meinung 3 htr hotel revue Nr. 26 / 25. Juni 2015 «Das stimmt für mich gar nicht» Christa Augsburger, neue Direktorin der Hotelfachschule Lu zern, stört sich an der finanziellen Ungleich behandlung von Uni und Höherer Fach schule. Eine HF wie eine Uni will sie aber nicht. «Es scheint so zu sein, dass man sich eine gute Ausbildung auch etwas kosten lässt.» PHILIPPE PASCHE * I m Zeitalter der Sharingund Internet-Economy taucht das Stichwort Crowdfunding immer öfter auf. Historisch betrachtet ist das finanzielle Engagement von Stammkunden und Liebhabern kein Novum in einer Branche mit emotionaler Bindung zur Kundschaft. Der aktuelle Zeitgeist – geprägt durch Entwicklungen bei den Kundenerwartungen sowie technische Fortschritte – eröffnet neue Perspektiven. Die Verschärfung beim Zugang zu Bankfinanzierungen ist natürlich auch ein GUDRUN SCHLENCZEK Christa Augsburger, Sie leiten ab 1. Juli als erste Frau die Hotelfachschule Luzern (SHL): Was heisst das für Sie? Ich bin stolz, dass ich das Rennen gemacht habe unter so vielen Bewerbern, gerade auch als Frau. Viele Ehemalige der Schule haben mir gratuliert, für viele steht meine Besetzung für die Hoffnung, dass Frausein und Karriere kein Widerspruch ist: Ich habe selbst zwei Töchter im Teenageralter, muss also Familie und anspruchsvollen Job unter einen Hut bringen. «Crowdfunding bietet Finanzierungspotenzial für einen Teil der Hotellerie.» Seit acht Jahren unterrichten Sie das, geändert hat sich aber kaum was. Die Muster sind festgefahren. Dazu kommt die tiefe Marge in der Hotellerie, die Risikobereitschaft für Experimente ist entsprechend klein. Zweimal eine halbe Stelle ist teurer als eine ganze. Aber die so Angestellten sind auch motivierter. Entgegen kommt der nötigen Entwicklung die Y-Generation, für die Work-Life-Balance zentral ist. Mit der Zimmerstunde können Sie diese Generation als Arbeitgeber nicht für sich gewinnen. Christa Augsburger will dort Frauen fördern, wo sie selber Chefin ist: an der Hotelfachschule Luzern. Höhere Fachschulen (HF) im Tourismus registrierten im Zuge des Bachelor-Hypes massiven Schülerschwund. Wie sieht das für Ihre Hotelfachschule aus? Wir haben seit Jahren konstante Schülerzahlen, trotz tendenziell schrumpfenden Klassengrössen an den Berufsschulen. Knapp jeder Dritte bringt bei uns Matura mit. Eine Höhere Fachschule tut gut daran, das zu verkaufen, was sie unterscheidet. Viele möchten nach der Matura nicht im Hörsaal sitzen, unsere Ausbildung bietet genau die richtige Mischung aus Theorie und Praxis. Möchten Sie Frauenkarrieren verstärkt fördern? Ich prüfe gerade eine Offerte für ein Unterrichtsmodul «Leadership für Frauen». Ich bedaure, dass Zur Person Künftige nicht mehr Frauen Kaderpositionen in der Direktorin fängt Hotellerie besetzen. 50 mit Neubau an Prozent unserer Studierenden sind Christa Augsburger arbeitet Frauen, viele wandern seit 18 Jahren an der Hotelfür eine Führungsposi- fachschule Luzern SHL. Die tion in verwandte oder 46-jährige zweifache Mutter ist dort momentan Leiterin andere Branchen ab. Ausbildung. Ab dem 1. Juli obliegt ihr die GesamtverantDie Abwanderung ist wortung für die unter der ja kein reines Trägerschaft der Union Frauenphänomen. Helvetia stehende HotelfachVon unseren Abgänschule. Augsburger startet gern sind nach fünf ihren Chefposten in einer Jahren noch 50 Probewegten Zeit: Nicht nur, dass zent in der Branche. sich die finanzielle Basis im Natürlich wäre es Zuge der HFSV (siehe Interschön, wenn mehr in view) geändert hat, die SHL der Hotellerie blieben. plant einen Neubau am Andererseits sehe ich Standort des ehemaligen das auch als KompliPersonalhauses des «Palace» in ment an unsere AusLuzern. Das Projekt ist bei der bildung: Mich freut, Stadt eingegeben: Geht alles dass auf dem Arbeitsgut, wird im Schuljahr 2018/19 markt die von uns bereits in den neuen Räumlichvermittelten Kompekeiten unterrichtet. tenzen gefragt sind. Und das scheinen sich Eltern und Studierende auch etwas kosten zu lassen: Fast 6000 Franken pro Semester kostet die – bereits subventionierte – Ausbildung an der SHL inklusive Verpflegung. Das ist deutlich teurer als ein Bachelor-Studium. Da gebe ich Ihnen völlig Recht. Für mich ist dieser Kostenunterschied eine absolute Ungerechtigkeit. Studierende an der Uni können zudem ein Semester mehrfach wiederholen, an der Höheren Fachschule wird keine Semesterwiederholung vom Kanton mitgetragen. 70 Prozent unserer Studierenden haben eine Grundbildung absolviert und während dieser bereits Steuern gezahlt – und werden dann in der Tertiärausbildung um ein Mehrfaches zur Kasse gebeten. Das stimmt für mich überhaupt nicht. Hier ist die Politik gefragt, die es oft bei Lippenbekenntnissen belässt. May Sae-Ueng Verlieren Sie dadurch Schüler? Nein, ich bin selbst erstaunt, die Anmeldungen fürs kommende Schuljahr hat das nicht beeinträchtigt. Es scheint so zu sein, das man sich eine gute Ausbildung leistet. Auch der Anteil ausländischer Studierender bleibt mit zehn Prozent konstant. Hier hatten wir einen Einbruch mit der Einführung des Bachelors an Uni und Fachhochschule – im Ausland zählt akademische Ausbildung mehr. Der Bundesrat hat erklärt, er wolle die Höhere Berufsbildung stärken, beim SBFI hat man der finanziellen Ungleichheit den Kampf angesagt. Spüren Sie was davon? Wir spüren, dass sich was bewegt, dass Hat die HFSV den Preiswettbewerb man Strukturen und Ressourcen am SBFI schafft. Ich fühle mich als Vertrete- unter den Hotelfachschulen neu angeheizt? rin einer Höheren Fachschule heute Ich kenne die Preise der Mitbewerber ernster genommen. Von einer Gleichzu wenig. Wir stellung sind wir kommunizieren die jedoch noch weit Semestergebühren auf entfernt. Neues Fach unserer Website, Schulung sozialer Studierende wissen Die angestrebte genau, was der gerechtere FinanzieKompetenzen Kanton beisteuert, rung mit der Interwas wir als Schule Ab kommendem Schuljahr kantonalen Vereinbaverlangen. Das rung über Beiträge an vermittelt die SHL neben machen nicht alle fachlichen auch soziale die Bildungsgänge Hotelfachschulen in Kompetenzen. «Concierge der höheren Fachder Schweiz so. Das myself» nennt sich das neue schulen (HFSV) hat ja ärgert mich, die Schulfach, welches im ersten bei Hotelfachschulen Studierenden wollen Semester Teamfähigkeit, im die Semesterkosten zweiten Selbstmanagement, im doch genau wissen, eher weiter nach was finanziell auf sie dritten Auftreten und Kommuoben getrieben. zukommt, wie viel die nikation und im vierten und Das ist so. Unser öffentliche Hand fünften Semester Führung und Semester ist für übernimmt. Ich habe Leadership vermittelt. BesonStudierende ab bereits an der ders geschult werde die kommendem SchulTeilkonferenz HotelleFähigkeit zur Selbstreflexion, jahr, wenn die neue so Christa Augsburger. Noten Gebührenordnung der rie der Konferenz HFSV in Kraft ist, 1600 gibt es dafür keine, aber ein Höhere Fachschulen Kompetenzprofil, welches dem Franken teurer. Vom angeregt, dass im Zeugnis beiliegt. So könne ein System her begrüsse Sinne einer verbesserHotelbetrieb besser die ich die HFSV, sie ist ten Transparenz alle Persönlichkeit des künftigen über alle Schulen Hotelfachschulen nach gesehen gerechter, für Mitarbeiters einschätzen. Basis dem gleichen Schema für die neuen Module war eine uns als SHL ist die ihre Preise kommuniFeldstudie der SHL in Hotel HFSV frankenmässig zieren sollten – bis betrieben. ein Nachteil. anhin ohne Echo. Stimulator, um alternative Finanzierungsquellen anzuzapfen und innovative Finanzierungsinstrumente zu entwickeln. Schwarmfinanzierung kann man, sehr vereinfacht, in zwei Kategorien aufteilen. Bei der einen steht der wirtschaftliche Gegenwert im Vordergrund, bei der anderen herrscht der ideelle Gedanke vor. Bei Letzteren ist der Geldgeber nicht vordergründig ein Finanzierer, sondern vielmehr ein (künftiger) Stammkunde, Nutzniesser und Botschafter. Diese Form eignet sich besonders für kreative, kundengerechte und emotional geprägte Vorhaben. Was bis anhin als eine Randerscheinung gilt, beinhaltet das Potenzial, sich für einen Teil der Hotellerie als ergänzende Finanzierungsquelle – integriert in einem cleveren und Sozialnetwork- kompatiblen Marketingkonzept – erfolgreich zu entwickeln. Viele Fragen stehen noch offen, insbesondere zu Themen wie Transaktionskosten, Überreglementierung und Handlungsautonomie. Sie werden ihre Antworten dank Erfahrungssammlung und -austausch finden. * Philippe Pasche ist Direktor der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit SGH. Aufgefallen Schlecht fürs Image – lukrativ fürs Budget Etappen, Teilnehmerfeld, Spannung – an der diesjährigen Tour de Suisse war fast alles perfekt. Mit einer grossen Ausnahme, wie «Der Bund» berichtet: Der von den Organisatoren ausgehandelte «lukrative 3-Jahres-Vertrag mit der Tourismusdestination Sölden, dessen negative Begleitumstände – Logistik, Streckenführung und besonders bezüglich Strahlkraft der Landesrundfahrt – man bewusst in Kauf nahm». Nicht nur «verlief der Ausflug ins Ausland praktisch zuschauerfrei», wurde kritisiert, die Tour werfe doch Gewinn ab, «auch ohne, dass sie jährlich das Land verlässt». bf zvg Damit zeigen Sie, dass Familie kein Karrierekiller sein muss. Man muss sich gut organisieren und permanent zwei- bis dreigleisig fahren. Ich weiss aber, dass ich mit einem Posten an der Hotelfachschule bezüglich Vereinbarung von Familie und Karriere Glück habe. In der Hotellerie selbst ist das viel schwieriger. Da fehlt es noch an innovativen Arbeitszeitmodellen. Sie unterrichten Personalmanagement an der Hotelfachschule Luzern: Was sagen Sie Ihren Studierenden, dem künftigen Hotelkader? Seit acht Jahren behandle ich im Unterricht flexible Arbeitszeitmodelle und alternative Arbeitsformen, wie Job-Sharing und Homeoffice. Auch im Hotel gibt es Backoffice-Aufgaben, die man zu Hause erledigen kann. Standpunkt Wenn der Zeitgeist neue Perspektiven eröffnet
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