hausberg-2015-12

86. Jahrgang · Dezember 2015 · Nr. 12
Flurbereinigung von 1957 bis 1971
Zur Erinnerung an die Neubesiedlung von Königshagen vor 50 Jahren Teil 2
von Wilfried Henkel
Flurbereinigung, Wegebau und Gewässernetz
28 km Kiesschotterwegen und
Das Flurbereinigungsgebiet hatte eine Gesamtfläche von
1.439 ha., 647 ha Ackerland, 442 ha Grünland und 201 ha
Waldungen. Weiter 122 ha Wege und Gewässer, 27 ha Hofräume und Gärten.
22 km Wegen im Erdwegebau konnten die Landeigentümer ihren Besitz zur Bewirtschaftung beschwerdefrei
erreichen.
83 km Neubau bzw. Wiederherstellung von Gräben mit
4,6 km Durchlässen,
3 km massive Brücken sowie 60 ha Umbrüche und Drainagen veränderten das Netzwerk des Wegebaus.
Beteiligte: 620 Eigentümer bei der Einleitung der Flurbereinigung
510 Eigentümer nach der Flurbereinigung infolge
von Landverkäufen zur Aufstockung von landwirtschaftlichen Betrieben.
Ausbau des Wege- und Gewässernetzes
Durch den Ausbau des Wege- und Gewässernetzes erfuhr
die gesamte Flur eine strukturelle Veränderung, die in Verbindung mit der Zusamnenlegung der handwirtschaftlichen
Flächen zu einer Verbesserung der Bewirtschaftung führte:
Auf 34 km öffentlichen Wegen und Wirtschaftswegen
(Beton oder Bitum),
Finanziert wurden diese Maßnahmen durch Zuschüsse der
Bundesrepublik Deutschland, des Landes Niedersachsen
und des Landkreises Osterode am Harz.
Eigenleistungen erbrachten die Teilnehmergemeinschaft
der Flurbereinigung in der Gemeinde Barbis und die Forstgenossenschaft Barbis, die Oderkies kostenfrei zum Ausbau
der Straßen im Wert von 1.000.000.- DM zur Verfügung stellte.
Der Landwirt Hermann Lüer erwarb sich bei der Planung
und Ausführung der Straßenbau-, Wegebau- und Gewässermaßnahmen als ortsansässiger Berater große Verdienste.
Und 1963/64 waren schon die ersten Höfe bezogen. Hier: Blick von der „Kalkröste“ auf das „Faule Feld“ am Rotenberg. Vorn rechts der Hof von Max Schröter. Vorn links der
Hof von Karl Tabbert und im Hintergrund: links der Hof von Waldemar Wode, rechts der Hof von Erwin Jürgens
Rund um den Hausberg
Wegenetz der Barbiser Flur, wie es während der Verkopplung 1893-1902 entstanden sein könnte.
1971:Am 25. März wurde das Flurbereinigungsverfahren
durch das Niedersächsische Kulturamt Göttingen
abgeschlossen. Die Schlussfeststellung drückte aus,
dass das Flurbereinigungsverfahren Barbis mit der
Feststellung abgeschlossen wurde, dass den Beteiligten keine Ansprüche mehr zustünden, die in diesem
Verfahren hätten berücksichtigt werden müssen.
Die Aufgaben der Teilnehmergemeinschaft sind beendet, sie wurden von der politischen Gemeinde
übernommen. Die Flurbereinigungsbeiträge wurden
von dem Kassenverwalter, August Kröning, für die Gemeinde Barbis eingezogen.
1981: Mit Ablauf des Jahres 1981 sind die Flurbereinigungskosten von den Landeigentümern abgetragen. Ab
1982 werden keine Beiträge mehr erhoben.
2015:Nach ca. 50 Jahren sind die anfänglichen Bedenken
bei der Hofgründung in den 1960er Jahren vergessen. Über die Kopfschmerzen von damals könnte
man heute nur noch schmunzeln.
Der anfangs erwähnte „Glücksfall“ für Barbis war voll in die
Wirklichkeit umgesetzt worden.
Die fünf Weiler mit ihren 13 Bauernanwesen sind ein nicht
mehr wegzudenkender Bestandteil von Barbis.
Wenn auch die landwirtschaftliche Struktur sich verändert
hat und ein allgemeiner Wandel nicht aufzuhalten war, so
hat das Ansehen von Königshagen darunter nicht gelitten.
Für mich ist es die schönste Region von Barbis, die ich gern
„Königshagener Schweiz“ nenne.
Rund um den Hausberg
Ich könnte mir vorstellen, dass Hermann Löns, durchschritte
er heute die Flur von Barbis, seine Freude hätte und nicht
mehr abwertend von „Verschandelung“ spräche.
Wilfried Henkel
Quellenangabe:
1. Heimatgeschichtliche Unterlagen über die Verkoppelung in Barbis aus dem
Stadtarchiv/Heimatmuseum von Bad Lauterberg im Harz
2. Festschrift von Alfons Kanefke † von 1983 über die Neubesiedlung von
Königshagen
Ein Aussiedlerhof (Köchermann) – 3 Generationen, von links: Walter Fiekert, Otto
Köchermann und Stefan-Otto Köchermann, die Generationsfolge ist gesichert,
Bemerkenswertes aus Bad Lauterberg und Umgebung
vor 100 Jahren (1915)
Herausgesucht aus dem „Lauterberger Wochen- und Anzeigeblatt“ und zusammengestellt
von Hans-Heinrich Hillegeist
Das zweite Jahr des 1. Weltkrieges war auch in Bad Lauterberg gekennzeichnet durch die Sorgen um die Soldaten auf
den verschiedenen Kriegsschauplätzen, aber auch durch
die Sorge um eine vernünftige Versorgung der Bevölkerung
in der Heimat. In Bad Lauterberg hat sich vor allem der Vaterländische Frauen-Verein tatkräftig eingesetzt für die Soldaten
an der Front und für die Bedürfnisse vor Ort.
Nachrichten vom Kriegsgeschehen
Das Wochenblatt brachte einerseits frohe und stolze Botschaften zu Beförderungen und von Ehrungen, vor allem
von der Verleihung des Eisernen Kreuzes. Diese Kriegsauszeichnung wurde 1813 während der Befreiungskriege gestiftet, 1870 erneuert für die Dauer des Deutsch-Französischen
Krieges und dann am 5. August 1914 von Kaiser Wilhelm II.
für den Ersten Weltkrieg.
Kriegsauszeichnungen
Das Eiserne Kreuz wurde verliehen: an die Lauterberger
Schlosser Robert Schrader, Musketier Alwin Gerlach, Telegraphisten Ludwig Luthin, Unteroffizier Heinrich Teitzel,
Gefreiter Biet (im Zivilleben Steiger auf Grube Wolkenhügel), Gefreiter Karl Lüder von der 12. Bäckerkolonne des X.
Armeekorps, Sanitäts-Unteroffizier Walter Jahns, Gefreiter
Hermann Schormann, Kriegsfreiwilliger Masch.-Anw. Alfred
Annies, leitender Ingenieur auf einem Torpedoboot Robert
Füllgrabe, Vize-Wachtmeister d. R. Alfred Siebert, Landsturmmann Wilhelm Holzigel, Gefreiter Willi Weiß, Fähnrich
Ernst Husemann, Landwehrmann und Elektrotechniker
Alfred Wiedemann und Unteroffizier d. R. Karl Dreymann.
Der Ersatzreservist Karl Lange erhielt die württembergische
Silberne Verdienstmedaille und Fähnrich Ernst Husemann
zusätzlich zum EK die österreichische Tapferkeitsmedaille.
Leutnant d. R. Karl Osterwald, Sohn des Domänenpächters
Domäne Scharzfels, wurde mit dem EK und dem bayerischen
Militär-Verdienst-Kreuz mit Krone und Schwertern geehrt.
Vor allem für die Angehörigen war die Nachricht vom Verlust
des Sohnes, des Vaters, der „auf dem Felde der Ehre“ sein
Leben für das Vaterland geben musste, besonders schmerzhaft. Nachfolgend sind die Namen für das Jahr 1915 aufgeführt. Die Angaben aus dem Wochenblatt sind durch eine
Liste der Gefallenen, die im Kirchenarchiv vorliegt, ergänzt
worden. Bei einigen Soldaten konnte der Ort des Todes
nicht ermittelt werden.
Den Heldentod starben 1914/1915
Postassistent Otto Dietrich 28.12.14 Verdun, Ers. Reservist
Karl Störmer 5.1.1915, Wehrmann Karl Fischer 10.1. + Res.
Lazarett, Musketier Bankbeamter Walther Klingemann
13.1. + Lazarett Zlota / Polen, Obermaschinist Bäcker Otto
Teil 1
Klapproth 24.1. vor Helgoland auf der S.M.S. Blücher, Ersatzreservist Karl Störmer 5.1., Wehrmann Hermann Markenke 14.3. Argonnen, Husar Bäcker Paul Weiß 28.3. Rawa /
Russland, Musketier Bergmann Ferdinand Wedekind 2.4.,
Füselier, Polierer Karl Ascher 24.4. Cambrai, Makowisko,
stud. phil. Ludwig Ringeling 28.4. Ypern, Friseur Willi Junge
6.5. östl. Kriegsschauplatz, Wehrmann Artur Richter 26.5.
Russland, Musketier Arbeiter Wilhelm Zietz 27.5. an d. Dubissa /Russland, Unteroffizier Tischler August Ahrend 28.5.
vermisst in Russland, Wehrmann Schlosser Karl Schwanert
29.5. La Bassée, Wehrmann Schauspieler Wilhelm Reuß
30.5. Frankreich, Musketier Fuhrmann Wilhelm König 3.6.
Douai, Ersatz-Reservist Kaufmann Karl Lockemann 4.6. La
Bassée Frankreich, Ersatz-Reservist Pinselmacher Ludwig
Künemund 4.6. La Bassée, Musketier Kellner Hermann
Stautmeister 14.6. Omphi / Osten, Unteroffizier Ingenieur
von der Königshütte Bernhard Ostendorf 15.6. La Bassée,
Ersatz-Reservist Former Friedrich Otte 15.6. La Bassée, Ersatz-Reservist Briefträger Hermann Speit 15.6. Vogesen,
Reservist Ludwig Türke 16.6., Musketier Arbeiter Hermann
Schinkel 30.6. Binarville, Grenadier August Reupert Juni
1915, Matrose Maurer Werner Appel 6.7. mit S.M.S. Königsberg, Musketier Bäcker Gustav Völker 6.7. + Lazarett Saarbrücken, Grenadier Tiefbautechniker Otto Horre 13.7. Neuville, Landsturmmann Maurer Gottlieb Wenzel 15.7. Lazarett
Königsberg, Landsturmmann Otto Gundlach 20.7. Russland, Ersatz-Reservist Waldarbeiter Eduard Stahmann 29.7.
La Barrée, Grenadier Möbelpolier Heinrich Linkelmann 30.7.
Rejowiece / Russland, Grenadier Eisendreher Wilhelm Fricke
5.8. Tschermi (Osten), Gefreiter Tischler Alwin Gerlach 5.8.
Woelta Stara / Ost, Landwehrmann Pinselmacher Karl Rapp
10.8. vermisst, Landsturmmann Drechsler Karl Klapproth
17.8. Augustewo, Ersatz-Res. Pionier Zimmermann Wilhelm
Carl 18.8. Münstertal / Vogesen, Musketier Arbeiter Gustav
Oppermann 22.8. Vogesen, Musketier Kaufmann Otto Breme 23.8. Mitau / Russland, Grenadier Waldarbeiter Wilhelm
Hahn 3.9. verwundet vor Warschau + Lazarett Osnabrück,
Füselier Handl.-Gehilfe Wilhelm Steckhahn 10.9. Somme,
Musketier Holzhauer Wilhelm Luthin 1.10. Champagne, Ersatz-Reservist Werkmeister Willi Carl (Adler-Pinselfabrik H.W.
Kaufmann) 4.10. + Feldlazarett Loos, Landsturmmann Kaufmann August Lendrodt 6.10. vermisst, Reservist Bergmann
Gerhard Zesch 7.10. vermisst in Frankreich, Landsturmmann
Tischler Ludwig Ernemann 9.10. Loos, Offizier-Stellvertreter
Fabrikbesitzer Albert Haltenhoff 13.10. in Dünaburg, Wehrmann Wilhelm Schwanert 25.12.
Aus Barbis
Oberleutnant Friedrich August Weber, Sohn v. Pastor Weber,
10.6. in Russland, Musketier Robert Morich 1.9. in Russland,
Musketier Wilhelm Fricke + Lazarett Grodno (Russland),
Landsturmmann Wilhelm Holzapfel 9.10. + Feldlazarett nach
Verletzungen bei Arras.
Rund um den Hausberg
Aus Bartolfelde
Robert Müller, Bergmann (Schwerspatgrube), Wilhelm Kreter 2.10. in Frankreich.
Weitere Nachrichten vom Krieg
Aus der Familie Fabrikant August Haltenhoff sind vier Söhne
und ein Schwiegersohn bei den Waffen (29.1.). Der zweite
Sohn, Willi, der als Leutnant in Russland kämpfte, erlitt in
Frankreich eine Schusswunde, vor mehreren Monaten hat
eine Granate den Fuß so verletzt, dass eine Abnahme des
Beines oberhalb des Knies nötig wurde. Der dritte Sohn, August, wurde als vermisst gemeldet. Der älteste Sohn, Albert,
Inhaber der im Odertal gelegen Kistenfabrik, fand durch
Kopfschuss den Tod.
Siegesnachrichten
Mitte Februar wurde die siegreich verlaufene neuntägige „Winterschlacht in Masuren“ mit hellem Jubel begrüßt,
zahlreiche Flaggen wehten von den Häusern. Weitere Siegesnachrichten wurden in Bad Lauterberg lebhaft gefeiert.
Bürgervorsteher Karl Hoppmann wieder zu Hause
Er wurde im September 1914 bei Reims in Frankreich schwer
verwundet – eine Kugel traf die rechte Brustseite und blieb
im Rücken in der Nähe des Oberarms stecken. Er geriet in
französische Gefangenschaft. In verschiedenen Lazaretten
in Südfrankreich wurde er verpflegt, da dann Atmungsbeschwerden eintraten, wurde er über Marseille nach Korsika
geschafft. Von dort wurde er über die Schweiz als gänzlich
Dienstuntauglicher eingetauscht. Am 29. Sept. kamen die
Ausgetauschten in Konstanz an, wo sie herzlich empfangen
wurden. Zum Empfang erschien das Großherzogpaar von
Baden. Als die Großherzogin die Kugel erblickte, bat sie sich
diese aus und versprach, sie als Uhrkettenanhängsel umarbeiten zu lassen. Am 25. Oktober traf die Kugel in Lauterberg
ein. Sie ist mit schwerem Golde eingefasst und trägt ein goldenes kurzes Kettchen zum Befestigen an der Uhrkette von
Karl Hoppmann, dessen rechter Arm gelähmt ist. (26.10)
Entflohene Kriegsgefangene
Waldarbeiter bemerkten am Ahrensberg zwei Personen, die
sich in verdächtiger Weise umhertrieben. Es waren entwichene kriegsgefangene Russen. Wachtmeister Wollenweber
nahm mit Hilfe der Waldarbeiter die beiden Personen fest und
brachte sie zunächst zum Hotel Wiesenbeker Teich. Hier wur-
Holz von Bockelnhagen für die Firma Böhme zur Herstellung von Gewehrschäften
(Fahrer Rickert)
Rund um den Hausberg
Polizei in Bad Lauterberg im 1. Weltkrieg
de mit Hilfe eines Dolmetschers festgestellt, dass die beiden
Flüchtlinge dem Gefangenenlager zu Merseburg angehörten.
Sie waren von ihrer Arbeitsstätte entwichen und hatten sich
seit etwa acht Tagen planlos umhergetrieben. Sie wurden
nach dem Gefangenenlager in Göttingen gebracht. (23.8.)
Vom Vaterländischen Frauen-Verein
Durch die Liebenswürdigkeit des Vaterländischen Frauen-­
Vereins konnte den verwundeten Soldaten im Klarastift
durch Entgegenkommen der Fuhrwerksbesitzer von Bad
Lauterberg mit acht Schlitten eine Fahrt durch das tief verschneite Odertal bis zum Forsthaus Oderhaus ermöglicht
werden. Sie ließen ihre Soldatenlieder, bald schwermütig,
bald kampfesfreudig, durch die winterliche Stille der schönen Natur erschallen. Im Forsthaus kehrten sie zur Kaffeerast
ein, die erlaubte Flasche Einbecker Bier löste patriotisches
Wort und frohes Lied aus. (10.2.)
Die beiden Lazarette vom Vaterländischen Frauen-Verein
(Klarastift und Kurhaus) sind seit August mit Verwundeten
völlig belegt.
Seit Ende November ist das Vereinslazarett in Bad Lauterberg in die Reihe der Spezialinstitute für medico-mechanische Behandlungen aufgenommen worden. Seitdem werden entsprechend verwundete Feldgraue aus dem Kgl.
Reservelazarett Northeim und den angegliederten Vereinslazaretten aus dem ganzen Korpsbezirk des X. Armeekorps
nach hier überwiesen. Es treffen deshalb hier fast täglich
neue Verwundete ein, und es steigt natürlich die Zahl der an
den Instrumenten pendelnden Kranken (29.11.). Im Dezember erreichte die Zahl der Verwundeten die bisher höchste
Zahl, nämlich 92 (11.12.).
Als Geburtstagsgabe für die Kaiserin (22.10.) sammelte der
Vaterländische Frauen-Verein für die Truppen im Felde und
in den Lazaretten der Heimat eingekochtes Obst und Fruchtsäfte.
Liebesgaben
Beim Vaterländischen Frauen-Verein Lauterberg sind sehr
viele Liebesgaben für unsere Soldaten im Felde eingegangen, so u. a. 518 Zigarren, 700 Zigaretten, 44 Zigarrenspitzen, 525 Postkarten, 13 Tafeln Schokolade, 15 Flaschen Rotwein, 48 Paar Strümpfe, 15 Hosenträger, 27 Taschentücher,
2 Tuben Bartwichse.