Erfahrungen zu sexualisierter Gewalt von Jugendlichen in

Sprich mit!
Erfahrungen zu sexualisierter Gewalt von Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe und Internaten
Häufigkeiten ‐ Formen ‐ Folgen
Förderprogramm des
Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) Förderung von
Forschungsvorhaben im
Zusammenhang mit sexueller
Gewalt gegen Kinder und
Jugendliche in pädagogischen
Kontexten
In Kooperation mit
Tagung: „Sexuelle Gewalt in Institutionen ‐ Perspektive der Jugendlichen“ 3.12.2015, Goethe‐Universität Frankfurt
Dr. Marc Allroggen
Conflict of interests
Research grants: Bayerisches Landesjugendamt, Stiftung Hänsel & Gretel,
BMBF, MWK BW;
Payments for lectures and publications, travel grants: Boehringer Ingelheim,
ZfP Süd-Württemberg, VHS Böblingen, ZHP BW, Dreiländerinstitut, amyna e. V.,
Profecta AG, La Strada e. V., Infokoop Künzelsau, Akademie Wissenschaftliche
Weiterbildung Ludwigsburg, MWV, Regierungspräsidium Tübingen, Universität
Tübingen, Landesakademie für Fortbildung Esslingen, Akademie für
Lehrerfortbildung Dillingen;
Clinical trials: Sub-Investigator Boehringer Ingelheim, Janssen CILAG, Shire,
Universität Ulm;
Dr. Marc Allroggen
Übersicht
1. Einleitung
2. Übersicht über die Studie
3. Stichprobe
4. Ergebnisse
5. Zusammenfassung und Diskussion
Dr. Marc Allroggen
1. Häufigkeit sexueller Gewalterfahrungen
(Kindesmissbrauch)
Metaanalysen zu sexueller Gewalt vor dem Alter von 18 Jahren
→ 65 Studien, 22 Länder (Pereda, Guilera, Forns & Gómez‐Benito, 2009):
7,4% der Männer, 19,2% der Frauen
→ 217 Studien zwischen 1980 und 2008 (Stoltenborgh et al., 2011): 7,6 % der Männer, 18,0 % der Frauen Sexuellen Missbrauch mit Körperkontakt vor dem Alter von 16 Jahren in Deutschland: 6,4 % der befragten Frauen bzw. 1,3 % der befragten Männer (Bieneck et al. 2011)
Dr. Marc Allroggen
1. Prävalenz sexuell aggressiven Verhaltens bei Jugendlichen
Gewaltopferraten in Deutschland (Baier et al., 2009; n=44610, 9. Klasse)
(12-Monatsprävalenzen)
Sexuelle Belästigung f=11,9 %, m=1,9 %
Sexuelle Gewalt f=1,8 %, m=0,4 %
Gewaltopferraten international (Übersicht bei: Allroggen et al., 2012;
Allroggen et al., 2014)
Sexuelle Belästigung f=20-74 %, m=10-78 %
Sexuelle Gewalt f=25, m=2-14 %
Täterraten in Deutschland (Baier et al., 2009; n=44610, 9. Klasse) (12Monatsprävalenzen)
Sexuelle Gewalt f=0,3 %, m=2,6 %
Täterraten international (Übersicht bei: Allroggen et al., 2012)
Sexuelle Gewalt f=1,3-4,5 %, m=5-35 %
Sexuelle Belästigung f=50 %, m=60 %
Dr. Marc Allroggen
1. Sexuelle Gewalt in Einrichtungen der Jugendhilfe
‐ Kinder in Pflegefamilien und Einrichtungen der Jugendhilfe sind
Risikogruppe für erneute körperliche Misshandlung oder sexuellen
Missbrauch (Dowdell et al., 2009).
‐ Risiko für ein Kind in einer Pflegefamilie in Untersuchung in Nord‐England
7‐8x höher erneut misshandelt oder missbraucht zu werden, 6x höher für
Kind in Einrichtung der Jugendhilfe (Hobbs et al., 1999).
‐ Verantwortlich für Übergriffe in 41 % der Fälle Pflegeeltern, in 23 % Eltern, in 20 % Kinder/Jugendliche (Hobbs et al., 1999).
‐ Untersuchung aus Irland: Mitbewohner nach Fachkräften die zweitgrößte
Gruppe der Täter (DJI, 2010).
‐ In Deutschland: 27,8 % der Internate, 38,9 % der Heime berichten von
Verdachtsfällen von sexuellen Übergriffen unter Kindern und Jugendlichen (DJI, 2011).
Dr. Marc Allroggen
1. Sexuelle Gewalt in Einrichtungen der Jugendhilfe (DJI, 2011)
Dr. Marc Allroggen
1. Entstehungsbedingungen sexuell aggressiven Verhaltens
‐erlebter sexueller Missbrauch Prädiktor für sexuell übergriffiges Verhalten (Lightfood und Evans 2000, Wagman Borowsky et al. 1997, Spehr et al., 2010, Seto und Lalumière 2010)
‐aber: Bedeutung möglicherweise höher bei Jungen und bei child offenders
(Wagman Borowsky et al., 1997; Seto und Lalumière, 2010), Risiko steigt bei schwerem und längerem Missbrauch (Burton et al. 2002) ‐moderierende Faktoren: eigene Schuldvorwürfe (Hall et al., 2002), Alter des Kindes (Grabell und Knight, 2009), Funktionsniveau der Familie (Hall et al., 2002)
‐Misshandlung ebenfalls mit höherem Risiko verbunden (Merrick et al., 2008)
Weitere Faktoren, die sexuell aggressive Jugendliche von allgemein aggressiven Jugendlichen unterscheiden (Seto und Lalumière, 2010):
 soziale Isolation (aber nicht soziale Inkompetenz)
 atypische sexuelle Interessen
 Angst, geringes Selbstwertgefühl
 weniger antisoziales Verhalten (aber gleich häufig antisoziale Persönlichkeitszüge)
Dr. Marc Allroggen
1. Risikofaktoren für sexuelle Gewalt (DeGue et al., 2012)
Dr. Marc Allroggen
1. Risikofaktoren für erneute Sexualdelinquenz (Worling u. Langström, 2006)
Mögliche Risikoprädiktoren
Deviante sexuelle Fantasien
Vorherige Sexualdelikte
Mehr als ein Opfer, fremde Opfer
Soziale Isolation
Therapieabbruch
Unsichere Risikoprädiktoren
Impulsivität, Dissoziale Persönlichkeit, aggressives Verhalten
Negative Gleichaltrigen Kontakte
Männliche kindliche Opfer
Einsatz von Waffen, Bedrohung bei sexuellem Übergriff
Konflikthafte familiäre Verhältnisse
Delinquenzunterstützende Verhältnisse
Keine Risikoprädiktoren
Eigene Opfererfahrung
Gewaltdelikte in der Vorgeschichte
Penetration des Opfers
Leugnung des sexuellen Übergriffs
Geringe Opferempathie
Dr. Marc Allroggen
1. Schutz‐ und Risikofaktoren (Collins et al., 2009; Wagman Borowsky et al., 1997; Mosser, 2012)
Risikofaktoren Opfer:
-
Frühere Missbrauchs- und Misshandlungserfahrungen
-
Bindungsstörungen, Störungen der Nähe-Distanz-Regulation
-
Alkoholkonsum
-
Promiskuitives Verhalten
-
Gruppen- und partnerdynamische Prozesse
-
Fehlende bzw. verzerrte Sexualaufklärung
Schutzfaktoren Täter:
-
Bei erlebtem sexuellen Missbrauch: höheres Funktionsniveau der Familie,
soziale Unterstützung, stabile Eltern-Kind-Beziehungen
-
Jungen: emotionale Stabilität, gute soziale Integration
-
Mädchen: gute schulische Leistungen
Schutzfaktoren Opfer:
-
Integration in nicht-dissoziale Gruppe Gleichaltriger
Dr. Marc Allroggen
1. Einleitung
2. Übersicht über die Studie
3. Stichprobe
4. Ergebnisse
5. Zusammenfassung und Diskussion
Dr. Marc Allroggen
2. Methodik




Bundesweite Erhebung in Einrichtungen der Jugendhilfe und Internaten Laufzeit: Februar 2013 bis Januar 2016
Jugendliche ab 15 Jahren (stationär)
Forschungsdesign quantitativ ‐ Fragebogenbefragung
a) Häufigkeit sexueller Gewalterfahrungen + selbst verübter sexueller Gewalt (Eigene Betroffenheit ↔ Täterschaft)
b) Formen sexueller Gewalt einschl. Peergewalt
c) Häufigkeit von Symptomen psych. Erkrankung bei Opfern/Tätern
d) Zusammenhang sexueller Gewalterfahrungen mit eigenem sexuell aggressiven Verhalten
e) Vergleich von Persönlichkeit von Betroffenen v. sex. Gewalt vs. Opfern + zugleich Täterschaft  Forschungsdesign qualitativ – Gruppendiskussionen/Einzelinterviews
f) Kollektive Orientierungen, Wissen und Werthaltungen zum Thema „sexuelle Gewalt“
g) Entstehungsbedingungen/ Folgen sex. Gewalterfahrungen unter Berücksichtigung möglicher Resilienzfaktoren aus Sicht der Jugendlichen
h) Biographische Einschätzungen von Jugendlichen zu Gewalterfahrungen inkl. Peergewalt
Dr. Marc Allroggen
2. Fragebogen
Auszug auf dem Einleitungstext für Jugendliche zur Beantwortung des Fragebogens ‐ Definition sexuelle Gewalt, die du bisher unfreiwillig erlebt hast oder
die du an/mit jemandem anderen getan hast.
In diesem Befragungsteil geht es speziell um "Sexuelle Gewalt" meint ganz verschiedene Dinge. Auch solche, die man auf den ersten Blick nicht als
sexuelle Gewalt erkennt, wie gegen den Willen geküsst zu werden oder etwas Obszönes über eine
Person ohne deren Wissen zu verbreiten (z.B. im Internet). "Sexuelle Gewalt" meint aber eben auch
Dinge wie (versuchte) Vergewaltigung. Die verschiedenen Formen sexueller Gewalt kommen unter
Gleichaltrigen aber auch zwischen Menschen verschiedenen Alters vor. Geschehen kann so etwas in der
Schule, zu Hause, auf der Straße oder anderswo. [FRAGEBOGEN ‐Teil 2‐ Seite 4 v. 47]
Aufbau der Fragen zu den erlebten Situationen
‐ Jeweils identische Fragestellung: 1x für eigene Betroffenheit, 1 x für eigene Täterschaft
‐ Orientierung anhand von Farben: Bei eigener Betroffenheit (blau)/ Täterschaft (orange) ‐ Abfrage konkret beschriebener Situationen (A‐H)
Dr. Marc Allroggen
2. Fragebogen – Situationen A*‐ H
A
‐ Nacktaufnahmen (Foto, Film) machen, weitergeben, weiterschicken oder veröffentlichen (z.B. im
Internet)
‐ etwas Sexuelles/Pornographisches aufs Handy oder per Internet schicken (z.B. Text, Bild‐, Ton‐, Filmmaterial)
‐ etwas Sexuelles/Pornographisches zeigen (z.B. in Zeitschrift, Text, Bild, Ton‐ oder Filmmaterial)
‐ etwas Sexuelles/ Anzügliches in Chat oder Forum schreiben (z.B. Bemerkung, Emoticon)
‐ etwas Sexuelles/ Anzügliches beim Anruf (z.B. Telefon, Skype) machen (z.B. Bemerkung, "Geräusch", Mimik, Gestik)
‐ etwas Sexuelles/ Anzügliches im direkten Gespräch machen (z.B. Bemerkung, "Geräusch", Mimik oder Gestik)
2
Wurde so etwas (Situation A blau) jemals gegen deinen Willen mit dir getan, wurdest du gezwungen, so etwas zu tun ODER gab es den Versuch ja
☐
nein
☐
3
Hast Du so etwas (Situation A orange) jemals mit jemandem ohne dessen Einwilligung getan, hast du ihn/sie zu so etwas gezwungen ODER es versucht?
ja
☐
nein
☐
A *In den folgenden Tabellen mit „Sexuelle Belästigung“ bezeichnet
B Das eigene Geschlechtsteil (Penis/Vagina/Scheide) entblößen, um es jemandem zu zeigen C ‐ an Brust, Po, zwischen den Oberschenkeln oder am Geschlechtsteil (Penis/Vagina/Scheide) berühren (direkter Hautkontakt oder durch die Kleidung)
‐ einen Kuss geben (z.B. auch "Zungenkuss")
D Selbstbefriedigung ("Onanieren"/"Masturbieren") vor oder an einer anderen Person E Mit Penis in Mund eindringen F Mit Penis in After (Anus) oder Vagina (Scheide) eindringen G Mit Finger, Gegenstand oder Zunge in After (Anus) oder Vagina (Scheide) eindringen H Gab es noch weitere sexuelle Belästigung/Gewalt, die gegen deinen Willen mit dir geschah, zu der du gezwungen wurdest ODER die jemand versuchte, mit dir zu tun? Dr. Marc Allroggen
2. Fragebogen – Situationen zusammengefasst in 3 Kategorien
Sexuelle Belästigung
A *In den folgenden Tabellen mit „Sexuelle Belästigung“ bezeichnet
Übergriffe ohne Penetration
B Das eigene Geschlechtsteil (Penis/Vagina/Scheide) entblößen, um es jemandem zu zeigen C ‐ an Brust, Po, zwischen den Oberschenkeln oder am Geschlechtsteil (Penis/Vagina/Scheide) berühren (direkter Hautkontakt oder durch die Kleidung)
‐ einen Kuss geben (z.B. auch "Zungenkuss")
D Selbstbefriedigung ("Onanieren"/"Masturbieren") vor oder an einer anderen Person Penetration
E Mit Penis in Mund eindringen F Mit Penis in After (Anus) oder Vagina (Scheide) eindringen G Mit Finger, Gegenstand oder Zunge in After (Anus) oder Vagina (Scheide) eindringen Sonstige**
H Gab es noch weitere sexuelle Belästigung/Gewalt, die gegen deinen Willen mit dir geschah, zu der du
gezwungen wurdest ODER die jemand versuchte, mit dir zu tun? ** Die Kategorie „Sonstige“ wird bei Tabellen, die die drei Kategorien zeigen, nicht dargestellt.
Dr. Marc Allroggen
2. Methodik – Weitere Instrumente
Fragebogen zu Kindheitserleben
Massachusetts Youth Screening Instrument – 2 (MAYSI‐2)
Persönlichkeitsfragebogen BFI‐K
Allgemeine Depressionsskala (ADS)
Traumascreening UCLA PTSD Reaction Index
Functional Assessment of Self‐Mutilation (FASM)
Youth Self Report (YSR)
Dr. Marc Allroggen
1. Einleitung
2. Übersicht über die Studie
3. Stichprobe
4. Ergebnisse
5. Zusammenfassung und Diskussion
Dr. Marc Allroggen
3. Stichprobe (n=322, Durchschnittsalter 16,69 Jahre, 15-22 Jahre)
Jugendhilfe
Internat
Jahr
2013
Teilnahme
8
Absage
3
Teilnahme
6
Absage
2
2014
10
19
2
13
2015
2
2
4
8
Summe
20
24
12
23
männlich
weiblich
Summe (n)
Jugendhilfe
72 (22.4%)
81 (25.2%)
153 (47.5%)
Internat
112 (34.8%)
57 (17.7%)
169 (52.5%)
Summe
184 (57.0%)
139 (43.0%)
322
Jugendhilfe
13,7
Internat
13,5
3,4
2,6
Minimum
2
5
Maximum
21
20
Mittelwert (MW)
Standardabweichung
Dr. Marc Allroggen
Anzahl der teilnehmenden
Einrichtungen
Anzahl der teilnehmenden
Jugendlichen
Aufenthaltsdauer in der Einrichtung
in Jahren
1. Einleitung
2. Übersicht über die Studie
3. Stichprobe
4. Ergebnisse
5. Zusammenfassung und Diskussion
Dr. Marc Allroggen
4. Opfererfahrungen - Prävalenz
Situation
n
männlich
n
weiblich
n
Sexuelle Belästigung
*** 310
29
16,5%
56
41,8%
Übergriffe ohne Penetration
*** 314
49
27,5%
108
79,4%
Penetration
*** 312
14
8,0%
64
46,7%
Irgendein Ereignis
*** 309
65
37,4%
111
82,2%
Situation
n
Jugendhilfe
n
Internat n
Sexuelle Belästigung
310
45
31,0%
40
24,2%
Übergriffe ohne Penetration
314
81
55,5%
77
45,2%
312
55
37,9%
23
13,8%
309
89
62,2%
87
52,4%
Penetration
Irgendein Ereignis
***
*** p<.001, **p<.01, *p<.05
Dr. Marc Allroggen
4. Täterschaft - Prävalenz
männlich
Situation
n
n
weiblich
n
Sexuelle Belästigung
*
309
26
14,9%
10
7,5%
Übergriffe ohne Penetration
***
299
38
22,0%
8
6,3%
Penetration
**
303
13
7,4%
1
0,8%
Irgendein Ereignis
***
285
52
30,8%
15
12,9%
Situation
n
Jugendhilfe
n
Internat
n
Sexuelle Belästigung
309
13
9,2%
23
13,8%
Übergriffe ohne Penetration
299
18
12,9%
28
17,5%
Penetration
315
9
6,4%
5
3,1%
Irgendein Ereignis
285
25
19,4%
42
26,9%
*** p<.001, **p<.01, *p<.05
Dr. Marc Allroggen
4. Überschneidung von Opfererfahrungen
Situation
(n=310)
Nur sexuelle Belästigung
13
4,2%
85 (15,3%)
Nur Übergriffe ohne Penetration und ggf. sexuelle Belästigung
81
26,1%
157 (51,6%)
Penetration und ggf. weitere Übergriffe
78
25,2%
78 (100%)
Kein Ereignis
138
44,5%
Opfer schwerer sexueller Übergriff haben zu 96 % auch Übergriffe ohne
Penetration und zu 51,3 % sexuelle Belästigung erlebt.
Jugendliche, die keine Opfer von schweren sexuellen Übergriffen wurden,
haben zu 34,9 % Übergriffe ohne Penetration und zu 19,3 % sexuelle
Belästigung erlebt.
Dr. Marc Allroggen
4. Überschneidung von Täterschaft
Situation
(n=289)
Nur sexuelle Belästigung
14
4,8%
36 (38,9%)
Nur Übergriffe ohne Penetration und ggf. sexuelle Belästigung
35
12,1%
46 (76,1%)
Penetration und ggf. weitere Übergriffe
14
4,8%
14 (100%)
Kein Ereignis
226
78,2%
Täter schwerer sexueller Übergriff haben zu 64,3 % auch Übergriffe
ohne Penetration und zu 61,5 % sexuelle Belästigung verübt.
Jugendliche, die keine schweren sexuellen Übergriffen begangen
haben, haben zu 12,6 % Übergriffe ohne Penetration und zu 9,2 %
sexuelle Belästigung verübt.
Dr. Marc Allroggen
4. Zusammenhang zwischen Opfererfahrungen und Täterschaft
alle
Summe der Ereignisse als Opfer
Korrelation nach Pearson
N
Summe der Ereignisse als Täter
männlich weiblich Jugendhilfe Internat
,199*** ,437***
316
179
,263**
,222**
,176*
137
147
169
*** p<.001, **p<.01, *p<.05
Dr. Marc Allroggen
4. Zusammenhang zwischen Opfererfahrungen und Täterschaft
N
männlich
n
14
36,8%
weiblich
n
47
83,9%
94
10
26,3%
7
12,5%
Täter 14
36,8%
2
3,6%
Opfer
24
40,0%
91
91,9%
20
33,3%
7
7,1%
Täter 16
26,7%
1
1,0%
Opfer
9
45,0%
55
98,2%
4
20,0%
1
1,8%
Täter 7
35,0%
0
0,0%
Opfer
24
33,8%
76
83,5%
*** Opfer und/oder Täter 162
33
46,5%
14
15,4%
Täter 14
19,7%
1
1,1%
Situation
Opfer
Sexuelle Belästigung
Übergriffe ohne Penetration
Penetration
Irgendein Ereignis
*** Opfer und/oder Täter
***
Opfer und/oder Täter
*** Opfer und/oder Täter 159
76
*** p<.001, **p<.01, *p<.05
Dr. Marc Allroggen
4. Verhaltensweisen der Täter nach Einschätzung der Opfer
Dr. Marc Allroggen
4. Alter beim erstmaligen Erleben sexueller Gewalt, Geschlecht
und Alter der Täter
N
MW
SD
Min
Max
sexuelle Belästigung
69
13,67
(2,76)
5
19
Übergriffe ohne Penetration
134
13,04
(3,26)
1
18
Penetration
63
12,79
(3,36)
4
17
männlich
sexuelle
Belästigung
Übergriffe ohne
Penetration
Penetration
beides
N
Häufigkeit
gültige Prozente
Häufigkeit
gültige Prozente
Häufigkeit
gültige Prozente
80
60
75,0%
7
8,8%
13
16,3%
153
123
80,4%
12
7,8%
18
11,8%
76
66
86,8%
7
9,2%
3
3,9%
Alter des Täters
mindestens 5 Jahre jünger
2 bis 4 Jahre jünger
etwa gleich alt
2 bis 4 Jahre älter
Mindestens 5 Jahre älter
Dr. Marc Allroggen
weiblich
Sexuelle
Belästigung
(n = 50-65)
Anzahl (%)
2 (3.8)
6 (11.1)
47 (72.3)
32 (55.2)
36 (57.1)
Leichte
Übergriffe
(n = 90-113)
Penetration
(n = 44-54)
Irgendeine
Form
(n = 97-120)
Anzahl (%)
3 (3.3)
15 (16.1)
79 (69.9)
57 (52.3)
56 (50.9)
Anzahl (%)
1 (2.3)
4 (9.1)
23 (50.0)
32 (59.3)
30 (51.7)
Anzahl (%)
4 (4.1)
15 (15.0)
92 (76.7)
71 (61.2)
65 (55.6)
4. Beziehung zwischen Opfer und Täter
Dr. Marc Allroggen
4. Täterperspektive zu Einzel- oder Gruppentat, Alter bei erster
Tat, Geschlecht des Opfers, Anzahl der Opfer
allein
zu zweit oder mehr
gültige
Häufigkeit
Prozente
beides kamm vor
gültige
Häufigkeit
Prozente
N
Häufigkeit
gültige
Prozente
35
16
45,7%
13
37,1%
6
17,1%
Übergriffe ohne Penetration 46
31
67,4%
11
23,9%
4
8,7%
Penetration
8
66,7%
2
16,7%
2
16,7%
sexuelle Belästigung
12
N
M
SD
Min
Max
sexuelle Belästigung
30
14,60
1,69
10
18
Übergriffe ohne Penetration
43
14,65
2,20
8
18
Penetration
9
14,00
1,66
10
16
männlich
gültige
Häufigkeit
Prozente
N
weiblich
gültige
Häufigkeit
Prozente
beides
Häufigkeit
gültige
Prozente
sexuelle Belästigung
36
13
36,1%
14
38,9%
9
25,0%
Übergriffe ohne Penetration
45
13
28,9%
27
60,0%
5
11,1%
Penetration
14
2
14,3%
10
71,4%
2
14,3%
sexuelle Belästigung
Übergriffe ohne
Penetration
Penetration
Dr. Marc Allroggen
eine Person
gültige
N Häufigkeit
Prozente
31
10
32,3%
2
3
9
gültige
Prozente
29,0%
Häufigkeit
5
gültige
Prozente
16,1%
Häufigkeit
mehr als 3 Personen
gültige
Häufigkeit
Prozente
7
22,6%
41
19
46,3%
9
22,0%
5
12,2%
8
19,5%
10
4
40,0%
2
20,0%
2
20,0%
2
20,0%
4. Ergebnisse der Persönlichkeitsdiagnostik
Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe zeigen mehr psychopathologische
Auffälligkeiten u. a. in Bezug auf Depression (ADS, MAYSI), Reizbarkeit
(MAYSI), Somatische Beschwerden (MAYSI), Suizidgedanken (MAYSI) und
Symptome einer Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD)
Opfer sexueller Gewalt zeigen mehr psychopathologische Auffälligkeiten u. a.
in Bezug auf Neurotizismus (BFI-K), Somatische Beschwerden (MAYSI),
Suizidgedanken (MAYSI) und Symptome einer PTSD als Jugendliche ohne
sexuelle Gewalterfahrungen
Das Ausmaß der psychopathologischen Auffälligkeiten korreliert positiv mit dem
Schweregrad des Übergriffs
Sexuell aggressive Jugendliche zeigen häufiger Alkohol- und
Drogenmissbrauch und aggressives Verhalten als Opfer sexueller Gewalt
Child offender zeigen mehr psychopathologische Auffälligkeiten als andere
sexuell aggressive Jugendliche (u. a. Depression und PTSD)
Dr. Marc Allroggen
4. Ergebnisse der Persönlichkeitsdiagnostik
 Täter-Opfer zeigen im Vergleich zu
Tätern keine signifikant höhere
Symptombelastung
Dr. Marc Allroggen
1. Einleitung
2. Übersicht über die Studie
3. Stichprobe
4. Ergebnisse
5. Zusammenfassung und Diskussion
Dr. Marc Allroggen
5. Zusammenfassung der Ergebnisse
Deutliche Überrepräsentation von Opfern sexueller Gewalt in
Institutionen, besonders in Einrichtungen der Jugendhilfe und bei
Mädchen
 25 % (8 % der Jungen, 47 % der Mädchen) schwere Übergriffe
erlebt [vgl. bevölkerungsrepräsentative Stichproben: 3,7 % (Optimus-Studie,
2012);
1,9 % (Häuser et al., 2011)].
Hoher Anteil an Jugendlichen mit sexuell aggressivem Verhalten
(schwere Übergriffe)
 7,4 % der Jungen, 0,8 % der Mädchen
Hohe Überschneidung der unterschiedlichen Schweregrade
sexueller Gewalt bei Opfern und Tätern
 Leichtere Formen evtl. Entwicklungsschritt hin zu schwerem
sexuell aggressiven Verhalten (Pepler et al., 2006).
Dr. Marc Allroggen
5. Zusammenfassung der Ergebnisse
Stärkerer Zusammenhang zwischen Opfererfahrungen und
Täterschaft bei Jungen als bei Mädchen (vgl. Wagman Borowsky et al., 1997; Seto und Lalumière, 2010)
 Jungen mit sexuellen Gewalterfahrungen als besondere
Risikogruppe für sexuell aggressives Verhalten
Bei ca. 13 % der schweren sexuellen Übergriffe waren
Mädchen/Frauen Täterinnen oder tatbeteiligt
 Berücksichtigung von Mädchen/Frauen bei der Prävention
sexueller Gewalt nicht nur als Opfer sexueller Gewalt
Als Täter werden insbesondere bekannte Gleichaltrige benannt,
Betreuer in Einrichtungen spielen als Täter eine eher
untergeordnete Rolle (vgl. DJI, 2011)
 Stärker Berücksichtigung von sexueller Gewalt unter
Gleichaltrigen bei Präventions- und Schutzkonzepten
Dr. Marc Allroggen
5. Zusammenfassung der Ergebnisse
Sexuell aggressives Verhalten mit Alkohol- und Drogenmissbrauch
und allgemein aggressivem Verhalten assoziiert
 Berücksichtigung externalisierender Verhaltensauffälligkeiten bei
der Entwicklung von Präventions- und Schutzkonzepten
Jugendliche, die sowohl Täter als auch Opfer sexueller Gewalt sind,
zeigen weniger psychopathologische Auffälligkeiten als
ausschließliche Opfer sexueller Gewalt
Dr. Marc Allroggen
5. Implikationen für Prävention und Schutzkonzepte
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Ausweitung diagnostischer, therapeutischer und beratender Angebote für Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe und Internate
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Schulung pädagogischer Mitarbeiter in Bezug auf Umgang mit sexueller Gewalt und traumatisierten Jugendlichen
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Stärkere Berücksichtigung sexueller Gewalt unter Gleichaltrigen in Präventions‐ und Schutzkonzepte
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Stärkere Berücksichtigung sexueller Belästigung bei der Prävention als möglicher Indikator/Prädiktor für sexuelle Gewalt
Dr. Marc Allroggen
5. Implikationen für Prävention und Schutzkonzepte Arbeitshilfe
Dr. Marc Allroggen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
marc.allroggen@uniklinik‐ulm.de
Dr. Marc Allroggen