Anlauf für Arbeitszeiten

22.07.2015
Wiener Zeitung
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: 57.000 (0%) | Artikelumfang: 77.234 mm²
Seite: 1, 9, 10
1/3
Thema: Institut für höhere Studien IHS
Autor: k.A.
Neuer
Anlauf für
flexiblere
Arbeitszeiten
IHS-Studie: Über-50-Jährige werden nicht
wegen Senioritätsprinzips arbeitslos.
Wien. Die Arbeitslosigkeit steigt
und steigt. Ende Juni waren in Osterreich bereits fast 382.000 Menschen ohne Job - ein Rekordwert.
Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sind jetzt Konzepte gefragt.
Die Bundesregierung will deshalb
einen eigenen Arbeitsmarktgipfel
abhalten, der ursprünglich schon
für Anfang Juli geplant war, nun
aber nach der Sommerpause für
Anfang September angesetzt wur-
terer habe demnach weniger mit
dem Senioritätsprinzip (steigendes Einkommen mit höherem Alter) zu tun, sondern mehr mit der
Bevölkerungsentwicklung, denn
derzeit seien viele Beschäftigte älter als 50 Jahre.
Arbeitszeiten - Seite 9
Senioritätsprinzip - Seite 10
Mindestsicherung - Seite 10
Digitale Arbeit - Seite 25
de.
Dabei wird es auch um eine
weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten gehen. ÖVP und Wirtschaftskammer fordern das schon
länger. Der Gewerkschaftsbund
steht diesem Thema allerdings
kritisch gegenüber und hat am
Dienstag seine ablehnende Haltung bekräftigt. Österreich gehöre
bereits zu den Ländern mit dem
flexibelsten Arbeitsmarkt", erklärte ÖGB-Chef Erich Foglar im
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag
ORF-Fernsehen. Die Gewerkschaft
drängt ihrerseits auf einen Überstunden-Euro, eine reduzierte
Normalarbeitszeit und einen
leichteren Zugang zur sechsten
Urlaubswoche. Die Fronten in Arbeitsmarktfragen gelten zwischen
den Sozialpartnern als verhärtet.
Unterdessen lässt eine Studie
des Instituts für Höhere Studien
(IHS), die Sozialminister Rudolf
Hundstorfer am Dienstag präsentiert hat, aufhorchen. Die stark
zunehmende Arbeitslosigkeit ÄlPresseclipping erstellt am 22.07.2015 für Institut für höhere Studien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
© CLIP Mediaservice 2015 - www.clip.at
22.07.2015
Wiener Zeitung
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: 57.000 (0%) | Artikelumfang: 77.234 mm²
Seite: 1, 9, 10
2/3
Thema: Institut für höhere Studien IHS
Autor: k.A.
Suche nach Rezepten
Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit wird die Regierung auch
das Thema flexiblere Arbeitszeiten auf ihre Agenda setzen.
Von Karl Leban
willige Vorsorgekonto macht Do-
Wien. Ende Juni waren hierzulan-
ka seinen Mitarbeitern mit Zu-
de knapp 382.000 Menschen ohne Job. Die Arbeitslosigkeit steigt
und steigt. Ein Arbeitsmarktgipfel
der Regierung ist seit Langem geplant, soll nun allerdings erst Anfang September stattfinden. Dabei
wird es unter anderem auch um
das von Gewerkschaftern vielfach
kritisch gesehene Thema flexiblere Arbeitszeiten gehen, wie zu hören ist. Mit flexibleren Arbeitszeiten könnten Unternehmen Auftragsschwankungen besser abfedern - ohne zu Personalabbau gezwungen zu sein.
Da und dort gibt es in der hiesigen Wirtschaftswelt bereits entsprechende Arbeitsmodelle, aber
nur auf freiwilliger Basis. Bei dem
zur Umdasch-Gruppe gehörenden
Schalungstechnik-Spezialisten Doka etwa werden in produktionsin-
tensiven Zeiten die Überstunden
der Mitarbeiter im Werk in Amstetten (Niederösterreich) auf einem Vorsorgekonto" gesammelt
In schlechten Zeiten kann Doka
die Mitarbeiter verpflichten, ihre
Überstunden abzubauen. Die Regelung gilt seit März.
Die Mitarbeiter können sich ihren Überstundenzuschlag ausbezahlen oder am Konto gutschrei-
ben lassen. Erklärtes Ziel ist es,
in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein Jahr lang eine Drei-TageWoche fahren zu können. Dieses
Instrument ermöglicht, ProduktiAnfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag
onsspitzen in beide Richtungen
abzufedern und flexibel auf kurzfristige Schwankungen reagieren
zu können", heißt es bei Doka.
Das Geschäft der Firma unterliegt
traditionell starken Schwankungen in der Baubranche.
Kurzarbeit nur im
Fall einer Krise möglich
Die Überstunden pro Mitarbeiter
sind per Betriebsvereinbarung auf
680 Stunden begrenzt. Das frei-
ckerin" schmackhaft: Beim Start
erhalten sie eine Bonusgutschrift
von 38,5 Stunden, außerdem sind
im Rahmen eines Erfolgsbeteiligungsmodells eineinhalb Monatslöhne als Jahresprämie möglich.
Kurzarbeit wäre ebenfalls ein
Instrument, um Menschen in Beschäftigung zu halten. Dabei handelt es sich um eine zunächst auf
sechs Monate befristete Herabsetzung der Normalarbeitszeit auf
Ein weiteres Instrument, bei dem
es im Kampf gegen steigende Arbeitslosigkeit um kürzere Arbeitszeiten geht, ist das sogenannte
Solidaritätsprämienmodell (SoliModell). Der Grundgedanke dieses 2001 vom Sozialministerium
ins Leben gerufenen Modells: Wer
Arbeit hat und bereit ist, kürzer
zu arbeiten, kann dadurch andere
Arbeitsplätze sichern oder dazu
beitragen, dass neue geschaffen
werden.
Basis einer arbeits- und lohn-
Ein Beispiel: Verdient ein Beschäftigter vorher monatlich 2000
rechtlichen Vereinbarung, die mit
den Sozialpartnern getroffen werden muss. Für jede ausgefallene
Euro und reduziert sich sein Gehalt durch die Arbeitszeitverkürzung auf 1500 Euro, zahlt das
Stunde erhalten die betroffenen
AMS 50 Prozent der Differenz, also 250 Euro, als Prämie dazu. Au-
Arbeitnehmer vom Arbeitsmarktservice (AMS) eine Kurzarbeitsunterstützung.
Voraussetzung für Kurzarbeit
ist freilich, dass ein Unternehmen
vorübergehend - nicht saisonbedingt - wirtschaftliche Probleme
hat. Es muss also Feuer am Dach
sein (zum Beispiel aufgrund eines
Auftrags einbruchs).
Während der weltweiten Wirtschaftskrise 2008/09 setzten viele heimische Firmen ihre Beschäftigten vorübergehend auf Kurzar-
beit, wodurch sich der Anstieg
der Arbeitslosigkeit damals weitgehend in Grenzen hielt. Von einer allgemeinen Wirtschaftskrise,
von der sämtliche Branchen erfasst sind, kann derzeit aber keine Rede sein - trotz der aktuellen
Konjunkturflaute.
Deshalb ist Kurzarbeit, die bei
den Behörden beantragt werden
muss, nach geltender Gesetzeslage nur in Einzelfällen gerechtfertigt. Das untermauern auch jüngste Zahlen des AMS: Ende Mai waren in Österreich gerade einmal
1184 Arbeitnehmer in 15 Betrieben auf Kurzarbeit gesetzt.
Soli-Modell wäre wirksam,
wird aber kaum angenommen
Presseclipping erstellt am 22.07.2015 für Institut für höhere Studien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
ßerdem übernimmt es die Differenz der Dienstgeber- und Dienst-
nehmerbeiträge zur Sozialversicherung, da der Arbeitgeber verpflichtet ist, weiter die vollen Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Das Arbeitsmarktservice gewährt die Beihilfen befristet - für
bis zu zwei Jahre.
Aufseiten des AMS würde man
sich wünschen, dass mehr Firmen
auf das Soli-Modell zurückgreifen.
Besonders verbreitet" ist es jedenfalls nicht: Laut AMS waren
im Vorjahr nur 1267 Personen
vom Soli-Modell betroffen, in den
ersten fünf Monaten 2015 waren
es mit 765 noch weniger.
Der Linzer Stahlkonzern Voest-
alpine nutzt das Solidaritätsprämienmodell indes immer wieder
- seit mehr als einem Jahrzehnt.
Eingesetzt wird es im Regelfall,
um älteren Mitarbeitern, die im
Schichtbetrieb arbeiten, nach Jah-
ren der Belastung den Umstieg
auf weniger anstrengende Teilzeit
zu ermöglichen. Laut Voestalpine
zufolge arbeiten seit Nutzung des
Soli-Modells mittlerweile mehr als
1500 Beschäftigte in einem Teilzeitverhältnis Dadurch hätten gut
200 Jobsuchende einen nachhal© CLIP Mediaservice 2015 - www.clip.at
22.07.2015
Wiener Zeitung
Erscheinungsland: Österreich | Auflage: 22.000 | Reichweite: 57.000 (0%) | Artikelumfang: 77.234 mm²
Seite: 1, 9, 10
3/3
Thema: Institut für höhere Studien IHS
Autor: k.A.
tigen Arbeitsplatz" erhalten, heiBt
es aus dem Konzern.
Weitere Berichte - Seite 10
Die Voestalpine nutzt das
Solidarittspr;imienmodell
des AMS immer wieder,
um fdteren Schichtarbeitern
den Umstieg auf ein weniger
anstrengendes Tellzeitverhltnis
zu ermilglichen. Das gibt dem
Konzern Luft, danelben neue
Arlbeitspititze zu schaffen.
Foto: apa/Hans-Kiaus Techt
Arbeitslosigkeit
Alterer nicht wegen
zu hoher Gehlter
eingegliedert, 4683 Alteren wurde eine BeschUtigung im zweiten
Arbeitsmarkt erm6glicht. Solche
Lohnsubventionen, die zu neuer
Kollektivvertn'rigen nur sehr ge-
Beschkligung fhren, seien we-
Wien. Die stark zunehmende Arbeitslosigkeit .P;Iterer hat weniger
mit dem Senioritksprinzip" (siehe unten) zu tun, sondern mehr
mit der BevIkerungsentwicklung, weil viele Beschgtigte iiber
sentlich besser als der Bezug von
Sozialleistungen, so Hundstorfer.
Ein Viertel der unselbstiindig
Beschiiftigten ist iiber 50
die Arbeitslosigkeit also nicht an
einer hiiheren Entlohnung iklterer
liegen, hieB es. Nichtsdestotrotz
ist die Industriellenvereinigung
ftir den Abbau der Senioritksregelungen.
50 Jahre alt sind. Zu diesem
Schluss kommt das Institut fr
116here Studien (II1S) in einer Studie, die Sozialminister Rudolf
Hundstorfer prisentierte.
Diese entkrkle die Behauptung,
Anfragen für weitere Nutzungsrechte an den Verlag
dass das Senioritksprinzip, also
eine bessere Bezahlung nach
gerer BeschUtigung, fr die Arbeitslosigkeit :41terer verantwortlich sei, so Hundstorfer. Er setze
auf eine Ausweitung der Unter-
sttzung Mterer - etwa durch BildungsmaBnahmen, spezielle Beratung, Qualifizierungsf6rderung
und Arbeitsstiftungen. Daftir werden von 2015 bis 2017 insgesamt
720 Millionen Euro bereitgestellt.
Mit BeschUtigungsbeihilfen wurden inn ersten Halbjahr 9896 Personen in den ersten Arbeitsmarkt
ringe Lohnsteigerungen. Arbeiter
stellen aber rund 70 Prozent aller
Iteren Arbeitslosen. Hier knne
ilterreich sind 25 Prozent der
unselbstndig BeschUtigten Uber
In
50 Jahre alt. Die Zahl der Arbeits-
losen dieser Altersgruppe ist im
Vorjahresvergleich um mehr als
16 Prozent gestiegen. Die durchschnittliche Verweildauer in Arbeitslosigkeit ist bei Mteren mit
152 Tagen deutlich hher als insgesamt mit 119 Tagen. 1)as heiBt,
Mtere finden spker wieder einen
neuen Job.
Die IHS-Experten haben sich
die Seniorithtsbestimmungen im
privaten Sektor angeschaut und
die 30 wichtigsten Kollektivvertr?cige aus sieben Branchen anaIysiert. Dabei fanden sie erhebliche
Unterschiede in der Ausprgung
der Regelungen, die im wesentlichen nur bei Angestellten existieren. Bei Arbeitern gibt es in den
Presseclipping erstellt am 22.07.2015 für Institut für höhere Studien zum eigenen Gebrauch nach §42a UrhG.
© CLIP Mediaservice 2015 - www.clip.at