12-07-2006 Freies Wort

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SUHL
SHL4
MITTWOCH, 12. JULI 2006
HEINRICHSER RATHAUS
Lieber ein Museum
statt Musikschule
Wenn sich morgen Nachmittag der Ausschuss für Kultur,
Bildung und Sport zusammensetzt, werden sich die
Mitglieder auch über die
zukünftige Nutzung des
Heinrichser Rathauses verständigen – allerdings hinter
verschlossenen Türen im
nichtöffentlichen Teil.
Öffentlich denken dagegen
die Suhlerinnen Brigitta
Wurschi, Helga Eppner und
Brigitte Günkel über das
Thema nach.
Gestern wurde vor dem CCS der Ausschnitt aus dem bekannten Wandbild von Willi Sitte aufgebaut, den die Suhler früher „Pimmelmann“ getauft hatten.. FOTOS: frankphoto.de
VORBEREITUNG DER AUSSTELLUNG
„Pimmelmann“ ist wieder in Suhl
Bevor die Sitte-Schau „Der nackte Mensch“ öffnet, wirbt ein Teil des Wandbildes schon heute dafür
VON STEFAN REISNER
Noch vor einer Woche stand
in den Sternen, ob ein Detail
des großen Wandbildes von
Willi Sitte aufgebaut werden
und so auf die Schau aufmerksam machen würde, die
am Samstag eröffnet werden
soll. Seit gestern ist Gewissheit, dass es so ist, wie sich
Kulturamtsleiter Matthias
Rolfs das gewünscht hatte.
SUHL – Mitarbeiter des Bauhofes
waren gestern damit beschäftigt, einen Teil der Kacheln des
größten Wandbildes von Willi
Sitte gleich neben dem Eingang
zum CCS anzubringen. Das gesamte riesige Werk, das in Suhl
von 1977 bis 1993 stand, ist es
nicht, aber ein Teil von 2,50 mal
8,50 Metern. Und einer, der die
Diskussionen damals bestimmte
ist es noch dazu: der Pimmelmann, wie der Volksmund den
nackten Mann nannte. Das
passt ganz gut, schließlich trägt
die Ausstellung, die im Rahmen
des Provinzschreis eröffnet wird,
auch den Titel „Der nackte
Mensch“ und zeigt Malerei und
Grafik von Willi Sitte.
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Herr Mittelmaß
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Einige Hauptwerke wie die bekannte „Landsauna“ werden gezeigt, „vor allem wollen wir aber
die Nachwendekunst von Willi
Sitte ausstellen“, sagt Annette
Wiedemann, die Galeristin im
CCS. Thematisch werden neben
Paaren und Akten auch die
Schattenbilder, das Vanitas-Motiv und die Bilder zu Herrn Mittelmaß gezeigt. „Wir haben die
politische Dimension bei Sitte
nicht weggedrückt“, sagt die Galeristin, „unterschwellig ist sie
auch bei diesen Bildern vorhanden.
Insgesamt werden 29 Bilder
und 30 Grafiken von Willi Sitte
gezeigt. „Das geht an die Grenze
der Räumlichkeit“, sagt Wiedemann, aber sie weiß auch, dass
eine solche Schau in nächster
Zeit wohl nicht mehr zu sehen
sein wird. Und überhaupt grenzt
es fast schon an ein Wunder,
dass der Künstler in Suhl ausstellt. Hatte sich Sitte doch vorgenommen, nie wieder im Osten ausstellen zu wollen, weiß
Kulturamtsleiter Matthias Rolfs.
Die Suhler Ausstellung ist jedenfalls in dieser Dimension nach
der Dauerausstellung in Merseburg die erste Ausstellung im öffentlichen Bereich.
Es werden zum Teil sehr große
präsentiert:
13. – 16. Juli 2006
HAUS PHILHARMONIE SUHL
Donnerstag, 13. Juli 2006 (Haus Philharmonie)
19.30 Uhr: Lesung und Musik mit Ulla Meinecke „Im Augenblick“
Freitag, 14. Juli 2006 (Haus Philharmonie)
17.00 Uhr: Auswertung des thüringenweit ausgeschriebenen Literaturwettbewerbes
zum Thema „Angespitzt“ (Stadtbücherei)
19.00 Uhr: Lesung: Andreas Gläser „DJ Baufresse“
21.00 Uhr: Lesung mit Musik: Katharina Franck (Rainbirds) „Zeitlupenkino“
23.00 Uhr: Mitternachts-Theater: Impro-Theater-Match mit „Frisch gepresst“ und „Paternoster“
01.00 Uhr: Disko: mit „DJ Baufresse“
Samstag, 15. Juli 2006 (Haus Philharmonie)
15.00 Uhr: Kinderprogramm: Tina-Louise Fischer
16.00 Uhr: Lesung: Gisela Steineckert „Das Schöne an den Frauen, der Liebe und den Männern“
18.00 Uhr: Feierliche Eröffnung der Willi-Sitte-Ausstellung
und kunstwissenschaftlicher Vortrag zur Ausstellung
20.00 Uhr: Ein-Mann-Theater: Andreas Breiing „Hitlers Tischgespräche“
21.30 Uhr: Lesung: Merle Hilbk „Sibirski Punk“
23.00 Uhr: Musik: Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot
01.00 Uhr: Disko mit DJ Fruchtsaft
Sonntag, 16. Juli 2006 (Cineplex)
18.00 Uhr: Lesung: Clemens Meyer „Als wir träumten“
20.00 Uhr: Kino: Berlin is in Germany
Kartenvorbestellung: 岼 (0 36 81) 80 60 92 oder per Mail:
[email protected] · Infos unter: www.provinzschrei.de
Kartenvorverkauf:
• Freies Wort Geschäftsstellen • Tourist Info Suhl • RVG Reisebüros
• Buchhaus Suhl • Rimbach Buchhandlung Suhl
provinzschrei
6. Thüringer Kunst- und Literatursommer
rovinzscl
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Bilder in Suhl gezeigt. Eines davon ist das Triptichon „Landaufenthalt“, eine Leihgabe aus
Würzburg. Aber auch viele kleinere Werke werden in der Galerie im Atrium des CCS und im
Haus Philharmonie gezeigt.
„Die kleinen Arbeiten sind vor
allem sehr persönliche“, weiß
Annette Wiedemann. Besonders
die Alterssicht des Künstlers und
dessen Weisheit widerspiegeln
die Werke, die in der Suhler
Schau gezeigt werden.
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Provokantes Bild
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Damit den Besuchern der Zugang zu den Werke der Ausstellung erleichtert wird, soll es
auch Führungen geben. Dazu
haben sich drei Menschen aus
Suhl bereit erklärt.
Weil Suhl mit dem Wandbild
„Kampf und Sieg der Arbeiterklasse“ so eng verbunden ist, soll
es auch einen Hinweis und eine
Erklärung zu dem riesigen Werk
in der aktuellen Ausstellung geben. Auf Fotografien wird es in
der neuen Sitte-Ausstellung zu
sehen sein. Der nackte Mann aus
diesem Werk ist ja in Originalgröße zu sehen. Ob dieses provokante Bild auch heute noch zum
öffentlichen Ärgernis wird, darauf ist Suhls Kulturamtsleiter
auf jeden Fall gespannt.
쮿 Eröffnung der Ausstellung „Der
nackte Mensch“ mit Werken von
Willi Sitte im Rahmen des Provinzschreis am Samstag, dem 15. Juli,
18 Uhr, CCS (Grafik) und anschließend im Haus Philharmonie (Malerei). Der Eintritt kostet ab Sonntag für beide Teile der Ausstellung
vier Euro.
KULTUR IN KÜRZE
Corpus delicti: Plektrum
SUHL – Schwarz war es ja, aber
mit Drums, mit Trommeln, hatte es ja nun nichts zu tun, das
kleine Plasteplättchen, das man
zum Anreißen der Saiten verwendet. Es heißt deshalb auch
nicht Blackdrum (wie in der
Montagsausgabe unter Pressefestsplittern geschrieben). Das
Corpus delicti nennt sich: Plektrum. Tja, so ist es mit Fremdwörtern. Aber es sei jemandem
verziehen, der leider kein Instrument und deshalb auch kein
Zupftinstrument spielt. (red)
Reise mit Knabenchor
SUHL – Der Suhler Knabenchor
fährt in der Woche von Sonntag,
dem 20., bis Sonntag, 27. August
ins Sommerchorlager nach Taltitz (bei Plauen). Viel singen und
baden oder zum Beispiel ein Besuch im Raumfahrtmuseum stehen auf dem Programm. Jungs
ab acht Jahren, die nicht im Verein singen, sind ebenfalls eingeladen. Die Fahrt inklusive Verpflegung und Eintrittsgelder
kostet 175 Euro, Anmeldungen
sind noch bis morgen möglich.
Informationen: 03681/743054
Ferien in der Bücherei
SUHL – Die Stadtbücherei Suhl
hat für Schüler der ersten und
zweiten, sowie für Schüler der
dritten und vierten Klasse jeweils verschiedene Angebote zur
Feriengestaltung. Ein Literaturquiz mit Musik, Hörspielen und
Bildern soll es beispielsweise für
die Kleineren, eine Geschichte
von Räuber Hotzenplotz für die
Größeren geben. Informationen
unter 03681/351117 .
In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Jens Triebel (parteilos) und den Vorsitzenden des
Ausschusses für Kultur, Bildung
und Sport, Hendrik Neukirchner
(Aktiv für Suhl), äußern sie sich,
zukünftig im Heinrichser Rathaus ein Städtisches Museum
einzurichten. Suhl brauche eine
solche Einrichtung, da das Waffenmuseum diese Funktion nur
zu einem eher geringen Teil erfüllt. „Suhler Geschichte lässt
sich nicht nur auf die Waffenproduktion reduzieren und darf
auch nicht nur darauf reduziert
werden“, schreiben die drei Suhlerinnen, die besorgt sind um
die regionalgeschichtliche Bildung der nachfolgenden Generationen.
Eine lebendige, mit vielen Exponaten illustrierte Darstellung
der Stadtgeschichte wünschen
sich die Verfasserinnen des offenen Briefes, in dem alle bedeutenden Persönlichkeiten der
Stadt gewürdigt werden, dass
vom alten, aber auch vom neuen sozialistisch umgestalteten
Suhl erzählt, weil gerade diese
40 Jahre das Stadtbild grundle-
gend verändert haben. Zur Gestaltung eines Kinderzimmers
eines Fabrikantenkindes der
Gründerzeit könnten Teile der
gesammelten Spielsachen von
Herbert König integriert werden, benennen sie eine ganz
konkrete Vorstellung. Aber auch
Schlegelmilchporzellan und die
Darstellung der verschiedenen
Ortsteile wären ihrer Meinung
nach denkbar. Auch sollte ein
Trauzimmer dort Platz finden
und die Gaststätte sollte wieder
belebt werden. „Ein Museum belebt aus unserer Sicht den herrlichen Heinrichser Straßenmarkt
deutlich mehr als die Musikschule“, schreiben die drei Suhlerinnen.
Verein zur Finanzierung
Dass die Städtische Musikschule
in das Heinrichser Rathaus einziehen könnte, dagegen sprechen sie sich allerdings aus. Statt
dessen sollte die Städtische Musikschule in die ehemalige Bibliothek im Haus Philharmonie
einziehen. „Wenn Dach und
Fenster dicht sind, könnte es
vielleicht auch für Handwerker
dieser Stadt eine Ehre sein, mit
zu tun, einerseits das eigentlich
schöne, stadttypische Haus wieder zum Leben zu erwecken, andererseits der Musikschule ein
Domizil zu geben. Ein hässlicher
Fleck würde verschwinden, und
ein Haus im Stadtzentrum würde mit neuen Inhalten gefüllt“,
heißt es in dem Brief.
Um die Finanzierung der Städtischen Musikschule zu sichern,
schlagen die Frauen die Gründung eines Musikschulvereins
analog dem Orgelbauförderverein der Kreuzkirche vor. (red)
STIFTUNG
Stammvermögen gesteigert
SUHL / SCHMALKALDEN – Als einen
„großen Schritt weiter in Richtung Lebensfähigkeit einer Stiftung“ bezeichnete der Vorstandsvorsitzende der Stiftung
Südthüringisches
Kammerorchester, Wolfgang Fuchs, die Zustiftungen im Jahr 2005 und
2006. Im Stifterbrief 2006 veröffentlichte er jetzt die Stiftungsstammvermögen. Demnach betrug es am 31. Dezember 2005
187 783,16 Euro. Zum 12. April
2006 habe sich das Stiftungsstammvermögen auf 204 724,34
Euro erhöht. Ein Drittel der Zinsen, die im Jahre 2005 erwirtschaftet wurden, verblieben im
Stiftungsstammkapital. Die restlichen zwei Drittel flossen in
den Haushalt, heißt es weiter.
Der Landkreis SchmalkaldenMeiningen stiftete im vergangenen Jahr 26000 Euro. Er habe damit „die wachsende Bedeutung
unserer gemeinnützigen Bürgerstiftung“ unterstrichen. Insgesamt wird die Stiftung derzeit
von 296 privaten und öffentlichen Förderern unterstützt.
Das Südthüringische Kammerorchester hat mit elf Musikern mittlerweile eine feste Besetzung. Der Klangkörper hat
unter dem Dach der Stiftung im
vergangenen Jahr seine Konzerttätigkeit aufgenommen. Die
Spielzeit 2005 habe bewiesen,
dass es prinzipiell möglich ist, in
Wolfgang Fuchs
dieser Formation wirtschaftlich
bestehen zu können, hieß es in
dem Stifterbrief. 70 Kammerorchesterkonzerte hätten eine
kontinuierliche Leistungssteigerung gezeigt. In diesem Jahr nun
versucht die Stiftung, die Musiker dazu zu bewegen, sich in
Schmalkalden anzusiedeln. Erste positive Entscheidungen gebe
es schon. Wichtiger Programmpunkt werden nun auch Konzerte in Kindergärten und Schulen.
„Die Bildungs- und Ausbildungsarbeit für Kinder und Jugendliche auf musikalischem
Gebiet hat einen hohen Stellenwert für die Stiftung“, heißt es
abschließend. (red)
Sommerfilmnacht
in Mäbendorf
Eine schöne Symbiose gehen
einmal im Jahr der Sommer
und der Kinofilm in Mäbendorf ein. Deshalb heißt der
Abend in der Alten Schule
auch Sommerfilmnacht. In
diesem Jahr wird am 22. Juli
unter freiem Himmel der
Musikfilm-Klassiker „The
Commitments“ gezeigt.
Damit der Einstieg zum Film
stimmt, wird Wolfgang Stetefeld ab 20 Uhr musikalisch
einstimmen. Mit Einbruch
der Dunkelheit beginnt dann
die Bildmaschine zu rattern –
ein Fest für Freunde der
35-Millimeter-Technik.
Gegen Mitternacht wird
dann im Atelier der Film „Im
Juli“ mit Moritz Bleibtreu
gezeigt.