Vorschläge zum Mid-Term Review der Gemeinsamen Agrarpolitik

Fachverband Biogas e.V.
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85356 Freising
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Stand: 28. Oktober 2015
Vorschläge zum Mid-Term Review der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP):
Alternative Energiepflanzen im Rahmen des Greenings
Die Auflagen der aktuellen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union werden
2016 im zweiten Jahr zur Anwendung kommen. Aus diesem Grund sollten die Auswirkungen, welche
die verschiedenen Instrumente im Verlauf des letzten Jahres auf die Landwirtschaft hatten, evaluiert
und gegebenenfalls angepasst werden. Dadurch kann eine praxis- und zielgerechte Umsetzung des
Leitgedankens der GAP – die Schaffung eines nachhaltigen, produktiven und wettbewerbsfähigen
Agrarsektors, der einen spürbaren Beitrag zur „Europa 2020“ Strategie leistet – langfristig gewährleistet werden.
Speziell das neu eingeführte Instrument des Greenings kann dabei einen effektiven Beitrag zur Entwicklung einer nachhaltigeren Landwirtschaft leisten. Eine Erweiterung oder Anpassung der bisherigen Anforderungen könnte die ökologischen Auswirkungen unter Beachtung ökonomischer Gesichtspunkte jedoch verstärken.
Zusammenfassung
Aus Sicht des Fachverband Biogas e.V. eröffnet der Anbau von alternativen Energiepflanzen Landwirten zahlreiche Optionen einer nachhaltigen Nutzung von ökologischen Vorrangflächen unter ökonomischen Gesichtspunkten. Durch die hohe Flexibilität von Biogasanlagen bei der Wahl der eingesetzten
Substrate können auch (Misch-)Kulturen und Dauerkulturen angebaut werden, welche auf der einen
Seite eine nennenswerte Umweltleistung erbringen und auf der anderen Seite für Landwirte einen
wirtschaftlichen Beitrag leisten. Eine Anrechnung solcher Kulturen auf die Erbringung von ÖVF
schwächt gleichzeitig die aus den Greening-Maßnahmen resultierende Flächenverknappung in der
Landwirtschaft ab. Aus diesen Gründen sieht es der Fachverband Biogas e.V. als erforderlich an,
dass bei einer Überarbeitung des Greenings ökologisch sinnvolle Energiepflanzen berücksichtigt werden. Dies würde dem Leitgedanken einer nachhaltigeren Landwirtschaft nicht entgegenstehen, jedoch
einen nachweislichen Beitrag zur Verbesserung der Biodiversität leisten. Gleichzeitig hätten Landwirte
zusätzliche Alternativen zu den bisherigen Maßnahmen, mit welchen ÖVF erbracht werden können.
Dies würde die Anlage von standortangepassten Kulturen, welche einen wirtschaftlichen Beitrag zur
Betriebsführung leisten, unter gleichzeitiger Beachtung ökologischer Gesichtspunkte fördern.
Aufnahme folgender Kulturen auf die Liste ökologischer Vorrangflächen:
•
•
•
Ein- und Mehrjährige Mischungen (z.B. Wildpflanzenmischungen)
Getreide-Mischkulturen
Mehrjährige Kulturen (z.B. Durchwachsene Silphie, Energiegräser, Topinambur, Sida)
Bedingungen für den Anbau und die Anerkennung als ÖVF:
•
•
Düngung mit Gärprodukt entsprechend des Entzugs/dem Bedarf der Kultur
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nur zur Etablierung der Bestände von mehrjährigen Kulturen
Im Folgenden soll näher dargelegt werden, welche Kulturen Eingang in den Maßnahmenkatalog der
ÖVF finden sollten und welche Umweltleistung damit verbunden ist.
Der Fachverband Biogas e.V. ist gerne bereit, sich zu den genannten Punkten mit den zuständigen
Gremien vertiefend auszutauschen.
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Alternative Energiepflanzen zur Erbringung von ökologischen Vorrangflächen
Aus Sicht des Fachverband Biogas e.V. sollte die bestehende Liste von Maßnahmen durch welche
ÖVF erbracht werden können, im Sinne der Landwirtschaft erweitert und konkretisiert werden. Derzeit
werden in zahlreichen Forschungsprojekten Alternative Energiepflanzen auf Ihren ökologischen Nutzung hin untersucht, Viele davon können sowohl einen Beitrag zum Naturschutz als auch zur Produktion von Energie leisten. Dies bestätigt auch das Bundesamt für Naturschutz.
https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/Dokumente/BfNSkript_382_SYNAKLI_2015_06_26_barrierefrei.pdf
Mischkulturen ein- und mehrjährig (Wildpflanzenmischungen)
Eine sehr gute ökologische Bewertung erhielten im Rahmen des Projektes „Energie aus Wildpflanzen“
(http://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/landespflege/dateien/eb_2014_wildpflanzen_wildbiologie_in.p
df), welches an der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) durchgeführt wurde, so genannte Wildpflanzenmischungen, also ein- oder mehrjährigen Mischkulturen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Arten. Dadurch ist automatisch eine hohe Pflanzenvielfalt gegeben, die gleichzeitig auch als
Nahrungsquelle und Lebensraum für Insekten und andere Tiere dient. Insbesondere bei mehrjährigem
Anbau bilden Flächen mit Mischkulturen einen idealen Rückzugsraum im Winter bei gleichzeitigem
Schutz vor Erosion.
In der Regel sollten Pflanzenschutzmaßnahmen bei mehrjährigen Mischkulturen für Biogasanlagen
nicht erforderlich sein, da sich eventuell auftretende Beikräuter ebenfalls gut vergären lassen und
sogar zur Erhöhung der Biodiversität beitragen. Eine mineralische Düngung ist nach Meinung des
Fachverband Biogas e.V. ebenfalls nicht erforderlich, allerdings muss eine Kreislaufführung der Nährstoffe möglich sein. Das anfallende Gärprodukt sollte dementsprechend auf die Fläche zurückgefahren werden dürfen, um den Nährstoffentzug der Pflanze zu decken. Nur so sind für die Landwirtschaft
wirtschaftlich interessante Biomasseerträge erreichbar und eine Auszehrung des Bodens wird vermieden. Der ökologische Vorteil ist nicht nur durch den Lebensraum für die vielen Tiere und Insekten
gegeben, auch das hohe Nährstoffaufnahmevermögen der Wildpflanzen leistet einen großen Beitrag
zum Grundwasserschutz. Daher würde sich auch bei einer Düngung der Mischungen eine Eignung als
ÖVF ableiten lassen.
Analog zu Puffer- und Feldrandstreifen sowie Streifen entlang von Waldrändern wäre ein mähen vom
01.04 – 30.06 nicht notwendig. Ein umfangreicher Schutz von Wildtieren, gerade während der Brutund Aufzuchtzeiten, wäre damit gewährleistet. Eine Nutzungsmöglichkeit dieser Flächen nach dem
30.06 würde jedoch einen ökonomischen Anreiz zu deren Anlage schaffen, was einen erheblichen
Beitrag zur Biotopverbesserung leisten würde. Eine Schnittnutzung hätte keine nachteiligen Auswirkungen auf die Feldfauna, da der Aufwuchs der entsprechenden Flächen, wie aktuell bei streifenförmigen ÖVF vorgeschrieben, mindestens einmal pro Jahr im Rahmen eines Pflegeschnitts zerkleinert
werden muss. Dies bestätigen auch viele Deutsche Jagd und Imkerverbände im Rahmen des Netzwerks Lebensraum Feldflur (http://lebensraum-brache.de/).
Empfehlung: Aufnahme von ein- und mehrjährigen Mischkulturen mit der Möglichkeit einer Gärproduktdüngung und einer Nutzung des Aufwuchses nach dem 30.06. auf die Liste der ÖVF.
Getreide-Mischkulturen
Eine weitere Option sind Mischungen von Getreide mit anderen, insbesondere zweikeimblättrigen,
Kulturen.
Auch
hier
sorgt
die
Mischung
von
Kulturen
für
biologische
Vielfalt
(http://www.tfz.bayern.de/mam/cms08/rohstoffpflanzen/dateien/13peb005_mb_projekt_legumix.pdf).
Getreide in Kombination mit Wicken, Erbsen oder Bohnen (z. B. Wickroggen) bietet durch die Blüte
der Leguminose eine Futterquelle für zahlreiche Insekten und damit auch für Feldvögel. Gleichzeitig
fixieren Leguminosen Stickstoff im Boden und reduzieren damit den Bedarf an zusätzlichen Nährstof-
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fen, so dass ausschließlich eine angepasste ergänzende Düngung durch Gärprodukte nötig ist. Dies
sollte daher auch bei den Anbauvorschriften von Getreide-Mischkulturen ÖVF sichergestellt werden,
um einen guten Wachstumsverlauf erzielen zu können.
Neben der Kombination von Getreide mit beispielsweise Leguminosen ist auch die Einsaat von im
vorherigen Punkt angeführten Wildpflanzenmischungen denkbar und ebenfalls ökologisch positiv zu
bewerten. In einer Pressemitteilung vom 31. Juni 2013 des Forschungsvorhaben „ Energie aus Wildpflanzen“ werden erste vielversprechende Ergebnisse einer Untersaat unter Sommergerste hervorgehoben.
Empfehlung: Aufnahme von Getreide-Mischkulturen mit der Möglichkeit einer Gärproduktdüngung und
einer Nutzung des Aufwuchses auf die Liste der ÖVF.
Mehrjährige Kulturen (Durchwachsene Silphie, Energiegräser, Sida, etc.)
Aus Sicht des Fachverband Biogas e.V. sollten mehrjährige Kulturen als eigenständige Kategorie
innerhalb der ÖVF anerkannt werden. Viele Forschungsvorhaben in Deutschland beschäftigen sich
mit der Etablierung alternativer Energiepflanzen, wie der Durchwachsenen Silphie, Sida und mehrjährigen Energiegräsern (z. B. Riesenweizengras, Rohrglanzgras, etc.).
Der Vorteil mehrjähriger Kulturen aus ökologischer Sicht wurde bereits erläutert: Lediglich im Jahr der
Etablierung wird in das Bodenleben eingegriffen und bei Bedarf eine Pflanzenschutzbehandlung
durchgeführt. In den Folgejahren führt dies zu Erosionsminderung. Durch die ganzjährige Bodenbedeckung wird Lebensraum für Wildtiere und Insekten geschaffen. Einen besonders wichtigen Beitrag
leisten die genannten Dauerkulturen auch zum Wasserschutz, da diese Pflanzen, ein hohes Nährstoffaufnahmevermögen besitzen und damit die Auswaschung von Nährstoffen in das Grundwasser
vermieden wird. Des Weiteren bilden Kulturen wie die Durchwachsene Silphie bunte Blüten aus und
sind damit sowohl eine Bereicherung für Insekten als auch für das Landschaftsbild (http://www.biogasforum-bayern.de/publikationen/Durchwachsene_Silphie_als_Biogassubstrat.pdf).
Nach Ansicht des Fachverband Biogas e.V. haben auch diese Kulturen einen positiven Einfluss auf
Natur und Umwelt und erfahren im oben genannten Projekt keine ausreichende Wertschätzung. Insbesondere auf die Kategorien Feldvögel/Niederwild und Boden-Wasser-Synergien hat ein etablierter
Bestand positiven Einfluss.
Aktuell werden Energiegräser und sonstige mehrjährige Energiepflanzen unter „Dauerkulturen“ zusammengefasst und sind damit vom Greening ausgenommen. Allerdings wird nicht nach dem ökologischen Wert dieser Kulturen differenziert. Gerade durch die erheblich verringerten Bodenbearbeitungsmaßnahmen, den Beitrag zum Wasserschutz und den hohen ökologischen Wert für Wildtiere
und Insekten, welcher vor allem von Imkern bestätigt wird, sollten diese Dauerkulturen im Vergleich
zu konventionellen Ackerfrüchten als ökologische Vorrangfläche anerkannt werden. Mehrjährige blühende Energiepflanzen können hinsichtlich ihrer ökologischen Effektivität nicht mit anderen Dauerkulturen wie Rebstöcken, Spargel, Schalenfrüchten etc. verglichen werden.
Ein zusätzliches Hindernis bei der Anlage von mehrjährigen Kulturen bilden die Auflagen der Anbaudiversifizierung. Da Dauerkulturen in ihrer Gesamtheit als eine Kultur zusammengefasst werden, können in der Praxis zum Teil bestehende Kulturen nicht durch ökologisch wertvollere substituiert werden,
weil der Betrieb ansonsten nicht die erforderliche Anzahl von Hauptkulturen erreicht.
Empfehlung: Aufnahme von weiteren mehrjährigen Kulturen mit der Möglichkeit einer Gärproduktdüngung und Nutzung des Aufwuchses auf die Liste der ÖVF.
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Fazit
Die Rahmenbedingungen der GAP stellen die deutsche Landwirtschaft vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Der Anbau von Energiepflanzen für Biogasanlagen ist die Chance steigende Umweltleistungen und produktive Landwirtschaft zu verbinden. Die breite Palette an Substraten bietet hervorragende Vorrausetzungen für eine Ökologisierung im Sinne der Landwirtschaft und der Gemeinsamen
Agrarpolitik. Der Fachverband Biogas e.V. ist gerne bereit, sich über Chancen und Möglichkeiten auszutauschen.
Ansprechpartner:
Dr. Stefan Rauh
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08161/984660
Marion Wiesheu
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Florian Strippel
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Kurzinfo Fachverband Biogas e.V.
Der Fachverband Biogas e.V. ist mit rund 4.800 Mitgliedern Europas größte Interessenvertretung der
Biogas-Branche. Er vertritt bundesweit Hersteller, Anlagenbauer und landwirtschaftliche wie industrielle Biogasanlagenbetreiber. Die Biogas-Branche hat inzwischen über 45.000 Arbeitsplätze zumeist in
ländlichen Regionen geschaffen.