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The Advisor | Der Jurist
RECHT
Ersatzvornahme bei mangelhafter
Arbeit des Unternehmers
Leistet der Unternehmer mangelhafte Arbeit, verliert der Besteller oft
sehr schnell die Geduld, entzieht dem Unternehmer den Auftrag und
beauftragt einen Dritten mit der Werkerstellung. Das kann gefährlich
werden, wenn dabei bestimmte Regeln nicht eingehalten werden (Bundesgericht in 4A_511/2014).
Sachverhalt
Im Februar 2008 schlossen ein Plattenleger und ein Bauherr einen
Werkvertrag ab. Gegenstand des Vertrages war die Verlegung von
etwa 16‘000 m2 Bodenplatten für pauschal Fr. 944‘190. Im November
2008 waren die Arbeiten beendet. Der Plattenleger stellte die Schlussrechnung, welche in der Folge bezahlt wurde. Wenige Monate später
traten beim Bodenbelag Schäden auf. Das Schadensbild wurde durch
einen Experten festgehalten. Im Mai 2009 forderte der Auftraggeber
vom Plattenleger einen „Massnahmenkatalog für die Beseitigung der
Schäden“ sowie eine „Offerte für die vorgeschlagenen Massnahmen“.
Im Juni 2009 rügte der Auftraggeber die Qualität der Arbeit (zu geringe
Dicke des Bodens, ungenügende Verfüllung). Zudem wurde eine letzte Frist gesetzt, um konkrete Sanierungsmassnahmen, einen Zeitplan
und die notwendigen Kosten mitzuteilen. Der Plattenleger teilte in der
Folge seinen Sanierungsvorschlag mit und begann auch mit der vorgeschlagenen Sanierung. Im April 2010 teilte der Auftraggeber dem
Plattenleger mit, dass er ihm den Auftrag entziehe, die Sanierung durch
ein Drittunternehmen ausführen würde und dem Plattenleger die anfallenden Kosten in Rechnung stelle (Ersatzvornahme).
Mangelhaftigkeit des Werkes
Zunächst war zu entscheiden, ob tatsächlich ein Werkmangel vorlag.
Ein Mangel liegt bei einer Abweichung vom Vertrag vor. Entweder liegt
eine vertraglich vereinbarte oder zugesicherte Eigenschaft nicht vor.
Oder es fehlt eine Eigenschaft, die der Bauherr auch ohne besondere
Vereinbarung nach Treu und Glauben erwarten darf. Im vorliegenden
Fall lag keine besondere Vereinbarung oder Zusicherung vor, weshalb
die nach Treu und Glauben zu erwartenden Eigenschaften zu ermitteln
waren. Dafür stützte sich das Gericht auf eine SIA-Norm und das Datenblatt des Lieferanten. Auf dieser Grundlage wurde der Mangel (zu
geringe Dicke des Belages) bejaht.
Recht auf Nachbesserung. Der Bauherr darf in solchen Fällen erst dann
vom Vertrag zurücktreten und eine Ersatzvornahme durchführen, wenn
eine angemessene Frist für die Nachbesserung gesetzt und abgelaufen
ist, ohne dass die Nachbesserung vorgenommen wird. Ausnahmsweise
muss die Nachbesserungsfrist nicht abgewartet werden. Das gilt dann,
wenn sich der Unternehmer ausdrücklich weigert, die Nachbesserung
durchzuführen. Das gleiche gilt auch, wenn der Unternehmer offensichtlich unfähig ist, die Nachbesserung vorzunehmen. Die Nachbesserung kann zudem erst nach erfolgter Mängelrüge verlangt werden.
Schweigt der Unternehmer auf eine Aufforderung des Bauherrn, so
stellt dies noch keine ausdrückliche Weigerung dar.
Im vorliegenden Fall hat der Bauherr die Nachbesserung zu wenig konsequent verlangt, weshalb der Sachverhalt viele Fragen offen liess. Das
Bundesgericht musste den Fall an die Vorinstanz zurückweisen.
Konzentration auf das vertraglich vereinbarte Werk
Nachbesserung kann sich nur auf das vertraglich vereinbarte Werk
beziehen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann die Erstellung
eines neuen Werkes verlangt werden. Wird ein neues, d.h. anderes Werk
gefordert und dafür eine Nachfrist gesetzt, so wird damit regelmässig
eben keine Nachbesserung im obigen Sinne gefordert. Entsprechend
kann nach Ablauf der Frist auch nicht vom Vertrag zurückgetreten
werden. Wird trotzdem zur Ersatzvornahme geschritten, verwirkt der
Bauherr seine Ansprüche gegenüber dem Unternehmer.
Fazit
Wer wegen mangelhafter Leistung des Unternehmers vom abgeschlossenen Werkvertrag zurücktreten und Ersatzvornahme durch einen Dritten fordern will, hat zuerst Mängelrüge zu erheben, dann eine
angemessene Nachfrist zur Nachbesserung des vereinbarten Werkes zu
setzen und schliesslich vom Vertrag zurückzutreten. Eine ausdrückliche
Weigerung des Unternehmers ist nicht leichthin anzunehmen. Ein konsequentes Vorgehen drängt sich auf.
Mängelrüge
Aufgetretene Mängel sind innerhalb der Garantiefrist zu rügen. Die
Rüge muss sachgerecht substanziert, die Mängel genau angeben und
zum Ausdruck bringen, dass das Werk als nicht vertragskonform betrachtet und der Unternehmer dafür verantwortlich gemacht würde.
Auch diese Voraussetzung war vorliegend erfüllt.
Nachbesserungsrecht
Da ein SIA-Vertrag abgeschlossen wurde, hatte der Unternehmer das
the investor | 15.05.2015
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