Literatur JETZT im Österreich des 21. Jahrhunderts Symposion, Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, 17. – 19. März 2016 CALL FOR PAPERS Veranstalter: Robert Musil-Institut für Literaturforschung (Edith Bernhofer, Walter Fanta, Fabjan Hafner) in Kooperation mit dem Institut für Germanistik (Arno Rußegger) Zumeldungen: bis 01. September 2015 an [email protected] Die wissenschaftliche Fachtagung stellt eine Momentaufnahme der Gegenwartsliteratur in Österreich auf der Grundlage eines erweiterten Literaturbegriffs und mit einem interdisziplinären Forschungsansatz ins Zentrum. Zur Teilnahme eingeladen sind LiteraturwissenschaftlerInnen, KomparatistInnen, Buch- und MedienwissenschaftlerInnen, LiteratursoziologInnen und LiteraturdidaktikerInnen. In exemplarischer Weise wird dabei von drei AutorInnen ausgegangen – Lilian Faschinger, Arno Geiger und Clemens J. Setz, von ihrem Œuvre und von ihrer Rolle im literarischen Feld. Mit unserem Call for Papers verbinden wir den Anreiz, neue Forschungsvorhaben zu den Fragestellungen der einzelnen unten angeführten Sektionen (I-IV) zu initiieren. Wir gehen von zwanzig ReferentInnen aus, vier pro Sektion, mit jeweils 30-MinutenFachvorträgen und anschließend 15 Minuten Diskussion. Die Veröffentlichung eines Tagungsbands mit den gesammelten Resultaten ist vorgesehen. SEKTION I Donnerstag, 17. März, Nachmittag Im Licht der Literaturwissenschaft Will die Literaturwissenschaft überhaupt mit der Entwicklung der Literatur Schritt halten? Wagt sie es endlich, den seit Generationen gewahrten Sicherheitsabstand zur Gegenwart aufzugeben? Das Paradigma einer österreichischen Nationalliteratur, wie es in den 1970-er Jahren ausformuliert wurde, hat seine Geltung verloren; innerhalb der gegenwärtigen Literatur in Österreich spiegeln sich Reaktionen auf neue gesellschaftliche Diskurse und eine geänderte kulturelle/mediale Situation. Welche ‚österreichischen Traditionen‘ lassen sich erkennen, die möglicherweise dennoch nachwirken? Welche Epochenverschiebungen zeichnen sich seit Jahrhundertbeginn ab? Können neue Richtungen, Strömungen benannt werden? Wie prägend ist der Trend zur EntFiktionalisierung, zur dokumentarischen Literatur? Werden herkömmliche literarische Gattungen durch neue Genres übernommen, z. B. die Lyrik durch ‚Poetry slam‘? Gibt es überhaupt noch Reste ‚nationaler Eigenständigkeit‘ angesichts der internationalen medialen Vernetzung? Wie ist die offensichtlich bedeutende Rolle von MigrantInnen-AutorInnen zu bewerten? Inwiefern zeigt sich daran, dass Literatur an den gesellschaftlichen Bruchlinien und Rändern entsteht? SEKTION II Freitag, 18. März, Vormittag Im Blickwinkel der Produktion Wie spielt sich der Schreibprozess der GegenwartsautorInnen ab? Welche Schlüsse lassen sich aus den Vorlässen der Literaturarchive auf den Schreibmedienwechsel ziehen: Hat das Manuskript als Quelle für textgenetische Fragestellungen ausgedient, sind Computerausdruck, elektronische Datei wirklich Ersatz, hinterlässt das Schreiben am PC keine auswertbaren Spuren mehr? Welche Rolle spielen alte und neue Kooperationsformen beim Schreiben: Welche Veränderungen sind in der Kommunikation zwischen AutorIn und Verlag eingetreten, hat sich nicht auch das Lektorat unter dem Einfluss der neuen Schreibmedien gewandelt, welche Funktion haben das Internet und Soziale Medien beim Schreiben? Welchen Einfluss nehmen die literaturfördernden Institutionen auf die Produktion, Preise, Stipendien, usw.? Welche Rolle schließlich spielen der bildungssoziologische Hintergrund und die Ausbildung? SEKTION III Freitag, 18. März, Nachmittag Die Rolle der Literaturkritik und weiterer Vermittlungsinstanzen Hat die herkömmliche Literaturkritik nicht schon längst ihre Berechtigung verloren? Ist sie zum verlängerten Arm der Marketingabteilungen der Großverlage verkommen? Oder hat sie, ganz im Gegenteil, als neue Vermittlungsinstanz in Print, Funk, Fernsehen und den Neuen Medien sogar an Bedeutung und Einfluss gewonnen? Wie verändern die neuen Möglichkeiten und Formen der Literaturvermittlung die Texte und deren öffentliche Wahrnehmung? Machen Literaturveranstaltungen LeserInnen? Durch die fortschreitende Virtualisierung gewinnen Begegnungen mit AutorInnen an Reiz und Gewicht. Die neuen Vermittlungsmöglichkeiten beeinflussen die Texte, die dadurch auch andere Bedürfnisse bedienen und stillen können, die wiederum auf die Veranstaltungsformate prägend und nachhaltig Einfluss nehmen. SEKTION IV Samstag, 19. März, Vormittag Die neue Literatur und Ihre Leserinnen Wer liest heute was, wie und warum? Welche Erwartungen knüpfen Lesende heute an Bücher: Vergnügen, Genuss, Entspannung, Schauder, Abdriften in Gegenwelten? Hat die Gegenwartsliteratur überhaupt etwas Relevantes zu unser aller Gegenwart zu sagen? Wird die Literatur nicht zusehends zum Reservat der Wertkonservativen? Die Literatur muss gegenwärtig sein, um hier und jetzt zu den Lesenden zu sprechen. Die jüngste LeserInnengeneration ist in besonderer Weise gefordert: Noch nie stand so eine Fülle an Büchern zur Verfügung, gleichzeitig sehen sie sich einem medialen Überangebot ausgesetzt, das in Konkurrenz zum Lesen tritt. Lesebiographien schlittern meist in der Mitte des zweiten Lebensjahrzehnts in eine Krise. „Macht der Literaturkanon die Liebe zur Literatur kaputt?“ (Vea Kaiser) Gängelung und Bevormundung durch Institutionen und Instanzen vergällen den Lesegenuss. Führt Pflichtlektüre nicht geradewegs zum Gegenteil des angestrebten Effekts? Was kann Abhilfe schaffen? – „Nicht Literatur lehren. Sondern Literatur lieben lehren.“ (Vea Kaiser) Welche Wege können, müssen und dürfen beschritten werden? SEKTION V Samstag, 19. März, Nachmittag Kinder- und Jugendliteratur Die wissenschaftliche Erforschung der Kinder- und Jugendliteratur hat seit 1945 kontinuierlich an Intensität und methodischer Akribie zugenommen. Dennoch gilt der Bereich nach wie vor als ein besonderes Spartenphänomen, ohne recht in die allgemeine Literaturwissenschaft integriert zu sein. So gibt es mittlerweile zwar einschlägig ausgewiesene ExpertInnen, doch bleiben sie auf Tagungen bzw. in Fachpublikationen meist unter sich. Auch auf Seiten der Verlage und im Literaturbetrieb spiegelt sich dasselbe Bild: Vor allem die Kinderliteratur richte sich eben an bestimmte Adressaten, mit der ‚eigentlichen‘ Literatur für Erwachsene habe sie aber praktisch nichts zu tun; der etablierte Literaturbegriff sei davon gar nicht betroffen. Der Begriff Kinderliteratur wird hier in einem weiten Sinn verstanden, als symptomatischer Ausdruck für kinderkulturelle Erzeugnisse in den unterschiedlichsten Medien. Beiträge mit Film- oder Hörspielbezug sind daher ebenso willkommen wie die Reflexion von virtuellen Präsentationsformen im Internet. Vor diesem Hintergrund möchten die Veranstalter des Klagenfurter Symposions einen anderen Weg beschreiten und den Fokus auf aktuelle Fragestellungen der Kinderliteratur österreichischer Provenienz legen: Inwiefern nimmt sie Anteil an Diskursen von gesellschaftspolitischer bzw. soziokultureller Relevanz? Behandelt sie Fragen veränderter Familienstrukturen bzw. neuer Konstellationen des Zusammenlebens, die Gender- oder Bildungsdebatte, Migrations- oder Drogenprobleme? Welche Positionen sind in diesen Zusammenhängen bereits in der Kinderliteratur erkennbar? Stellt sie sich den gegenwärtigen Herausforderungen? Mit welchen Darstellungsmitteln? Oder ist immer noch eine dominante pädagogische Funktionalisierung festzustellen?
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