Die Wünsche der Bürger finden Gehör

Weilimdorf, Feuerbach, Botnang
II
Nr. 63
Freitag, 5. Juni 2015
Hunderte
Fahrräder für
den Kirchentag
Nach dem Event
verkauft die Neue Arbeit ihre
Drahtesel an Bedürftige.
Von Alexandra Kratz
Feuerbach
D
ie Mitarbeiter der Fahrradstatio­
nen in Feuerbach, Bad Cannstatt,
Vaihingen und Möhringen haben
in den vergangenen Tagen viel zu tun ge­
habt. Denn die Menschen in der Region ha­
ben dem Sozialunternehmen Neue Arbeit
knapp 1000 Fahrräder gespendet. In den
Fahrradstationen wurden diese wieder
flott gemacht. Teils haben die Mitarbeiter
aus zwei alten Rädern ein neues zusam­
mengebaut. Alle Drahtesel sind verkehrssi­
cher. „Das ist uns wichtig“, sagt Ulrich Ra­
beneick, der bei der Neuen Arbeit für die
Fahrradstationen verantwortlich ist.
Die gespendeten Räder sind für die Be­
sucher des Kirchentags gedacht, der noch
bis Sonntag in Stuttgart stattfindet. Der
Veranstalter gibt sich umweltfreundlich.
Zum Mobilitätskonzept gehören auch Las­
tenräder, mit denen Güter transportiert
werden, und Fahrradkuriere, die Botschaf­
ten überbringen. So macht es der Evangeli­
sche Kirchentag seit 1999 und erhielt dafür
sogar den Deutschen Fahrradpreis. Damit
kein Besucher mit dem Rad liegen bleibt,
hat die Neue Arbeit auf dem Wasen, in Fell­
bach und bei der Liederhalle jeweils eine
mobile Werkstatt aufgebaut.
Wenn der Kirchentag am Sonntag dann
vorbei ist, sind knapp 1000 Fahrräder üb­
rig. Das Sozialunternehmen Neue Arbeit
hat schon ein Konzept erarbeitet, was dann
mit den Drahteseln passieren soll. „Wir
wollen diese Flüchtlingen und Bedürftigen
zur Verfügung stellen“, sagt Rabeneick. Er
habe dazu bereits Kontakt mit den Freun­
deskreisen für Flüchtlinge aufgenommen
und sei auf positive Resonanz gestoßen.
Die Wünsche der Bürger finden Gehör
Der Bezirksbeirat folgt
den Top­Ten­Vorschlägen im
Bürgerhaushalt, stellt teils aber
Bedingungen. Von Martin Braun
Weilimdorf
V
on den insgesamt 3732 im Bürger­
haushalt 2015 eingereichten Vor­
schlägen wurden deren 106 Weilim­
dorf zugeordnet. Davon wurden die zehn
bestplatzierten vom Bezirksbeirat in der
vergangenen Sitzung diskutiert. Dabei fan­
den nicht alle Forderungen die uneinge­
schränkte Unterstützung des Gremiums.
Der Wunsch der SG Weilimdorf, den
Tennenplatz in einen Kunstrasenplatz um­
zuwandeln, fand im Bürgerhaushalt 2032
Befürworter und landete auf dem vierten
Platz. Der Bezirksbeirat schloss sich dem
Votum an und unterstützte den Vorschlag
einhellig. Mit der Forderung nach einer
Sporthalle für Weilimdorf schaffte es ein
weiterer Wunsch aus dem Bezirk in die Top
Ten des Bürgerhaushalts, 1722 positive Be­
wertungen reichten für Platz sieben. Be­
gründet wurde der Vorschlag damit, dass
„bei vielen Angeboten der Sportvereine auf
Grund der kritischen Hallensituation ein
Aufnahmestopp verfügt“ worden sei.
Dieser Befund wurde vom Bezirksbeirat
hinterfragt. Die Bezirksvorsteherin Ulrike
Zich sagte, dass ihr der Wunsch nach einer
neuen Halle bekannt
„Mit dem
sei, die Vereine bis­
lang aber keine kon­
Bürgerhaus­
kreten Zahlen zum
halt ist das so
Bedarf vorgelegt hät­
eine Sache,
ten. Sie verwies zu­
weil jedes Mal dem auf eine Äuße­
etwas anderes rung der zuständigen
Bürgermeisterin Su­
nach oben
sanne Eisenmann bei
gespült wird.“ der diesjährigen Bür­
gerversammlung.
Annekathrin Essig,
Derzufolge liegt der
Bezirksbeirätin
Versorgungsgrad an
der Grünen
Sporthallen in Wei­
limdorf über dem städtischen Durch­
schnitt. „Der Wunsch nach einer besseren
Infrastruktur ist zu verstehen“, sagte Eber­
hard Keller von der SPD. Allerdings mo­
nierte er ebenso wie die Grünen und die
CDU­Fraktion die fehlende Datenbasis.
„Wir sehen im Moment den Bedarf nicht.
Das Bedürfnis ist wohl gegeben“, sagte An­
nekathrin Essig, Sprecherin der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
SÖS­Linke­Plus­Bezirksbeirat Peter
Hanle gab zu bedenken, dass die Ringer, aus
deren Reihen der Vorschlag im Bürger­
Die Forderung, das alte Rat­ und das alte Schulhaus schnell zu sanieren, wurde vom Weilimdorfer Bezirksbeirat mehrheitlich unterstützt.
Nur die CDU­Fraktion ist dagegen.
Foto: Archiv Leonie Hemminger
haushalt eingebracht wurde, immer wieder
auf die viel zu enge alte Wolfbuschhalle
ausweichen müssten. Freie­Wähler­Spre­
cher Michael Schrade wies darauf hin, dass
die Bürger den Vorschlag auf Platz sieben
gewählt haben. Auch im Hinblick auf das
Walz­Areal sei das eine Möglichkeit, den
Handlungsdruck zu erhöhen. Annekathrin
Essig zweifelte die Aussagekraft der Unter­
schriftenlisten an und hinterfragte das gan­
ze Verfahren: „Mit dem Bürgerhaushalt ist
das so eine Sache, weil jedes Mal etwas an­
deres nach oben gespült wird.“ Gleichwohl
wolle ihre Fraktion in der Hallenfrage eine
Bürgerbeteiligung. Letztlich einigten sich
die Bezirksbeiräte einstimmig darauf, den
Wunsch einer neuen Sporthalle in Weilim­
dorf unter der Prämisse zu unterstützen,
dass vorher eine entsprechende Bedarfs­
planung durchgeführt werde.
Dem Vorschlag, das alte Rat­ und das al­
te Schulhaus in Weilimdorf schnell zu sa­
nieren, schlossen sich im Bürgerhaushalt
533 Menschen an: Platz 86. Bei fünf Gegen­
stimmen beschloss der Bezirksbeirat, dies
zu unterstützen. Die CDU­Fraktion lehnte
das Ansinnen ab, „da eine Wirtschaftlich­
keit nicht gegeben ist“, wie Fraktionsspre­
cher Marc W. Benzinger erklärte. Und auch
der vierte Top­100­Vorschlag aus Weilim­
dorf, allen Zuwanderern kostenlosen
Deutschunterricht anzubieten, fand größ­
tenteils Zustimmung im Bezirksbeirat.
Einzig der Vertreter der AfD, Frank Ebel,
stimmte dagegen, weil der Vorschlag „sehr
pauschal formuliert“ sei.
Den Forderungen, dass die Stadtbahnli­
nie U 13 durchgängig bis Giebel fahren soll
und dass vermehrt altersgerechte Woh­
nungen bereitgestellt werden sollen,
schloss sich das Gremium einstimmig an.
Ebenfalls einstimmig fiel die Unterstüt­
zung für den Wunsch nach direkten Bus­
und Bahnverbindungen zwischen den
Stadtteilen aus, soweit dies mit dem Nah­
verkehrsplan vereinbar ist.
Beim nächsten Vorschlag, der Bepflan­
zung von Feldrändern mit blühenden
Auch Erstklässler können Erste Hilfe leisten
Blick in eine Fahrradstation.
Foto: Kratz
Zusammen mit der Stiftung Geißstraße,
dem Verein kinderfreundliches Stuttgart
und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad­
Club (ADFC) hat er ein Konzept ausge­
arbeitet. In diesem ist unter anderem fest­
gehalten, dass jeder Flüchtling, der ein
Fahrrad bekommt, auch eine Urkunde er­
hält, die den Besitz be­
stätigt. Denn leider sei
manch einer schnell
mit Vorurteilen. „Wir
wollen
vermeiden,
dass ein Flüchtling
unter Verdacht gerät“,
sagt Rabeneick. Die
Fahrräder sollen ver­
Kirchentag kehrssicher sein und
werden mit Helm und
in Stuttgart
Schloss ausgegeben;
3. – 7. Juni 2015
allerdings nur an die­
jenigen, die auch Fahr­
rad fahren können. „Wir müssen bedenken,
dass die Flüchtlinge nicht im deutschen
Straßenverkehr groß geworden sind“, sagt
Rabeneick. Außerdem müssen die Flücht­
linge die Räder kaufen: „Was nichts kostet,
ist auch nichts wert.“
Eine Möglichkeit für alle Bürger, günstig
eines der Räder zu ergattern, sind die Floh­
märkte der Neuen Arbeit am Freitag,
12. Juni, in allen vier Radstationen. „Wir
können so viele übrige Räder nicht lagern“,
erklärt Martin Tertelmann, der Sprecher
des Sozialunternehmens, warum die
Drahtesel so schnell auf allen Wegen ver­
kauft werden sollen. Für Bedürftige gibt es
auch dort Sonderpreise.
An der Kirchhaldenschule ist am vergangenen Mittwoch der
Arbeiter­Samariter­Bund zu Gast gewesen. Von Torsten Ströbele
Botnang
E
rste Hilfe kann jeder: So lautet das
Jahresmotto des Arbeiter­Samari­
ter­Bundes (ASB). „Man muss sie
nur erlernen“, sagt Karl­Eugen Altdörfer,
Mitglied des ASB­Bundesvorstandes. Doch
genau daran würde es in Deutschland ha­
pern. „Wer hier auf der Straße einen plötzli­
chen Herzstillstand erleidet, hat schlechte
Überlebenschancen.“ Nur in 16 Prozent der
Fälle würden die umstehenden Menschen
versuchen, die notleidende Person wieder­
zubeleben. In anderen europäischen Län­
dern liege die Quote bei 60 Prozent. „Der
ASB fordert deshalb, schon Kinder in Kita
und Schule an die Erste Hilfe heranzufüh­
ren“, sagt Altdörfer. Wie das gehen kann,
zeigte der ASB am Mittwoch an der Kirch­
haldenschule in Botnang.
Im Rahmen der Ferienbetreuung hatten
die Verantwortlichen des Schülerhauses
den ASB an die Grundschule geladen. Für
die 45 Erst­ bis Viertklässler war der Be­
such ein weiterer Höhepunkt, nachdem sie
die Tage zuvor schon auf dem Stadtteilbau­
ernhof in Bad Cannstatt waren oder den
Mobifant zu Gast hatten. Der ASB hatte
einen Parcours mit drei Stationen aufge­
baut. Vor der Schule lernten die Kinder
FAHRRADSTATIONEN
Standorte Die Fahrradstationen der Neuen
Arbeit: am Wiener Platz 1, an Gleis 1 im Feuer­
bacher Bahnhof (Telefon 54 06 50 56), an der
Kegelenstraße 17 in Bad Cannstatt (Telefon
50 59 37 29), an der Filderbahnstraße 59 in
Möhringen (Telefon 72 24 61 84), am Vaihinger
Bahnhof (Telefon 9 97 61 81).
Öffnungszeiten Alle Fahrradstationen haben
werktags von 7 bis 20 Uhr geöffnet. red
Im Rahmen der Ferienbetreuung des Schülerhauses an der Kirchhaldenschule haben
45 Kinder unter anderem etwas über die stabile Seitenlage erfahren.
Foto: Torsten Ströbele
unter anderem, wie Verbände angelegt
werden. Wenige Meter weiter stand ein
Rettungswagen. Dort erfuhren die Grund­
schüler, was bei einer eventuellen Vergif­
tung zu tun ist. Und natürlich, wie man es
vermeiden kann, selbst vergiftet zu wer­
den: Nichts von Fremden annehmen und
keine Beeren essen,
die man nicht kennt. „Wer hier auf
Die letzte Station der Straße
befand sich in einem einen
Klassenzimmer. Hier
ging es um die stabile plötzlichen
Seitenlage. „Wo fühle Herzstillstand
ich am besten, ob die erleidet, hat
Person noch atmet?“,
wurden die Mädchen schlechte
und Buben gefragt. Überlebens­
Sie sollten ihr Ohr an chancen.“
die Nase des Hilfebe­
dürftigen halten. Zu­ Karl­Eugen Altdörfer,
dem sei es wichtig, ASB­Bundesvorstand
den Brillenträgern
das Gestell von der Nase zu nehmen – nicht,
dass die Brille kaputt ginge und die Teile die
Augen verletzen würden.
„Das heute ist ein Pilotprojekt“, sagte
Andreas Freytag vom ASB. Man finanziere
Personal, Material und auch die Geschenke
für die Kinder. Die Mädchen und Buben er­
hielten beispielsweise einen kleinen Erste­
Hilfe­Kasten oder einen Magneten mit
Notrufnummern, den man an den Kühl­
schrank hängen kann. „Die Frage nach der
Finanzierung dieses Projektes wird sich
künftig auf jeden Fall stellen. Wir können
das nicht leisten, und auch die Schulen und
Kitas haben kein riesiges Budget“, sagte
Freytag. „Da sind die Kommunen gefragt.“
Insgesamt hat der ASB im Jahr der Ers­
ten Hilfe zehn Forderungen formuliert:
Unter anderem soll das Tragen einer Warn­
weste bei einem Unfall für alle Fahrzeugin­
sassen zur Pflicht werden. Jede Schule soll
einen Schulsanitätsdienst haben. Erste­
Hilfe­Kampagnen müssten ins Leben geru­
fen werden. Flächendeckend sollen Defi­
brillatoren öffentlich zugänglich sein. Alle
Erzieher, Lehrer und Übungsleiter sollen
zu Erste­Hilfe­Ausbildungen und regelmä­
ßigen Fortbildungen verpflichtet werden.
Pflanzen zur Erhöhung der Biodiversität,
war die Meinung des Weilimdorfer Ortsob­
manns Konrad Ritz gefragt. „Das stelle ich
mir schwer vor in der Bewirtschaftung“,
sagte der Landwirt. Allerdings gebe es
durchaus Kommunen, die solche Maßnah­
men förderten, und ab einer gewissen Flä­
che könnten dafür auch bei der EU Förder­
gelder beantragt werden. Der Bezirksbeirat
beschloss daraufhin bei zwei Gegenstim­
men der Freien Wähler, dass das Ziel des
Antrags begrüßt werde. Die Umsetzung
solle aber „in Einklang mit den Bedürfnis­
sen der Landwirte erfolgen“.
Das Ansinnen, auf den Dächern des Soli­
tude­Gymnasiums eine Solaranlage anzu­
bringen, fand die einhellige Zustimmung
des Gremiums. Auch die Forderung, an der
Bergheimer Steige und der Solitudestraße
Lastwagen­Verbotsschilder aufzustellen,
wurde einstimmig unterstützt – allerdings
ergänzt um die Prämisse, dass die Schilder
zusätzlich zu den dort bereits angebrach­
ten Verbotszeichen aufgestellt werden.
Kinderbetreuung
Interimskitas
eröffnen bald
Weilimdorf Die Träger der Interimskitas an
der Solitudestraße 121 und an der Hohen­
friedberger Straße 70 stehen fest. Beide
Einrichtungen sind in Systembauten
untergebracht und zeitlich befristet geneh­
migt. Die Betreuung der Kita Spatzennest
an der Solitudestraße übernimmt die Stutt­
garter Jugendhausgesellschaft. In acht
Gruppen werden dort 40 Kindergarten­
plätze und 60 Plätze für die Kleinkindbe­
treuung angeboten. Wann die Kita genau
eröffnet werde, stehe derzeit noch nicht
fest, sagt Sylke Bernet von der Jugendhaus­
gesellschaft. Das Betreuungsteam habe die
Räume zwar bereits bezogen, allerdings
müsse das Außengelände noch angelegt
werden. Zudem sei auch die Betriebs­
erlaubnis noch nicht erteilt worden. Den­
noch können Kinder bereits über die zent­
rale Anmeldeseite der Stadt unter
www.stuttgart.de/kits auf die Warteliste
gesetzt werden.
In der Einrichtung an der Hohenfried­
berger Straße liegt die Kinderbetreuung in
den Händen des privaten Trägers Himpel­
chen und Pimpelchen. Nach Auskunft der
Geschäftsführerin Cornelia Bains­Ter­
schawetz ist geplant, die Kita am ersten
September dieses Jahres zu eröffnen. In
drei Gruppen werden 30 Kinder unter drei
Jahren betreut, zudem gibt es eine Gruppe
für 20 Kinder von drei bis sechs Jahren. Im
Kindergarten sind noch Plätze frei, für die
Krippe gibt es eine Warteliste. Die Anmel­
dung ist sowohl über die zentrale Seite der
Stadt als auch über die Internetseite des
Trägers (www.him­pim.de) möglich. mab
Kurz berichtet
Feuerbach
Siedlungsgeschichte
Einblicke in die Feuerbacher Besiedlungsge­
schichte gibt Joachim Arendt am Dienstag, 9.
Juni, im Gemeindehaus St. Mauritius an der
Walterstraße 11. Beginn ist um 10 Uhr. mab