Altersbestimmung Schwarzwild

Wild - Jagdpraxis
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Wild und Hund | 13/2013
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Verräterischer Kiefer
Altersbestimmung beim Schwarzwild
Foto: Kristofer Hansson
Wie Sie anhand des Unterkiefers das Alter
von Sauen auch über den 24. Lebensmonat hinaus
feststellen, erläutern Prof. Dr. Christoph Stubbe
und Prof. Dr. Karl-Willi Lockow.
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Viele Meinungen, ein Blick
Foto: Peter Schmitt
Die Strecke des Jagdtages ist gelegt. An einer
Ecke diskutieren drei Jäger. Sie stehen vor einem starken Keiler, der ihnen Rästel aufgibt.
„Der ist reif“, meint einer von ihnen. „Mir erscheint der eher mittelalt zu sein“, entgegnet
der Nebenstehende. Der Dritte zuckt nur mit
den Schultern. Und mit jedem Jäger der hinzukommt, gibt es eine neue Meinung. Von
viel zu jung bis reif ist alles dabei. Der Blick
ins Gebrech des Stückes hätte wohl schon
weitergeholfen.
Bei jüngeren Stücken – hier ein Keiler mit etwa 24 Monaten – hilft
beim Bestimmen des Alters der sogenannte „Niklas-Saufächer“
(Bezug: www.wildundhundshop.de).
markiert:
jeweils P4
Alter: circa 30 Monate (Der P1
ist, wie bei diesem, nicht bei
allen Stücken vorhanden.)
Alter: drei bis vier Jahre
Allein anhand des zeitlichen Wechsels der
Schneidezähne kann der Jäger relativ sicher
zuordnen, ob es sich um einen Frischling oder
einen Überläufer handelt. Das heißt, vor allem
in der Zeit des Zahnwechsels und -wachstums
gelingt die Altersbestimmmung verhältnismäßig einfach. Danach wird es schon schwieriger, das Alter des erlegten Schwarzkittels
exakt anzusprechen, und so macht sich so
mancher erst gar nicht die Mühe.
Eine grobe Altersbestimmung kann bei
älteren Stücken mithilfe des Zahnabschliffes
erfolgen. Dazu vergleicht man die konkreten
Unterkieferzahnreihen mit denen von markierten Sauen bekannten Alters. Während beim
Rot-, Reh- und Damwild diese Methode gang
und gäbe ist, wird sie für das Schwarzwild nur
selten benutzt. Nach dem uns vorliegenden
markierten Material zu urteilen, ist die Altersbestimmung mit Blick auf den Zahnabschliff
aber auch bei Sauen gut anzuwenden und
sogar noch sicherer als bei anderen Wildarten.
Unser Blick gilt dabei besonders den Molaren, also den hinteren Backenzähnen. Betrachtet man diese gemeinsam, so kann das Alter der
erlegten Sau schon grob eingeordnet werden.
Dabei gilt: Der zweite und dritte Molar werden
langsamer abgeschliffen als der erste. Auffällig
ist auch, dass sie im Unter- und Oberkiefer allerdings unterschiedlich abgenutzt werden.
Der Abschliff zeigt es
M1: Die ersten Zähne mit flächiger Zahnabnut-
Alter: circa fünf Jahre
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zung findet man im Alter von zwei Jahren (gilt
auch für M1 im Oberkiefer). Mit vier Jahren ist
bei allen Stücken der Population eine derartige
Abnutzung zu erkennen (M1 im Oberkiefer: mit
sechs Jahren). Dementsprechend sind Sauen
ohne diese flächige Abnutzung jünger als vier
(beziehungsweise sechs).
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M2: Eine flächige Abnutzung liegt zum
ersten Mal ab etwa drei Jahren vor (im
Oberkiefer: ab fünf Jahren). Mit spätestens
sieben Jahren (im Oberkiefer: mit spätestens acht Jahren) sind sie bei allen
Stücken der Population flächig abgenutzt.
M3: Die ersten flächig abgenutzten dritAlter: sechs bis
sieben Jahre
Fotos: Klaus Weidig
markiert:
jeweils P4
Rätselraten an der Strecke:
Wie alt ist der Keiler denn nun?
Foto: Jaroslav Pap
Alter: neun bis zehn Jahre
ten Molare treten im Alter von fünf Jahren
auf (im Oberkiefer: ab acht Jahren). Im
Alter von neun Jahren ist er bei allen Individuen des Bestandes flächig abgenutzt.
(Im Oberkiefer ist er selbst bei Stücken
mit 11 Jahren noch nicht in jedem Fall
flächig abgenutzt.)
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Es geht noch präziser
Aus der Vielzahl der gemessenen Schädel von zweijährigen und älteren Stücken wissen wir, dass zur genaueren
Altersbestimmung der Unterkiefer ausreicht. Dafür muss der Jäger lediglich
folgende Maße nehmen: die maximale
Unterkieferbreite auf Höhe der Eckzahnalveole (Zahnfach), die Breite der
Eckzahnalveole und die Kronenhöhe
verschiedener Zähne, nämlich des
zweiten Molars sowie des vierten Prämolars (siehe Abbildung).
Die Ergebnisse können anschließend
mit den Nomogrammen verglichen
und das Alter entsprechend abgelesen
werden.
Alter (Jahre)
Zahnhöhe M2 , männliches Schwarzwild (Nomogramm)
6
4,0 0
5, 0
6,
7,0 0
8,
9,0 0
,
10 ,0
11 0
,
12 ,0
13 0
,
14 0
,
15 0
,
16
,0
17
,0
18 0
,
19
,0
20
5
4
3
2
1
48 e
52
54
57
60
69
72
75
78
81
Alter (Jahre)
Breite der Eckzahnalveole, männliches Schwarzwild (Nomogramm)
Alters- und
Qualitätsbestimmung
6
30
28
26
24
22
20
18
16
14
12
10
8
5
3
6
Breite der
Eckzahnalveole
im Unterkiefer
(mm)
2
1
54
57
60
63
66
69
72
75
78
Unterkieferbreite (mm)
Alter (Jahre)
Zahnhöhe P4 , männliches Schwarzwild (Nomogramm)
Beispiel:
Die Unterkieferbreite
beträgt 66 mm. Der P4
ist 14 mm hoch. Der
Schnittpunkt aus beiden
Kriterien zeigt das Alter
an: über 3,5 Jahre.
6
5
4,0
6,0
8,0
4
So klappt‘s mit dem Nomogramm:
Messen Sie die einzelnen Kriterien
(siehe Abbildung Seite 25 oben).
Nun ermitteln Sie den Schnittpunkt
im Nomogramm von Unterkieferbreite
und dem jeweiligen Kriterium (Höhe
von M2, Höhe von P4 oder Breite der
Eckzahnalveole). Jetzt lässt sich mit
­einem Blick auf die linke Achse das
Alter des Stückes ablesen.
66
Unterkieferbreite (mm)
4
In dem kürzlich erschienenen
Buch zeigen Prof. Dr. Christoph
Stubbe und Prof. Dr. Karl-Willi
Lockow, wie Ihnen das Bestimmen beim Schalenwild gelingt.
Enthalten sind: Rot-, Dam-,
Muffel-, Schwarz- und Rehwild.
136 Seiten, Farb- und s/wFotos, ISBN 978-3-9814952-8-7,
Krüger Druck+Verlag, Merzig,
16,50 Euro
63
Zahnhöhe M2
im Unterkiefer
(mm)
,0
10
,0
12
3
,0
14
,0
16
,0
18
2
,0
20
Zahnhöhe P4
im Unterkiefer
(mm)
1
48
51
54
57
60
63
66
69
72
75
78
81
Unterkieferbreite (mm)
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Ermittlung der
Unterkieferbreite
und der Breite
der Eckzahnalveole
UB =Unterkieferbreite
(mm)
EB =Breite der
Eckzahnalveole
EB
Messung der
Zahnhöhen
UB
M2
Grafiken: Christoph Höner
P4
Zahnhöhe
9,0
6
10
10 ,0
10 ,4
11 ,8
11 ,2
,6
8,0
Alter (Jahre)
Zahnhöhe P4 , weibliches Schwarzwild
(Nomogramm)
,0
12 ,4
12
,8
12
2
13,
5
13,6
14,0
4
14,4
14,8
15,2
15,6
3
16,0
2
17,
0
Zahnhöhe P4
im Unterkiefer
(mm)
18
,
19 0
,0
1
48 51
54
57
60
63
66
Unterkieferbreite (mm)
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