Spinale Integration – Ein besserer Weg zu guter Gesundheit!

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Neurostructural Integration
Technique
Spinale Integration
– Ein besserer Weg
zu guter Gesundheit!
Michael Nixon-Livy
EINFÜHRUNG
Einer der berühmtesten und produktivsten Erfinder
der vergangenen 150 Jahre, Thomas Edison, dem wir
die Erfindung der elektrischen Glühbirne im Jahre
1879 verdanken (neben anderen Errungenschaften
wie dem Grammophon und der technischen Telefonübertragung), hatte sehr kluge Ansichten zur Zukunft der
Medizin. Seine berühmte Aussage findet sich in vielen
ärztlichen Kliniken, sie lässt sich aber am ehesten auf
Chiropraktiker und Osteopathen anwenden.
Er sagte: „Der Arzt der Zukunft wird keine Medizin verabreichen, sondern wird bei seinen Patienten ein Interesse
wecken für den sorgsamen Umgang mit dem menschlichen Körperbau bzw. „Gestell“, für die Ernährung und die
Ursachen von Krankheiten und deren Vorbeugung“.
Die logische Schlussfolgerung aus dieser Aussage, die
sich besonders für Chiropraktiker und Osteopathen
ableiten lässt, ist der Begriff des menschlichen Körperbaus. Sie haben diesen Begriff seit Jahrzehnten als ihr
Schlagwort benutzt, um ihre Arbeit zu rechtfertigen und
geschickt anzudeuten, dass Edisons Theorien über die
Gesundheit eingehender berücksichtigt werden sollten,
da er ja schließlich klug genug war, die elektrische Glühbirne zu erfinden. Stimmt!
Ich stimme Edison da durchaus zu und schließe mich
seiner Aussage voll und ganz an, einschließlich seiner
Anmerkung zur Ernährung und der Ursachen und Verhütung von Krankheiten, denn ohne diese verliert der
Aspekt des Körperbaus an Bedeutung.
Vor noch längerer Zeit, vor 2500 Jahren nämlich, verfolgte Hippokrates, der griechische Vater der Medizin,
ähnliche Ansätze und praktizierte Medizin auf die von
Edison vorgeschlagene Weise. Seine vier Säulen der
Gesundheit sind eine ernst zu nehmende Erinnerung
daran, dass der menschliche Körper in der Tat ein sich
selbst regulierender Mechanismus ist, um den man
sich auf Grundlage seiner ihm eigenen organischen
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Bedürfnisse kümmern muss. Und dazu gehören seine
Struktur, die Ernährung und die Kenntnis von Krankheitsursachen und -vorbeugung.
Wenn jemand krank war, stellte Hippokrates als erstes
die Ernährung um. Falls dies nach einiger Zeit allein
keine Wirkung zeigte, behielt er sie bei und ging zur
nächsten Stufe, Heilkräutern, heilenden Berührungstechniken, Psychologie usw. Das wurde eine ganze Weile
gemacht, und wenn das Problem trotzdem weiterhin
bestand, war es Zeit für den nächsten Schritt, d.h. die
zusätzliche Gabe von Arzneimitteln. Erst wenn sich auch
durch die Kombination dieser drei Aspekte die Krankheit oder die Symptome nach einiger Zeit noch nicht
beseitigen ließen, kam es zum letzten Schritt, nämlich
dem chirurgischen Eingriff.
Halten Sie hier inne und vergegenwärtigen Sie sich mal
kurz, wieviel Weisheit in dieser Vorgehensweise liegt,
wenn sich die Person tatsächlich einem chirurgischen
Eingriff unterziehen muss. Sie wäre angesichts der Tatsache, dass all die anderen Bereiche des Organismus
schon unterstützt wurden, sehr gut darauf vorbereitet,
und die Erholung nach der Operation fände optimale
Bedingungen vor. Außerdem würde das Risiko eventueller Komplikationen minimiert. Dieselbe Denkweise
trifft auf alle vier Stufen zu: Man bereitet für den jeweils
nächsten Schritt den Weg nach vorne und nach hinten
vor. In der Tat äußerst genial!
Hippokrates war auch der Erste in der Geschichte, der
die Vorstellung einbrachte, dass der Körper zu einer
Selbstregulierung fähig sei. Diese Fähigkeit bezeichnete
er als „Physis“, woraus sich das englische Wort für Arzt
– „Physician“ – entwickelte. Er behauptete, dass der Körper eine angeborene Intelligenz habe, die das Richtige
tun würde, um die Dinge durch Physis bzw. Selbstregulierung wieder ins Gleichgewicht zu bringen, wenn die
richtigen Voraussetzungen gegeben sind.
Selbstregulierung in Bezug auf das Kreuzbein, die
Wirbelsäule und den Schädel bedeutet insbesondere
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die angeborene und automatische Fähigkeit dieses
normalerweise integrierten Systems, seine intrinsische Beweglichkeit (im Gegensatz zur fragmentierten
Funktionalität) über die durale Membrankonnektivität,
muskuläre Integration und den ossären Rhythmus des
Kreuzbeins und Schädels soweit wiederzuerlangen, dass
es auf positive physiologische Weise alle externen, von
der Integration abhängigen Systeme beeinflusst.
Wenn man die Konzepte von Edison und Hippokrates zu
vergleichen beginnt, entdeckt man große Ähnlichkeiten
in ihren Ansätzen. Verbindet man ihre Vorstellungen miteinander, ergibt sich ein Konzept des sich selbst regulierenden Organismus. Diese Selbstregulierung braucht als
Basis die Erfüllung ganz konkreter Ernährungsbedürfnisse und die Wachsamkeit des Menschen gegenüber
den Dingen, die das Gleichgewicht des Organismus so
stören könnten, dass er eine Krankheit ausbildet.
Nichts trifft die der Neurostrukturellen Integrationstechnik zugrunde liegende Philosophie besser als diese Zusammenfassung.
GRUNDPRINZIP
Die Neurostrukturelle Integrationstechnik wurde aus
diesen Konzepten geboren und ursprünglich von dem
Abb.: Entfaltung der Zentralfibrillen
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Australier Thomas Abrose Bowen (1916-1982) entwickelt, der sehr pragmatisch die Prinzipien sowohl von
Edison als auch Hippokrates einbezieht.
Die Struktur und Anwendung der NST basieren auf
dem Grundprinzip, dass der Körper in der Tat ein sich
selbst regulierender Mechanismus ist, der in seinen
strukturellen, chemischen und mentalen Bereichen ins
Gleichgewicht gebracht werden muss, um eine robuste
Physiologie aufzuweisen und infolgedessen gesund zu
sein.
Wie bei chiropraktischen, osteopathischen und kranio-sakralen Behandlungen ist bei der NST die Integration von Kreuzbein, Wirbelsäule und Schädel der
grundlegende Ausgangspunkt für die Lösung fast aller
Symptome.
Anders ausgedrückt, wenn das Kreuzbein, die Wirbelsäule und der Schädel ausbalanciert sind, können alle
Systeme, die zu diesen wichtigen Strukturen gehören
oder über sie laufen, ungehindert funktionieren.
Die NST wird oft als „Weichteile – Osteopathie“ oder
„neuromuskuläre Osteophatie auf der Basis einer naturheilkundlichen Philosophie“ beschrieben.
Abb.: Zentralfibrillen steuern den Körper
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Die NST unterscheidet sich allerdings durch ihre einzigartige Anwendungstechnik von allen anderen Behandlungsformen, die auf derselben Philosophie aufbauen.
DIE BEDEUTUNG DER MUSKELN
Die NST wird am neuromuskulären System angewendet
und auf eine Art, die NST eigen ist. Die Muskeln bewegen normalerweise schließlich die Knochen und nicht
umgekehrt!
Tom Bowen, der die Methode ursprünglich entwickelte,
entdeckte die Geheimnisse, die eine schnelle Beseitigung von Blockaden im Körper und systematische
Reintegration des menschlichen Körpers über den
Bewegungsapparat erlauben.
Er betonte immer wieder, dass die Muskelspannung
im ganzen Körper auf beiden Seiten gleich sein muss,
um die Struktur/ die kranio-sakrale Beweglichkeit bzw.
den „Zyklus des Körpers“, wie er es nannte, wieder ins
Gleichgewicht zu bringen. Dies war sein vorranginges
Ziel in der Anwendung seiner Technik.
Körpermasse ausmacht. Sie verbrauchen auch die
meiste Energie im Körper. Blockaden (neuromuskuläre
Kompensationen) im Muskelsystem können schwerwiegende Folgen für unsere Gesundheit haben und in
der Tat die Prädisposition und Ursache für Krankheiten
sein.
Ein blockierter Muskel verbraucht ebenso viel Energie
wie ein Muskel, der aktiv seine Aufgabe erfüllt. Darüber
hinaus darf man nicht die weiteren Folgen einer reziproken Wirbelsubluxation und Behinderung der Blutzufuhr
zu anderen Muskeln übersehen.
Außerdem sind es die Organe, die die für die Funktion
der Muskeln notwendige Energie produzieren müssen
und nicht umgekehrt. Derartige Betrachtungen zeigen
eine andere wichtige Beziehung zwischen Muskelblockaden, viszeraler Funktion und Gesundheit auf.
Blockierte Muskeln können die Funktion der Organe
direkt über eine Stagnation der Energie und eine spinale Reflexbogenassoziation behindern (siehe folgende
Abbildung zum spinalen Reflexbogen).
Dies bedeutet, dass nicht nur die Beinmuskeln die gleiche bilaterale Spannung haben müssen, sondern auch
der Rückenstrecker und die Muskeln des Oberkörpers.
Selbst die feineren Muskeln des Zungenbeins können,
wenn sie nicht wieder ins Gleichgewicht gebracht werden, über die Kiefergelenke und das damit verknüpfte
Steuerungssystem, das stomato-gnathologische System,
in der ganzen Struktur verheerende Schäden anrichten
(siehe folgende Abbildung).
Reprinted with the kind permission of David Walther, DC
Außerdem sind die Muskeln das grundlegendste
Gewebe bei Mensch und Tier, das ungefähr 80% der
© IAK
Abb.: der Fenn-Effekt
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DIE ANWENDUNG
Bei einer NST-Behandlung werden bei der jeweiligen
Person normalerweise zuerst eine Sequenz von vorgegebenen, spezifischen neuromuskulären Bewegungen
an der Lenden-, Brust- und Halswirbelsäule durchgeführt. Dadurch soll der Körper von der Mittellinie bzw.
dem „central core“ (zentralen Kern) aus (Kreuzbein,
Wirbelsäule und Schädel) nach außen hin Richtung Peripherie integriert werden und sichergestellt werden,
dass die Bahnen von der Peripherie zum central core
frei bleiben.
Die Bedeutung der Balancierung der Mittellinie vor der
Behandlung anderer Körperbereiche kann gar nicht genügend betont werden. Es ist in der Tat das zentrale System, durch das alle anderen Systeme laufen müssen!
Allein dadurch wird bereits die richtige neuromuskuläre Basis dafür geschaffen, dass andere, weiter außen
liegende Symptome wirksam und dauerhaft zum Verschwinden gebracht werden können.
Dann werden zusätzlich zu den grundlegenden Bewegungssequenzen am zentralen System (central core)
Teil 1
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weitere, auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnittene Sequenzen für die konkret bestehenden Symptome (z.B. Schulterprobleme, Fußgelenkprobleme usw.)
durchgeführt.
Eine Behandlung wird dann mit einer Untersuchung
und, falls notwendig, einer Ausbalancierung des Becken- und Kiefergelenksystems abgeschlossen.
Bowen selbst erklärte seine Arbeit auf sehr unkonventionelle und anekdotenhafte Weise, wenn er gefragt wurde, wie man sie besser verstehen könne. Seine häufigste
Antwort war allerdings, dass „Erklärungen nicht nötig
sind, wenn die Leute gesund werden“.
Bowen zog es vor, Behandlungsanweisungen zu geben, statt zu versuchen zu erklären, was passierte. Er
arbeitete sehr stark kontextabhängig, was auch die
frühen Heilbehandlungsmethoden von Hippokrates
auszeichnete.
Dass Bowen so wenige Erklärungen parat hatte, konnte
die Begeisterung der Therapeuten in der ganzen Welt
allerdings nicht dämpfen, mit der sie versuchten, her-
Teil 2
© IAK
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auszufinden, was während einer Behandlung denn nun
tatsächlich passiert.
Eine der gängigsten Erklärungen dazu, warum die
Behandlung so erfolgreich ist, ist das Modell des spinalen Reflexbogens. Dieses baut grundsätzlich auf dem
Phänomen auf, dass alle Bestandteile eines spinalen
Reflexbogens (Muskeln, Organe, Nerven, Drüsen und
Haut) gleichermaßen und gleichzeitig reagieren, egal,
welcher von ihnen stimuliert wird.
Bowen übernahm das spinale Reflexbogenmodell und
nutzte es praktisch wie ein Komponist, indem er die
einzelnen Noten harmonisierte, um ein wunderschönes
neues Musikstück zu schaffen!
Abb.: Segmentreflexkanäle
Abb.: Spinaler Reflexbogen
Übersetzung (jeweils von oben nach unten)
Organ, Viszeralnerv, grauer Verbindungsast, Muskel,
Rückenmarknerv, Sympathikuskette, Haut
Weißer Verbindungsast, Spinalganglion.
Vorderwurzel, Hinterwurzel.
T1
Abbildung Segmentreflexkanäle
(von oben im Uhrzeigersinn)
Haut/Schleimhaut, Unterhautgewebe, Bindegewebe,
Muskeln, Gefäßsystem, Nerven, Knochenhaut, Organ.
Segmentreflexkanäle))
Teil 3
© IAK
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ERGEBNISSE
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Egal wie sie erklärt werden mögen, die Ergebnisse der
NST sind einzigartig. Die Therapie führt zu einer tiefen
Selbstregulierung in multidimensionalem Sinn, was sich
durch tiefgreifende Veränderungen nicht nur im Skelettsystem, sondern auch im Muskel- und Nervensystem
und Endokrinium ausdrückt.
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•
Das Entscheidende für erstaunliche 80-85% der Patienten, die sich einer NST-Therapie unterziehen, ist die
Tatsache, dass nur 2-3 Sitzungen mit jeweils ungefähr
einer Woche zwischen den Sitzungen für die Behebung
der Symptome erforderlich sind.
1) P.C., eine 38-jährige Frau kam mit der Menière’schen
Krankheit und den typischerweise damit verbundenen,
in zyklischen Abständen auftretenden Symptomen
wie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen in die Praxis.
Außerdem hatte sie Hörprobleme und häufige Panikattacken.
Heilerfolg ist mit NST gleichzusetzen, denn die Behandlung führt durchweg zu erstaunlichen Ergebnissen
innerhalb der genannten kurzen Zeiträume, und die
Ergebnisse kann man in einigen Fällen sogar fast ein
Wunder nennen!
Hier muss auch betont werden, dass chronischere
Krankheiten und degenerative Erkrankungen, wie z.B.
viele angeborene Krankheiten oder Krebs, normalerweise eine fortgesetzte Therapie auf Grundlage eines
vielfältigen Ansatzes erfordern, um die Krankheit unter
Kontrolle zu halten. Hierbei kann die NST ein ausgesprochen wichtiger Bestandteil der gesamten Behandlungsstrategie sein.
BESCHWERDEN
Obwohl es keine bestimmten Erkrankungsbilder gibt,
bei denen die NST nicht völllig risikolos in jeder Altersgruppe (Säuglinge bis zu älteren Menschen) angewandt
werden könnte, sind in der folgenden Liste die Symptome aufgeführt, die am häufigsten als Ergebnis einer
NST-Sitzung „verschwinden“.
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Alle Probleme im Bereich der Wirbelsäule, des
Schädels, des Kiefergelenks (TMG)
Alle Nackenprobleme, einschließlich
Schleudertrauma
Kopfverletzungen und Kopfschmerzen,
einschließlich Migräne und Sehprobleme
Rückenbeschwerden, einschließlich Beschwerden
im Becken-, Lenden-, Rumpf- und Ischiasbereich
Beschwerden an Schulter, Ellenbogen,
Handgelenk und Händen
Beschwerden an den Beinen, einschließlich
Kniesehnenmuskelgruppe, Knie, Knöchel und
Füße
Verdauungs- und Darmbeschwerden
Atemwegserkrankungen, einschließlich Asthma,
Sinusitis, Bronchitis
Erkrankungen des Bewegungs- und
Gelenkapparats, einschließlich Rheuma, Arthritis,
Fibromyalgie
Erkrankungen der Nieren und des
Harnwegssystems
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Menstruations- und Wechseljahrbeschwerden
sowie Erkrankungen der Fortpflanzungsorgane
Säuglingskoliken, Magenreflux und Stillprobleme
Akute und chronische Müdigkeit
Stresszustände, emotionale Depressionen und
strukturbezogene Lernschwierigkeiten
FALLSTUDIEN
Ihre Beschwerden bestanden seit fast 20 Jahren. In
der Erstuntersuchung wurde festgestellt, dass sie eine
chronische Kiefergelenks- und eine Beckendysfunktion
hatte.
Nach ihrer ersten Sitzung war sie extrem müde (eine
klassische Reaktion auf die NST) und begann, Anzeichen einer kombinierten Übelkeits- und Panikattacke
zu spüren. Dieses Gefühl ließ jedoch nach einigen
Stunden nach und machte einem neuen Gefühl von
Wohlbefinden Platz.
Nach drei Sitzungen blieb sie bis heute symptomfrei,
was ihre Ärzte vor ein Rätsel stellte. Sie hat außerdem
sämtliche Medikamente abgesetzt.
2) Ein 8-jähriges Mädchen namens M.J. wies Koordinationsstörungen, ein Skoliosebecken, Störungen der
Muskelwahrnehmung und starkes beidseitiges Schielen
(besonders wenn sie müde war) auf.
Das Kind hatte zuvor die beste medizinische Behandlung erhalten, die es gab. Nach der ersten Behandlung
mit NST sagte das Kind, dass es sich „anders fühle“. Nach
der zweiten Behandlung mit NST konnte sie mit ihrem
Roller fahren und die Treppen rauf und runter gehen,
was ihr vorher ohne fremde Hilfe nicht gelungen war.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie Schmerzen
nach einer Belastung der Muskeln. Nach der dritten
Behandlung mit NST bestätigte ihr Physiotherapeut,
dass ihr Skoliosebecken sowie aussagekräftige Punkte
auf den Schulterblättern jetzt gerade seien.
Gleichzeitig hatte sich die Koordination und Muskelwahrnehmung soweit verbessert, dass sie sogar einen
Purzelbaum schlagen konnte.
Nach der vierten Behandlung mit NST – unglaublich,
aber wahr – beteuerte der Augenarzt, dass das Kind
nicht mehr schiele. Der Test war sogar durchgeführt
worden, als das Kind ziemlich müde war, da es eben
aus der Schule gekommen war. Sie macht weiterhin
Fortschritte.
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3) Ein 67-jähriger Mann litt seit mehr als 18 Jahren an
der Parkinson Krankheit. Er konnte nur mit Hilfe seiner
Frau und eines Gehstocks gehen und er hatte in beiden
Armen fast ununterbrochen ein starkes Zittern.
Wenn er saß, verstärkte sich das Zittern und seine sowieso schon kleine Statur erschien noch kleiner, da er
als Ergebnis einer sich progressiv verschlechternden
Kyphose (Dauerverbiegung) stark gebeugt war.
Er war psychisch deprimiert und hatte allgemein wenig
Lebensmut, ein Zustand, der von den Nebenwirkungen
der Medikamente, die er einnahm, verstärkt wurde und
zu Halluzinationen und Schreiattacken führte.
Am Ende einer 30-minütigen Sitzung konnte er mit
deutlich verbessertem Wohlbefinden den Tisch verlassen, und es war offensichtlich, dass sein Zittern maßgeblich weniger geworden war. Am selben Abend saß
er zu Hause zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder
aufrecht und war in der Lage, seine neue Haltung an
den folgenden zwei Tagen beizubehalten.
Nach fünf Sitzungen braucht er seinen Gehstock nicht
mehr und das Zittern tritt nur kurzzeitig und nur von
Zeit zu Zeit auf. Die Kyphose ist vollständig verschwunden. Laut seiner Frau ist er wieder zu dem geworden,
den sie vor etwa 10 Jahren gekannt hatte.
Er erhält nun Sitzungen in 14-tätigen Abständen, um
seinen Zustand zu stabilisieren, und hat die Einnahme
seiner Medikamente vollständig eingestellt.
TOM BOWEN – DER ERFINDER
Bowen soll mehr als 13.000 Personen pro Jahr behandelt haben, was ungefähr dreihundertfünfzigtausend
bis vierhunderttausend Personen in seiner über 30jährigen klinischen Laufbahn entspricht. Nach seinen
eigenen konservativen Schätzungen lag die Erfolgsquote bei 88%.
Während seiner beruflichen Laufbahn hat er nur sechs
Personen ausführlich in seiner Technik unterrichtet, von
denen einige noch heute in Australien praktizieren.
Vier Jahre nach seinem Tod im Jahre 1982 interpretierte
sein erster Schüler, Oswald Rentsch, seine ganz frühe,
ursprüngliche Arbeit. Diese ist heute als die „Bowen
Technik“ auf der ganzen Welt sehr bekannt und wird
sowohl von vielen Autodidakten wie auch darin ausgebildeten Therapeuten angewendet.
DIE ENTWICKLUNG DER NST
Ich kam Ende der 80-iger Jahre zum ersten Mal in Kontakt mit Tom Bowens Arbeit. Erfreulicherweise konnte
ich Ende der 90-iger Jahre mit Oswald Rentsch (Bowens
erstem Schüler) zusammenarbeiten und für ihn unterrichten. Später beriet ich mich mit den beiden letzten
Schülern von Bowen über seine spätere Arbeit, die sehr
viel weniger Zeit in Anspruch nahm, und entwickelte
schließlich eine wirklich sehr auf die Techniken bezogene Interpretation davon, die jetzt NST genannt wird.
Bei der Entwicklung und Gestaltung der NST wurde
betont, dass sie insbesondere Bowens spätere Arbeit
widerspiegelt, sie schnell angewendet werden kann
und benutzerfreundlich für Therapeuten in stark
frequentierten Kliniken ist, die zeitsparende, schnelle
Lösungen finden müssen.
Wie vorher bereits erwähnt, wurde
NST ursprünglich von dem Australier Thomas Bowen entwickelt. Bowen bezeichnete sich selbst als Osteopath, der seine Arbeit ein wenig
wie Thomas Edison begann, d.h. er
arbeitete im Keller seines Hauses
unter Nutzung seines angeborenen Talents und eines Systems
von Versuch und Irrtum.
Folglich wird sie auf der Ebene der Technik unterrichtet
und steht als solche nur ausgebildeten, praktizierenden
Menschen in Gesundheitsberufen zur Verfügung.
Thomas Bowen
Bowen hatte die seltene Gabe klar zu erfühlen, wo
Nerven und Energie im muskulären System blockiert
waren. In der Tat waren seine Hände so sensibel, dass
er während seiner Experimente, wenn er die Energie in
die falsche Richtung im Körper bewegte, ein so starkes
brennendes Gefühl empfand, dass er schnell den Raum
verlassen musste. Er schüttelte dann die Hände, um sich
Erleicherung zu verschaffen, bis er schließlich fließendes
kaltes Wasser fand, unter dem er sie abkühlen konnte.
Glücklicherweise ist es überhaupt nicht notwendig, für
die Ausübung der NST derartig hypersensibel zu sein.
Vorausgesetzt, die Abläufe und Regeln werden eingehalten, sind die Ergebnisse für jeden Körper wohltuend.
© IAK
Einem Kind könnte man die Technik beibringen – sie
würde sofort Wirkung zeigen!
Da die NST in Abschnitten aufgebaut ist, ist sie für
Mediziner leicht und praktisch in kurzen, intensiven
Schulungen zu erlernen. Der Einstiegs-Workshop, in
dem es um den Kern der Arbeit geht, kann in fünf
Tagen absolviert werden. Der fortgeschrittene Workshop, der viele schnelle und potenzierende Strategien
beinhaltet, in vier Tagen. Der letzte Feinschliff sowie die
chemischen und mentalen Aspekte der Arbeit können
zum Abschluss in einem dreitägigen Workshop erlernt
werden.
Die NST hat Bowens Arbeit soweit ausgedehnt, dass
sie heutzutage ein sehr gut integriertes System ist, das
weitgehend auf Edisons und Hippokrates Prinzipien für
die Wiedererlangung der Gesundheit aufbaut.
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DIE FUNKTIONSSYSTEME IM ÜBERBLICK
Der sekundäre respiratorische Mechanismus
Einige grundlegende Systeme im menschlichen Körper,
die über die Behandlung mit NST integriert werden
sollen, sind der primäre respiratorische Mechanismus,
der sekundäre respiratorische Mechanismus und das
stomato-gnathologische System.
Wenn das Baby nach neunmonatiger Schwangerschaft
zur Welt kommt und seinen ersten Atemzug macht,
beginnt ein weiterer lebensunterstützender Zyklus,
der unter dem Namen sekundärer respiratorischer
Mechanismus bekannt ist. Dieser ist stärker mit der
Lungenatmung an sich verbunden.
Der primäre Atemmechanismus
Seit Jahrzehnten schon wissen wir einiges über das einzigartige physiologische Ergebnis, wenn ein Spermium
und ein Ei zusammentreffen und der Prozess des biologischen Lebens beginnt.
Kurz nachdem das Spermium seinen Kopf in das Ei
gegraben hat, ist ein elektrischer Impuls über das Ei
messbar. Er hat einen positiven und negativen Aspekt
(Pol) und eine sehr direkte Verbindung entlang einer
unsichtbaren Achse.
Dieser Impuls bzw. der sich daraus entwickelnde Puls ist
nicht nur ein zufälliges Ereignis, sondern soll bei der Stimulierung der Zellentwicklung und -vermehrung eine
Rolle spielen. Wenn sich das Ei zum ersten Mal teilt, zuerst in zwei, dann in vier und dann in Zellklumpen, stellen wir fest, dass dieser Impuls immer vorhanden ist und
seine Rate irgendwo zwischen zwei Zyklen pro Minute
und bis zu achtzehn Zyklen pro Minute schwankt.
Aus diesem Grund wurde dieser Prozess primärer respiratorischer Mechanismus genannt, da er darüber
bestimmt, in welcher Frequenz Zellen Sauerstoff und
Nährstoffe aufnehmen und Abfallstoffe abgeben. Ohne
diesen Zyklus würden wir sterben. Sutherland, der Vater
der kranio-sakralen Arbeit, bezeichnete diesen immer
wiederkehrenden Impuls als den elementarsten aller
Körperimpulse und bezeichnete ihn als den Impuls
des Lebens!
Wenn das Baby seinen ersten Atemzug nimmt, dehnt
sich das Zwerchfell aus, wodurch die inneren Organe
in den Beckenboden gedrückt werden, was zu einer
Weitung der Beckenschaufeln in schräg seitlicher Richtung führt. Als Folge der Verbindung des Kreuzbeins mit
dem Ilium über die iliosakralen Gelenke muss sich das
Kreuzbein selbst auch bewegen – sein distaler Anteil
geht nach vorne.
Hieraus ergibt sich eine Flexion der Schädelknochen
als Reaktion auf den Zug, den er an der spenobasilaren Verbindung von der Dura Mater erhält, die fest mit
dem vorderen Teil des zweiten sakralen Segments, den
oberen Halswirbeln (C3 und C2) und dem Schädel am
Foramen magnum verbunden ist.
Diese Flexion der Schädelknochen reicht aus, um für
genügend Bewegung innerhalb der Schädelnähte zu
sorgen, wodurch die intrasuturalen Rezeptoren einen
Impuls an das Mittelhirn und schließlich einen Impuls
über den Nervus phrenikus senden, um das Zwerchfell
zu entspannen, sodass es für den nächsten Atemzug
bereit ist.
Die Bedeutung des sekundären respiratorischen Mechanismus kann bei der NST gar nicht genügend betont
werden, da er in der Tat der Mechanismus ist, um den
herum die zentrale Körperarbeit der NST entwickelt
wurde. Zur Balancierung des Körperzentrums („core“)
gehören Abschnitte zur Integration der Lenden-,
Rumpf- und Halswirbelsäule und des Zwerchfells.
Das stomato-gnathologische System
Nachdem der zentrale Kern (central core) und die einzelnen Symptome in einer NST-Sitzung behandelt wurden,
verlagert sich der Schwerpunkt von grob zu fein, da mit
einer Untersuchung und, falls notwendig, Ausbalancierung des stomato-gnathologischen Systems über das
Becken und den Kiefergelenkkomplex begonnen wird.
Die Behandlung dieser wichtigen Strukturen als Feinabstimmungsstrategie in Unterstützung der zentralen
NST- Behandlung hat zu der hohen Erfolgsquote der
Neurostrukturellen Technik geführt. Noch wichtiger ist
jedoch die Möglichkeit, die die NST dem Therapeuten
und Patienten bietet, gemeinsam zu entdecken, was
den Organismus auf einer organbezogeneren und möglicherweise psychosomatischen Ebene wirklich stört.
Obwohl das stomato-gnathologische System auf seiner
Grundfunktionsebene die Kau-, Beiß- und Schluckfunk-
Abb.: Spermium und Ei – PRM
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TMJ
Pelvic
Schädel-Gesichtsbereich
tionen kontrolliert, sind seine Bestandteile bis zu einem
gewissen Grad dieselben Bestandteile wie die des sekundären respiratorischen Mechanismus, und sie haben
deshalb einen ausgesprochen großen Einfluss auf die
Struktur selbst!
Zum Beispiel beeinflussen sie beide die Hüftknochen,
das Kreuzbein und Steißbein, die Dura Mater und
Schädelknochen. Zum stomato-gnathologischen System gehören außerdem der Atlas, das Kiefergelenk,
das Zungenbein, die sieben Halswirbel, die drei ersten
Brustwirbel, die zwei Schlüsselbeine, die zwei Schulterblätter und das Brustbein, sowie alle Muskeln, Sehnen,
Bänder, Nerven und Blutgefäße, die es dem System
ermöglichen zu funktionieren.
Das Grundkonzept des stomato-gnathologischen Systems ist, dass es als geschlossenes System funktioniert,
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Wirbelsäule
Unterkiefer
Zungenbein
Schultergürtel
Gleichgewicht des Kopfes auf der Wirbelsäule und
die Art und Weise, in der die Muskeln das System
stabilisieren))
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d.h. dass sich jedes Mal, wenn die Funktionen des Kauens, Beißens oder Schluckens ausgeführt werden, die
Bestandteile des gesamten Systems als eine Einheit
bewegen müssen.
Wie bei allen geschlossenen Systemen neigen alle instabilen Bestandteile oder fehlerhaften Teile dazu, das
gesamte System zu stören oder, besser ausgedrückt, die
absolute Intaktheit des Systems zu bestimmen. Eine
Kette ist schließlich nur so stark wie ihr schwächstes
Glied!
Wenn wir so wichtige Bestandteile wie das Kiefergelenk
und das Becken betrachten, erstaunt es tatsächlich
nicht, dass es der permanenten Intaktheit der Struktur
und ihrer Aufrechterhaltung ungemein schadet, wenn
Imbalancen in den beiden nicht entdeckt und wirksam
behandelt werden.
Michael Nixon-Livy, geboren 1954 in Australien, ist als
Referent, Lehrer, Autor und Heilpraktiker international
bekannt. Er verfügt über Ausbildungen auf dem Gebiet
der Kommunikation, der Psychologie, Kinesiologie und
der Bowen Wirbelsäulentherapie. Er entwickelte die
hoch gelobte Neurostrukturelle Integrationstechnik;
er reist durch die ganze Welt und bildet professionelle
Heilpraktiker aus.
Kontakt:
Michael J. Nixon-Livy
Löwenstraße 8
79199 Kirchzarten
Tel.: +49 (0)7661 90 57 26
Fax +49 (0)7661 90 57 26
[email protected]
www.nsthealth.com
ZUSAMMENFASSUNG
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Neurostrukturelle Integrationstechnik eine einzigartige
und leistungsfähige neuromuskuläre spinale Integrationstechnik ist, die darauf abzielt, Veränderungen tief
im menschlichen Organismus hervorzurufen, durch die
Schmerzen und eine Vielzahl von Symptomen schnell
beseitigt werden. Und schließlich kann hierdurch der
Ausgangspunkt für die Erlangung von Lebenskraft und
guter Gesundheit durch die Beachtung der Prinzipien
einer gesunden Lebenshaltung geschaffen werden.
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