Die Todesangst Christi miterleben

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Thema
der
Woche
Nr. 7 · 14. Februar 2016
Die Todesangst Christi miterleben
Vor 500 Jahren wurde die Berchinger Ölbergandacht gestiftet
A
lles ist bereit im Jubiläumsjahr für die erste Ölbergandacht, die am 11. Februar um
13.45 Uhr in der Berchinger
Sankt Lorenz-Kirche beginnt. Für
das nach der Predigt beginnende Spiel mit den drei Fällen Jesu
am Ölberg wurde bereits im vergangenen Oktober die Bühne im
Chorraum der früheren Pfarrkirche aufgebaut, um sie unter
der Regie des Altmesners Johann
Marschall auf den neuesten Stand
zu bringen. Teile der Elektrik
wurden verbessert und die
Vorhänge die für Bühne und
zur Abdunkelung der Kirche
erneuert.
als
Kurze Wiederbelebung
Stifter
Anlass des Jubiläums ist die
Stiftung einer „Angst“ 1516 durch
den wahrscheinlich aus Berching
stammenden Vikar, Kaplan, der
Nürnberger Sankt Lorenz-Kirche
Leonhard Grießel für die alte
Stadtpfarrkirche St. Lorenz in
Berching. Diese vor 500 Jahren
ins Leben gerufene Andacht zur
Todesangst Christi am Ölberg,
auch Agonia Christi genannt,
sollte an den Donnerstagen der
Fastenzeit an die Todesangst
Christi im Garten Gethsemane
erinnern.
Die Stiftung des Nürnberger
Kaplans erhielt in der Zeit von
1595 bis 1714 etliche Zustiftungen.
So sollte die Angstandacht an jedem
Donnerstag – nicht nur in der
Fastenzeit – in der neuen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, seit
1714 figuriert und mit Gesang,
gehalten werden, um den Gläubigen
das Leiden Christi sinnfällig vor
Augen und damit zu Gemüte zu
führen – ein Vorläufer des Ölbergspiels.
Für derartige „Gefühlsduseleien“
war in der Zeit der Aufklärung
ab dem Jahr 1770 kein Platz.
So wurden sowohl die Andachten
wie auch das Ölbergspiel verboten.
Erst die Franziskaner, die 1806
ihren Konvent in Beilngries verlassen und nach Berching ziehen
mussten, ließen die alte Berchinger
Tradition zumindest an den sechs
Donnerstagen der Fastenzeit wieder
Fotos: Altrichter
K aplan
ein Gemälde, die Kirchenwände
Fresken. Außerdem wurden neue
Altäre, Beichtstühle, eine neue
Kanzel und Orgel aufgestellt. Diese
neue Pracht könnte durch den
Ruß der vielen Lampen, die beim
Ölbergspiel brannten, Schaden
nehmen, befürchteten die Ordensbrüder. Deswegen fanden die Andachten ab 1881 ohne Spiel statt.
Szene aus dem dritten Fall des Ölbergspiels: Der Engel reicht
Jesus dreimal den Kelch des Leidens. Jesus nimmt ihn bereitwillig an.
auf leben. Sie verlegten die
Andacht jedoch in ihre Klosterkirche, dem heutigen Pfarrheim
Pettenkoferhaus. 1854 berichten
die Quellen, dass in der Franziskanerkirche „ein Ölberg über dem
Hochaltar mit einem lebendigen
Engel“ errichtet worden sei.
Knapp dreißig Jahre später
stand die Ölbergandacht erneut
vor dem Aus. Diesmal war die
Restaurierung der Klosterkirche
die Ursache. Die Franziskaner
hatten in den Jahren 1878 bis 1881
die Klosterkirche völlig erneuern
lassen. Die neue Weißdecke erhielt
Drei Berchinger Bürger, ein
Konditor, ein Kaufmann und ein
Kunstschreiner, belebten „von
religiösem Sinn und echtem
Lokalpatriotismus erfüllt“ Ende
der 1920-er Jahre die „alte
fromme Vatersitte“. So konnte
am 21. März 1929, dem letzten
Fastendonnerstag, die erste szenische Ölbergandacht gefeiert
werden. Der Andrang war so groß,
dass, obwohl die Andacht erst um
13 Uhr begann, um 11 Uhr alle
Sitzplätze belegt waren und um
12 Uhr auch kein Stehplatz mehr
frei war. Daher versuchte man ab
1930 die Besucher nach Geschlecht
und Stand einzuteilen. Ein Vorteil
für den Fastenprediger, der schon
im Vorneherein wusste, wen er
hauptsächlich vor sich hatte.
Einer der beiden Christussänger,
Erhard Stadler, hat die Geschichte
der Berchinger Ölbergandacht von
Ende der 1930-er Jahre bis heute
persönlich miterlebt. „Ich war
damals Ministrant und konnte
ziemlich gut singen“, erinnert sich
Darsteller: Seit 75 Jahren ist Erhard Stadler (l.) als Sänger dabei, zunächst Engel und seit 1956 als
Christus. Die Engel (v. l.) Hannah Dengler, Verena Daum und Elisabeth Dengler freuen sich schon.
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Predigten im Kloster
D
jedes Jahr dabei. Die letzten Jahre
hat es immer zwei Christussänger
gegeben, die sich miteinander
absprachen und abwechselten“,
weiß Stadler zu berichten.
1982 lebten die Ölbergandachten
und -spiele an ihrer Ursprungsstätte, der St. Lorenzkirche, besonders aufgrund des Engagements
von Stadtpfarrer Heinrich Füracker,
wieder auf.
Die Jubiläumsandachten stehen
unter dem Motto des heiligen Jahrs
der Barmherzigkeit. Als erster
Prediger am 11. Februar konnte der
in Fribertshofen geborene, Prof.
Dr. Franz Sedlmeier gewonnen
werden, für den 18. Februar Dekan
Monsignore Richard Distler. Am
25. Februar ist der Eichstätter
Oberhirte Gregor Maria Hanke
der Fastenprediger, ihm folgen am
3. März Abt Thomas Maria Freihart
aus Weltenburg, am 10. März
Generalvikar Dompropst Isidor
Vollnhals und schließlich Diakon
Ulrich Wiechers am 17. März.
Klaus Kreitmeir
Fotos: Altrichter
der 85-Jährige. „Da fragte mich
der Herr Pfarrer, ob ich nicht den
Engel singen wolle. Natürlich
sagte ich zu.“ So sang der damals
Zehnjährige von 1939 bis 1942.
„1942 wurde“, laut Pater Edmund
Stöckerl, „die Abhaltung der
Ölbergandachten an den Donnerstagen quasi verboten Begründung:
Die Leute werden von der Arbeit
abgehalten.“Die Fastenpredigten
wurden darauf hin auf die jeweiligen Sonntage verlegt, nicht
aber die Ölbergandachten, da
diese die Kreuzwegandachten verdrängen würden. 1945 verhandelte
der Superior des Klosters über
einen Neustart der Andachten.
Doch erst eine Bürgerinitiative
erreichte 1951 die Genehmigung
durch das Bischöfliche Ordinariat.
„Von 1956 bis zur Auflösung
des Franziskanerklosters und damit
dem Ende der Andachten 1967
sang ich allein den Christus. 1982
bei der 1.100-Jahrfeier Berchings
konnte ich aus beruflichen Gründen
nicht singen. Aber seit 1993 bin ich
Vorstellung des Plakats und Büchleins (v l.): Michael Brandl und
Michael Langecker vom Ölberg-Komitee, Christus-Darsteller Hans
Dengler, Stadtpfarrer Artur Wechsler und Diakon Ludwig Fuchs
Dietfurter Buben, die abwechselnd den Part des Engels singen,
bereiten sich gerade auf ihren
Einsatz vor.
Auch wenn diesmal alle
Prediger von außerhalb der
Diözese Eichstätt kommen, so
haben sie doch Bezug zu den
Dietfurter Franziskanern. Prälat
Obermaier etwa ist ein lang-
Vorbereitungen
für das
Ölbergspiel
in der
Klosterkirche
der Dietfurter
Franziskaner:
Pater Samuel
Heimler (r.)
und Bruder
Robert Lenglein
hinter den
Kulissen.
Zuvor hatte es über fast 200 Jahre
hinweg „Angst“-Andachten in
der Stadtpfarrkirche Dietfurt
gegeben.
Am zweiten Donnerstag der
Fastenzeit predigt mit Pfarrer
Adrian Latacz aus Painten ebenfalls ein Priester der Diözese
Regensburg, die gleich hinter
Dietfurt beginnt. Die weiteren
Gäste sind Franziskanerpater
Franz-Josef Kröger, Provinzvikar in München (25. Februar),
Prälat Josef Obermaier aus
München (3. März), Abt Thomas
Feihart vom Kloster Weltenburg (10. März) und Pfarrer i. R.
Hans-Josef Bösl aus Abensberg/
Painten (17. März).
Jeweils um 13 Uhr beginnt der
Rosenkranz, um 13. 30 Uhr die
Predigt, um 14 Uhr das Ölbergspiel. Von 13 bis 13.30 Uhr
besteht Beichtgelegenheit. Für
alle, die tagsüber keine Gelegenheit zum Besuch der Ölbergandacht haben, findet am 18. März
um 19 Uhr eine Bußandacht
mit Ölbergspiel statt. Die drei
jähriger Freund von Pater
Raphael Konrad, der einst als
Kaplan in München im Einsatz
war. Pfarrer i. R. Bösl gehört
dem franziskanischen Dritten
Orden an. Abt Thomas, der
aus Fribertshofen stammt, hat
heuer nicht nur in Berching
ein Heimspiel als Prediger. Auch
die Dietfurter „Pfinstapredigt“
kennt er von klein auf.
Vor dem Start der Ölbergsaison richten die Dietfurter
Franziskaner einen Gruß an
das Team, das die Berchinger
Jubiläums-Ölbergandachten
organisiert. Die beiden Veranstaltungsreihen seien schließlich keine Konkurrenz, sondern
bereicherten die Glaubenslandschaft, meint Guardian Pater
Gabi Gess
Samuel Heimler.
Busgruppen, die zur Ölbergandachten kommen möchten,
werden um Anmeldung gebeten.
Kontakt: „[email protected]“, Tel.
08464/6520.
Foto: Gess
Das Ölbergbüchlein im Wandel der Zeit: Das zum Jubiläum
neu erschienene hat 32 Seiten (r.).
er Regensburger Bischof
Dr. Rudolf Voderholzer
hält heuer die erste von insgesamt sechs Fastenpredigten
bei der traditionsreichen Dietfurter Ölbergandacht mit Ölbergspiel. Er kommt am Donnerstag, 11. Februar, ins Dietfurter
Franziskanerkloster, wo die Andacht seit 336 Jahren stattfindet.