Fachverband Biogas e.V. Angerbrunnenstraße 12 85356 Freising Telefon +49(0)81 61/98 46 60 Telefax +49(0)81 61/98 46 70 E-Mail [email protected] Stand: 28. Oktober 2015 Vorschläge zum Mid-Term Review der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP): Alternative Energiepflanzen im Rahmen des Greenings Die Auflagen der aktuellen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union werden 2016 im zweiten Jahr zur Anwendung kommen. Aus diesem Grund sollten die Auswirkungen, welche die verschiedenen Instrumente im Verlauf des letzten Jahres auf die Landwirtschaft hatten, evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden. Dadurch kann eine praxis- und zielgerechte Umsetzung des Leitgedankens der GAP – die Schaffung eines nachhaltigen, produktiven und wettbewerbsfähigen Agrarsektors, der einen spürbaren Beitrag zur „Europa 2020“ Strategie leistet – langfristig gewährleistet werden. Speziell das neu eingeführte Instrument des Greenings kann dabei einen effektiven Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigeren Landwirtschaft leisten. Eine Erweiterung oder Anpassung der bisherigen Anforderungen könnte die ökologischen Auswirkungen unter Beachtung ökonomischer Gesichtspunkte jedoch verstärken. Zusammenfassung Aus Sicht des Fachverband Biogas e.V. eröffnet der Anbau von alternativen Energiepflanzen Landwirten zahlreiche Optionen einer nachhaltigen Nutzung von ökologischen Vorrangflächen unter ökonomischen Gesichtspunkten. Durch die hohe Flexibilität von Biogasanlagen bei der Wahl der eingesetzten Substrate können auch (Misch-)Kulturen und Dauerkulturen angebaut werden, welche auf der einen Seite eine nennenswerte Umweltleistung erbringen und auf der anderen Seite für Landwirte einen wirtschaftlichen Beitrag leisten. Eine Anrechnung solcher Kulturen auf die Erbringung von ÖVF schwächt gleichzeitig die aus den Greening-Maßnahmen resultierende Flächenverknappung in der Landwirtschaft ab. Aus diesen Gründen sieht es der Fachverband Biogas e.V. als erforderlich an, dass bei einer Überarbeitung des Greenings ökologisch sinnvolle Energiepflanzen berücksichtigt werden. Dies würde dem Leitgedanken einer nachhaltigeren Landwirtschaft nicht entgegenstehen, jedoch einen nachweislichen Beitrag zur Verbesserung der Biodiversität leisten. Gleichzeitig hätten Landwirte zusätzliche Alternativen zu den bisherigen Maßnahmen, mit welchen ÖVF erbracht werden können. Dies würde die Anlage von standortangepassten Kulturen, welche einen wirtschaftlichen Beitrag zur Betriebsführung leisten, unter gleichzeitiger Beachtung ökologischer Gesichtspunkte fördern. Aufnahme folgender Kulturen auf die Liste ökologischer Vorrangflächen: • • • Ein- und Mehrjährige Mischungen (z.B. Wildpflanzenmischungen) Getreide-Mischkulturen Mehrjährige Kulturen (z.B. Durchwachsene Silphie, Energiegräser, Topinambur, Sida) Bedingungen für den Anbau und die Anerkennung als ÖVF: • • Düngung mit Gärprodukt entsprechend des Entzugs/dem Bedarf der Kultur Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nur zur Etablierung der Bestände von mehrjährigen Kulturen Im Folgenden soll näher dargelegt werden, welche Kulturen Eingang in den Maßnahmenkatalog der ÖVF finden sollten und welche Umweltleistung damit verbunden ist. Der Fachverband Biogas e.V. ist gerne bereit, sich zu den genannten Punkten mit den zuständigen Gremien vertiefend auszutauschen. Fachverband Biogas e.V. Angerbrunnenstraße 12 85356 Freising Telefon +49(0)81 61/98 46 60 Telefax +49(0)81 61/98 46 70 E-Mail [email protected] Alternative Energiepflanzen zur Erbringung von ökologischen Vorrangflächen Aus Sicht des Fachverband Biogas e.V. sollte die bestehende Liste von Maßnahmen durch welche ÖVF erbracht werden können, im Sinne der Landwirtschaft erweitert und konkretisiert werden. Derzeit werden in zahlreichen Forschungsprojekten Alternative Energiepflanzen auf Ihren ökologischen Nutzung hin untersucht, Viele davon können sowohl einen Beitrag zum Naturschutz als auch zur Produktion von Energie leisten. Dies bestätigt auch das Bundesamt für Naturschutz. https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/BfNSkript_382_SYNAKLI_2015_06_26_barrierefrei.pdf Mischkulturen ein- und mehrjährig (Wildpflanzenmischungen) Eine sehr gute ökologische Bewertung erhielten im Rahmen des Projektes „Energie aus Wildpflanzen“ (http://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/landespflege/dateien/eb_2014_wildpflanzen_wildbiologie_in.p df), welches an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) durchgeführt wurde, so genannte Wildpflanzenmischungen, also ein- oder mehrjährigen Mischkulturen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Arten. Dadurch ist automatisch eine hohe Pflanzenvielfalt gegeben, die gleichzeitig auch als Nahrungsquelle und Lebensraum für Insekten und andere Tiere dient. Insbesondere bei mehrjährigem Anbau bilden Flächen mit Mischkulturen einen idealen Rückzugsraum im Winter bei gleichzeitigem Schutz vor Erosion. In der Regel sollten Pflanzenschutzmaßnahmen bei mehrjährigen Mischkulturen für Biogasanlagen nicht erforderlich sein, da sich eventuell auftretende Beikräuter ebenfalls gut vergären lassen und sogar zur Erhöhung der Biodiversität beitragen. Eine mineralische Düngung ist nach Meinung des Fachverband Biogas e.V. ebenfalls nicht erforderlich, allerdings muss eine Kreislaufführung der Nährstoffe möglich sein. Das anfallende Gärprodukt sollte dementsprechend auf die Fläche zurückgefahren werden dürfen, um den Nährstoffentzug der Pflanze zu decken. Nur so sind für die Landwirtschaft wirtschaftlich interessante Biomasseerträge erreichbar und eine Auszehrung des Bodens wird vermieden. Der ökologische Vorteil ist nicht nur durch den Lebensraum für die vielen Tiere und Insekten gegeben, auch das hohe Nährstoffaufnahmevermögen der Wildpflanzen leistet einen großen Beitrag zum Grundwasserschutz. Daher würde sich auch bei einer Düngung der Mischungen eine Eignung als ÖVF ableiten lassen. Analog zu Puffer- und Feldrandstreifen sowie Streifen entlang von Waldrändern wäre ein mähen vom 01.04 – 30.06 nicht notwendig. Ein umfangreicher Schutz von Wildtieren, gerade während der Brutund Aufzuchtzeiten, wäre damit gewährleistet. Eine Nutzungsmöglichkeit dieser Flächen nach dem 30.06 würde jedoch einen ökonomischen Anreiz zu deren Anlage schaffen, was einen erheblichen Beitrag zur Biotopverbesserung leisten würde. Eine Schnittnutzung hätte keine nachteiligen Auswirkungen auf die Feldfauna, da der Aufwuchs der entsprechenden Flächen, wie aktuell bei streifenförmigen ÖVF vorgeschrieben, mindestens einmal pro Jahr im Rahmen eines Pflegeschnitts zerkleinert werden muss. Dies bestätigen auch viele Deutsche Jagd und Imkerverbände im Rahmen des Netzwerks Lebensraum Feldflur (http://lebensraum-brache.de/). Empfehlung: Aufnahme von ein- und mehrjährigen Mischkulturen mit der Möglichkeit einer Gärproduktdüngung und einer Nutzung des Aufwuchses nach dem 30.06. auf die Liste der ÖVF. Getreide-Mischkulturen Eine weitere Option sind Mischungen von Getreide mit anderen, insbesondere zweikeimblättrigen, Kulturen. Auch hier sorgt die Mischung von Kulturen für biologische Vielfalt (http://www.tfz.bayern.de/mam/cms08/rohstoffpflanzen/dateien/13peb005_mb_projekt_legumix.pdf). Getreide in Kombination mit Wicken, Erbsen oder Bohnen (z. B. Wickroggen) bietet durch die Blüte der Leguminose eine Futterquelle für zahlreiche Insekten und damit auch für Feldvögel. Gleichzeitig fixieren Leguminosen Stickstoff im Boden und reduzieren damit den Bedarf an zusätzlichen Nährstof- Fachverband Biogas e.V. Angerbrunnenstraße 12 85356 Freising Telefon +49(0)81 61/98 46 60 Telefax +49(0)81 61/98 46 70 E-Mail [email protected] fen, so dass ausschließlich eine angepasste ergänzende Düngung durch Gärprodukte nötig ist. Dies sollte daher auch bei den Anbauvorschriften von Getreide-Mischkulturen ÖVF sichergestellt werden, um einen guten Wachstumsverlauf erzielen zu können. Neben der Kombination von Getreide mit beispielsweise Leguminosen ist auch die Einsaat von im vorherigen Punkt angeführten Wildpflanzenmischungen denkbar und ebenfalls ökologisch positiv zu bewerten. In einer Pressemitteilung vom 31. Juni 2013 des Forschungsvorhaben „ Energie aus Wildpflanzen“ werden erste vielversprechende Ergebnisse einer Untersaat unter Sommergerste hervorgehoben. Empfehlung: Aufnahme von Getreide-Mischkulturen mit der Möglichkeit einer Gärproduktdüngung und einer Nutzung des Aufwuchses auf die Liste der ÖVF. Mehrjährige Kulturen (Durchwachsene Silphie, Energiegräser, Sida, etc.) Aus Sicht des Fachverband Biogas e.V. sollten mehrjährige Kulturen als eigenständige Kategorie innerhalb der ÖVF anerkannt werden. Viele Forschungsvorhaben in Deutschland beschäftigen sich mit der Etablierung alternativer Energiepflanzen, wie der Durchwachsenen Silphie, Sida und mehrjährigen Energiegräsern (z. B. Riesenweizengras, Rohrglanzgras, etc.). Der Vorteil mehrjähriger Kulturen aus ökologischer Sicht wurde bereits erläutert: Lediglich im Jahr der Etablierung wird in das Bodenleben eingegriffen und bei Bedarf eine Pflanzenschutzbehandlung durchgeführt. In den Folgejahren führt dies zu Erosionsminderung. Durch die ganzjährige Bodenbedeckung wird Lebensraum für Wildtiere und Insekten geschaffen. Einen besonders wichtigen Beitrag leisten die genannten Dauerkulturen auch zum Wasserschutz, da diese Pflanzen, ein hohes Nährstoffaufnahmevermögen besitzen und damit die Auswaschung von Nährstoffen in das Grundwasser vermieden wird. Des Weiteren bilden Kulturen wie die Durchwachsene Silphie bunte Blüten aus und sind damit sowohl eine Bereicherung für Insekten als auch für das Landschaftsbild (http://www.biogasforum-bayern.de/publikationen/Durchwachsene_Silphie_als_Biogassubstrat.pdf). Nach Ansicht des Fachverband Biogas e.V. haben auch diese Kulturen einen positiven Einfluss auf Natur und Umwelt und erfahren im oben genannten Projekt keine ausreichende Wertschätzung. Insbesondere auf die Kategorien Feldvögel/Niederwild und Boden-Wasser-Synergien hat ein etablierter Bestand positiven Einfluss. Aktuell werden Energiegräser und sonstige mehrjährige Energiepflanzen unter „Dauerkulturen“ zusammengefasst und sind damit vom Greening ausgenommen. Allerdings wird nicht nach dem ökologischen Wert dieser Kulturen differenziert. Gerade durch die erheblich verringerten Bodenbearbeitungsmaßnahmen, den Beitrag zum Wasserschutz und den hohen ökologischen Wert für Wildtiere und Insekten, welcher vor allem von Imkern bestätigt wird, sollten diese Dauerkulturen im Vergleich zu konventionellen Ackerfrüchten als ökologische Vorrangfläche anerkannt werden. Mehrjährige blühende Energiepflanzen können hinsichtlich ihrer ökologischen Effektivität nicht mit anderen Dauerkulturen wie Rebstöcken, Spargel, Schalenfrüchten etc. verglichen werden. Ein zusätzliches Hindernis bei der Anlage von mehrjährigen Kulturen bilden die Auflagen der Anbaudiversifizierung. Da Dauerkulturen in ihrer Gesamtheit als eine Kultur zusammengefasst werden, können in der Praxis zum Teil bestehende Kulturen nicht durch ökologisch wertvollere substituiert werden, weil der Betrieb ansonsten nicht die erforderliche Anzahl von Hauptkulturen erreicht. Empfehlung: Aufnahme von weiteren mehrjährigen Kulturen mit der Möglichkeit einer Gärproduktdüngung und Nutzung des Aufwuchses auf die Liste der ÖVF. Fachverband Biogas e.V. Angerbrunnenstraße 12 85356 Freising Telefon +49(0)81 61/98 46 60 Telefax +49(0)81 61/98 46 70 E-Mail [email protected] Fazit Die Rahmenbedingungen der GAP stellen die deutsche Landwirtschaft vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Der Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen ist die Chance steigende Umweltleistungen und produktive Landwirtschaft zu verbinden. Die breite Palette an Substraten bietet hervorragende Vorrausetzungen für eine Ökologisierung im Sinne der Landwirtschaft und der Gemeinsamen Agrarpolitik. Der Fachverband Biogas e.V. ist gerne bereit, sich über Chancen und Möglichkeiten auszutauschen. Ansprechpartner: Dr. Stefan Rauh Angerbrunnenstr. 12 85356 Freising [email protected] 08161/984660 Marion Wiesheu Angerbrunnenstr. 12 85356 Freising [email protected] 08161/984660 Florian Strippel Angerbrunnenstr. 12 85356 Freising [email protected] 08161/984660 Kurzinfo Fachverband Biogas e.V. Der Fachverband Biogas e.V. ist mit rund 4.800 Mitgliedern Europas größte Interessenvertretung der Biogas-Branche. Er vertritt bundesweit Hersteller, Anlagenbauer und landwirtschaftliche wie industrielle Biogasanlagenbetreiber. Die Biogas-Branche hat inzwischen über 45.000 Arbeitsplätze zumeist in ländlichen Regionen geschaffen.
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