197.002 Gender Studies aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie (Ausschnitte) Die Gender Studies (selten dt. die Frauen- und Geschlechterforschung) sind ein heterogenes Feld, in der es um die wissenschaftliche Analyse der Erzeugung, der Relevanz, der Geschichte und der Praxis der Geschlechterdifferenz geht. Eine Richtung der Gender Studies beschäftigt sich mit den Unterschieden zwischen den sozial und kulturell konstruierten Geschlechtern. Eine andere und weiter verbreitete Richtung beschäftigt sich mit Prozessen der Unterscheidung von solchen Geschlechtern, die dazu führen, dass uns sozial meistens zwei Geschlechtsausprägungen gegenübertreten. Die Geschlechterforschung ist sowohl Kultur- als auch Sozialwissenschaft, wird aber auch zunehmend in den Naturwissenschaften integriert. Sie ist immer interdisziplinär. Vor allem in den Sozialwissenschaften werden in den Gender Studies die Beziehungen der Geschlechter untereinander untersucht. „Geschlecht“ wird in diesem Zusammenhang als soziokulturelle Konstruktion verstanden (gender), die auch die Dimension Sexualität (sex) berücksichtigen muss. Gender ist also nicht das biologische Geschlecht. Gründe: Im wesentlichen gab es vier Gründe, Gender als eigenständige wissenschaftliche Kategorie zu etablieren. 1) Die Idee (oder auch Ideologie) einer universalen, ahistorischen Geschlechterdifferenz, die „natürlich“ gegeben sei, wurde zunächst politisch kritisiert (Zweite Frauenbewegung) und dann auch wissenschaftlich untersucht. Die Annahme, dass aus einer eventuellen natürlichen Geschlechterdifferenz auch spezifische Rollen, Fähigkeiten und Aufgaben abzuleiten sind, wurde damit auch kritisiert. Es sollte eine Abgrenzung von biologischen Geschlechtern und der gesellschaftlichen Zuordnung von Geschlechter-Rollen stattfinden. 2) Die Struktur von Beziehungen der Geschlechter mit anderen kulturellen Zusammenhängen und gesellschaftlichen Organisationsformen sollte erforscht werden. 3) Die Machtverhältnisse, denen eine Zuordnung in „männlich“ und „weiblich“ folgt, sollten analysiert werden. 4) Der Prozess des Unterscheidens zwischen Geschlechtern sowie seine Hintergründe und Auswirkungen sollte mitbedacht werden. Geschichte Die Gender Studies entwickelten sich aus den Women's Studies, die ca. 1970 in einige US-amerikanische Universitäten entstanden. Die Women's Studies beschäftigten sich allein mit der wissenschaftlichen Betrachtung von Frauen in einer von Männern dominierten Gesellschaft (vgl. „Weiblichkeit“) - dies allerdings zum ersten Mal aus feministischer Sicht. Unter anderem Virginia Price sah ein Defizit in dem Umstand, dass bisher zwar viel über Frauen geforscht worden war, allerdings immer nur von männlichen Wissenschaftlern und Autoren. Die Women's Studies sollten nun weibliche Lebenserfahrung sozialer und kultureller Realität als Grundlage der Wissenschaft nutzen. Der Unterschied zwischen der männlichen Sicht auf Frauen und der weiblich erfahrenen Realität sollte erörtert werden, und die männlich dominierten Theorien sollten revidiert werden. Einerseits sollte gezeigt werden, dass Männer und Frauen gleich und damit gleichberechtigt seien, andererseits wurde darauf beharrt, dass es eine eigene „Frauenkultur“ gäbe. In der Unvereinbarkeit dieser beiden Ansätze stießen die Women's Studies an ihre eigenen Grenzen. Aus diesem Dilemma entwickelten sich ca. 1975 die Gender Studies. Vorerst sollten die Unterschiede und Beziehungen von biologischem und sozio-kulturellem Geschlecht untersucht werden. Dabei wurde „Geschlecht“ nicht primär als individuelle Eigenschaft betrachtet, sondern als soziales Verhältnis einer politisch und historisch gewachsenen Gesellschaftsstruktur. Das Geschlechterverhältnis stand also im Mittelpunkt. Mitte der 1980er Jahre entstand auch im deutschsprachigen Raum die Geschlechterforschung als eigene Disziplin. Durch die Beschäftigung mit den Geschlechtsrollen, besonders auch in der wissenschaftlichen Forschung, stellt sie eine Form der Wissenschaftskritik (s. Ideologiekritik sowie Kritische Theorie) dar. Sie nutzt in diesem Zusammenhang unterschiedliche wissenschaftliche und analytische Methoden, die je nach Forschungsobjekt variieren. Die Geschlechterforschung integriert verschiedene separate Diskurse. Es ist einerseits die Richtung der Matriarchatsforschung zu verzeichnen, daneben gibt es konstruktivistisch orientierte Ansätze und praxisorientierte Forschungsansätze, die die Praxis in sozialen und internationalen Kontexten wissenschaftlich zu fundieren versuchen. Die vorherrschende Grundlage moderner Diskurse und Wissenssysteme, nämlich dass durch das biologische Geschlecht auch eine natürliche soziale Trennung der Geschlechter erfolgt, wird in den Gender Studies abgelehnt. Man geht vielmehr davon aus, dass das Geschlecht konstruiert wird durch soziale und kulturelle Praktiken und Strukturen. Es besteht also kein kausaler Zusammenhang zwischen dem biologischen Geschlecht und der Rolle in der Gesellschaft. Während das biologische Geschlecht in der Regel feststeht, ist Gender dementsprechend variabel und veränderbar. Wichtige Themen der Gender Studies sind: soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern (systematische Benachteiligung im Beruf und in Sozialpolitik usw. wegen des Geschlechts) soziale Stellung der Geschlechter innerhalb der Gesellschaft (Patriarchat, Matriarchat, Frauenwahlrecht) vergeschlechtlichte Arbeitsteilung als Gesellschaftsstruktur (etwa durch die kapitalistische Unterscheidung von Produktion und Reproduktion) Praxen der Erzeugung der Geschlechterdifferenz („doing gender“) Mediale Präsentationen und Repräsentationen von Geschlecht, z. B. in Film, Literatur, Kunst, Werbung usw. Verschränkung der Differenzachsen Geschlecht, Klasse (oder Schicht, Milieu usw.), Ethnizität/Race, Sexualität. Geschlechterpädagogik Queer-Theorie
© Copyright 2024 ExpyDoc