W. Brunngräber - Offene Arbeit Erfurt

Herbst 1989 Frei Sein!
Und heute?
Werner Brunngräber
geboren am 18.03.1965 in Zella-Mehlis,
POS Benshausen, Abschluss 10. Klasse mit
„Sehr gut“, zum Abitur abgelehnt mangels
FDJ-Mitgliedschaft,
VEB Carl Zeiss Jena, Berufsausbildung mit
Abitur zum Feinmechaniker, Exmatrikulation
nach Wehrdienstverweigerung,
ungelernter Arbeiter Forstwirtschaft,
Studium Johannes Falk Haus Eisenach zum
Diakon für Jugend- und Sozialarbeit,
1982 bis 1984 Zaungast in der JG Stadtmitte
Jena mit Oliver Jahn und Umfeld,
ab 1984 Zaungast in der OA Erfurt,
1987 Praktikum 6 Monate in OA Erfurt,
ab 1988 angestellter Mitarbeiter der OA bis
1992
1989 war ich besonders aktiv bei der Gründung
des Neuen Forums in Thüringen, weil ich bei
aller Angst ob der Gefahr erstmals eine Chance
sah, reale Veränderungen im System der DDR
herbeizuführen.
Besonders während der ersten 7 Monate
(September 1989 bis März 1990 zur
Volkskammerwahl) war ich für meine
Tätigkeit als Sprecher des Neuen Forums
von meinem kirchlichen Arbeitgeber für diese
Arbeit freigestellt worden. Nach der Wahl am
18.03.1990 endete dieses kurze politische
Intermezzo.
Ich kehrte zur OA zurück, bevor ich dann 1992
die „Theaterscheune Teutleben“ gründete
und damit meinen Kindheitstraum von einem
Leben als Musiker und Schauspieler versuchte
zu verwirklichen.
1989 verstand ich unter Freiheit, dass
sowohl meine Gedanken als auch meine
Fortbewegungswünsche (ich kann leben
und reisen, wie ich möchte) nicht künstlich
beschränkt werden dürfen.
Insbesondere die Androhung von Strafe bei
weiterer Äußerung staatskritischer Gedanken
empfand ich als extrem unfrei. Auch die
Ausübung eines selbstgewählten Berufes
sowie gleicher Bildungschancen für alle waren
für meinen Freiheitsbegriff von 1989 sehr
wichtig.
2014
arbeite
ich
als
freiberuflicher
Theaterpädagoge, Musiker und Schauspieler.
Ich arbeite immer noch gern mit kirchlichen
Gruppen zusammen, so z.B. für Kirchentage
oder andere Veranstaltungen.
Neben dem künstlerischen Aspekt meiner
Arbeit begreife ich Kulturarbeit auch als
politische Arbeit, wenn auch in einem etwas
weiter gedachten Kontext.
Ich bin engagiert im Schauplatz am Dom e.V.
und in der LAG Spiel und Theater in Thüringen.
Heute, 2014, verstehe ich unter Freiheit vor
allem Chancengleichheit. Auch die Freiheit der
Gedanken ist mir immer noch sehr wichtig.
Die Notwendigkeit, für viele Freiheiten
(Bildung, Wohnung, Mobilität, Sonne im Winter
am Meer etc.) Geld bezahlen zu müssen,
relativiert unsere sogenannte „freiheitliche
Ordnung“ ständig.