenbei fraglich ist. ob Werktreue überhaupt
eine erstrebenswerte Theatertugend ist. Auch bei
Stücken, die sich in diesem Verständnis scheinbar
werkgetreu inszenieren lassen, gehl es nicht ohne
bearbeitende Eingriffe.
Ein Beispiel aus der eigenen Spielpraxis der letzten
Jahre: Um Wedekinds "FRÜHLINGS ERWACHEN"
heule mit Schülerinnen spielen zu können, muß
man m .E. die Rolle des vermummten Herren durch
eine völlig andere Figur ersetzen. Der Bonvivant.
der dort die Funktion hat. den selbstmordbereiten
Schüler Melchior Gabor "ins Leben" zurückzuholen,
ist
aus
dem
bürgerlichen
Milieu
der
Jahrhundertwende verständlich, aber heule nicht
mehr als Leitfigur für einen l5-l6jährigen zu
akzeptieren. Eine Frau, das positive Pendant zur
eigenen Mutter. war für die Gruppe hier die
zeitgemäße Lösung.
Werktreu - also lexlnah - zu bleiben und den
Zugang
zur
jugendfernen
Vorlage
durch
34
aktualisierende inszenatorische Mittel zu suchen.
ist im Prinzip sicher richtig. Berichte über Goethes
*IPHIGENIE" - gespielt in einer Tiefgarage, die
Kontrahenten Thoas und Orestes begegnen sich
als Besitzer PS-starker Sportwagen. und dabei wird
keine Zeile der Verse geändert - haben mich
beeindruckt, das Beispiel *TASso- in Bamberg
weniger, Das Splitting von Figuren. Schauplätzen.
Sozialebenen und andere Eingriffe wirkten gewollt.
waren nicht stimmig, sondern willkürlich.
Einen Versuch wäre es sicher wert. Goethes
"FAUST" auf einer Schulbühne einer radikal
aktualisierenden Inszenierung auszusetzen. Die
Fassung des -FAUST", die in Bamberg zu sehen war.
blieb bei vielen Stärken doch im Unverbindlichen.
Die Aufführung zeigte aber. wie sehr Goethes
Stück - namentlich in der Gretchentragödie - ein
Stück für Jugendliche ist, in dem sich alles um
junge Leute dreht. Wenn man bei diesem Aspekt
ansetzte - statt des "FAUST r auch den "URFAUST"
als Vorlage nähme - ließe sich wahrscheinlich
auch der heute zunächst so fernen Tragödie des
Gelehrten Faust beikommen.
Mich persönlich hat der andere Weg, mit
dramatischen Vorlagen umzugehen, mehr gereizt ,
eine
auch
die
Textstruktur
angreifende
Bearbeitung. Bei manchen Stücken ist dies
unumgänglich, z. B. bei Aristophanes. Die Stoffe
seiner Komödien sind die eines demokratischen
Gemeinwesens, betreffen uns auch
heute
unmittelbar, Krieg und Frieden, Frauenfragen.
politische Utopien. Die Aktualität war für das
historische Athen die Stärke dieser Stücke. heute ist
sie ein Handicap. weil nur umfangreiche
Kommentare den historischen Kontext verständlich
machen können . Hier müssen Themen. Texte.
Rollen ausgetauscht, verändert. erweitert und
anderswie bearbeitet werden .
Das fordert die Phantasie einer Gruppe ähnlich
wie die Erarbeitung eines eigenen Stückes. Das
Ergebnis eines solchen Bearbeitungsprozesses ist
oft auch beinahe ein eigenes Stück. Zwar ist die
Gefahr der Willkür in der Wahl der eingesetzten
Mittel nicht ganz auszuschließen, aber sie ist
gering. Denn die Vorlage ist Rahmen, Halt und
Widerstand. Was daraus neu entsteht, wird davon
geprägt und stürzt nicht so leicht ab.
Ein Musterbeispiel dieser Art des Umgangs mit
dramatischen Texten im Schultheater bot in
Bamberg
die Spielschar des
HELMHOLTZGYMNASIUMS (Essen) mit ihrer Bearbeitung von
Goethes "DIE LAUNEN DER VERLIEBTEN", Die
Erweiterung des Rokoko-Personals der Vorlage
durch Rollen aus der Punkszene. die auf der Ebene
der Themen und Beziehungen denen der
Schäferinnen und Schäfer entsprachen. und diese
Mischung nochmals mit einer Mannschaft von
ums Sichten und Richten bemühten Clowns
verquirlt, war
-spitzenmäßig".
im
Urteil
der
Zuschauenden
Nota bene, Für Bearbeitungen eignen sich oft die
weniger bedeutenden Werke "großer" Dramatiker.
Denn diese Texte haben oft greifbare Schwächen.
die zur Bearbeitung
reizen.
zeigen
aber
andererseits
doch
die
wohltuend
sichere
Handschrift ihrer berühmten Autoren.
deren
Lebensdaten
jenseits
aller
Soweit
urheberrechtlichen Fragen liegen. bleibt es auch
folgenlos. wenn beim Bearbeiten etwas mehr
Willkür am Werke ist, als Text. Autor -und Verlag!eigentlich vertragen .
•Rattentanger· - Hamburg
35
KARLHEINZ WENZEL:
Zwei Wege sehe ich für Schüler und Jugendliche,
sich des Mediums Theater zu bemächtigen.
Der eine ist, sich diese Kulturtechnik "zu erwerben.
um sie zu besitzen" und für eine Ausein=
andersetzung mit seinen eigenen Gefühlen,
Gedanken und Konflikten. mit sich und seiner
Umwelt, zu nutzen. Für mich als Spielleiter bedeutet
das, ich hole die Schüler da ab. wo sie sind. und
fordere sie, indem ich sie mit dem umfassenden
Prozeß der inhaltlichen Entstehung und der
theatralen Umsetzung konfrontiere.
Wenn ich das persönlich Erlebte theatralisiere -und
das heißt selbstverständlich auch: verfremde. eine
Rollendistanz entwickle- dann kann ein Theater=
stück überzeugend und glaubhaft sein, Das ist die
Eigenproduktion.
·oer Widerspenstigen Zähmung" Saarlouis
Der zweite Weg, Dieser beginnt mit der berühmten
Frage vieler Theater-AG's, Welches Stück spielen
wir denn dieses Mal? Das ist ein sehr unglücklicher
Einstieg, da auf diese Weise sehr schnell eine
Festlegung erfolgt, die einer kreativen Arbeit im
Wege ist. Der Arbeitseinstieg sollte vielmehr immer
themenzentriert erfolgen. Es ist üblich. daß sich
dann eine eingehende literarische Analyse
anschließt -viele Spielleiter sind ja nun mal
professionelle Deutschlehrer- . man erarbeitet die
historischen Hintergründe, diskutiert die Rollen. stellt
die berühmten Fragen, Was hat der Autor sich
dabei gedacht, was haben die Figuren uns heute
noch zu sagen. welche persönlichen Bezüge habe
ich zum Stück (Die "Betroffenheitsdebatten" führen
aber meist nicht dazu. daß man die Betroffenheit
im Spiel bemerkt. daher steht so etwas dann im
Programmheft!)? Bei diesem zweiten Weg lernt
man sicher viel über Theater und Literatur. aber ich
werde das Gefühl nicht los. daß man dabei etwas
ganz Wesentliches vergißt.
Machen wir uns doch nichts vor, wir erreichen mit
unseren Schülern doch im Höchstfall einen
begrenzten Grad an Perfektion. den ich -so er
denn da ist- durchaus bewundern kann . Meist geht
die Diskussion über eine Schüleraufführung doch
lediglich um den Grad des Scheiterns. denn haben
uns Schüler mit FAUST oder der berühmten ALTEN
DAME je persönlich angerührt? So geht es denn in
den Diskussionen auch nur um theatrale
Qualitäten. zum Leidwesen der Spieler läßt sich
auf
kaum
ein
Schultheater-Publikum
Inhaltsdebatten ein. Auf Schülerbühnen sind
sogenannte ·werkgetreue" Aufführungen eigentlich
die kreative Bankrotterklärung der Macher.
ungeeignete Versuche. Papier zum Laufen zu
bringen.
Ein weiterer kritischer Punkt bei der Übernahme
dramatischer Vorlagen ist bekannterweise. daß die
Grenze zwischen "Herausfordern und Hinaufholen·
36
der Spieler und "überfordern und Abstürzen"
unangenehm fließend ist. Die Anzahl der
vermeidbaren Fehltritte ist Legion. Manches
Programm von Schultheatertreffen liest sich leider
wie
der
Jahresspielplan
eines
mittleren
Stadttheaters.
Und wenn man dann nach der Katastrophe vom
Spielleiter mit unerschütterlicher Überzeugung zu
hören bekommt. der Einbruch habe sich nur im
Auge des besserwisserischen Kritikers abgespielt.
außerdem sei man ja keine Profitruppe und der
pädagogische Prozeß sei doch viel wichtiger als
das
Produkt
(wielange
geistern
diese
mißverstandenen Worthülsen der 70er Jahre
eigentlich noch durch die Diskussion?) - , dann ist
der Moment gekommen, in dem man die Augen
schließen und ganz fest und intensiv an das Wort
„Lehrerfortbildung" denken sollte.
Aber es gibt noch einen dritten Weg, der freie
Kreativität und literarisches Interesse miteinander
verbinden kann ,
Wenn es denn literarische Vorlagen sein sollen,
dann muß ich sie handhabbar machen, Mit
kleinen Steinen kann ich sehr gekonnt jonglieren,
an einem großen Brocken kann ich mich allzu
leicht verheben.
Form und Inhalt müssen dem Alter der
Jugendlichen und ihrer Erfahrung angemessen
sein, das ist die erste Voraussetzung. Dann muß ich
den Text aufbrechen, durch den Fleischwolf
meiner persönlichen Lebnserfahrung drehen.
Dann kann es spannend werden, weil mein
persönlicher Zugang sichtbar wird, und den will
ich als Zuschauer auf der Bühne sehen.
Das ist die Chance des Schultheaters im Umgang
mit der dramatischen Vorlage, dann kann es
glaubhaft und wahr werden, und dann kann mich
auch Schultheater lachen und weinen machen.
FRANK HERDEMERTEN :
Thesen zum Spiel mit
dramatischen Vorlagen
Dramatische Vorlagen eignen sich in der Regel
nicht für das Schultheater:
- wegen meist unterschiedlicher Anzahl von
und
Figuren..
wegen
des
Spielern
Alterunterschiedes von Spielern und Figuren, wegen der lntentionsdifferenz von Stück und
Spielern.
Die Alters- und Anzahldifferenz zwischen Vorlage
und Spielgruppe kann mit der stofflichen und
thematischen Relevanz eines Stückes für die
Spielgruppe konkurrieren. Hat die dramatische
Vorlage eine thematische Relevanz für die
Spielgruppe und wird diese Relevanz von der
Spielgruppe selbst erkannt. gilt es, die genannten
Differenzen zu beseitigen, d .h. die Gruppe muß
sich die Vorlage anverwandeln.
Anverwandlung ist möglich, weil die Forderung
nach "Werktreue„ Unsinn ist. Man vergleiche nur
zwei "werkgetreue" Inszenierungen derselben
Vorlage! Anverwandlung ist notwendig, damit für
jeden
Spieler
etwa
gleiche
Spielanteile
geschaffen werden . (Gleicher Spielanteil bedeutet
nicht gleiche Länge des Rol!entextes.) Die
Forderung nach gleichen Spielanteilen richtet sich
gegen den "Star„ und strebt die Entlastung des
einzelnen Darstellers und die gleichmäßige
Belastung aller Spieler an. (Der eingebildete
Kranke z.B. wird als Typus erkennbar, wenn seine
Rolle von mehreren Mädchen und Jungen gespielt
wird. Welch köstliche Konsequenzen ergäben sich
für die Stückgestaltung!)
Die Anzahl der Spieler ist das Maß, nicht die
Anzahl der Rollen. Daraus kann sich ergeben, daß
Figuren gestrichen werden müssen, daß deren
Aussagen in den Rollentext anderer Figuren
integriert werden müssen, daß einzelne Figuren
verdoppelt oder gar vervielfacht werden müssen.
Das Alter der Spieler ist das Maß. nicht das der
Figuren. Eine altersmäßige Homogenisierung auf
das Alter der Spieler bedeutet eine inhaltliche
Veränderung des Stückes, aber eine gewollte!
Wird die Altersstruktur der Figuren beibehalten,
bedeutet dies die Absage an realistische
Spielformen. Dann muß die Verfremdung zum
Gestaltungsmittel werden . So sind Dürrenmatts
PHYSIKER für eine realistische Darstellung durch
Oberstufenschüler untauglich, sie sind nur als
Groteske spielbar. Die'Verfremdungen müssen im
Hinblick auf die intendierte Aussage Funktion
bekommen und in ihren Auswirkungen kalkuliert
werden.
Jede
Schultheaterinszenierung
erhebt
einen
Anspruch, an dem sie sich messen lassen muß.
Schülertheater sollte sich nicht am StadttheaterAnspruch orientieren, vielmehr sollte es seine
eigenen, eigentlichen Möglichkeiten erkennen.
Diese liegen in der Regel nicht in der planen und
unreflektierten Übernahme von dramatischen
Vorlagen.
37
CHRISTIANE MIENERT:
Statement zu " Spiel mit
dramatischen Vorlagen "
Anläßlich von Schultheatertreffen in der letzten
Zeit und nicht zuletzt auch in Bamberg ist mir
aufgefallen. daß es eine immer größer werdende
Zahl von Spielern gibt. die die Auseinandersetzung
mit einem literarischen Stück für unabdingbar
halten. Die Theaterliteratur dient ihnen zum einen
dazu. die eigene Persönlichkeit durch die
Identifikation mit einer literarischen Rolle zu
erproben. zu
erweitern.
bisher
ungeahnte
Möglichkeiten in der eigenen Person auszuloten.
Zum anderen aber scheint mir das zunehmende
Interesse
an
der
großen
Theaterliteratur
e inherzugehen mit einem - boshaft gesagt -yuppie-haftem Theaterverständn is". in dem der
repräsentative. auf Konsum und Erfolg ausge=
richtete Charalder im Vordergrund sieht. Eine neue
Generat ion von Bildungsbürgern. wie sie uns aus
den 50er und 60er Jahren nur allzu bekannt sind.
scheint wieder im Kommen zu sein. So wie sich
der Lebensstil der Schüler. ich spreche hier
vorwiegend von Gymnasiasten, immer mehr zu
einer Kopie der Elterngeneration entwickelt hat
(der
Cappucino
im
schicken
Steh-Cafe
gegenüber der Schule. das Glas Champagner
nach der sechsten Stunde) - so scheint auch der
künstlerische Geschmack in der anspruchsvolleren
Ecke der Literatur Platz genommen zu haben.
Gefragt ist weniger die eigene. zwangsläufig
unbeholfene
Auseinandersetzung
mit
der
Gesellschaft. der Versuch subjeldive Erfahrungen in
theatrale Formen zu bringen. als vielmehr das
Bedürfnis. sich mit einer anderen Welt zu
konfrontieren. mit anderen Lebensgeschichten und
Umständen. die letztendlich dem Spieler auch die
Möglichkeit einer Flucht vor sich und seinen
aktuellen Problemen bieten können. Eine fiktive
literarische Figur auf der Bühne mit Leben zu
tüllen. kann doch nur dann sinnvoll sein, wenn der
Spieler - und später auch das Publikum - begreift
und erfährt. was diese Figur mit ihm persönlich zu
tun hat. Daß das ein ganz reizvolles Unternehmen
ist. zu Brechtschen Brüchen und Verfremdungen
führen kann, haben wir glücklicherweise auch
schon sehen können . Auf die Gefahr. daß hier
ausgewichen wird in ein Niemandsland der
allgemeinen Gefühle und Leidenschaften soll
aber dennoch hingewiesen werden.
Ganz abgesehen davon bleibt bei mir immer
noch das Unbehagen. daß hier einem elitären
Denken Raum gegeben wird. das sich durch
schulterzuckende Arroganz Ausdruck verleiht.
wenn in der' Stückauswahl einer Gruppe nicht
gleich Shakespeare. Camus o.ä. zu finden ist.
Wir stehen in der Gefahr. mit einem unüberlegten
Zugriff auf den klassischen Theaterkanon einem
theatralen Stil Vorschub zu leisten. wie er uns aus
den Stadt- und Staatstheatern zur Genüge bekannt
ist. Es kann aber wohl nicht im Bestreben des
Schultheaters liegen. einen bildungsbürgerlichen
Ansatz von Theater zu unterstützen. den man
glaubte. Anfang der siebziger Jahre bereits
überwunden zu haben.
Wenn wir die Schüler nicht mehr mit methodischen
Tricks dazu motivieren müssen. "Faust'' und "Emilia
Galolli" spannend zu finden. dann wird es höchste
Zeil zu überprüfen. was da in der Zwischenzeit in
den Köpfen unserer Spieler passiert ist. Denn nach
wie vor halte ich die Skepsis und ironisierende
Ablehnung der Schüler gegenüber den "allen
Schinken" für sehr gesund, da es Ausdruck einer
Lebendigkeit und Neugier ist. selbst Stellung zu
nehmen. den eigenen Gefühlen und Ängsten eine
Form zu geben und sich nicht durch vorgeprägte
Figuren einengen zu lassen.
"Die Mädchen aus Viterbo" - Sulz
39
INGO SCHELLER,
Schultheater - ein Theater der
Schüler?
Die
folgenden
Überlegungen
für
ein
Schülertheater, das sich in Inhalt und Form von
den Erfahrungen und Fähigkeiten her begründe!,
die Schülerinnen beim Thealerspie.i einbringen
und entwickeln können, verstehen sich als
Diskussionsvorschlag.
Sie stellen die Schüler als Spieler in den
Millelpunkl und versuchen, die Ästhetik des
Theaters aus deren spezifischen Möglichkeiten
und Perspektiven zu entwickeln. Dabei gehe ich
von
folgenden
Voraussetzungen
und
Zielvorstellungen aus,
Die Jugendlichen stehen und wachsen heute in
einer sozialen Umwelt auf, in der sie, ihnen meist
nicht bewußt immer neue Rollen in den ständig
wechselnden Inszenierungen der Waren- und
Medienindustrie
zu
spielen
haben.
Diese
hochgradig sinnlichen Inszenierungen bieten
Muster der Bedürfnisbefriedigung an, denen sich
die Jugendlichen bei ihrer Identitätssuche kaum
entziehen können , sie bestimmen und modellieren
die Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Handlungs=
weise. Das Schülertheater sollte diese aus
kommerziellen Gründen angebotenen Muster der
Bedürfnisbefriedigung nicht unbewußt über=
nehmen und damit verstärken. Es sollte vielmehr
die Schülerinnen anregen, bewußt Gegenentwürfe
und Gegenerfahrungen zu entwickeln und zu
inszenieren, und damit die Voraussetzungen
schaffen, daß sie ihr eigenes Alltagsverhalten neu
und anders sehen und auch verändern können.
In der Praxis heißt das, Gegen die Tendenz der
allseitigen Aktualisierung und Versinnlichung sollte
immer wieder versucht werden, den Schülerinnen
zu
helfen,
ihre
jeweils
unterschiedlichen
Verhaltenspotentiale bei der Aneignung und
Darstellung historisch, sozial und kulturell fremder
Rollen und Szenen (die ja häufig nur die
abgewehrten eigenen sind) zu aktivieren,
einzubringen und zu erweitern.
Gegen die Tendenz zur Fragmentarisierung von
Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Denkweisen sollten
Rollen,
Haltungen
und
Handlungszu=
sammenhänge
identitätsstiftend
(d.h.
auch
geschichtsbildend) entworfen und erarbeitet
werden.
Gegen die Tendenz, Widersprüche, Ambivalenzen
und intensive Gefühle durch immer neue Aktionen
und ästhetische Effekte zu überspielen, sollte
darauf bestanden werden, Widersprüche, Konflikte
und Emotionen zu entdecken, auszuhalten und
auszuagieren.
Gegen die Tendenz, soziale und politische Konflikte
und Positionen nur noch verdinglicht als Allribute
körperlich-lhealralischerDarslellungen zu präsen=
fieren, sollten diese in den Handlungen, Haltungen
und Beziehungen der Figuren erfahrbar und
dargestellt werden.
Gegen die Tendenz, Sprache und körperliche
Aktion auseinanderzureißen und wechselseitig zu
funktionalisieren, sollte immer wieder versucht
werden, das Sprechen gestisch als als „ Werkzeug
des Handelns
aus den physischen und
psychischen Haltungen und Handlungen der
Figuren zu erarbeiten.
Gegen die Tendenz, Rollen von außen her, von der
Inszenierung, von der theatralischen Wirkung her zu
erarbeiten, sollten die Figuren und ihre Haltungen
aus dem Verhallenspolenlial der jeweiligen Spieler
entwickelt werden. Kriterium für die Qualität einer
Darstellung ist nicht, ob der/die Spielerin gut oder
schlecht spielt gemessen an den Normen des
Slaalsthealers, sondern ob er/sie die Figur
glaubwürdig präsentier!.
Gegen die Tendenz, die Thealerarbeil von der
Aufführung her zu organisieren, wird diese als
Erfahrungsprozeß verstanden und aufgebaut, bei
dem die Erlebnisse, Phantasien, Empfindungen und
Verhaltensweisen, die die Schülerinnen in Figuren
und Szenen einbringen, durch die von diesen
vorgegebenen Lebensentwürfen und Verhaltens=
musler neu gedeutet und damit verändert werden
können .
Gegen die Tendenz einer Ästhetik von Außen wird
eine theatralische Präsentation bevorzugt, die die
spezifische Aneignung der vorgegebenen Rollen,
Texte und Szenen durch die sprachlichen und
körperlichen Gesten, Haltungen und Handlungen
der Schülerinnen abbildet und ausstellt. Dargestellt
wird nur, was die Schülerinnen begriffen haben
und inhaltlich für wichtig hallen und was sie
gestisch zeigen können.
Gegen Tendenzen, die Schülerinnen zu gestischen
Objekten in den lnszenierungsvorstellungen der
Lehrerinnen zu machen, sollte sich der/die Lehrerin
als Spielleiterin verstehen, der/die Schülerinnen
durch ein Arrangement von Situationen und
Materialien anregt, ihre Phantasie und ihre
in
die
Rolle
Verhaltensmöglichkeiten
so
einzubringen, daß sie diese glaubwürdig darstellen
können .
Aus der Sicht der Spieler ist theatralisches Handeln
zunächst Handeln in vorgestellten Situationen. Je
genauer die Vorstellungen über die eigene Rolle
und die Situation, in der sie agieren sollen, umso
eher sind sie in der Lage, reale Räume,
Gegenstände und Personen in der Phantasie
umzudeuten und aus der Rolle heraus zu agieren.
Die Haltungen, die sie dabei im Spiel zeigen,
40
entstehen
bei
der
Interpretation
der
Verhaltensvorstellung
durch
das
eigene
sprachliche und körperliche Verhaltensrepertoire.
Weil nun ungewöhnliche Verhaltensvorstellungen
über die Aktivierung des sinnlichen und des
Körpergedächtnisses die Wiederbelebung alter
bzw. das Erproben neuer Verhaltensweisen
erzwingen und weil umgekehrt sprachliche und
körperliche Handlungen und Haltungen frühere
Szenen
aktivieren
und
damit
das
Vorstellungsspektrum erweitern, sehe ich in der
gezielten
Planung
und
Organisation
des
Wechselspiels von Vorstellung und Handlung die
beste Voraussetzung für die Entfaltung der
darstellerischen
Fähigkeiten
und
der
Erfahrungsfähigkeit der Spielerinnen. Das klingt,
ich gebe es zu, pädagogisch und wenig lustvoll,
aber was ist der Spaß am Theaterspielen anderes
als die Lust am Fremden, Andersartigen, vielleicht
sonst Unerlaubtem : man kann in eine andere Rolle
schlüpfen, kann sonst sanktionierte asoziale und
libidinöse Bedürfnisse im Schutze der Rolle
neue
ausagieren
und
ausprobieren,
kann
Verhaltensweisen
erproben.
Warum
sollten
Lehrerinnen diese Möglichkeiten des Theaterspiels
nicht bewußt nutzen und zum Motor der
Entwicklung und Darstellung von Figuren und
Szenen machen, wie es große Theaterleute wie
Stanislawski, Strasberg, Grotowski und Brecht
immer wieder gefordert und getan haben?
Allerdings unterliegt die Entscheidung darüber,
welche
Lebensentwürfe,
Identitätsund
Handlungsmuster den Schülerinnen zum Erproben
angeboten
werden,
im
Schultheater
der
pädagogischen Verantwortung. Und hieraus leitet
sich für mich die Frage ab, welche Stücke mit
welchen Themen und Rollen ausgewählt bzw.
entwickelt werden. Die vieldiskutierte Frage, ob an
vorgegebenen Texten gearbeitet werden soll oder
ob Stücke selbst entwickelt werden sollen, muß
auch unter diesem Gesichtspunkt beantwortet
werden. Ich selbst favorisiere dort, wo es mir
darum geht, den Schülerinnen neue Erfahrungen
zu ermöglichen, die Arbeit an dramatischen
Texten, weil die Dialoge Deutungsmuster zur
Verfügung stellen, die sonst erst mühsam
entwickelt werden müssen.
Auch bei der Rollenbesetzung können und sollten
pädagogische
Gesichtspunkte
berücksichtigt
werden. Wenn ich auch dazu neige, den
Schülerinnen
die
Entscheidung
selbst
zu
überlassen, so appelliere ich doch immer an sie,
Rollen zu übernehmen und im Spiel zu erproben,
die ihnen fremd sind, die sie aus welchen
Gründen auch immer ablehnen. Dabei habe ich
immer wieder die Erfahrung gemacht, daß
Schülerinnen, die sich darauf einließen, zu
ungewöhnlich intensiven Darstellungen fanden.
Wichtig sind die Verfahren, mit denen sich die
Schülerinnen einen Zugang zu Rollen und Szenen
erarbeiten können. Ich gehe dabei in folgender
Weise vor,
Zunächst suche ich über Geh-, Steh-,Sitz- und
lnferaktionsübungen
einen
körperbezogenen
Zugang zu den spezifischen historischen kultur-,
schichten- und geschlechtsspezifischen Habitusund lnteraktionsformen der Figuren (gruppen), die
im Stück eine Rolle spielen (sollen). Angeregt
werden diese Übungen durch Vorstellungen von
der spezifischen Kleidung, von Darstellungs- und
Selbstzwängen. Die Schülerinnen aktivieren dabei
eigene Körpererlebnisse, die ihnen einen Zugang
auch zu ungewöhnlichen Wahrnehmumgs- und
Kommunikationsweisen verschaffen können.
Auf
der
Basis
der
erarbeiteten
HabitusVorstellungen und angeregt durch Rollenvorgaben
(Rollentexte, Bilder, Szenen aus der Textvorlage,
Einfühlungsfragen), entwickeln die Schülerinnen
dann Schritt für Schritt individuelle innere und
äußere Haltungen für die Figuren, die sie spielen,
sie schreiben Rollenbiographien, suchen nach
Ffigur)
Die Haltungen, Gesten und Szenen, die von den
Schülerinnen während und durch die szenische
Interpretation erarbeitet wurden, liefern das
gestische Material für die Aufführung. Gemeinsam
wird überlegt, was man den Zuschauern zeigen
w ill und welche Erfahrungen diese dabei machen
sollen. Unter diesen Gesichtspunkten wird dann die
Fabel
festgelegt:
wichtige Szenen
werden
akzentuiert,
nebensächliche
gestrichen.
Die
Grundhaltungen der Figuren werden festgelegt
und die Handlungen und Äußerungen, an denen
diese sichtbar und ausgestellt werden können, bis
in d ie einzelnen Szenen hinein verfolgt.
Die
Spielerinnen erarbeiten
arbeitsteilig
in
Gruppen die Szene. in der sie ihre Haltung dem
Publikum am besten deutlich machen können.
Dabei
bemühen
sie
sich
um
eine
Darstellungsweise, die die zentralen gestischen
Elemente hervorhebt. Sie verwenden dabei die
theatralischen Mittel, die sie kennen, Standbilder.
Slow motion, Beiseifesprechen von Gedanken,
Einführung eines Erzählers usw.
Die Szenen werden vorgespielt, die Beobachter
sagen, was nach ihrer Meinung gezeigt werden
sollte, was unklar war. was ablenkt, was verstärkt
werden muß usw.
Nachdem alle Szenen vorgespielt und diskutiert
worden
sind,
werden
gemeinsam
die
theatralischen Stilprinzipien festgelegt, die am
meisten überzeugt haben. Der/die Spielleiterin
kann
anregen.
neue
auszuprobieren
und
hinzuzunehmen. Nach diesen Stilprinzipien werden
anschließend alle Szenen überarbeitet.
41
Zum Abschluß noch einmal der Hinweis, das
skizzierte Vorgehen versucht, die Ästhetik des
Schultheaters von den Schülern und ihren
Verhaltenspotentialen her zu entwickeln, ohne sich
vorschnell auf ihre Alltagsbedürfnisse einzulassen.
Die Rollen- und Szenenvorgaben werden dabei
als Lebens- und Handlungsentwürfe verstanden,
die Erfahrungsmöglichkeiten eröffnen, wenn sich
die Schüler/innen im Spiel auf sie einlassen. Dies
zu erreichen.darin sehe ich auch eine Aufgabe
des Schülertheaters.
"Der goldene Brunnen" - Auguslfehn
UDer Widerspenstigen Zähmung" Saarlouis
42
ERICH UNGLAUB
Literarisches Theater schon - aber
wie?
Jede Spielgruppe und jeder Spielleiter wird sich
die Frage stellen müssen. ob ein Text spielbar ist.
und sie für jedes Projekt des Schultheaters und
jede Spielsituation neu (und anders) entscheiden
müssen. Literarische Texte - zumal die von (alten
oder modernen) Klassikern des Theaters können
für sich a priori keinen Sonderstatus verlangen.
auch wenn Deutschlehrer oder andere Philologen
ihnen diesen Platz gern einräumen würden. Keine
Spielgruppe wird mit gutem Gewissen nur
'Goethe' oder 'Kishon· spielen können und wollen;
die Wahl des Stücks und des Autors ist keine Frage
von Bockwurst oder Wiener Schnitzel. sondern die
der Relevanz.
Am Anfang des Spiels stehen die Themen. die aus
dem Schulalltag kommen. aus der Situation der
Jugendlichen. der kulturellen. sozialen oder
politischen Situation. einem aktuell begründeten
historischen Interesse usw. Sie führen in der Regel
zur Suche nach einem Stück, in dem diese Fragen
behandelt
und
entsprechende
Situationen
gestaltet sind. Erst auf dieser Ebene spielen die
Texte eine wichtigere Rolle. Es genügt nicht.
NRomulus" von Dürrenmatt spielen zu wollen. weil
er einen Lacherfolg garantiert. Ebensowenig taugt
Shakespeare für die Schulbühne. weil eine
Gruppe Blankverse schön zu deklamieren gelernt
hat. Solche Projekte mögen bequem sein.
legitimiert sind sie nicht.
Scheinbar entlegene literarische Texte können
Gestalt gewinnen. wenn für sie ein aktuelles
Spielkonzept vorhanden ist. Z.B. für Hofmannsthals
Iod des Tizian" -gewiß kein 'Renner' im
Spielplan- kann es um das Schwanken von jungen
Leuten zwischen Nostalgie. Zukunftsangst. GuruVerehrung
und
Verdrängen
von
sozialen
Problemen gehen. Goethes "lphigenieN kann das
Stück einer Geiselaffäre. das Diskussionsmodell
von Gewaltverzicht und Beilegung von Konflikten
sowie das Verhältnis von zivilisatorischem
Anspruch und imperialistischer Praxis sein.
Faßbinders "Preparadise sorry nowN mag als
Modell für die alltäglichen Unterdrückungs=
mechanismen in unserer Gesellschaft dienen. Oft
ist so nur eine Schicht des literarischen Textes im
Spiel realisiert.
Bei aller Offenheit der Kunstwerke kann
Schultheater nie eine 'klassische' oder totale
Interpretation eines Stückes bieten. sondern stets
eine Interpretation in einem Spielkonzept. neben
dem natürlich auch andere denkbar wären. Die
bekannten Klassiker geben dem Schultheater aber
auch Freih_eit. denn stets spielen andere
Realisierungen. Interpretationen. die schon zu
sehen gewesen sind (auf der Schulbühne oder
dem professionellen Theater) mit. Der Zuschauer
kann durchaus eine ganze Reihe von "lphigenien"
in Erinnerung haben. wenn bei einer neuen Version
eine
neue
(vielleicht
sogar
irritierende)
Interpretation hinzukommt. Dies ist sogar das
besondere Potential des literarischen Texts im
Gegensatz zum selbstverfaßten Stück.
Doch sollte nicht vergessen werden. es ist das Stück
der Jugendlichen. Es sind ihre Erfahrungen und
Verhaltensmuster. die das Spiel auf der Bühne
entscheidend bestimmen. Und das sind auch ihre
Grenzen.
Charaktere.
Figuren.
die
dieser
Erfahrungswelt sich entziehen. sind psychologisch
und spieltechnisch nicht leicht in den Griff zu
bekommen.
Der
Fliegergeneral
Harras
in
Zuckmayers #Des Teufels General# wird von
Schülern nicht nachgespielt werden können - auch
noch soviel historische Recherche vermag das
nicht zu leisten. um von der Kunst des
Maskenbildners ganz zu schweigen. Trotzdem ist
das Stück zu spielen. wenn man ein anderes
Potential des literarischen Textes mobilisiert.
nämlich d ie lästigen Verdrängungsmuster. die
Abenteuerlust. die phrasenhafte Kameraderie. die
blanke Technikbegeisterung und ihre Folgen. die
durchaus auch ihre Muster im Schulalltag haben.
Diese g ilt es dann darzustellen. auch wenn der 2.
Weltkriehg dann nur a ls Folie dient.
Der gut gemeinte Rat. das Fremde. historisch Ferne.
Widerborst ige im literarischen Theater zu suchen
und möglic hst getreu darzustellen. ist zwar für
Philologen verführerisch. geht aber weit von den
Interessen des Schultheaters entfernt seine Bahn.
Spielkonzepte. d ie darauf aufbauen. enden
bestenfalls in der
perfekten
Historisierung,
schlimmstenfa lls
in
Kostümund
Kulissenfetischismus. Ein Stück für das Schultheater
ist nicht schon gelungen. wenn das Bühnenmobiliar
exakt gezimmert ist. Molieres lartuffeN darf sich
nicht in edler Sprache. edlen Gesten und edlen
Kostümen erschöpfen. kann aber z.B. zeigen. wie
heutige Jugendliche Heuchelei erleben und
verüben.
Dies
mag
manchem
zu
einfach
und
eindimensional
erscheinen.
Doch
Schüler
verstehen sehr gut zu unterscheiden. Kaum einer
Theatergruppe werden heute Brechts Lehrstücke.
wie
etwa
"Jasager#
und
#Neinsager#
widerspruchslos nachspielen wollen. Mit Recht
werden sie auf d ie menschlichen Defizite der Lehre
verweisen und diese in ihr Spielkonzept mit
einbringen wollen. um ihre eigene Aussage nicht
zu unterschlagen. Dies ist natürlich auch eine
Veränderung des Klassikers und seiner Botschaft.
Erfreulich ist das schon. weil daraus ein echtes Spiel
mit dem Text entsteht. bei der die großen Autoren
stets auf dem Prüfstand sind.
43
Überlegungen zum Literaturtheater in
der gymnasialen Oberstufe
Bühnenliteratur zu finden.
spielen können und nicht
oder ideelle Qualität von
allem
aber
seinen
zurückzustellen.
-Schule
hat.
seitdem
die
Kultur
eine
schriftsprachliche geworden ist. die Aufgabe.
junge Menschen in diese Kultur einzuführen. Sie ist
eine Institution eben dieser Kultur. Beschäftigung
mit Literatur eine Teilaufgabe der Schule.
-Nach meiner Meinung fallen dann olle Stücke
aus. die schwere Charakterrollen für Erwachsene
und Alte enthalten. Rollen. die ihre Glaubwürdigkeit
verlieren, wenn man sie für die jugendliche
Spielmächtigkeit schematisiert und typisiert.
-Dramen hoben mit anderer Literatur gemeinsam.
daß sie gelesen werden können und auch in
dieser Form einen Teil ihrer Kräfte entfalten.
Andererseits
sind
sie
für
eine
andere
Vermittlungsform. für eine andere Rezeptionsweise
geschrieben. nämlich für die Kulturinstitution
"Bühne".
Alle anderen Werke. insbesondere solche, die
eben jene Typisierungen aufweisen. stehen der
Schülerbühne grundsätzlich offen.
REINHOLD KLINGE
-Das heutige Nebeneinander von "Profis" und
"Laien" hof es zu vielen Zeiten gegeben. Die
heutige schulmäßige Ausbildung zum Beruf
"Schauspielerin" oder Regisseurin" sowie die
massive staatliche Unterstützung der Institutionen
des Berufstheaters ist eine Entwicklung erst des
letzten Jahrhunderts.
-Wenn es gilt. doO Begeisterungsfähigkeit und
natürliche Begabung heute wie zu Goethes Zeiten
(W. Meister) die wichtigsten Voraussetzungen zum
Darstellenden Spiel sind. so ist es nicht einzusehen.
worum junge Menschen. wenn sie zusätzlich im
die
Handwerklichen
geschult
werden.
Kulturerscheinung "Theaterspiel" nicht praktisch
ausüben sollten. und zwar ausdrücklich über das
gesamte Spektrum der Theaterliteratur hin.
-Enkulturation als Hauptaufgabe der Schule
würde im Bereich Drama dann also bedeuten.
Werke
von
sprachlich/
gestalterisch
hochbegabten Personen im dafür vorgesehenen
Medium (Theater) kennenzulernen. und zwar in
eigener. aktiver Tätigkeit.
-Daß es im Bereich Theater heute jenes
hochspezialisierte Profitum gibt. darf die Schule
nicht davon entbinden. ihren Schülerinnen
praktische Erfahrungen in diesem Kulturbereich zu
ermöglichen.
Die Schere zwischen der absoluten "Leistung"
der
eines
eines
Schulorchesters
und
Berufsorchesters liegt normalerweise ähnlich hoch.
ohne daß die Leiter von Schulorchestern ein
ähnlich schlechtes Gewissen hätten wie die Leiter
von Schulbühnen.
-Damit die Schere zwischen der darstellerischen
wenig
geschulten
jungen
Fähigkeit
eines
Menschen
und den
Anforderungen
eines
dichterischen Textes nicht zu groß wird (mit den
Folgen, Frust beim Spieler. Langeweile oder
Gelächter beim Publikum). ist es die Aufgabe des
Pädagogen. solche Stücke aus der Fülle der
die seine Spieler auch
nur auf die sprachliche
Stücken zu schauen. vor
eigenen
Regieehrgeiz
-zu meinen wichtigsten Erfahrungen als Spielleiter
gehört, daß ich, von der Theorie her zum
selbstgemachten Stück neigend. von meinen
Schülerinnen immer wieder zum Literaturstück
gezogen wurde. Denn meine Schüler litten unter
ihrer eigenen Unfähigkeit. Sprache bühnenwirksam
zu
gestalten.
und
fühlten
sich
ebenso
herausgefordert wie geborgen. wenn sie sich dem
Wort von Dichtern stellten, sich an ihm rieben und
abarbeiteten.
"Fausr - Berlin
44
CHRISTIANE MIENERT:
Theaterarbeit ist Tischarbeit?
Bericht zur Werkstatt von Victor Oller
Mühselig haben wir Spielleiter uns von unserem
verkopften Theaterverständnis gelöst. erkannt. daß
zum Theaterspielen auch der Körper gehört und
uns in den letzten Jahren durch so manchen
"körperorientierten Workshop" gearbeitet. um nun
in Bamberg mit einem langen Tisch. Stühlen und
dem Text konfrontiert zu werden. Wer da meinte.
daß dies nur der Einstieg sei. spätestens nach der
Vorstellungsrunde Tische und Stühle in die Ecke
verbannt würden. um Raum für Lockerungs=
übungen verschiedenster Art zu schaffen. der sah
sich getäuscht, zwei Tage lang saßen wir am Tisch
und lasen.
Victor Oller. Regisseur. Theaterwissenschaftler und
Mitarbeiter von Georg Tabori zeigte seinen
Arbeitsansatz zum Thema "Spiel mit literarischer
Vorlage". In dieser Werkstatt ging es nicht darum.
den Text ("Die Macht der Gewohnheit'' von
Thomas Bernhard; in,Salzburger Stücke) zu
verändern. eine Adaption zu erarbeiten. sondern
Victor Oller zeigte uns die erste Arbeitsphase bei
der Umsetzung eines dramatischen Textes in ein
Bühnengeschehen. Der Arbeitsprozeß läuft hier
über die ganz konsequente Textanalyse. das
gemeinsame Aneignen des Textes. wie wir es aus
dem
Deutschunterricht
kennen .
Einzelne
Sequenzen werden mit verteilten Rol len gelesen.
alle Informationen. die direkt. ohne Interpretation
aus dem Text zu entnehmen sind. werden in einem
Informationsraster gesammelt.
Erstaunlich war. wie schwer es uns fiel. auf jegliche
Interpretation oder Wertung zu verzichten . Es
bildete sich eine Grundstruktur der Figuren. ihrer
Eigenschaften,
Bewegungsabläufe,
Kostüm=
elemente, Requisiten etc. Dieses Informationsraster
stellt die Grundlage für das Verständnis der Figur
dar. Alle Spieler haben diese Informationen
gemeinsam gesammelt. sich im Gespräch über
die Figuren in ihrer Ganzheit Klarheit verschafft. Im
nächsten Schritt kann das Beziehungsgeflecht. die
Interaktionen auf der soliden Grundlage der
Textinf~mation entwickelt werden. Hier ist jetzt der
Raum
für
Interpretationen
gegeben,
unter= schiedliche Einschätzungen und Wertungen.
Die Analyse bildet die Basis für die Abmachung
der Spieler untereinander. Jede Figur (jeder
Spieler) hat ein Spektrum an Informationen,
"Tönen" verschiedenster Art; denn es zeigt sich,
daß Figuren nicht immer eindeutig erklärbar sind,
ein Raum für Spekulation und damit Freiheit für
den Spieler vorhanden ist. Er hat nun die
Möglichkeit. innerhalb der abgesprochenen
Grenzen (entstanden in der Übereinkunft am Tisch),
einzelne "Töne" der Figur herauszustellen. zu
probieren, welche ihm als Person nahe liegen,
welche ihm zunächst fremd sind.
In seinem Spiel auf der Bühne wählt er aus dem
Katalog der möglichen "Töne" aus. indem er
immer seiner augenblicklichen Befindlichkeit
nachgibt; in der ganzen Konzentration auf seine
Person das Gesamtspektrum der Figur zwar
intellektuell erfaßt hat. im Moment der Aktion aber
auf sein spontanes Gefühl vertraut. das ihm den
Weg zur Umsetzung weist.
Im Idealfall sollte dies jeder der Spieler tun. Da die
Basis. die Abmachung abgesprochen ist. ergibt
sich an jedem Theaterabend ein anderes Spiel,
eine Variante, die niemand zu Beginn der
Aufführung vorhersehen kann. Eine gelenkte
Spontaneität
also.
eine
Lebendigkeit
des
Augenblicks. Voraussetzung für diese sensible Form
der Arbeit
ist
natürlich das
konzentrierte
Ensemblespiel. das Eingehen und Beobachten des
Partners. das Mit-ein-ander-spielen im Sinne des
Wortes.
Der Schritt vom Tisch zur Bühne ist naturgemäß der
schwerste. Bedauerlich war, daß wir aufgrund des
Zeitmangels dazu nicht mehr kamen. Denn nun
müßten die Spieler durch entsprechende Übungen
auf das Spiel vorbereitet werden (Sensibili=
sierungsübungen für den eigenen Körper, den
Partner. den Umgang mit dem Requisit und dem
Raum). Ganz besonders d ie Übungen aus der
Straßberg Methode sind für diese Theaterarbeit
geeignet. Sie gehen von dem Grundgedanken
aus, daß ein Spieler nur das überzeugend
darstellen kann. was er selber erfahren hat. bzw.
was er aus seiner persönlichen Erfahrung
projizieren kann. Es soll das eigene Gedächtnis
reaktiviert werden. um es für die Rolle nutzbar zu
machen. Immer steht die Person des Spielers mit
seinen biographischen Erfahrungen im Mittelpunkt.
Ohne Frage ist diese Art der Theaterarbeit wohl nur
auf den Oberstufenbereich des Schultheaters
übertragbar, da sie zunächst rein intellektuell
orientiert ist und erst im zweiten Schritt den Körper
und die Gefühle aktiviert.
Überzeugend war für mich. daß hier die szenische
Konzeption gemeinsam erarbeitet wird. der
Spielleiter oder Regisseur also keine autokratischen
Vorentscheidungen trifft, sondern zum Mitdenker
und Mitspieler wird. Ich glaube, daß diese Art der
Arbeit zutiefst demokratisch und menschen=
freundlich ist und helfen könnte, autoritäre
Strukturen auch im Schultheater abzubauen. Daß
letztendlich der Spielleiter in der Endphase dann
doch zum Organisator des Bühnengeschehens
wird, liegt in der Natur der Sache. nur daß hier
alles auf der Absprache und gemeinsamen
Entwicklung einer Konzeption beruht.
46
Arbeitsgruppe:
Produktionen
Probleme
textnaher
1. Textnahe Produktion im Schultheater
Spielleiter bevorzugen textnahe Produktionen nicht
nur aus sich heraus. sondern oft auch. weil sie die
Schüler dazu drängen. Auch das typische
Schultheaterpublikum scheint es zu lieben. Texte
wiederzuerkennen.
Diese Feststellungen treffen eher auf Spielleiter zu.
die
noch
keine
spezifische
Fortbildung
mitgemacht haben, und auf Schüler und
Zuischauer. denen andere Möglichkeiten des
Schultheaters noch weitgehend unbekannt sind.
Dem Spielleiter nimmt die textnahe Produktion
scheinbar den Teil der Arbeit ab. den er bei der
Eigenproduktion
und
auch
bei
einem
eigenständigen Adaptieren des Textes erst leisten
muß. nämlich die Strukturierung des Stücks. die
Texterstellung, das Umsetzen in Bewegung im
Raum. Gestik etc. Den Schüler reizt es. sich wie der
große
Schauspieler
an
fremden
Rollen
abzuarbeiten. und glaubt. das nur zu können.
wenn er sich möglichst nah an den Text hält.
2. Problematik der Stückauswahl durch den
Spielleiter
Ein solches Vorgehen ist durchaus noch üblich und
wird auch von vielen Schülern erwartet. Wieweit
bei einem solchen Vorgehen sich noch ein Proteß
entwickeln kann. der die Schüler wirklich mit
einbezieht. eine wichtige Voraussetzung, um den
Text dann auch einem Publikum zu vermitteln.
hängt von der Offenheit. der Flexibilität und sicher
auch von den Fähigkeiten des Spielleiters ab. Er
muß. bevor er das Stück einbringt. die
Stückanalyse nicht nur immanent. sondern auch in
Bezug auf die Umsetzung durch die Gruppe
geleistet haben. Er muß bereit sein. das Stück auch
zu verändern oder gar zu verwerfen.
3. Vom Thema zur fertigen Textvorlage
Wird mit einer Gruppe im Spiel zunöchst ein die
Gruppe interessierendes Thema erarbeitet. so
kann aus einer solchen Arbeit im Hinblick auf eine
Aufführung eine Eigenproduktion oder eine an der
Textvorlage orientierte Produktion werden. Auf
diesem Wege zu einem Text zu kommen. hat den
Vorteil, daß vom Thema her die Nähe zur Gruppe
eher gegeben ist. als wenn der Spielleiter den Text
vorgibt. Die Schülernähe zu Form und Sprache ist
damit noch nicht gegeben. Aber auch. wenn ein
gemeinsames Thema in der Gruppe gefunden
wurde. so ist es dann doch immer noch
(besonders für weniger erfahrene bzw. belesene
Spielleiter) schwierig, den geeigneten Text zu
finden. Spielberatungsstellen und einschlägige
Veröffentlichungen können hier helfen.
4. lnwiesweit ist es möglich. mit den
Fähigkeiten von Schülerspielern textnah zu
produzieren?
Das Gelingen einer textnahen Produktion hängt
davon ab. wieweit die Spielmöglichkeiten einer
Gruppe
der
Textvorlage
entsprechen.
Je
differenzierter der Text. desto unwahrscheinlicher ist
es. daß die lmaginationsfähigkeit und die
Darstellungsfähigkeit der Schüler ausreichen. um
ihm gerecht zu werden. Zeitliche Ferne. eine
schwierige Sprache (z.B. Verse). aber auch
Problemstellungen. an die das "emotionale
Gedächtnis" der Schüler nicht heranreicht. sollten
den Spielleiter warnen. zu solchen Texten zu
greifen.
Zu den Spielmöglichkeiten der Gruppe gehören
selbstverständlich auch die räumlichen und
technischen Möglichkeiten.
5. Wie ist das Problem der Textkürzung zu
sehen?
Bei fast allen Textvorlagen muß der Text gekürzt
werden. es sei denn. der Spielleiter greift zu einer
Textvorlage. die schon für die Schülerbühne erstellt
wurde. Auch dann aber ist darauf zu achten. ob
die Kürzungen dem entsprechen. was die Gruppe .
bei dem ausgewählten Stück in den Vordergrund
rücken
möchte.
Kürzungen
können
nur
vorgenommen werden. wenn Fragen wie diese
beantwortet werden ,
- Welches Ergebnis bringt die Stückanalyse in
Bezug auf die Gruppe? - Was soll besonders
herausgearbeitet werden?
- Sollen einzelne Rollen. Figurenkonstellationen
oder das historische oder das psychische
Geschehen im Mittelpunkt stehen?
- Wie können Informationen dem Zuschauer
mitgeteilt
werden.
die
durch
Textkürzung
verlorengehen?
- Inwieweit ist Text durch andere Ausdrucksträger
zu ersetzen?
- Inwieweit bleibt durch die Kürzungen noch das
am Text Wesentliche erhalten?
6. Welche Möglichkeiten gibt es. einen
fertigen Text zu erspielen?
Auch in einer textnahen Produktion muß der Text
erspielt werden. Die rein sachliche Information
über den psychischen. sozialen und historischen
Kontext ist notwendig. aber reicht nicht aus. Im
Umgang mit Kostümen und Requisiten. in der
Arbeit mit Körperhaltungen und Standbildern kann
im Spiel viel erfahren werden. Rollenbiographien.
Improvisationen neben dem Text und das Spielen
kurzer Textausschnitte in Variationen eignen sich.
damit die Spieler den potentiellen Reichtum der
Figuren entwickeln lernen.
47
Arbeitsgruppe: Adaption einer
epischen Vorlage
Voraussetzung
für
die
Bearbeitung
eines
dramatischen Textes ist. daß das Thema des Textes
die Spielgruppe interessiert. Respektlosigkeit
gegenüber einem Text ist nicht nur erlaubt.
sondern gut. richtig, erwünscht. Allerdings müssen
die Probleme und Gefahren, die mit einer
Textzertrümmerung einhergehen, der Spielgruppe
und besonders dem Spielleiter bewußt bleiben:
- ungewollte Stilbrüche
- sprachliche Divergenzen
- Verlust der dramaturgischen Einheit und des
inhaltlich schlüssigen, verständlichen Ablaufs
Am
Beispiel
zweier
Inszenierungen
(-Rattenfänger", Musical frei nach Carl Zuckmayer.
und "Die Launen der Verliebten- nach J.W. v.
Goethe) konnten zwei unterschiedliche Wege der
Adaption herausgearbeitet werden ,
Der
ursprüngliche
dramatische
Text
(hier,
Zuckmayers -Rattenfänger") wurde als Steinbruch
verwendet. der zur Adaption einlädt aufgrund
seines Themas, seiner Figurenfülle, seiner MusicalEignung,
seiner
Problemfülle
und
Aktualisierungsfähigkeit. Instanz ist hier die Sache.
Die Inszenierung will zu kritischer. distanzierter
Betrachtung wichtiger gesellschaftlicher Fragen
hinführen. die im Originaltext auuch angesprochen.
aber heute auf andere Weise erlebt werden. Hier
wird der Text nicht nur sprachlich variiert und
aktualisierend
"übersetzt",
sondern
unter
Zuhilfenahme moderner Zusatztexte (hier, Auszüge
aus Günter Grass -Die Rättin", journalistische Texte)
streckenweise umgeschrieben.
In dieser Adaptionsmethode besteht die Gefahr
der Textklitterung und damit der unbewältigten
inhaltlichen und stilistischen Widersprüche. Um dies
zu vermeiden. könnte die Montage mit scharfen
Schnitten arbeiten. Die dramaturgische Einheit
kann von der bekannten Fabel gestiftet werden.
darüberhinaus aber noch deutlicher von dem
stilistischen Prinzip der Produktion.
1. Die Gruppe setzt sich das Ziel. die Tiefe der
Möglichkeiten. die im Text stecken. in voller Freiheit
in Spielexperimenten auszuloten. wobei alle Mittel
der Verfremdung erlaubt sind (hier, Verfremdung
der
Schäferspiel-Ebene
auf
Punkerund
Ctownsebene).
Bei aller Verfremdung, Aktualisierung
und
Variierung bleibt der ursprüngliche dramatische
Text (hier: Goethes -Launen der Verliebten") die
Instanz. von der nicht nur ausgegangen, sondern
zu der auch wieder hingeführt wird. Die
Inszenierung zeigt einen spielerisch reizvollen
Zugang zu dem Werk. dessen thematische
Zeitlosigkeit, dramaturgische Schlüssigkeit und
sprachliche Differenziertheit sie überraschend
sinnfällig macht.
Gefahren in dieser Adaptionsmethode liegen
darin, daß sich der Reiz/Witz der sprachlichen
Eine
schnell
erschöpft.
Kontrastierung
durchgehende Wiederholung der Szenen auf den
anderen Ebenen wäre langweillig. Ein sorgfältig
kalkuliertes Konzept der Montage ist hier
unerläßlich und bewirkt -wie die Aufführung
bewies- eine Steigerung. Wege der Montage
waren hier neben der direkten Wiederholung in
Punkersprache fließende Übergänge zwischen
den Ebenen, Verzahnung der Ebenen . Kreuzung
der Figuren (Schäfertext aus Punkermund und
umgekehrt).
2. Zu dem Thema. das die Gruppe im Text
aufgefunden und das sie sich zum Schwerpunkt
gesetzt hat werden Ergänzungstexte und materialien gesucht und in ein Spiel einbezogen.
das die Gruppe thematisch stark angeht.
"Rattenfönger" - Hamburg
48
Arbeitsgruppe:
Ändern ohne den Text zu ändern
Vorbemerkung. die für alle unsere Elemente
gilt:
Sie dienen zur Akzentuierung, Charakterisierung,
Unterstreichung, lronisierung, Verfremdung. Sie alle
sind Wirkungselemente des Gesamt- Zeichen-Weks
einer Inszenierung, müssen also aus einer
Konzeption entwickelt werden. Bedacht werden
muß immer: Auch stimmliche und Ton-Effekte
stehen in der Gefahr der Effekthascherei oder
Inflation. Sie sollen sich nicht verselbständigen. Ein
erwartetes Publikum muß mitbedacht werden.
Stimmverstellung in der Stimmlage
Beispiele, "Geheime Freunde" "Rattenfänger"
Bemerkung , Nicht Quetschen ("Knödeln")! Die
Grenze zwischen gekonnter und peinlicher
Verstellung ist dünn. SchülerlNNEN bevorzugen
diese Weise der Verstellung über Gebühr.
Parallel- und Chorsprechen
Beispiele, "Neinsager"
Bemerkung , Nur verwenden,
Präzision erreichba r ist.
wenn
äußerste
Dialektfärbung als Stilm ittel
SPRECHWEISEN, TÖNE UND GERÄUSCHE
Beispiele, "Laune der Verliebten"
Bemerkung , Nic ht um jeden Preis sich
Publikum anbiedern (Klamotteneffekt)
Singen statt Sprechen und umgekehrt
Beispiele, ein Brecht-Song gesprochen
Bemerkung , Das Gesungene darf sich nicht
verselbständigen. keine unbewußte ·sängerpose",
wennn sie nicht verlangt wird
Akzentuieren,
Rhythmisieren,
Metrisieren.
Wiederholen, Verändern der Satzintonation
Beispiele, "Neinsager" "Laune der Verliebten"
Bemerkung , Damit kann die Sprache als Sprache,
als Kunstmittel gut bewußt gemacht werden
Bewußtes
Setzen
unerwarteter Stelle)
von
Beispiele: "Neinsager"
"Geheime Freunde"
Pausen
(auch
an
dem
Geräusche und Einzeltöne
Beispiele, "Neinsager·
Bemerkung , Hand lung sa uslösende Geräusche und
Töne
von
atm osphä ri sc he n
unterscheuden
(Vorsicht bei letztere n!)
Veränderung und Ve rstä rkung der Stimme mit
technischen M itte ln, Einsatz von Tonträgern neben
der menschl ic he n Stim me
Beispiele, (im Film nic ht enthalten)
"Laune der Verliebten"
Bemerkung , Pausen dürfen keine "Löcher" werden
• sie sollen Spannungen zwischen den Figuren
aufbauen, nicht zerstören (auf die Gestik achten!).
Sie sollen nicht um ihrer selbst willen gesetzt
werden.
Bemerkung , Die m oderne Technik hält vielerlei
Möglichke iten pa ra t. Der Versuchung muß man
auch w iderstehen können.
Veränderung der im Text angelegten Gemütslage,
Lachen, Ernst, Weinen gegen den vordergründigen
Textsinn
Beispiele, (im Film nicht gesehen)
Lautstärkeveränderung (auch
Stelle), Flüstern und Schreien
Beispiele, "Neinsager"
"Geheime Freunde"
an
unerwarteter
"Laune der Verliebten"
bleibt oberstes
Bemerkung , Verständlichkeit
Gebot. Unartikuliertes Gebrüll ist meist peinlich.
Bewußte Tempowahl. Sprechtempo in Spannung
zum Satzsinn
Beispiele: "Neinsager" "Geheime Freunde"
Bemerkung , Sprechtiming immer im Bezug zum
Spieltiming.
Bei gesteigertem
Sprechtempo
Verständlichkeit beachten. Sprechtechnik-Defizite
bei SchülerlNNEN beachten.
Bemerkung , Nur für spielmächtige Jugendliche
Einsatz von Musik (s.Fachtagung Lübeck)
Beispiele , "Laune der Verliebten"
49
Beispiel Shakespearecompany , Frauen
ihre toten Männer auf dem Schlachtfeld.
Mittel des Körpertheaters und
Elemente. die der Text nicht vorsieht.
suchen
rhythmische
Vorhandene sportliche, artistische und tänzerische
Fähigkeiten der Schüler nutzen.
Textstellen in Bilder umsetzen (Tablaeu. Pyramide).
Z.B. in Jahrmarktszenen, Rauf- oder Festszenen.
Widersprüche Text I Musik - Gestus
Körpergestus gegen die Textoberfläche.
Text erfordert aggressive Haltung- Spieler agieren
lustvoll.
Beispiel Laune der Verliebten , Schäferpaar Rockmusik. Punkpaar - klassische Musik.
Körperlichkeit gegen den Strich
Beispiel , Der
Stärksten.
schwächste
Spieler
spielt
den
Zusätzliche Gestaltungsmittel wie Puppen, Masken,
Schattenspiel und Schwarzes Theater
- zur Charakterisierung von Funktionen (Goldene
Maske - König)
- zur Darstellung von Autoritätspersonen (Große
Köpfe - Lehrer)
- zur Entlastung des Spielers in sensiblen Bereichen
(Liebesszenen im Schattenspiel)
zur Realisierung einer
(Traumszene im Schwarzlicht)
weiteren
Ebene
'Wir sind noch einmal davongekommen· Bremen
50
Arbeitsgruppe:
Verändern durch szenische
Gestaltung
Die jeweils besondere Situation einer Spielgruppe
zu viele Mädchen. zu viele Mitwirkende, große
Altersunterschiede - muß gerade im Umgang mit
literarischen Vorlagen nicht zwangsläufig als
Belastung empfunden werden und vorschnell zum
Einverständnis mit "Notlösungen" führen. Bereits in
der Phase der Grundlagenarbeit und dann
während der Erarbeitung eines Stückes können
Verfahren. die zur Veränderung der Stückvorlage
führen, produktiv genutzt werden. Folgende
Möglichkeiten bieten sich an,
-- Figuren- und Rollensplitting Geschlechtertausch
- Ersetzen von "alt" durch "jung" und
umgekehrt
- Sozialer und historischer Rollentausch
Solche
Verfahren
sind
dann
nicht
als
unumgängliche Defizite zu sehen, wenn Problem
und Wirkung des jeweiligen Verfahrens reflektiert
und als spezifische Möglichkeit des Schultheaters
genutzt werden.
Szenische Interpretation (vgl. Ingo Scheller) erlaubt
den Spielern über Einfühlung, Unterbrechung,
die
Verfremdung
und
Selbstverständigung
Erarbeitung von individuellen und gemeinsamen
Haltungen sowohl zu Vorgaben des Stückes als
auch zu eigenen Themen, Erfahrungen und
Problemen.
Darüberhinaus
können
entsprechende
Gestaltungsmittel wie Puppen, Maskenspiel,
schwarzes Theater und Stilmittel wie Verzerrung
und Groteske dort zu eigenständigen und dem
Schülertheater
entsprechenden
Ergebnissen
führen, wo individuelle Voraussetzungen und die
Leistungsfähigkeit der Gruppe eine spielerische
Realisierung zunächst unmöglich erscheinen
lassen.
ROLLEN UND FIGUREN
Splitting
Aufteilung einer Rolle auf zwei oder mehrere
Spieler, um unterschiedliche Aspekte einer Figur
herauszustellen,
schwierigen Text führte das bei vielen Zuschauern
zu Verständnisproblemen .
Beispiel Laune der Verliebten: Unter Beibehaltung
originalen
Textes
wurde
mit
einer
des
Verdoppelung der Personen gearbeitet, was eine
Transformation in die heutige Zeit ermöglichte und
damit die Zeitlosigkeit des Themas zeigte.
Beispiel Sturm, Das Splitting des Ariel ermöglichte
eine lebendigere Darstellung.
Geschlechtertausch
Alle Rollen gegengeschlechtlich besetzen oder nur
an einer oder mehreren Stellen mit bestimmten
Intentionen.
Beispiel Widerspenstigen Zähmung, Bei Sly und
Bartholomäus führte der Rollentausch zu größerer
Einsicht
in
die
Problematik des anderen
Geschlechts
(bei
den
Spielern
wie
den
Zuschauern).
Alt gegen Jung
Beispiel,
Der
jüngste
Autoritätsperson dar.
Spieler
stellt
eine
Historischer und sozia ler Rollentausch
Figuren werden aus vorgegebenen Bezügen
heausgelöst und in einen neuen Zusammenhang
gesetzt,
um eine Idee deutlicher zu konturieren
- um einen stärkeren Bezug
Jugendlichen herzustellen.
zur
Welt
der
MITTEL DES KÖRPERTHEATERS
Temporegie
Durch Verlangsamung oder Beschleunigung der
Bewegung die Aussagen des Textes gewichten.
Beispiel Neinsager, Das extrem langsame Gehen
in den Bergen betont die Schwierigkeiten des
Aufstiegs.
Beispiel Rattenfänger,
Oberstadtmafia.
Stilisiertes
Gehen
der
Spielen ohne Worte
- widersprüchliche Charakterzüge
Ergänzend oder kontrastierend
- verborgenen Haltungen
Beispiel Neinsager: Der Chor kommentiert durch
Blickkontakt und durch Aktionen (Steigen auf
Strickleitern).
- historische und soziale Varianten
Beispiel Tasso: Ansatz war Mehrfachsplitting der
weiblichen Hauptrolle. Dadurch wurde ein
Nebenaspekt in den Mittelpunkt gerückt. Bei dem
Beispiel Laune der Verliebten, Die Clowns ahmen
alles nach.
51
Arbeitsgruppe: Politisches
Schultheater Thema:
Jugend im Faschismus
"Die Mädchen von Viterbo"
"Geheime Freunde"
1. Wie ist die Gruppe auf das Stück/Thema
gekommen:
a) Viterbo : Die Gruppe entschied sich für das
Thema · Faschismus" aus aktuellem politischen
Anlaß (Erstarkung der Republikaner in der
Umgebung).
Sie wollte Geschichte aufarbeiten, sich selbst als
von
der
Geschichte
geprägt
erfahren.
Betroffenheit auslösen. Der Stoff schien geeignet.
da es um allgemeinmenschliche Erfahrungen
(Tod, Liebe) geht, die unter den besonderen
geschichtlichen
Bedingungen
besondere
Bedeutung bekommen.
b)Geheime Freunde: Der Gruppe gefiel die
"Story" - die geschichtliche Dimension war eher
nebensächlich
-.
suchte
nach
Identifikationsmöglichkeiten
für
Spieler
und
Zuschauer ,
jugendspezifische
Problematik
(Freundschaft, Auseinandersetzung mit der Welt
der Erwachsenen).
2. Warum hat die Gruppe das Stück
gemacht:
vielen Zuschauern emotionale Betroffenheit.
ANMERKUNGEN
Problematisch schien die Rahmenhandlung und
der Wechsel der Spielebenen bei Viterbo: Kann
Angst erzeugt werden, wenn der Zuschauer
"bedrohr wird? Ist er sich nicht immer der
Theatersituation bewußt? Muß der Zuschauer
selbst Angst empfinden, um Angst zu verstehen?
Unter welchen Bedingungen kann auf der Bühne
z.B. Angst erzeugt werden? Die Spieler müssen in
Analogsituationen erfahren. was Angst ist, selbst
Angst erleben - Erzeugung von Angst hängt nicht
von den Mitteln, sondern von der inneren Haltung
der Spieler ab. Die Spieler müssen möglichst
vergleichbare Erfahrungen machen, damit die
Einfühlung nicht zufällig ist. Waren die Wechsel der
Spielebenen schlüssig? Eignet sich dieses Stück für
solche Umsetzung? Wurde durch die Abstraktion
die Parallelität/Gegenläufigkeit (Wunsch nach
Angst vor Gefundenwerden) verloren?
FAZIT
Die beiden Stücke haben gezeigt, daß emotionale
Betroffenheit, die Möglichkeit der Identifikation mit
Figuren und Problemen für ein jugendliches
Publikum
ein
guter
Einstieg
in
die
Auseinandersetzung mit Geschichte/Politik sein
kann. werden?
Beide Gruppen wollten Betroffenheit bei den
Zuschauern auslösen.
3. Welche Mittel wurden eingesetzt. um
Betroffenheit auszulösen:
a)Viterbo: Die Gruppe hat mit einer
Rahmenhandlung
und
drei
Spielebenen
gearbeitet. Durch die Rahmenhandlung sollte der
Zuschauer direkt angesprochen werden, er sollte
wie die Menschen in einem totalitären Staat Angst
empfinden. Die eigentliche "Story" besteht aus
den Szenen mit dem Großvater und dem
Mädchen und den Szenen in den Katakomben.
Während die Szenen mit dem Großvater und dem
Mädchen textgetreu gespielt werden, werden die
Katakombenszenen meist ohne Text durch
choreografiertes
Bewegungsspiel oder Tanz
dargestellt. Dazwischen sind kommentierende und
kontrastierende Texte eingestreut.
b)Geheime Freunde, Durch möglichst dichtes.
intensives Spiel sollen die Zuschauer vom
Einzelschicksal angerührt werden.
ERGEBNIS
Vilerbo, Durch den Wechsel der Spielebenen
wurde Distanz erzeugt.
Gehejme Freunde : Die Gruppe erreichte bei
"Geheime Freunde" - Rendsburg
r
52
Videofilm: Spiel mit dramatischen
Vorlagen
Wie auch zu den anderen "Schultheatern der
Länder" haben Hans Rambeck und Johanna
Peltner-Rambeck über das Treffen einen Videofilm
erstellt (VHS- ca. 50 min.). Der Film konzentriert sich
auf Aus&chnitte aus den in Bamberg gezeigten
Produktionen.
Inhaltsübersicht,
l. "Launen der Verliebten" - Essen
2. "Faust I" - Berlin
3. lasso"- Kassel
4. "Der Widerspenstigen Zähmung" - Saarlouis
5. "Wir sind noch einmal davongekommen" Bremen
6. "Rattenfänger" - Hamburg
7. "Erinnerungen an Bertolt ß," - Kaiserslautern
8. "Neinsager" - Augsburg
9. "Der goldene Brunnen" - Augustfehn
Einblick in einige Werkstätten
10. "Mädchen aus Viterbo" - Sulz
ll. "Geheime Freunde" - Rendsburg
Zu allen "Schultheatern der Länder" sind
Dokumentationen und Filme erschienen:
"Schultheater und Freies Theater" / Hamburg
1985
"Schultheater und Musik" / Lübeck 1986
"Schultheater und körperorientiertes Theater" /
Braunschweig 1987
"Eigenproduktionen im Schultheater" / Tübingen
1988
"Spiel mit dramatischen Vorlagen" / Bamberg
1989
"Spiel mit Masken" / Trier 1990
Theoretischer Nachtrag zum Spiel mit dramatischen
Vorlagen ,
Stückauswahl
Texteinrichtung
Szenische Realisation
Alle Dokumentationen (jeweils 6.- DM) und
Filme (jeweils 50.- DM) sind über Ulrike
Lück, Yorckstraße 11. 2400 Lübeck zu
beziehen.
53
Teilnehmer der
Fachtagung:
Christei Koschmieder. Oldenburg•
Michael Schwarzwald, Beverungen
Ulrike Krug, Berlin•
lnge Sewig. Berlin
Sacha Anema. München•
Ulrike Kügler. München•
Rita Aussem. Saarbrücken•
Hildegunde Latsch. Hamburg
Renate Socha-Cetinyilmaz.
Münster
Peter Badel. Breme~~
Elisabeth Lebender. lsmaning•
Pascale Berger. Berlin•
Renate Lehrke-Pinnow. Göttingen••
Hannelore Bollinger. Hamburg
Beate Lente. Hamburg•
Renate Breitig. Berlin
Hans-Hubertus Lenz. Burgdorf„
Clous Bubner. lDbeck
Elinor Lippert. Horgau
Alice Burger. Bamberg·
Gerhard Lippert. Horgau
Karl-Heinz Burger, Bamberg
Bernd Lippold, Bremen
Hans Chiout. Gießen•
Milo Lohse. Hamburg*
Christian Döge. München•
Ulrike Lück. Lübeck•
Wolfgang Douven. PulhermBrauweiler„
Elke Meimersdorf. lDbeck
Helgard Mercier. Saarbrücken••
Herwig Dowerk. Hannover•
Rainer Metzger. Saorwellingen•
Sybille El-Kerk. Hamburg
Christiane Mienert. Lübeck
Christine von Endert-Saillet.
Petersberg
Ulrike Morgenstern. Hamburg•
Herbert Enge. Hamburg•
Prof.Günter Erken, München*
llka Feicht. Berlin'
Frank Müller. Berlin'
Gerd Müller-Droste, Frankfurt*
Hans Neumann. Hamburg•
Günter Frenzel, Oberschleißheim
Ulrike Niederländer.
Klein blittersdorf/Saa r
Doris Fuhrmeister,
Wilhelmshaven·•
Karin Oeljeklaus. Bremen
Winfried Steinl. SulzbachRosenberg•
Andrea Stephan. Hamburg•
Ulrike Stolle. Berlin•
Dieter Stollenwerk. Berlin
Maria Stroetzel. Berlin*
Wolfgang Sutter. Niederstaufen*
Robert Tilting. lDbeck*
Christiane Veihelmann•
John Wadsworth. Walsrode„
Heinrich Waegner. Netphen
lrene Wagner. Soest"
Christian Waluszek. Bochum
Klaus Wegele. Rottenburg
Rita Weiß. Calw ••
Karl-Heinz Wenzel. Bremen
Klaus Wiemann•
Klaus Wildermuth. Augsburg•
Harriett Wolff. München •
Victor Oller. Barcelona•
• nur in Bamberg anwesend.
Johanna Peltner-Rambeck.
München
•• nur in Bremen (2. Teil) anwesend
Günther Grosche, Bremen•
Jutta Gruber. Neu-Ulm*
Sabine Peters, Hannover•
Petra Günther·
Liselofte Prinz, Stuttgart'
Wolfgang Gufler, München•
Hans Rambeck. München
Helga-Maria Hack. Mainz
Peter Rein. Wien•
Heiner Hegeler, Bremen
Joachim Reiss. Frankfurt
Frank Herdemerten, Essen•
Horst Rödinger. Hamburg
Ulrich Hesse, Hamburg
Thomas Röttger. Weilheim*
Hans-Hermann Hille, Bremen
Angelika Rückert. Hannover
Harald Hilpert, Braunschweig
Peter Sacher. Langenfeld*
Henning Hörmann, Ebersberg•
Ingeborg Sambeth. Berlin*
lrmgard Hutr
Prof.Ingo Scheller. Oldenburg•
Ute Ena laconis, Weilerbach
Reinhold Schira, München
Ingrid Irrlicht, München·
Frank Schindler. Soesr
Vera Kalb. Saarbrücken
Wulf Schlünzen. Hamburg
Heidi Koppler·
Rolf Schmidt. Bremen•
Dieter Kettler. Gnarrenburg„
Jürgen Schmitz. Bremen•
Peter Klammer, Berlin'
Gisela Schnizer. Obersulm*
Reinhold Klinge. Lübeck
Brigitte Schröder. Berlin•
Franzisca Gottlieb, München•