Nach: Hans-Ulrich Keller: Kosmos Himmelsjahr 2015
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart 2014
Monatsthema November 2015
Was sind Kolursterne?
Im Zeitalter der Elektronik und der Computer werden nicht nur die
großen Teleskope der Forschungssternwarten, sondern selbst
kleine Amateurteleskope vollautomatisch gesteuert. Sogenannte
GoTo-Montierungen erlauben es, das Fernrohr auf ein gewünschtes Gestirn zu richten, indem man seine Koordinaten eintippt.
Selbst das ist oft nicht erforderlich. Meist muss man nur den
Namen oder die Katalognummer eingeben und das Telskop
bewegt sich wie von Geisterhand getrieben auf das Zielobjekt zu.
Ein Blick durch das Okular und schon sieht man in seinem
Gesichtsfeld den ausgewählten Planeten oder die gewünschte
Galaxie. Um sich aber grob zu orientieren, sollte man wissen,
welche Sterne und Sternbilder überhaupt über dem Horizont
stehen. Kurz, die Stellung des Fixsternhimmels relativ zum
Beobachter sollte man kennen. Sie ist abhängig vom Datum und
von der Uhrzeit. Dazu dient die Sternzeit. Sie gibt die Stellung des
Fixsternhimmels in Bezug auf einen festen Beobachtungsort an.
Meist hat man aber gar nicht im Kopf, zu welcher Sternzeit welche
Sterne und Sternbilder gerade aufgehen, welche den Meridian
passieren und welche gerade untergehen. Um die Sternzeit grob
abzuschätzen und die relativen Positionen der Gestirne zu einer
gewählten Beobachtungsstunde an einem bestimmten Datum
festzustellen, dazu dienen die Kolursterne. Sie markieren die vier
Kolure, die die Orientierung am Sternenhimmel erleichtern.
so ist in der westlichen Himmelshälfte das Sommerdreieck mit
Wega, Deneb und Atair zu finden. lm Osten hingegen sind gerade
die Wintersternbilder im Anmarsch.
Zeigt die Sternzeituhr 6h an, so stehen die Wintersternbilder Zwillinge, Stier, Orion und Großer Hund mit Sirius am Südhimmel.
Fast im Zenit leuchtet Kapella im Fuhrmann.
Ursprung in der sphärischen Astronomie
Die Kolure sind Begriffe aus der sphärischen Astronomie. Viele
werden damit wenig anfangen können und selbst Berufsastronomen kennen sie kaum, positionieren sich doch ihre Teleskope
vollautomatisch. Der Gelegenheitsbeobachter kann aber mit Hilfe
der Kolursterne recht einfach eine Verbindung von Sternzeit und
dem sichtbarem Sternenhimmel herstellen.
Um 0h Sternzeit passiert der Frühlingspunkt den Meridian. Er ist
der Schnittpunkt von aufsteigender, scheinbarer Sonnenbahn, der
Ekliptik, mit dem Himmelsäquator. Er liegt in unserer Zeit im Sternbild der Fische und markiert den Beginn des Tierkreiszeichens
Widder. Deshalb heißt der Frühlingspunkt auch Widderpunkt oder
mit einer englischen Abkürzung FPA (engl.: First Point of Aries).
Tierkreiszeichen sollte man nicht mit Tierkreissternbildern verwechseln.1
Da der Frühlingspunkt also im Sternbild Fische Iiegt, kulminieren
die Fische um 0h Sternzeit. Sie sind somit im Süden zu sehen. Ein
wenig höher stößt man auf das Pegasusquadrat und noch höher,
fast im Zenit, erblickt man das Himmels-W, die Kassiopeia (siehe
Abbildung rechts). Beflndet sich das Pegasusquadrat im Meridian,
1
Die Bezeichnung „Tierkreis“ geht auf die alten Griechen zurück, die den Gürtel der
Sternbilder, durch die die Sonne (von der Erde aus betrachtet) wandert, als Tierkreis
bezeichneten. Da die Sternbilder verschiedene Größe haben und auch im Altertum nicht
scharf gegeneinander abgegrenzt wurden, sah Hipparchos von Nikäa die bisherige
Darstellung des Tierkreises als ungenügend an. Er führte die Tierkreiszeichen (Zodiakalzeichen) ein, und zwar zwölf Stück zu je exakt 30° Länge. Die Tierkreiszeichen belegte
Hipparch mit den Namen derjenigen Sternbilder, die im jeweiligen Bereich eines
Zeichens lagen. Die Tierkreiszeichen erhielten Symbole:
Name deutsch lateinisch Symbol Ekliptikale Länge
Zeitraum
Widder
Aries
0° - 30°
21. März – 20. April
Stier
Taurus
30° - 60°
21. April – 21. Mai
Zwillinge
Gemini
60° - 90°
22. Mai – 21. Juni
Krebs
Cancer
90° - 120°
22. Juni – 22. Juli
Löwe
Leo
120° - 150°
23. Juli – 22. August
Jungfrau
Virgo
150° - 180°
23. August – 22. September
Waage
Libra
180° - 210°
23. September – 22. Oktober
Skorpion
Scorpio
210° - 240°
23. Oktober – 22. November
Schütze
Sagittarius
240° - 270°
23. November–20. Dezember
Steinbock
Capricornus
270° - 300°
21. Dezember – 19. Januar
Wassermann
Aquarius
300° - 330°
20. Januar – 18. Februar
Fische
Pisces
330° - 360°
19. Februar – 20. März
Aus Kalendergründen (Schaltjahre) können die Daten um ± 1 Tag abweichen.
Passiert die Sonne bei ihrem Lauf von Süd nach Nord die Ekliptik (den sogenannten
Frühlingspunkt), passiert sie definitionsgemäß auf einer ekliptikalen Länge von 0° bis 30°
das Tierkreiszeichen Widder, während der nächsten 30°, also von 30° bis 60° ekliptikaler
Länge das Tierkreiszeichen Stier usw.
Neben der Bewegung um die Sonne führt die Erdachse noch eine spezielle Bewegung
aus: In etwa 25.800 Jahren beschreibt die Erdachse eine Drehbewegung auf einem
Kegelmantel mit einem Öffnungswinkel von etwa 48,9°. Die Achse dieses Kegelmantels
ist identisch mit der Senkrechten zur Ekliptik. Dies hat zur Folge, dass die Erdachse nicht
stets in die gleiche Richtung zeigt (zur Zeit etwa zum Polarstern), sondern sich pro Jahr
um etwa 50 Bogensekunden auf diesem Kegelmantel bewegt. Infolgedessen ändert sich
allmählich die Lage des Frühlingspunktes. Zur Zeit von Hipparchos begann der Frühling
noch, als die Sonne sich im Sternbild Widder aufhielt – heutzutage ist das der Fall, wenn
sie sich im Sternbild Fische befindet. So stimmen die Sternbilder heutzutage nicht mehr
mit den gleichnamigen Tierkreiszeichen überein.
Der Frühlingskolur zieht sich vom Himmelsnordpol über den
Frühlingspunkt zum Himmelssüdpol. Er entspricht dem 0hRektaszensionskreis und passiert knapp Polaris, β Cas und α And, die
sogenannten Kolursterne.
Um 12h Sternzeit geht der Herbstpunkt durch den Meridian. Ihn
passieren dann Jungfrau und horizontnäher der Rabe. Der Löwe
hat seine Kulmination eben hinter sich und ist ein wenig nach
Westen gerückt. Der Große Wagen nimmt seinen Platz im Zenit
ein.
Um 18h Sternzeit schließlich flndet man Wega kurz vor ihrem
Meridiandurchgang, tief im Süden den Schützen und hoch über
uns, im Scheitelpunkt, den Kopf des Drachen.
Ruhende und rotierende Himmelskugel
Die Sternzeit zeigt somit die Differenz zwischen der rotierenden
Himmelskugel - ein Spiegelbild der Erdrotation - und der ortsfesten, an den Beobachtungsort gekoppelten Sphäre. Präzise formuliert heißt dies: Die Sternzeit gibt stets den Abstand des Frühlingspunktes vom Ortsmeridian (Meridian des Beobachters) an –
gemessen als Winkel in der Ebene des Himmelsäquators.
Geht ein Gestirn eben durch die Mittagslinie, den Meridian, so ist
sein Stundenwinkel (t) gleich 0h. Nach einer Stunde ist er infolge
der Erdrotation auf t = 1h angewachsen, zwei Stunden später auf t
= 2h. Der Stundenwinkel wird im Zeitmaß angegeben. t = 1h
bedeutet im Winkelmaß 360°/24 h = 15°. In einer Stunde dreht sich
der Himmel um 15° weiter, in sechs Stunden somit um 90°.
Die Deklination eines Gestirns - der Abstand vom Aquator in
Richtung Nord positiv gezählt, in Richtung Süd negativ - ändert
- 2 sich nicht, während die Erde rotiert. Dies gilt streng genommen nur
für Fixsterne. Sonne, Mond und Planeten bewegen sich durch die
Sternbilder und erfahren somit auch tägliche Änderungen ihrer
Deklination. Vom Mond abgesehen sind sie aber klein gegenüber
der täglichen Himmelsumdrehung.
Der Stundenwinkel eines Gestirns bezieht sich auf den mit dem
Beobachter verbundenen, ortsfesten Meridian. Da die Gestirne
infolge der Erddrehung nacheinander durch den Meridian wandern, wächst der Stundenwinkel mit fortschreitender Zeit an, bis
das Gestirn abermals den Meridian passiert und sein Stundenwinkel wieder mit 0h beginnt.
Will man jedoch die Positionen der Gestirne relativ zueinander
vermerken, muss man einen Koordinatenursprung definieren, der
mit der Himmelssphäre rotiert. AIs Koordinatennullpunkt wählt
man im rotierenden Äquatorsystem den Frühlingspunkt. Der Winkelabstand eines Gestirns vom Frühlingspunkt, gemessen in der
Aquatorebene, wird Rektaszension genannt und mit dem kleinen
griechischen Buchstaben α bezeichnet. Die Rektaszension wird
vom Frühlingspunkt in Richtung Ost gemessen, während der Stundenwinkel vom Meridian in Richtung West bestimmt wird.
Die Rektaszension wird wie der Stundenwinkel im Zeitmaß angegeben: α = 5h bedeutet somit 75° Abstand vom Frühlingspunkt.
Dabei sind 4min = 1°, 1 min = 15' und 1s= 15".
Die Sternzeit verbindet das ortsfeste mit dem rotierenden Äquatorsystem. Die Sternzeit (ϑ) ist nämlich gleich der Summe aus dem
Stundenwinkel (t) eines Gestirns und seiner Rektaszension (α): Es
gilt somit: ϑ = α + t.
Hält sich ein Gestirn im Meridian auf, so ist sein Stundenwinkel
t = 0h, die Sternzeit also gleich seiner Rektaszension. Kennt man
die Rektaszension eines Sterns (entnommen aus einem Katalog
oder Jahrbuch), so erhält man unmittelbar die Sternzeit, wenn der
Stern kulminiert, denn dann ist α = ϑ.
liegt auch der Ekliptiknordpol, der 23,4° vom Himme lsnordpol entfernt ist.
Bei den Großkreisen gleicher Rektaszension handelt es sich
genau genommen um Halbkreise, die sich jeweils vom Nord- zum
Südpol des Himmels ziehen. Dies sind 180°.
Fasst man Frühlings- und Herbstkolur zu einem vollen Großkreis
zusammen, so nennt man ihn Äquinoktialkolur. Analog dazu gibt
es den Solstitialkolur. Er geht durch den Sommer- und den Winterpunkt. Auf ihm liegen auch die beiden Ekliptikpole.
Verstümmelte Bärenschwänze
Die etwas seltsame Bezeichnung „Kolur" stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Schwanzverstümmler“. Das
bedarf einer Erläuterung. „Kolur" setzt sich aus den beiden altgriechischen Wörtern κολος (verstümmelt) und ουρα (Schwanz)
zusammen. Der Aquinoktialkolur schneidet dem Großen Bären,
der Solstitialkolur dem Kleinen Bären, den Schwanz ab.
Den rotierenden Fixsternhimmel bezeichnet man auch als Kolursphäre oder Kolurhimmel. Die Kolure kann man am natürlichen
Firmament ebenso wenig sehen wie andere Großkreise (Meridian,
Aquator und Ekliptik). Nur in einem Planetarium lassen sich die
Himmelskoordinaten in den Sternenhimmel einblenden.
Aber man kann sich den Verlauf von Großkreisen durch helle
Sterne andeuten lassen, die auf ihnen oder nahe bei ihnen liegen.
So markiert der Polarstern (α UMi) in etwa die Position des
Himmelsnordpols, Mintaka (δ Orionis) liegt ziemlich nahe dem
Himmelsäquator und Regulus beflndet sich nur ein wenig nördlich
der Ekliptik, weshalb er auch gelegentlich von Planeten besucht
wird.
Rektaszension und Meridiandurchgang
Andererseits kann die Rektaszension eines Gestirns bestimmt
werden, wenn es den Meridian passiert. Man braucht bloß den
Zeitpunkt festhalten, zu welcher Sternzeit der Meridiandurchgang
erfolgt. Kulminiert ein neu entdeckter Planetoid um3h20m12s Sternzeit, so ist seine Rektaszension α =3h20m12s.
Alle Gestirne mit gleicher Rektaszension liegen auf einem Großkreis der Himmelskugel, der senkrecht auf dem Himmelsäquator
steht und durch den Himmelsnord- und den Himmelssüdpol verläuft. Solche Großkreise nennt man Rektaszensionskreise. Sie
rotieren mit der Himmelskugel und passieren dabei die Stundenkreise. Stundenkreise heißen die Großkreise gleichen Stundenwinkels. Sie stehen wie die Rektaszensionskreise senkrecht auf
dem Himmelsäquator, bewegen sich aber nicht, sondern sind mit
dem festen Ortsmeridian verbunden.
Welcher Rektaszensionskreis gerade den Meridian (Stundenkreis
für den Stundenwinkel t = 0h) passiert, gibt
wie erläutert die Sternzeit an. Der Sommerpunkt im Sternbild Stier
(Gipfelpunkt der Ekliptik) hat die Rektaszension α = 6h. Passiert
der Sommerpunkt den Meridian, so ist es 6h Sternzeit, Orion und
Sirius im Großen Hund sind am Südhimmel zu sehen. Wandert
nun die Sonne durch den Sommerpunkt, so überstrahlt sie mit
ihrem Glanz die Wintersternbilder, die dann nicht zu sehen sind.
Hat man keine Sternzeituhr zur Verfügung, sieht aber den Orion
im Meridian, so muss es kurz vor 6h Sternzeit sein.
Besondere Rektaszensionskreise
Von den unendlich vielen Rektaszensionskreisen gibt es vier
ausgezeichnete, die man als Kolure bezeichnet. Der 0h-Rektaszensionskreis zieht sich vom Himmelsnordpol über den Frühlingspunkt zum Himmelssüdpol. Alle Sterne auf diesem Großkreis
haben die Rektaszension α = 0h. Der 0h-Rektaszensionskreis wird
Kolur der FrühIings-Tagundnachtgleiche oder kurz Frühlingskolur
genannt. Der Herbstkolur oder Kolur der Herbst-Tagundnachtgleiche entspricht dem 12h-Rektaszensionskreis und zieht sich vom
Himmelsnordpol über den Herbstpunkt (Schnittpunkt der absteigenden Ekliptik mit dem Himmelsäquator, auch als Waagepunkt
bezeichnet) zum Himmelssüdpol.
Der 6h-Rektaszensionskreis geht durch den Sommerpunkt und
zieht sich wie alle anderen Rektaszensionskreise auch vom
Himmelsnordbis zum Himmelssüdpol, wobei er den Himmelsäquator senkrecht schneidet. Er wird Sommerkolur oder Kolur der
Sommersonnenwende genannt. Auch der Ekliptiksüdpol liegt auf
dem Sommerkolur, 23,4° vom Himmelssüdpol entfernt.
Der 18h-Rektaszensionskreis schließlich geht durch den
Winterpunkt (tiefster Punkt der scheinbaren Sonnenbahn) und wird
Winterkolur oder Kolur der Wintersonnenwende genannt. Auf ihm
Die Himmelskugel mit den Koluren (ENP: Ekliptiknordpol, ESP:
Ekliptiksüdpol)
„Der“ Kolurstern schlechthin
Sterne, die auf oder nahe bei den Koluren stehen, nennt man
Kolursterne. Der prominenteste Kolurstern heißt Caph (β Cassiopeiae). Gelegentlich wird β Cas als Kolurstern schlechthin
bezeichnet, obwohl es noch weitere Sterne gibt, die nahe den
Koluren stehen und darum ebenfalls als Kolursterne zu bezeichnen sind. β Cas markiert den Frühlingskolur. Geht er durch den
Meridian, so ist es 0h Sternzeit. In unterer Kulmination von β Cas
ist es dann 12h Sternzeit. Da die Kassiopeia in unseren Breiten
zirkumpolar ist, kann man β Cas in jeder klaren Nacht des Jahres
beobachten. Caph kann auch als die Zeigerspitze einer himmlischen Sternzeituhr angesehen werden. Der Zeiger selbst wird
durch die gedachte Verbindungslinie von Polaris (α UMi) zu β Cas
angedeutet. Denkt man sich noch ein Zifferblatt dazu, so kann
man recht gut die Sternzeit ablesen. Der Winkel zwischen dem
Meridian und dem Kolurzeiger, also der Strecke Polaris-Caph, gibt
die Sternzeit auf einem 24-Stunden-Zifferblatt an. Ein Viertelkreis
entspricht sechs Stunden.
Steht β Cas in Westrichtung, so ist es 6h Sternzeit, in Ostrichtung
hingegen ist es 18h. Zu beachten ist außerdem, dass beim Blick
nach Norden der himmlische Uhrzeiger in mathematisch positivem
Drehsinn läuft, also entgegengesetzt dem Uhrzeigersinn unserer
üblichen Analoguhren (siehe Abb.). Caph ist wie angedeutet nicht
- 3 der einzige Kolurstern. Es gibt einige hellere, freisichtige Sterne,
die nahe einem Kolur stehen und damit die Stellung der Kolursphäre relativ zum Beobachter erkennen lassen und auch die
Sternzeit abzuschätzen ermöglichen. Sirrah (α Andromedae) liegt
ebenfalls wie β Cas fast auf dem Frühlingskolur.
Der Kolurstern β Cassiopeiae lässt die Sternzeit grob abschätzen. Der
Winkel ϑ wird von der oberen Kulmination des Kolursternes in
h
Richtung West gezählt und gibt die Sternzeit an (360° = 24 ).
Vier Sterne markieren den Sommerkolur: Menkalinan (β Aurigae),
ϑ Aurigae, Propus (η Geminorum) und Beteigeuze (α Orionis).
Propus markiert außerdem die ungefähre Lage des Sommerpunktes (Sommersolstitium). Allerdings liegt der Sommerpunkt inzwischen westlich von Propus und nicht mehr in den Zwillingen,
sondern bereits jenseits der Sternbildergrenze im Stier.
In alten Zeiten sah man nicht Rektaszensionskreise als Kolure an,
sondern ekliptikale Längenkreise. Sie stehen senkrecht auf der
Ekliptik und an ihnen wird die ekliptikale Breite aufgetragen
beziehungsweise abgelesen. Kolure waren demnach diejenigen
ekliptikalen Längenkreise, die durch Frühlings- und Herbstpunkt
sowie durch die Pole der Ekliptik laufen (Aquinoktialkolur) und
durch Sommer- und Winterpunkt sowie die Pole der Ekliptik
(Solstitialkolur). Auf dem Solstitialkolur liegen zudem noch
Himmelsnord- und Himmelssüdpol.
Infolge der Präzessionsbewegung der Erdachse verschiebt sich
das äquatoriale Koordinatennetz gegenüber den Sternen. Rektaszensionen und Deklinationen der Sterne ändern sich mit der Zeit.
Somit wechseln auch die Kolursterne im Laufe der |ahrhunderte.
Wer genügend Muße in unserer hektischen Zeit hat, kann sich
einmal überlegen, in welchem Jahrtausend wohl Deneb oder
Wega zu Kolursternen werden. Noch spannender ist es auszurechnen, in welchem Jahrhundert dies sein wird.