treffpunkt.europa 02.2010 Zeitschrift der Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland Europa kriegt die Krise Untergang oder Riesenchance? Liebe Leserinnen und Leser, Inhalt dieses Heft steht zwar im Zeichen der „Krise“, aber seien wir mal ehrlich: Das Krisengerede kann doch niemand mehr Hören und auch die Konjunkturdaten sprechen dafür, dass wir vielleicht schon 2011 zur Wirtschaftskraft vor dem Banken- und Börsencrash zurückkehren. Blicken wir also zuversichtlich nach vorne, ohne die Fehler der vergangenen Monate zu ignorieren. Schwerpunkt Trotz Griechenland-Hilfen und Euro-Krise bezeichnet Marco Schwarz unsere gemeinsame Währung konsequenterweise als Schutzschirm vor weiteren Krisen und ist überzeugt: „Euroland ist längst nicht abgebrannt“ (S. 10–11). Damit dies aber so bleibt, sei eine nachhaltige Reform der Eurozone unabdingbar. Jan Seifert, Ex-Bundesvorsitzender und ehemaliger Präsident der JEF Europe, konkretisiert ebendiese Forderung und erläutert, warum die EU ohne eine echte Finanz- und Fiskalpolitik nicht mehr zeitgemäß ist. „So leben wir zwar mit unserer immer noch sehr erfolgreichen europäischen Währung, gleichzeitig trauen wir uns das Regieren dieser Währung aber nicht zu“, heißt es in seinem Artikel (S. 6–7). Die erneut angestoßene Debatte um europäische Steuern und die anstehenden Verhandlungen über den nächsten EU-Haushalt werden zeigen, wie ernst es allen Beteiligten mit dem gemeinsamen Projekt ist. In unserem Schwerpunkt geht es aber um weit mehr als das liebe Geld. Manuel Sarrazin, Bundestagsabgeordneter und Präsidiumsmitglied der EUD, sieht eine „mangelnde programmatische Vorbereitung Deutschlands auf anstehende, immer noch ungelöste europapolitische Fragen“ und fragt sich, wie europäisch wir Deutschen eigentlich noch sind (S. 4–5). Während Deutschland langsam wieder zur Konjunkturlokomotive Europas wird, bleibt also die Frage, ob wir auch noch der Motor für die Europäische Integration sind. Eines steht fest: Europa funktioniert nur, wenn es mit Herzblut verfolgt wird! Vielleicht würde es deshalb helfen, wenn gegenwärtige Entscheider/-innen auch mal einen Blick in unsere Serie werfen. Nach einem ausführlichen Artikel über Altiero Spinelli stellen wir weitere Gründungsväter und Wegbereiter der heutigen Europäischen Union vor – diesmal sogar auf drei Seiten (S. 21–23). Texte und Zeichnungen stammen von Mitgliedern der JEB Berlin-Brandenburg, in deren Magazin jebz die Portraits zuerst erschienen sind. Viel Spaß beim Lesen der vorliegenden Ausgabe. Atempause vor einem heißen Herbst Europäische Wirtschaftsregierung Zerbricht Europa an Zeus? Euroland ist abgebrannt?! „Das ungeliebte Kind Europa“ Interview mit US Generalkonsul Tribble 04 06 08 10 12 14 Arbeiten in Europa EPSO: Dein Weg zur Europäischen Union 16 Intern Neue Gesichter in den Landesverbänden Interkulturelles Lernen mit Kieler Sprotten 18 20 Serie Gründungsväter und Wegbereiter 21 Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe ist der 26. September 2010. Der Schwerpunkt der kommenden Ausgabe: „Europäische Netzpolitik“. Themenartikel oder Veranstaltungsberichte schickt Ihr bitte an [email protected]. Ein Abdruck steht unter dem Vorbehalt der redaktionellen Bearbeitung und Annahme durch die Redaktion. Impressum Vierteljahresschrift der Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland Ausgabe 02/2010 Herausgeber: Junge Europäische Föderalisten Deutschland V.i.S.d.P. und Redaktion: Thomas Heimstädt Layout: Susann Stein, www.susannstein.de Umschlagfotos: Pietro Naj-Oleari, European Parliament Druck: Fata Morgana, Verlag: Eigenverlag Redaktionsanschrift: JEF-Deutschland, Sophienstraße 28/29, 10178 Berlin E-Mail: [email protected] Homepage: www.jef.de/magazin, www.treffpunkteuropa.de Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim jeweiligen Autor. Diese Publikation wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BMFSFJ. 02 | treffpunkt.europa | 02.10 02.10 | treffpunkt.europa | 03 Über die Europafähigkeit Deutschlands Foto: Europäische Kommission Es ist besonders bemerkenswert, dass ausgerechnet das wirtschaftlich so starke und selbstbewusste Deutschland in der Debatte um die künftigen wirtschaftspolitischen Integrationsschritte eine derart defensive und zum Teil destruktive Rolle eingenommen hat. War doch die Bundesrepublik in den vergangenen Jahren mit Abstand der größte wirtschaftliche Gewinner des gemeinsamen Binnenmarkts und der Osterweiterung. Zudem ist schon seit langem klar: der Auftrag der „starken wirtschaftspolitischen Koordinierung“ aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU ist von den EU-Institutionen und den Mitgliedsstaaten noch nicht erfüllt. Überdies wurde schon in der Euro-Debatte der 1990er Jahre über das Ungleichgewicht zwischen einer vergemeinschafteten Währungspolitik einerseits und einer nationalstaatlich geprägten Steuer- und Haushaltspolitik andererseits diskutiert. Europa in der Sommerpause Atempause vor einem heißen Herbst Ein Zwischenruf / von Manuel Sarrazin Europa freut sich über die Sommerpause. Die letzten Monate waren ereignisreich. Vom Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon bis hin zu den veröffentlichten Stresstests für Banken hat die Politik in der EU ein unglaubliches Pensum absolviert. Dabei ist festzuhalten: Vieles ist anders, als wir es gewohnt sind. Gerade wir Europäer/-innen in Deutschland sollten uns über die letzten Monate Gedanken machen und uns auf einen heißen Herbst vorbereiten. Die Debatte um Kredithilfen für Griechenland, die revolutionären Ereignisse des EU-Gipfels vom 7. bis 9. Mai, die Diskussion um eine zukünftige 04 | treffpunkt.europa | 02.10 schwerpunkt Europäische Wirtschaftsregierung und die neue EU-Wachstumsstrategie 2020: Wir haben in den letzten Monaten miterleben müssen, wie die deutsche Politik den Ereignissen auf der europäischen Bühne nur noch hinterher gehechelt ist. Unabhängig von einer – je nach parteipolitischer Prägung – unterschiedlichen Bewertung dieser Ereignisse ist festzuhalten: Die mangelnde programmatische Vorbereitung Deutschlands auf anstehende, immer noch ungelöste europapolitische Fragen war schädlich für die deutschen Interessen in der EU. Sie hat vor allem dem wichtigsten Interesse der deutschen Außenpolitik geschadet: der europäischen Integration. Diese Themen und Fragen lagen also schon lange auf dem Tisch. Die massive Verschuldung von privaten und öffentlichen Haushalten, gesteigert durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, war eine von vielen möglichen Situationen, die diese Fragen wieder auf die Tagesordnung bringen würden. Wären Bundesregierung, Bundestag, Parteien, Medien und die Öffentlichkeit auf diese Debatte besser vorbereitet gewesen, hätte Deutschland im richtigen Moment proaktiv seine Überzeugungen einbringen und positive Impulse für künftige Lösungen geben können. Stattdessen rückten Bundesregierung und Medien in einer Art Burgfrieden zusammen und begannen an einer der Grundüberzeugung aller Europäer/-innen zu nagen: dem Zusammengehörigkeitsgefühl aller Bürger/-innen der EU. So wurde aus einer Schuldenkrise eines kleinen, wirtschaftlich vergleichsweise nicht besonders starken Staates der EU – Griechenland – der Lakmustest für die Europafähigkeit des wirtschaftlich stärksten und politisch unverzichtbaren EU-Mitglieds – Deutschland. Der Rückfall in nationale Rhetorik von Regierung und Medien und der fehlende Wille europäische Lösungen zu gestalten, hat das Ansehen Deutschlands als Motor der europäischen Integration beschädigt. lücken aufzuholen, kann von uns nicht länger hingenommen werden. Beispielhaft hierfür war das schwache Auftreten Deutschlands bei den Verhandlungen um die EU-2020-Strategie. Jahrelang – also auch über die Zeit der jetzigen Regierung hinaus – haben sich Teile in den Ministerien und in der Regierung geweigert, überhaupt über eigene Vorstellungen zu Fragen einer europäischen Wirtschaftsregierung nachzudenken. Eine Diskussion mit größter Bedeutung für die künftige Aufstellung der EU, die jetzt über die Bundesregierung hereingebrochen ist und bisher von deutscher Seite kaum mitgestaltet wurde. Die Medien haben es in den vergangenen Jahren ebenso verpasst, die Öffentlichkeit zu einer Auseinandersetzung mit der Realität des Binnenmarkts zu bringen. Auch fast 20 Jahre nach der Verwirklichung des Binnenmarkts 1993 wurde der deutschen Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt, Deutschland könne einfach so aussteigen – aus dem Euro oder dem Binnenmarkt. Uns Europäer/-innen erwartet ein heißer Herbst mit zahlreichen Richtungsentscheidungen: von der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts über die stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung, der beginnenden Debatte um die neue finanzielle Vorausschau, den avisierten Entscheidungen zur Zukunft der gemeinsamen Agrarpolitik bis hin zu einer möglicherweise aufkommenden Diskussion darum, wie ein dauerhafter Hilfsmechanismus für Pleite-Staaten aussehen soll und wie eventuelle Verfahren von Staateninsolvenz ausgestaltet werden könnten. Einerseits werden wir als überzeugte Europäer dafür zu kämpfen haben, dass in diesen Entscheidungen das Gemeinschaftsprinzip gestärkt und nicht die Machtverschiebung zu Gunsten des Rats weiter vorangetrieben wird. Und andererseits werden wir uns auf neuerliche Debatten in der deutschen Öffentlichkeit gefasst machen müssen, die den Grundsatz der Integrationspflicht und Integrationsverantwortung in der EU in Frage stellen und schnöde ausrechnen werden, dass es „für die Deutschen“ ohne die EU ohnehin viel besser sei. In dieser Situation müssen wir deutlich machen, dass Europa mehr wert ist! Ohne Deutschlands Beitrag zur europäischen Integration wird das europäische Projekt nicht gelingen können. Lehren aus den Ereignissen Die fehlende Bereitschaft in Politik und Medien, sich sachgemäß mit europapolitischen Fragen – auch in ihren Fachbereichen – zu beschäftigen und eigene Verständnis- und Wissens- Manuel Sarrazin, MdB, ist Sprecher für Europapolitik, Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und kooptiertes Präsidiumsmitglied der Europa-Union Deutschland. schwerpunkt 02.10 | treffpunkt.europa | 05 Rosige Zeiten – Der Euro vor seiner Krise. Bild: Europäische Kommission intergouvernementale Dilemma Europas: Erst traute sich niemand, ein Politikfeld so umfassend auf die europäische Ebene zu übertragen, wie es zu seiner optimalen Steuerung nötig wäre. Europäische Wirtschaftsregierung – Kampfbegriff oder föderale Vision? European Monetary Union oder Economic and Monetary Union? / von Jan Seifert Schon lange wird die EU von vielen als Projekt wirtschaftlicher Integration wahrgenommen. Wohl nicht nur aus diesem Grund forderten linke Europapolitiker/-innen erst im vergangenen Europa-Wahlkampf als vermeintlichen Ausgleich das „Soziale Europa“. Nach den großen Vertragsänderungen zur Einführung der Einheitlichen Europäischen Akte (Mitte der 1980er) und dem Maastricht Vertrag (Anfang der 1990er) fragt man sich heute allerdings, warum wir auf einmal so tun, als sei eine „Europäische Wirtschaftsregierung“ etwas Neues. Haben wir nicht schon lange eine europäische Wirtschaftspolitik, die gerade auf europäischer Ebene gestaltet wird? Und hat diese Wirtschaftspolitik etwa keine „Regierung“? Europäische Wirtschaftsregierung heute ist vielfältig – und inkonsequent Wer glaubt, wir würden beim Thema Wirtschaftsregierung in der EU bei Null anfangen, scheint die EU nicht zu verstehen. Schon heute gestaltet die EU zentrale wirtschaftliche Fragestellungen 06 | treffpunkt.europa | 02.10 schwerpunkt – über den Binnenmarkt, die Verbraucherund Umweltpolitik, den Energiemarkt, den Handel, sensible Politiken wie Landwirtschaft und Fischerei bis hin zur Wirtschaftsförderung („Regional- oder Kohäsionspolitik“). Hier besitzt die EU besondere Kompetenzen, das Regieren wird durch den klassischen Dreiklang aus Kommission, Parlament und Rat wahrgenommen. Insgesamt besteht also auf Grundlage der klassischen vier Freiheiten (Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen) ein einheitlicher Wirtschaftsraum, wobei dieser in der praktischen Realität insbesondere im Bereich Dienstleistungen und Personen/Arbeit noch stark ausbaufähig ist. Inkonsequent war die bisherige Integration zum einen bei der Steuerpolitik und zum anderen im Finanzbereich. Bei der Währungsunion galt bisher: europäisch – ja, Regierung – nein Dass es zur Euro-Krise kommen konnte, ist nicht unüberraschend für einen Föderalisten. In den vergangenen Monaten erlebten wir das typische Und dann als die Krise ausbricht – mit dem Rücken zur Wand vor populistischer Europakritik – wagen sich die Regierungen nicht, das Problem wirklich europäisch (lies: föderal) zu lösen, um zukünftigen Krisen vorzubeugen. Wer Politikziele nur vorgibt (3% Haushaltsdefizit), aber keine effektiven Mechanismen besitzt oder einsetzt, wenn eben dieses Ziel von Mitgliedstaaten übergangen wird, der darf sich nicht wundern, wenn das ganze Konstrukt des Euro ins Rudern gerät. Noch bezeichnender ist, dass man sich nicht einmal gegenseitig in die Karten schauen lässt (bzw. sehen will). Nur so kann es kommen, dass Eurostat gar nichts anderes machen konnte, als den gefälschten Zahlen aus Griechenland zu vertrauen. Das Einstimmigkeitsgebot im Rat zur Einführung eines Defizitverfahrens stand einem handlungsfähigen und konsequenten Europa wieder einmal im Weg. So leben wir zwar mit unserer immer noch sehr erfolgreichen europäischen Währung, gleichzeitig trauen wir uns das Regieren dieser Währung aber nicht zu. Da die Gesundheit der Staatshaushalte auch in Zukunft zentraler Faktor für die Stabilität des Euro sein wird, ist hier mehr „Regierung“ nötig. Kommission und Rat wollen sich künftig die Haushalte zu Beginn des nationalen Haushaltsverfahrens genauer anschauen. Sanktionsmechanismen und Mehrheitsentscheidungen bei Problemen trauen sich die Regierungen aber weiterhin nicht zu. Ein Wiederholen der Griechenlandkrise lässt sich so kaum verhindern. Eine Lösung könnte darum sein, Schuldenbremsen wie kürzlich im Grundgesetz verankert, in jedem Mitgliedsland der Eurozone zur Pflicht zu machen und in die nationalen Verfassungen aufzunehmen. Eurostat braucht volle Zugriffsrechte, um die nationalen Statistiken verifizieren zu können. Zu guter Letzt bleibt die Frage nach dem Ultima Ratio im Falle von weiteren Defizitvergehen. Hier scheinen Kappungen von EU-Mitteln für den jeweiligen Staat genauso eine Option wie die Umsetzung von Strafzahlungen. Der wichtigste Punkt dabei ist das föderale Kernanliegen: Entscheidungen müssen mit Mehrheiten gefällt werden. Die besondere Rolle der Steuerpolitik – wirtschaftspolitisch sinnvoll und sozialpolitisch erstrebenswert? Auch die Frage einer europäischen Steuerpolitik kam in den vergangenen Wochen und Monaten wieder in die Diskussion. Das große Problem hier bleibt aber die Einstimmigkeit, an der sich auch mit dem Lissabon-Vertrag nichts geändert hat. Aktuell laufen Bemühungen, die Energiesteuern europaweit zu harmonisieren bzw. leicht zu erhöhen, um ihre Lenkungswirkung auf Umwelt und Klima zu stärken. Das Thema wird aber seit Jahren von der Kommission andiskutiert. Entscheidungen gab es bisher keine. Neben dieser sinnvollen Angleichung von Energiesteuern stellen sich mittelfristig für das Funktionieren des europäischen Wirtschaftsraumes zwei Fragen: 1. Können wir es uns leisten, einem Steuerwettbewerb um Steuersätze und Steuersysteme mit ihren zahlreichen spezifischen nationalen Ausnahmen und Sonderregeln zuzuschauen? 2. Überlebt die EU mittelfristig ohne eigene bzw. direkte Einnahmequellen für den EU-Haushalt? Ein Föderalist verneint beide Fragen. Aber nicht nur er, sondern jeder, dem am Funktionieren des Binnenmarktes und der europäischen Demokratie liegt, kommt nicht um eine integrierte Steuerpolitik auf EU-Ebene umhin. Bei der Frage nach der Europäischen Wirtschaftsregierung geht es am Ende darum, ob wir uns in Europa endlich gegenseitig vertrauen und ein Projekt wie die Währungsunion konsequent durchsetzen – oder doch nur intergouvernemental kooperieren und ständig in die Falle der Europaskeptiker tappen. Davon betroffen ist die Politisierung der nationalen Staatsfinanzen ebenso wie die Steuerpolitik. Spätestens die Euro-Krise hat uns vor Augen geführt, dass wir die „EMU“ im Englischen endlich definieren müssen: European Monetary Union (aka weiter so) oder Economic and Monetary Union (aka Wirtschaftsregierung)? Jan Seifert war Bundesvorsitzender und Europapräsident der JEF. Er beginnt gerade eine Promotion in Public Policy in Singapur. schwerpunkt 02.10 | treffpunkt.europa | 07 Zerbricht Europa an Zeus? Ein Kommentar zu Luxusrenten, couch potatoes und einer europäischen Schweinegrippe / von Enrico Kreft, Mitglied im Präsidium der Europa-Union Deutschland Und was ist passiert? Zunächst wurde in bester großfamiliärer Tradition erst einmal heftig darüber gestritten, wer die Verantwortung für diese miese Krise zu tragen hat. Grob stellte sich bei allem Getöse heraus: Nicht nur Griechenland durch seine kreative Buchführung, durch sein Verschweigen von Zahlen etc. trug seinen Teil dazu bei, sondern auch die europäischen Staaten wie Deutschland, die durch ihre Gier nach Exportabsatzmärkten die Griechen wohlwollend auf Pump mit allerlei Überflüssigen beliefert haben: So verzwickt und heikel der Zypern-Konflikt mit der Türkei auch sein mag, zu viel und überhaupt gelieferte Rüstungsprodukte nach Griechenland sind der reinste Humbug! Apocalypse now Die griechische Finanzkrise als die Apokalypse der EU? Vielmehr bedeutet die Finanzkrise eine verschärfende Zeitenwende für die griechischen Bürger/-innen: der durch die OECD prognostizierte Anstieg der Arbeitslosenquote auf 14 % kündigt viele harte Schicksale an. Schon gegenwärtig sind nicht wenige Griechen durch die eingeleiteten Sparmaßnahmen der griechischen Regierung in ihrer Existenz bedroht. Arbeitsplatzverlust führt zu sozialen Verwerfungen. Fehlendes Einkommen zerstört Familien. Fehlende Arbeitsplätze macht die Arbeitssuchenden schwach: Sie arbeiten zu 08 | treffpunkt.europa | 02.10 schwerpunkt schlechten Bedingungen. Und Vertrauen in die nationale und europäische Politik wird man so sicherlich nicht fördern – und wir brauchen gerade eben dieses Vertrauen an die europäische gemeinsame Zukunft! tungen, durch den Bau und die Unterhaltung von Infrastruktur, durch Bildungs- und andere Investitionen an. Welche Auswirkungen eine Pleite auf das Staatswesen und seine Bürger/-innen haben könnte, konnten wir vor ein paar Jahren am erschreckenden Beispiel Argentiniens deutlich sehen, sofern wir mit offenen Augen durch die Welt gegangen sind ... Auf in die Pleite Ein paar Stimmen vertreten die Auffassung, es müsse eine Insolvenzordnung für Staaten her – wie sie bei Unternehmen und Privatpersonen gegenwärtig üblich ist. Angesichts der bereits harten sozialen Einschnitte durch die Sparmaßnahmen ist kaum zu vertreten, die durch eine Staatspleite wachsenden sozialen Verwerfungen zu provozieren. Aber auch ganz grundsätzlich brauchen wir mitnichten so eine Form von betriebswirtschaftlichem Instrument wie eine Insolvenzordnung, um die Entschuldung von Staaten voranzutreiben. Was bringt es denn? Werden Politiker und Bürger anders handeln? Sie können ziemlich zügig berechnen, wann ihr Staat pleite gehen wird und darauf ausgerichtet ihre Politik betreiben – von Wahl zu Wahl gerechnet (auch der Bürger = Wähler rechnet!), ganz nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“! Erzieherisch wirkt eine Insolvenzordnung für Staaten sicherlich nicht. Es mag ein aufgeklärter Ansatz sein, der Verschuldungspolitik etwas entgegenzusetzen, aber die Wirksamkeit durch eine Insolvenzordnung bezweifle ich sehr. Ich will mich nicht für mehr Verschuldung aussprechen, aber dennoch bevorzuge ich einen hochverschuldeten Staat (d. h. Schulden die viele Generationen nach uns abtragen müssen) gegenüber einem in die Insolvenz geschickten Staat. Schulden fallen nicht vom Himmel: Sie häuften sich durch die Zahlung von Sozialleis- Couch potatoes sind Idioten Die gegenwärtige Krise zeigt: Wir benötigen nicht nur eine Wirtschaftsordnung in der EU, sondern eine gleichberechtigte Finanz- und Sozialverfassung sowie einen europäischen Gesellschaftsvertrag. Nur so kann eine politische Union ihre Daseinsberechtigung erringen und für die Menschen schmackhaft sein. Es besteht vielmehr Gefahr im Verzug für unsere schöne Demokratie: Durch Kürzungen Betroffene werden zu couch potatoes. Der Rückzug ins Private verstellt den Blick auf Veränderungen im Demokratie- und Gesellschaftsgefüge. Die Bürger werden phlegmatisch, die Kräfte des Widerstandes ermüden, die Politik erodiert und entleert sich ihres Sinns. Die alten Griechen nannten den Rückzug ins Private Idiotie, im Doppelsinn von Privatheit und Torheit – der unpolitische Mensch war der Idiot. Griechenland in der Ägäis versenken Foto: David Plotzki, flickr Der Untergang unseres Abendlandes steht bevor. Ginge es jedenfalls nach der anspruchslosen und hetzerischen Boulevardpresse tragen nämlich die alten Griechen ganz allein die Schuld, weil sie einfach zu frühe und zu hohe Luxusrenten zahlen – dies wurde uns in den vergangenen Monaten tagein, tagaus eindringlich und bildlich dargestellt. Das trojanische Sparschwein auf Reisen durch die EU-Mitgliedsstaaten Schnell waren die Euroskeptiker in der Krise euphorisiert und konnten ihre einfältige Sicht breit artikulieren, auch angeregt und motiviert durch höchstrichterliche Urteile der deutschen Gerichtsbarkeit. Sie lehnen die EU als solidarisches Werte- und Wirtschaftssystem offensichtlich ab. Sehr schnell verteufelten sie Griechenland und hätten es am liebsten in der Ägäis versenkt – die kulturelle Wiege Europas. Ich krieg die Krise! Die europäische Schweinegrippe Und nun? Zunächst bleibt festzuhalten, dass Griechenland weiterhin existiert wie auch die EU als Ganzes stabil ist. Die griechische Krise wurde ziemlich zügig zur Schweinegrippe hochgezüchtet. Wie widerwärtig und zynisch doch rasch die überlasteten Staaten in dem Akronym PIGGS zusammengefasst worden sind. Und die europäischen Staaten handelten nach der Devise: Jeder ist sich selbst der Nächste! Doch eines ist sicher: Die latente Sinnkrise Europas der vergangenen Jahre – gescheiterter Verfassungsvertrag mit der in Hinterzimmern ausgehandelten Ersatzlösung Lissabon-Vertrag – wird gegenwärtig von der Schweinegrippe überstrahlt. Wir müssen die Sinnkrise lösen, um die Währungskrise zu überwinden – das lange Nichthandeln der europäischen Staaten in der Krise war unverantwortlich. Ich bin mir dennoch sicher: Auch weiterhin können wir uns der griechischen Sage bedienen und die Gründung Europas unseren Kinder erzählen. Der als Stier verwandelte und verliebte Zeus verschleppte die schöne Europa nach Griechenland. Europa vermehrte sich. Und wir hegen und pflegen die Schöne weiterhin, denn was für uns junge Europäer allein zählt: „Das Erbauliche an unserem Leben ist nicht, was wir erreicht haben, sondern was wir versucht haben. Das Traurige an unserer Zeit ist aber nicht, was sie nicht erreicht, sondern was sie nicht versucht. Im Versuchen aber liegt der echte Idealismus.“ 1 1 frei nach Ludwig Marcuse über Platon, in: Der Philosoph und der Diktator. schwerpunkt 02.10 | treffpunkt.europa | 09 Foto: Europäisch Kommission das sein? Brauchen wir den Euro überhaupt? Sollten wir nicht zurückkehren zum Gulden, der Drachme und der D-Mark, wie es sich der niederländische Schriftsteller Leon de Winter jüngst im Spiegel erträumt hat? Sein Traum würde wohl eher zu einem Albtraum werden. Sicherlich haben Griechenland und viele andere der 16 Euroländer in den vergangenen Jahrzehnten auf großem Fuß gelebt und sich um einen Abbau privater und staatlicher Schulden wenig gekümmert. Dennoch rechtfertigt das nicht die maßlose Polemik deutscher Boulevardblätter gegen die angeblich faulen und korrupten Südeuropäer/-innen, die ganz alleine Schuld an der Misere sein sollen. Dass auch der Euro in zusehends europakritischen Massenmedien kein geliebtes Kind ist, hat die jüngste Krise mehr als deutlich gezeigt. Leider stimmen auch allzu viele Bürger/-innen in den Abgesang auf den Euro ein. Wohin geht die Reise für den Euro? Euroland ist abgebrannt!? Eine Erwiderung / von Marco Schwarz, Assistent der Geschäftsführung der Europa-Union Deutschland Ein Stück Europa trägt jeder von uns täglich bei sich – in Form einer Münze, als Schein oder digital auf der EC-Karte. Der Euro ist allgegenwärtig und heute längst zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Es gibt kaum jemanden, der seine Supermarkteinkäufe im Kopf noch umständlich in D-Mark umrechnet, bevor er mit Euro an der Kasse bezahlt. Die Teuro-Debatte ist längst vergessen und von der gefühlten Inflation spricht niemand mehr. Die Bürger/-innen haben es zu schätzen gelernt, wenn sie nicht mehr umständlich ihre heimische Währung in die des Urlaubslandes umtauschen müssen. Der Euro 10 | treffpunkt.europa | 02.10 schwerpunkt ist acht Jahre nach seiner Einführung in den Köpfen angekommen. Also alles wunderbar in Euroland? D-Mark Träumereien Wohl kaum. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat vor dem Euroraum nicht halt gemacht und die Gemeinschaftswährung ins Trudeln gebracht. Nach den Garantieerklärungen für Griechenland konnte erst ein 750 Milliarden schwerer Rettungsschirm die Spekulationen gegen den Euro und seinen Kursverfall stoppen. Doch musste Dabei muss man sich nur einmal vergegenwärtigen, was es für Deutschland und andere Länder bedeuten würde, gäbe es keine gemeinsame Währung in Europa. Da der größte Teil deutscher Exporte in EU- und Euro-Staaten geht, müssten sich die Unternehmen wieder gegen Wechselkursschwankungen absichern und Währungen tauschen. Der europäische Zahlungs- und damit auch Güterverkehr würde erschwert. Als Export-Weltmeister profitiert kein anderes Land so sehr vom einheitlichen Zahlungsmittel wie Deutschland! Ohne den Euro wären die EU-Mitglieder noch anfälliger für Währungsspekulationen, wie das Beispiel Großbritannien eindringlich zeigt. Dort ist es George Soros und Konsorten Anfang der 1990er Jahre gelungen, das britische Pfund in die Knie zu zwingen. Nur in einer gemeinsamen europäischen Kraftanstrengung ist es dieses mal geglückt, Spekulanten auszubremsen und den Angriff gegen den Euro abzuwehren. Auf sich allein gestellt könnten die Nationalstaaten global agierenden Hedge-Fonds wenig entgegen setzen. Außerdem wären sie auf Gedeih und Verderb den Bewertungen der Rating-Agenturen ausgesetzt, die den BeinaheBankrott Griechenlands durch die Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit beschleunigt haben. Kurz darauf wertete die Agentur Fitch die Bonität Spaniens ab – ausdrücklich deshalb, weil die Regierung dort ein milliardenschweres Sparpaket geschnürt hat. Euro als Schutzschirm vor der Krise Die Beispiele machen deutlich, dass der Euro mehr ist als ein gemeinsames Zahlungsmittel. In einer globalisierten Welt mit immer stärken privatwirtschaftlichen Akteuren auf den Finanzmärkten ist der Euro auch ein Garant für Stabilität und Sicherheit: Er ist ein Schutzschirm vor der Krise. Damit dies so bleibt, ist eine nachhaltige Reform der Eurozone unabdingbar. Den EU-Aufsichtsbehörden müssen mehr Kontrollrechte gegenüber den Euroländern eingeräumt werden, was auch Empfehlungen für die nationalen Budgets beinhalten sollte. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss überarbeitet werden. Niemandem ist damit geholfen, wenn einem Land, das in finanziellen Schwierigkeiten steckt, auch noch mit empfindlichen Geldstrafen gedroht wird. Ein Europäischer Währungsfond könnte bereits frühzeitig Kredite für vom Bankrott bedrohte Mitglieder gewähren und Spekulanten so den Wind aus den Segeln nehmen. Den auf Profitmaximierung ausgerichteten Finanzmarktjongleuren kann nur durch eine strengere Regulierung und Kontrolle – wie etwa durch die Einrichtung einer unabhängigen europäischen Rating-Agentur und die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer – Einhalt geboten werden. Eine europäische Wirtschaftsregierung sollte die Fiskal- und Wirtschaftspolitik der Euro-Staaten stärker aufeinander abstimmen, um zukünftigen Krisen vorzubeugen. Hierzu gehören auch die Konsolidierung der Haushalte und eine bessere europaweite Koordinierung von staatlichen Subventionen. Die EU sollte bei diesen Fragen mutig voran gehen und eine globale Vorreiterrolle einnehmen. Euroland ist noch nicht abgebrannt Um die Bedeutung des Euros für die europäische Integration hervorzuheben hat Kanzlerin Merkel bei ihrer Rede anlässlich der Verleihung des diesjährigen Karls-Preises an den polnischen Premier Tusk deutliche Worte gefunden: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa, dann scheitert die Idee der europäischen Einigung.“ Pünktlich mit seiner Einführung wurde dem Euro übrigens im Jahr 2002 der Karlspreis verliehen, verbunden mit der Hoffnung, dass das gemeinsame Zahlungsmittel die Menschen unseres Kontinents noch enger zusammenführt und die Währungsunion maßgeblicher Impulsgeber für die Vollendung der politischen Union sein wird. Diese Hoffnung gilt es auch im kommenden Jahrzehnt zu bewahren und alles daran zu setzen, dass dieser wichtige Baustein im europäischen Haus nicht zertrümmert wird. Der Beitritt Estlands zur Eurozone im Januar 2011 beweist, dass der Euro seine Anziehungskraft noch nicht verloren hat. Euroland ist noch längst nicht abgebrannt. schwerpunkt 02.10 | treffpunkt.europa | 11 Foto: European Parliament „Das ungeliebte Kind Europa“ Ein Weckruf / von Patricia Karl, Landesvorsitzende JEF-Niedersachsen wird, an dem deutsche Politiker und Beamte nicht beteiligt waren. Aber woher kommt es, dass über die EU von unseren Volksvertretern lieber kritisch als bejahend gesprochen wird? Benjamin Disraeli beschrieb einmal: „Es ist viel einfacher, Kritik zu üben, als etwas anzuerkennen.“ Und in der Tat, Kritik kann jeder üben, um aber etwas anzuerkennen bedarf es Wissen. Um Wissen zu erlangen bedarf es Vorbereitung und Interesse. So ist es nachvollziehbar, dass nicht jede(r) Mandatsträger/-in sich ausschließlich mit Europa beschäftigen kann. Aber das sollte auch nicht unser Anspruch sein. Nein, genauso wie unsere Politiker/-innen über Deutschland informiert sind, sollten sie auch den Anspruch an sich haben, sich mit der EU auseinander zu setzen. Schließlich ist die EU ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und jede(r) Betroffene sollte über gewisse entsprechende Grundkenntnisse verfügen. Kritik ist selbstredend notwendig, aber nur solange diese konstruktiv ist. Und wenn nicht die Vertreter des Volkes – wer sonst sollte mit gutem Beispiel voran gehen? Populismus zerstört Europa Europa! Vielfach verschrien, vielfach beschimpft und noch viel mehr kritisiert. Sicher, das Konstrukt EU ist noch verbesserungswürdig, aber so schlecht, wie viele Politiker/-innen es darstellen, ist es nun wahrlich nicht. Hat die EU also eine Chance, sich in den Köpfen der Politik und der Bürger/-innen zu etablieren oder bleibt die EU das Konstrukt aus dem alles Schlechte auf die Nationalstaaten hereinbricht? Europa, ein für Nicht-Expert(inn)en kompliziertes und fremdes Gebilde, das aber auf jeder Ebene – also von der europäischen bis zur kommunalen – jede(n) EU-Bürger/-in auf der einen oder anderen Seite betrifft. Von der Arbeitnehmerfreizügigkeit bis zur großen Währungsreform in 2002 wird Europa immer sichtbarer, immer augenscheinlicher, immer wichtiger. Kurz gesagt: Europa wächst zusammen! ändern zu können. Ja, es stimmt: vieles, was unser alltägliches Leben bestimmt, ist durch europäische Vorschriften geregelt – was jedoch keineswegs heißt, dass dies durchweg negativ ist. In letzter Zeit war gerade die Umweltpolitik der EU häufig in aller Munde. So haben sich die Staaten der EU auf wichtige Standards geeinigt. Der Satz „Umweltverschmutzung kennt keine Grenzen“ prägt anschaulich die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit. Dabei ist es auch nicht so, dass die EU die einzelnen Maßnahmen vorschreibt. Vielmehr werden bei entsprechenden Richtlinien Ziele vorgegeben. Wie diese Ziele erreicht werden, konkretisieren die Mitgliedsstaaten. Sicher ist es für Politiker/-innen in den verschiedenen Ebenen leichter zu sagen: „Ich kann da nichts für, das kommt alles aus Brüssel!“ Gerade dieses Verhalten trägt aber nicht dazu bei, Verständnis für Europas Entscheidungen zu wecken. Stammtischparolen vs. Objektivität Sündenbock EU Und ist es nicht gerade dann wichtig, dass unsere Politiker/-innen dies kommunizieren? Stammtischparolen, die geführt werden, um die örtlichen Wähler/-innen bei Laune zu halten, sollten hierbei von Politiker(inne)n vernachlässigt werden. Sicherlich ist es leichter „ins gleiche Horn zu blasen“, dennoch ist es bei diesem wichtigen Thema unabdingbar, einen objektiven Maßstab zu behalten. Ansonsten hat die EU wohl kaum eine Chance, ihr teilweise negativ behaftetes Image 12 | treffpunkt.europa | 02.10 schwerpunkt Wenn „Geld fließt“ oder Positives zu vermelden ist, nehmen örtliche Politiker/-innen dies für sich in Anspruch, obwohl es auf europäische Regelungen zurückzuführen ist. Handelt es sich indes um unangenehme Meldungen, wird mit erhobenem Finger auf Brüssel gezeigt und so getan, als hätte die deutsche Politik keine Handhabe. Die EU wird zum „Sündenbock“ abgestempelt, obwohl in den EU-Institutionen kein Beschluss gefasst „Populismus zerstört Europa“ so beschreibt Robert Menasse in seinem Artikel in der Zeit (20. Mai 2010) die demokratische Gefahr. „Nicht der Brüsseler Zentralismus, sondern die politische Rücksichtnahme auf nationalistische Volksstimmungen in den Mitgliedsstaaten gefährdet die EU“. Gerade Europa ist häufig mit populistischen Erscheinungen konfrontiert. Dieses ist wohl darauf zurückzuführen, dass sich Teile der Gesellschaft politisch nicht mehr vertreten fühlen. Das Fehlen politischer Repräsentation führt immer wieder zu Kurzschlusshandlungen in der Parteienlandschaft. Auch die Abwesenheit wirklicher politischer Differenzen zwischen den etablierten Parteien spiegelt sich in den europäischen Entscheidungsprozessen immer wider. Kommt dann noch die Haltung der Po- IMMER NUR GEJAMMER, GEMECKER, GESCHREI? litik hinzu, sich nicht selbst zu reflektieren, zu analysieren und in Frage zu stellen, führt dies häufig zum Missfallen der öffentlichen Meinung. Gerade auch die mittlerweile vorhandene Uniformität der Parteienlandschaft lässt häufig keine wirklichen Alternativen erkennen. Gerne wird aber auch seitens der Politik mit den Ängsten der Menschen gespielt, um Wählerstimmen halten zu können. Komplizierte Themen werden hingegen ungeachtet ihrer realen Bedeutung vermieden oder in ihrer Bedeutung heruntergespielt, da sie keinen Nutzen bringen. Herausforderungen meistern Aber wie kann dem Populismus kraftvoll entgegengetreten werden? Die EU muss wieder viel stärker in den Fokus gerückt werden. „Die EU als Grundstein für die wirtschaftliche und politische Einigung europäischer Staaten“, „Die EU als Friedensmotor“ – das sind Themen, die Europa ausmachen, die hervorgehoben und dargestellt werden müssen. Europa muss im Ergebnis verständlicher, transparenter und nachvollziehbarer erklärt werden. Es ist nicht nur Aufgabe von Lobbyverbänden, Vereinen, Medien und Interessenverbänden, sondern auch der Politik, sich offen, gerecht und unpopulistisch der Situation zu stellen, auch wenn dies zu Konfrontationen und unangenehmen Gesprächen führen kann. Populismus alleine hilft nicht weiter, Populismus hemmt die Fortentwicklung der EU und auch unsere Zukunft in der EU. Europa ist wichtig, gerade für junge Menschen birgt sie viel Potential. Durch die Harmonisierung z. B. der Arbeitnehmerfreizügigkeit und des Binnenmarktes werden jungen Menschen Möglichkeiten aufgezeigt, die noch vor wenigen Jahrzehnten nicht für möglich gehalten wurden. Schüler- und Studentenaustausche, Arbeiten in anderen europäischen Ländern, Reisen und Studieren macht die EU gerade für uns interessant, wichtig und erfahrbar. Lasst uns dafür kämpfen, dass die EU nicht untergeht! DU FINDEST, DIE EU HAT DAS NICHT VERDIENT? DANN SCHREIB DOCH MAL ETWAS ANDERES! TREFFPUNKT.EUROPA SUCHT NEUE AUTOR(INN)EN FÜR PRINT UND ONLINE! EINE KURZE MAIL GENÜGT: [email protected] schwerpunkt 02.10 | treffpunkt.europa | 13 Europa präsentiert sich uns facettenreich! Europa und die Krise aus US-amerikanischer Sicht. Ein Gespräch mit dem US Generalkonsul in München Conrad R. Tribble / von Thomas Wittmann, Junge Europäer Bayern Herr Generalkonsul Tribble, ist Europa wirklich in der Krise oder neigen wir gerade zu Überreaktionen? Verschiedene Länder definieren „Krise“ vielleicht unterschiedlich. Wir haben die Ereignisse bei uns in den USA als Wirtschaftskrise beschrieben und akzeptiert. Auch hier in Europa hat es über die vergangenen paar Jahre eine gewisse Wirtschaftskrise gegeben, aus der man aber jetzt langsam wieder herauskommt. Daher sehen wir nicht, dass überreagiert wurde – weder bei uns, noch hier in Europa. Es gab wirtschaftliche Entwicklungen, auf die man reagieren musste. Die Krise sehe ich jedoch nicht darin, dass verschiedene Staaten in Europa unterschiedliche Meinungen in eine Diskussion gebracht haben und zu verschiedenen Lösungsansätzen gekommen sind. Das ist keine Krise, sondern ganz normal, und daraus entwickeln sich Lösungen. Was sind die Ursachen der Krise in Europa? Die Krise hat in den USA natürlich viel früher angefangen und ist dann auf Europa übergeschwappt. Dies verdeutlicht, dass die Globalisierung ein Fakt ist. Europa hat darunter gelitten, dass die Auswirkungen diese Tragweite hatten. Zudem sind auch strukturelle Probleme in bestimmten europäischen Ländern erst verspätet ans Licht gekommen. Hat sich das amerikanische Verhältnis zu Europa in letzter Zeit verändert? Grundlage ist auf unserer Seite, dass wir die Idee Europas und die Entwicklung der Europäischen Union, die Integration in Europa und die Erweiterung der EU begrüßen. Das ist positiv für uns, da es unseren Partner auf der anderen Seite des Atlantiks stärkt. Und wir wollen einen starken Partner haben! Zwar erkennt man in ein paar Jahren nur wenige Änderungen, aber ganz gewiss steht das Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags 14 | treffpunkt.europa | 02.10 schwerpunkt im Mittelpunkt. Und da sind Änderungen im Umgang mit Europa schon eingetreten. Wir müssen uns jetzt mit neuen Institutionen und Personalien auseinandersetzen, wie einem EURatspräsidenten, einer EU-Außenministerin oder einem gestärkten Europaparlament. Sind die Amerikaner in Bezug auf Europa vorsichtiger geworden? Vielleicht sind wir insgesamt eher vorsichtiger geworden was Investitionen anbelangt, aber nicht spezifisch in Bezug auf Europa. Denn Europa ist ein begehrter Partner. Der Sturm hat sich ein bisschen gelegt. Dennoch merken wir, dass sich viele amerikanische Firmen für Europa interessieren. Der momentan schwache Euro ist positiv für die amerikanischen Firmen, die hier in Europa investieren wollen. Es ist auch günstiger geworden für amerikanische Touristen. Bewegen sich die europäischen Staaten zu- oder auseinander? Man merkt durchaus, dass es Entwicklungen gibt – aber in beide Richtungen. Unter anderem eine verstärkte Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips. Man sieht in gewissen Entscheidungsprozessen, dass sich die Entscheidungsfindung nach unten verlagert, das heißt auf die Regionen und nicht auf die europäische Ebene. Auf der anderen Seite gibt es in bestimmten Bereichen eine Entwicklung in Richtung einer gesamteuropäischen Politik. Historisch gesehen ist klar, dass die Tendenz von den 50er Jahren bis jetzt sich deutlich in Richtung Souveränitätsabgabe auf europäische Institutionen hin bewegte. tegration vieles überraschend, insbesondere wie schnell, tief und stark dieser Integrationsprozess vorangekommen ist. Wohin das genau gehen soll, müssen die Europäer selbst beantworten. Wären die United States of Europe nicht eine Konkurrenz zu den USA? Die gleiche Frage könnte man auch stellen bezogen auf die heutige EU. Nein, denn wir wollen einen starken Partner für die globalen Herausforderungen. Wir können gut mit Konkurrenten umgehen, die auch sehr enge Partner sind. Konkurrenz ist schließlich nicht unbedingt schlecht. Wäre dann eine Zusammenarbeit leichter oder schwerer? Wir nehmen Europa so, wie es sich uns präsentiert. Im Moment präsentiert es sich als sehr facettenreich. Auf der einen Seite ist ein geschlossenes Europa, eine Gemeinschaft, die sich in vielen Bereichen einigt und dann auch so auftritt. Auf der anderen Seite sind die Mitgliedsstaaten immer noch sehr wichtig. Wir können auf beiden Ebenen konstruktiv zusammenarbeiten. Zwar wissen wir, dass es nicht einfach ist, aber wenig ist einfach in der Politik. Jedenfalls arbeiten wir gerne mit dem Europa, das sich jetzt im Jahr 2010 sehr interessant präsentiert – mitunter kompliziert, aber handlungsfähig. Vor gut 30 Jahren hat Henry Kissinger nach der Telefonnummer Europas gefragt. Wen würde er heute anrufen? Es gibt mehrere, die er anrufen könnte. Mit etwas Humor hat er ausgedrückt, was einfach eine Beschreibung der damaligen Europäischen Gemeinschaft war. Das ist eigentlich keine freche Frage, sondern eher ernst gemeint: Wie können wir am besten mit Europa zusammenarbeiten? Wir haben jetzt ein paar neue Ge-sprächspartner/innen auf höchster Ebene. Aber auch die Kommission und ihren Präsidenten dürfen wir nicht vergessen. Neun Monate nach Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages wird immer noch aufgearbeitet, welche Nummer Europa denn auf seine Visitenkarte schreibt. Im Vergleich zu den 70er Jahren, als Kissinger diese Frage gestellt hat, kann man durchaus erkennen, dass Europa vor allem in außenpolitischen oder auch handelspolitischen Fragen versucht zusammenzurücken, um sich stärker als Einheit zu präsentieren. Wann würden Sie Catherine Ashton anrufen? Das haben wir schon mehrere Male getan, zu verschiedensten Themen. Aber all das ist erst im Werden. Erstmal müssen sich Ashton und der neue Auswärtige Dienst etablieren. Es wird sich erst in den kommenden Monaten und Jahren herauskristallisieren, zu welchen Themen man mit wem spricht. Vielen Dank für das Gespräch! Mehr über das US Generalkonsulat in München: twitter.com/usconsmunich facebook.com/usconsulatemunich US Generalkonsul Conrad R. Tribble Wird es irgendwann zu den United States of Europe kommen? Man kann sich alles vorstellen. Rückblickend kam in den über 60 Jahren der europäischen In- schwerpunkt 02.10 | treffpunkt.europa | 15 EPSO: Dein Weg zur Europäischen Union?! Das Bewerbungsverfahren der EU-Institutionen / von Christian Sander, Mitarbeiter des Europa Direct Informationszentrums Trier Und was ist neu? Mit dem neuen EPSO-Verfahren werden Bewerbungen bei der EU deutlich einfacher, schneller und übersichtlicher. So wurden einige Schritte aus dem Verfahren herausgenommen, das deshalb auch nur noch sieben bis neun Monate statt wie bisher über ein Jahr dauert. Darüber hinaus gibt es von nun an jährliche Serien von Auswahlverfahren für bestimmte Jobprofile, so dass sich eine Bewerbung deutlich einfacher planen lässt. Trotz dieser Vereinfachungen sollte man sich klar machen, dass das Bewerbungsverfahren ein aufwändiger Weg bleibt, der sowohl zeit- als auch planungsintensiv ist. Wer kann sich bewerben? Grundvoraussetzung für eine Bewerbung bei der EU sind: Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates, Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte, ausreichende Kenntnisse in einer weiteren Amtssprache. Zudem müssen Interessent(inn)en den Verpflichtungen der für sie geltenden Wehrgesetze nachgekommen sein. Darüber hinaus werden in den Bekanntmachungen des Auswahlverfahrens unter Umständen weitere Qualifikationen oder ggf. Berufs- 16 | treffpunkt.europa | 02.10 arbeiten in europa erfahrungen genannt, die die Kandidat(inn)en vorweisen müssen. Wer diese allgemeinen Anforderungen erfüllt, dem stehen je nach Interesse und Bildungsabschluss verschiedene Wege in die EU-Institutionen offen: ˙Hochschulabsolvent(inn)en können sich auf die Laufbahn als Administratoren (AD-Beamte) bewerben. Europäische öffentliche Verwaltung, Recht, Wirtschaft, Audit, Informatik und Kommunikationstechnologien sind nur einige der Sachgebiete. Unabhängig davon werden die meisten Hochschulabsolvent(inn)en in der Verwaltung und im Management eingesetzt. Arbeitnehmer/-innen ohne Hochschulabschluss ˙ haben die Möglichkeit, als Assistenten (ASTBeamte) bei der EU zu arbeiten. Diese führen vor allem Sachbearbeitungstätigkeiten aus. ˙Dolmetscher/-innen und Übersetzer/-innen müssen i. d. R. mindestens zwei EU-Amtssprachen neben ihrer Muttersprache beherrschen. Unter Umständen werden aber auch spezifische Sprachkombinationen verlangt. ˙Spezialisten sind Arbeitnehmer/-innen, die von der EU für sehr spezifische Berufsfelder eingestellt werden, etwa als Juristen, die sich auf ein Fachgebiet spezialisiert haben. Wie läuft das EPSO-Verfahren ab? Im Wesentlichen besteht das EPSO-Verfahren aus zwei Stufen (vgl. Abbildung). Nach einer OnlineRegistrierung auf der Homepage des Dienstes unter europa.eu/epso können sich Kandidat(inn)en zur ersten Stufe (dem Zulassungstest) anmelden. Je nachdem, für welche Laufbahn sich die Teilnehmer/-innen interessieren, gelten unterschiedliche Fristen. Die Tests finden in allen Mitgliedsstaaten und an fünf Standorten außerhalb der EU statt. Während dieser Stufe werden vor allem Kompetenzen und weniger Wissen abgefragt, so entfallen bspw. die gefürchteten Fragen zur Geschichte der EU. Die Kandidat(inn)en erwarten stattdessen computergestützte, kognitive Tests zur Beurteilung des sprachlogischen Denkens, des Zahlenverständnisses Grafik: EPSO Ein Arbeitsplatz bei einer der vielen Einrichtungen der EU? Sicherlich eine der spannendsten Berufsoptionen und Karrieremöglichkeit für europabegeisterte junge Arbeitnehmer/-innen. Der Weg dorthin führt über das Europäische Amt für Personalauswahl (EPSO), das seit 2003 die Auswahl des Personals für die meisten EUInstitutionen übernommen hat. Wer bei der Kommission oder im Parlament, im Ausschuss der Regionen oder beim Europäischen Bürgerbeauftragten arbeiten möchte, kommt um das EPSO nicht herum. Nur wenige Institutionen – etwa manche Gemeinschaftsagenturen – wählen ihr Personal noch selber aus. Im März 2010 führte EPSO ein neues Personalauswahlverfahren ein, das die zum Teil verwirrende und langwierige alte Prozedur ablöst. und des abstrakten Denkens sowie Tests zum situationsbezogenen Urteilsvermögen. Alle Prüfungen werden 2010 in der zweiten Sprache des Bewerbers durchgeführt. Bewerber/-innen, die den Zulassungstest erfolgreich absolviert haben, werden zur zweiten Stufe des Verfahrens eingeladen, dem Assessment-Test. Dort werden neben jobspezifischen Kompetenzen und Kenntnissen vor allem Schlüsselkompetenzen getestet, die für alle Berufsfelder von Bedeutung sind, wie etwa Kommunikation, Qualitäts- und Ergebnisorientierung oder Belastbarkeit. Normalerweise werden die Prüfungen in der zweiten Sprache des Bewerbers durchgeführt (Englisch, Französisch oder Deutsch), außer wenn das Jobprofil andere Sprachkenntnisse erfordert. Unabhängig als was man sich bei EPSO bewirbt, im Mittelpunkt des Assessment-Centers stehen die Schlüsselkompetenzen. Allerdings unterscheiden sich die Tests je nach Berufsgruppe. zur Veröffentlichung einer neuen Liste im gleichen Sachgebiet gültig. Unter Umständen kann es länger dauern, bis alle Bewerber/-innen auf der Reserveliste zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden. Zudem ist ein Platz auf einer Reserveliste nicht mit einem Anspruch auf eine Einstellung bei einer Institution verbunden. Wer nicht warten möchte, hat auch die Möglichkeit, sich bei den Institutionen oder Dienststellen persönlich vorzustellen. Von großer Bedeutung ist es, den Lebenslauf im EPSO-Konto stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Denn die Personalabteilungen der Institutionen durchsuchen die Reservelisten auf der Grundlage der Informationen, die die Kandidaten unter Berufserfahrung und Schul- und Berufsbildung angegeben haben. Wenn sich eine Institution für einen Bewerber interessiert, wird sie diesen auf der Liste „vormerken“. Solange eine Vormerkung besteht, darf keine andere Institution um eine Anstellung oder ein Vorstellungsgespräch bitten. Viel Erfolg beim Bewerben! Und wie geht es weiter? Unmittelbar nach Abschluss eines Auswahlverfahrens übermittelt EPSO den EU-Institutionen eine Liste der erfolgreichen Bewerber/innen. Bei diesen sogenannten „Reservelisten“ handelt es sich um eine Aufstellung aller geeigneter Bewerber/-innen, die für einen EU-Job in Frage kommen. Diese Listen sind mindestens ein Jahr nach Abschluss des Verfahrens und bis Ausführliche Informationen zum Bewerbungsverfahren finden sich auf der Homepage des Dienstes unter europa.eu/epso. Dabei lohnt sich besonders ein Blick auf die Zeitplanung für die Auswahlverfahren: europa.eu/epso/doc/epso_planning_de.pdf. arbeiten in europa 02.10 | treffpunkt.europa | 17 Moin, Servus, Hallo und manchmal auch Auf Wiedersehen! Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Saarland und Sachsen haben gewählt. Viele alte, aber auch zahlreiche neue Gesichter übernehmen in den Landesverbänden die Ruder / von Thomas Heimstädt Für die JEF in Deutschland ist es schon fast ein Superwahljahr. Nicht nur wird im Oktober in Berlin ein neuer Bundesvorstand gewählt, auch gab es in zahlreichen Landesverbänden Wahlen und Neubesetzungen. Auf ihre Ziele für die kommende Amtszeit angesprochen, finden sich trotz aller regionalen Unterschiede (wie sie sich für einen föderalen Verband nun mal gehören) auch viele Pläne, die die neuen Vorstände gemeinsam haben. Deutlich mehr junge Menschen sollen über die JEF informiert und zum Mitmachen motiviert werden. Außerdem sollen die Kreisverbände und Hochschulgruppen gestärkt und grenzüberschreitend stärker kooperiert werden. Junge Menschen machen sich deutschlandweit stark für Europa: Aber wer sind die neuen Gesichter und was haben die Landesverbände sonst noch vor? schäftsführerin) sowie Katherina Grafl, Marian Schreier, Matthias Waibl, Peter Frittmann und Sebastian Seeger als Beisitzer/-innen. Gemeinsam möchten sie die erfolgreiche Arbeit des Landesvorstandes fortsetzen und in einigen Punkten, wie z. B. Homepage-Gestaltung und Pressearbeit, verbessern. Im Juni fand in Überlingen am Bodensee die Landesversammlung der Jungen Europäer – JEF Baden-Württemberg statt. Nach den Grußworten der Europaabgeordneten Michael Theurer und Rainer Wieland zog Daniel Matteo eine positive Bilanz der Amtszeit seines Vorstandsteams. „Mit unseren Veranstaltungen vor Ort konnten wir viele junge Menschen für die JEF gewinnen. In den zwei Jahren haben wir dadurch unsere Mitgliederzahl fast verdoppelt“, so der Landesvorsitzende. Die an diesem Wochenende anerkannte Gründung des Kreisverbandes Rems-Murr durch den Landesverband steht sinnbildlich für die erfolgreiche Arbeit. Der alte und neue Landesvorsitzende Matthias Zürl konnte sich neben den vielen angereisten Teilnehmer/-innen auch über Politprominenz als Gäste freuen. Neben Ismail Ertug, MdEP und lokales Mitglied der JE Bayern begrüßte der Verband Karl Holmeier, MdB, den Landtagsabgeordneten Karl Vetter, Dr. Gerhard Sabathil von der EU-Kommission und den stellvertretenden Landesvorsitzende der Europa-Union Bayern, Baron von Cetto. Neben Matthias wurden in den Landesvorstand gewählt: Benjamin Bögel, Sebastian Kleinhenz, Jonas Lang und Simon Sterbenk (Stellvertreter), Thomas Uhrle (Landesschatzmeister), Steffi Kern (Schriftführerin), Leopoldine Chazeaud (Landesgeschäftsführerin) sowie Nadja Hirsch, MdEP, Ismail Ertug, MdEP, Isabella Hopp, Christoph Czakalla und Thomas Wittmann (Beisitzer). Bei der anschließenden Neuwahl des Landesvorstandes trat Daniel nicht mehr als Landesvorsitzender an. Als sein Nachfolger wurde Jonathan Berggötz gewählt. Neben ihm gewannen das Vertrauen der Delegierten: Angelika Schenk, Sophie Waldschmidt und Martin Renner (alle drei stellvertretende Landesvorsitzende), Leander Creusen (Schatzmeister), Isabell Huber (Ge- 18 | treffpunkt.europa | 02.10 lokal Ebenfalls im Juni waren die Jungen Europäer Bayern in Bad Kötzting zu Gast. Die zweitägige Tagung wurde durch den Kreisverband Cham organisiert. Benjamin Bögel, der Vorsitzende und sein Stellvertreter Christoph Czakalla, haben sich mächtig ins Zeug gelegt, um den Teilnehmern ein umfangreiches, informatives Programm zu bieten. Neben den Vorstandswahlen diskutierten die knapp 50 jungen Menschen aus ganz Bayern zwei Tage lang über die Zukunft Europas. Bereits im April wurde im Saarland ein neuer Landesvorstand gewählt. Neuer Landesvorsitzender ist Roman Pfeiffer. Als stellvertretende Landesvorsitzende wurden Ronit Deggelmann, Christine Jung und Fabian Klein gewählt. Philipp Klos übernimmt das Amt des Schatzmeisters. Die ehemalige Vorsitzende Inga Wachsmann bleibt weiterhin Delegierte im Bundesausschuss, während Beate Brockmann dem neuen Landesvorstand aus beruflichen Gründen nicht mehr zur Verfügung steht. Die JEF Saar möchte den guten Kontakt zur Europa Union Saar aufrechterhalten und die Beziehungen zu den politischen Jugendparteien intensivieren. Erklärtes Ziel ist es ebenfalls, neue Mitglieder an der Universität des Saarlandes zu gewinnen, um eine aktive Hochschulgruppe zu etablieren. Nicht nur aufgrund der geographischen Lage des Saarlandes wird es überdies weiterhin Exkursionen sowie länderübergreifende Veranstaltungen mit den Partnerverbänden in Frankreich und Luxembourg geben. Fotos von oben: JEF Bremen, Junge Europäer – JEF Baden-Württemberg und JEF Saarland Kontakt zu den jeweiligen Landesvorständen findet ihr am einfachsten über die entsprechenden Webseiten. In Sachsen geht eine lange Amtszeit vieler alter Bekannter zu Ende. Mit Manja und zweimal Martin scheiden gleich drei altverdiente JEFer aus dem Landesvorstand aus. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass bei der JEF Sachsen keine Lücke entstehen wird. Der neue Landesvorstand – bestehend aus Michael Bechter (Vorsitzender), Christian Glatz (Stellvertreter), Julia Ende (Schatzmeisterin) und Maxim Asjoma (Beisitzer) – möchte in den kommenden Monaten die JEF im Landtag vernetzen und sie dadurch auf Landesebene in den Fokus der politischen Entscheidungsträger rücken. Eine Mitgliedschaft in der Europäischen Bewegung des Freistaats wird dabei ebenso angestrebt wie neue Kontakte zu den Europabeauftragten der demokratischen Parteien des Landtages und der entsprechenden politischen Jugendverbände. Ein weiteres, großes Ziel ist die längst ausstehende Bildung von Kreisverbänden in ganz Sachsen. Um den Austausch und die Zusammenarbeit mit der JEF in Europa zu fördern, soll verstärkt Kontakt mit der JEF Tschechien aufgenommen werden. Nicht zuletzt sollen die Ideen der Mitglieder auf der Landesversammlung aufgegriffen und einzelne Projekte, wie z. B. eine politische Diskussion in der Straßenbahn in Chemnitz, umgesetzt werden. Last but not least: Seit Mai hat auch die JEF Bremen einen neuen Landesvorstand. Neue Vorsitzende ist Beatrice Naß. Maren Neudeck ist ihre Stellvertreterin. Daniel Kosak wurde zum Schatzmeister und Nele Ewers-Peters zur Finanzprüferin gewählt. Einzige Beisitzerin ist Karen Wille. Als einer der kleinsten Landesverbände begeben sich die Bremer zuerst einmal auf die Suche nach Neu-Mitgliedern – Aktionen bspw. am Tag der Sprachen oder Planspiele in Schulen sollen hierbei helfen. lokal 02.10 | treffpunkt.europa | 19 Interkulturelles Lernen mit Kieler Sprotten Wie junge Menschen aus Polen, Deutschland und der Russischen Föderation bei einem Fotoprojekt Vorurteile ab- und Freundschaften aufbauen Von Catharina Schütze Aller Anfang ist schwer – das musste auch die JEF Kiel bei der Suche nach freiwilligen Schüler(inne)n für den historisch-fotografischen Jugendworkshop „Baltische Landschaftsbilder. Im Einklang mit Natur und Tradition“ feststellen, der im Rahmen des 8. Parlamentsforums Südliche Ostsee vom 16. bis 23. Mai in Polen stattfinden sollte. Vom Kieler Landtag mit dem Projekt betraut, waren wir am Ende doch erfolgreich und konnten mit vier Kieler Schüler(inne)n (17–18 Jahre) der Max-Planck-Schule die Vorbereitungen für den Workshop treffen, der von der Borussia-Stiftung aus Allenstein organisiert und der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Ermland und Masuren sowie dem Deutsch-Polnischen Jugendwerk finanziert wurde. Wie die anderen Teilnehmer/-innen aus Polen und der Russischen Föderation fotografierten die Schüler/-innen typische Merkmale ihrer Region – beispielsweise die Kieler Förde und Bunker. Bestimmte Motive wie blühende Rapsfelder und die Architektur der Hansezeit fanden sich in allen Gruppen wieder und verdeutlichen die Erkenntnis, einem gemeinsamen Kulturraum anzugehören. Die genauen Einzelheiten waren zuvor auf mehreren Planungstreffen festgelegt worden. Ziel des Workshops sollte eine gemeinsame dreisprachige Wanderausstellung sein. Mit den Fotos ging es auf nach Janow, einem beschaulichen Dorf in der Nähe der Stadt Elbing. Als Unterkunft für die Organisator(inn)en, Nina Neumann und Catharina Schütze von der JEF, und den etwa 30 Teilnehmenden im Alter zwischen 16 und 28 Jahren diente das Schloss des Ortes. An der Ausstellung wurde Tag und Nacht gearbeitet. Jede Region wählte Fotos für die Ausstellung aus und schrieb Texte dazu, die wiederum in die anderen Sprachen übersetzt wurden. Auf Grund der verschiedenen Vorstellungen wurden rege Diskussionen zwischen allen Beteiligten geführt. Angenehme Abwechslung boten die nationalen Abende, wofür wir extra Kieler Sprotten aus Schokolade, Flensburger Pils und Lübecker Marzipan mitgebracht hatten. Interessant waren auch die verschiedenen Ausflüge in die Umgebung und die Fahrt zum Frauenburger Dom, wo wir an der Beisetzung von Kopernikus teilnehmen durften. Grenzüberschreitende Freundschaften wurden nicht nur an den feucht-fröhlichen Abenden geknüpft. Höhepunkt des Workshops war die Eröffnung der Ausstellung auf dem hochkarätigen Parlamentsforum am Tag unserer Abreise. Aus jedem Land durfte ein(e) Teilnehmer/-in eine Rede halten. Besonders der Vortrag unserer Delegation, gehalten von Younes Tabi, wurde mit großer Begeisterung aufgenommen – so auch von den Abgeordneten aus Schleswig-Holstein, die die Ausstellung am 23. August im Kieler Landtag begrüßen werden. Catharina Schütze (JEF Schleswig-Holstein) hat in diesem Jahr ihr Anglistik-Studium in Kiel absolviert und ist angehende Journalistin. Die Kieler vor dem Schloss Quittainen, das vor allem durch die letzte deutsche Besitzerin, Publizistin und Schriftstellerin Marion Gräfin Dönhoff, bekannt geworden ist. Von links nach rechts: Ferdinand Zeidler, Nina Neumann (JEF), Vanessa Kläschen, Catharina Schütze (JEF), Jendrik Schröder und Younes Tabi. 20 | treffpunkt.europa | 02.10 lokal Anlässlich des 60jährigen Jubiläums der Schuman-Erklärung veröffentlichte die JEB Berlin-Brandenburg eine erste Printausgabe ihres Magazins „jebz“. Darin stellten sie Gründungsväter und Wegbereiter der Europäischen Union vor. Wir freuen uns über eine Genehmigung zum Nachdruck. Texte von Elisabeth Lier / Zeichnungen von Arian Lehner Winston Churchill Jean Monnet * 30. November 1874, Woodstock † 24. Januar 1965, London * 9. November 1888, Cognac † 16. März 1979, Paris Gründungsvater weil ... er bereits 1946 in einer aufsehenerregenden Rede in Zürich die „Vereinigten Staaten von Europa“ forderte und somit zu den Vordenkern der Europäischen Union zählt. Gründervater weil ... er die wesentlichen geistigen Inhalte des Schuman-Plans entwickelte. Davon ausgehend machte Schuman den ersten Schritt zur Europäischen Integration. Churchill war einer der bedeutendsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts. Er wurde darüber hinaus angesehener Autor politischer und historischer Werke und erhielt 1953 den Literaturnobelpreis. Als er 1940 Premierminister wurde, setzte er alles daran, Hitler-Deutschland zu besiegen. Dies brachte ihm den Beinamen „Kriegspremier“ ein. 1945 wurde seine Regierung jedoch abgewählt. Als konservativer Oppositionspolitiker lieferte er wesentliche Denkanstöße zur Europa-Idee. Churchills Vision von den „Vereinigten Staaten Europas“ sollte eine Union aller beitrittswilligen Staaten Europas sein – ein erster Schritt zur Gründung des Europarates. Dabei sprach er Frankreich und Deutschland eine führende Rolle zu. In diesem Gebilde sollten seiner Vorstellung nach alle Völker Europas in den Genuss von Demokratie und Menschenrechten kommen. Mit 76 Jahren wurde Churchill ein zweites Mal Premierminister. In seiner Entwicklung vom „Krieger“ zum Staatsmann legte er nun besondere Priorität auf die Versöhnung der ehemaligen Kriegsgegner. Für seine Verdienste um den Europa-Gedanken und ein friedliches Europa wurde er 1956 in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet. Geprägt durch die Erfahrungen zweier Weltkriege sorgte sich Monnet um die Entwicklung Deutschlands. Anfang der 50er Jahre erarbeitete er deshalb eine Strategie gegen ein deutsches Wiedererstarken: „Wir müssen uns möglichst eng an Deutschland binden und unseren anderen Nachbarn ermöglichen, sich dieser Gemeinschaft anzuschließen“. Auf lange Sicht sollte so ein Europa des Wohlstands und des Friedens entstehen. 1950 wurde Monnet zum Präsident der Pariser Schuman-Plan-Konferenz ernannt, die zur Gründung der EGKS führte. Die Montanunion (EGKS) stellte für ihn lediglich einen ersten Schritt in Richtung eines gemeinsamen, friedlichen Europas dar. Von 1952 bis 1954 leitete Monnet die Geschäfte der Montanunion. Aufgrund seines Ziels, die Europäische Integration zu vertiefen, beteiligte er sich bei der Gründung des „Aktionskomitees für die Vereinigten Staaten von Europa“ und war bis 1975 dessen Vorsitzender. 1976 ehrten die Staats- und Regierungschefs Europas Monnet, den engagierten Verfechter einer integrierten Europäischen Gemeinschaft mit dem Titel „Ehrenbürger Europas“. serie 02.10 | treffpunkt.europa | 21 Konrad Adenauer * 5. Januar 1876, Köln † 19. April 1967, Röhndorf/Bonn Gründungsvater weil ... er alles daran setzte, den Aufbau Europas unablässig voranzutreiben, wobei die wirtschaftliche Verflechtung das Sicherheitsbedürfnis der europäischen Staaten befriedigen sollte. Adenauer wurde 1949 zum ersten Bundeskanzler Deutschlands gewählt. In seiner Amtszeit (Adenauer-Ära) entsprach seine Politik den Anforderungen des schwer versehrten NachkriegsDeutschlands. Zu seinen obersten Zielen zählte die Einbindung der Bundesrepublik in ein westliches Bündnis mit den USA als starkem Partner und Beschützer und ein freundschaftliches Verhältnis zum benachbarten Frankreich. 1950 traf er den französischen Außenminister Schuman, um mit ihm über die weitere Entwicklung der Europäischen Staaten und der deutschfranzösischen Beziehungen zu beraten. 1951 unterzeichnete Adenauer in Paris den Vertrag über die Gemeinschaft für Kohle und Stahl, der die Grundlage der Europäischen Gemeinschaft wurde. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957 leistete er erneut seinen Beitrag zur tieferen Europäischen Integration. Die Souveränität der Bundesrepublik, die Aussöhnung mit Frankreich, die europäische Einigung und der Aufstieg Deutschlands zur wirtschaftlichen Großmacht sind die wesentlichen Gründe für seine Popularität. Mit dem Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrag von 1963 legte Adenauer den Grundstein des deutsch-französischen Motors für Europa und ebnete so den Weg zu einem gemeinschaftlichen Europa. 22 | treffpunkt.europa | 02.10 serie Charles de Gaulle Alcide de Gasperi * 22. November 1890, Lille † 9. November 1970, Haute-Marne * 3. April 1881, Pieve Tesino † 19. August 1954, Borgo Valsugana Wegbereiter weil ... er trotz kritischer Haltung gegenüber einem vereinten Europa zusammen mit Adenauer für eine Neuordnung der deutschfranzösischen Beziehungen als starker politischer Basis für eine Einheit der europäischen Völker sorgte. Nachdem de Gaulle bereits 1945 vorübergehend Staatsoberhaupt Frankreichs war, wurde der erfahrene Militär und engagierte Widerstandskämpfer gegen die Besatzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland 1958 erneut zum Staatspräsidenten gewählt. Mit seiner Verfassungsänderung schuf er die 5. Republik Frankreichs, deren Oberhaupt er bis 1969 bleiben sollte. Er war der Überzeugung, dass die internationale Politik nur durch rivalisierende nationale Interessen und nicht durch politische Ideologien geprägt werde. Seiner Vorstellung nach sollte Europa deshalb ein „Europa der Vaterländer“ bleiben. In diesem Europa spielte die Bundesrepublik für de Gaulle eine besondere Rolle. Für ihn war sie neben Frankreich eine Säule des europäischen Hauses. De Gaulle war der Meinung, dass beide Staaten vereint in der Lage wären, eine politische Basis zu schaffen, auf der alle Völker Europas ihre „Einheit erbauen könnten“. So trug er wesentlich zum Zustandekommen des deutschfranzösischen Freundschaftsvertrages bei, den er 1963 zusammen mit Konrad Adenauer in Paris unterzeichnete. Paul-Henri Spaak * 3. April 1881, Trient † 19. August 1954, Borgo Valsugana Gründungsvater weil ... er alles daran setzte, den Aufbau Europas unablässig voranzutreiben, wobei die wirtschaftliche Verflechtung das Sicherheitsbedürfnis der europäischen Staaten befriedigen sollte. Der politisch engagierte Jurist Spaak arbeitete während der Besetzung Belgiens durch die Nationalsozialisten als Außenminister in der belgischen Exil-Regierung in Großbritannien. Schon während dieser Zeit war er davon überzeugt, dass die Welt ein anderes, neues Europa brauche – weg von den egoistischen und mächtigen Nationalstaaten, hin zu einem Staatenbund. Mit der Bildung einer gemeinsamen Zollunion mit den Niederlanden und Luxemburg – später Benelux genannt – schuf Spaak die Grundlage für die EU wie wir sie heute kennen. Nach dem 2. Weltkrieg machte Spaak die ersten Schritte in Richtung Weltpolitik. 1946 wurde er der erste Leiter des Rates der Vereinten Nationen und zum 2. Mal Premierminister Belgiens – diesmal bis 1949. Er setzte sich aktiv für den Ausbau des damals aus sechs Ländern bestehenden Staatenverbundes ein und war von 1950 bis 1955 Leiter des internationalen Rates der Europäischen Bewegung. Zwischen 1952 und 1954 war er zudem Vorsitzender der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) und spielte beim Zustandekommen der Verträge von Rom, die er am 27. März 1957 unterzeichnete, eine entscheidende Rolle. Gründungsvater weil ... er nach Beendigung der faschistischen Herrschaft in Italien sein Land aus der außenpolitischen Isolation führte und wesentlich zur Entstehung der Europäischen Gemeinschaft beitrug. Enttäuscht von der Politik Mussolinis versuchte Gasperi, ein Bündnis der Christdemokraten mit den Sozialisten zur Abwahl Mussolinis anzustreben. Dafür wurde er mit einer vierjährigen Haft bestraft . Nach der Entmachtung Mussolinis verhalf Gasperi seiner christdemokratischen Partei zu neuer Kraft und entwickelte sich zu einem der wichtigsten italienischen Nachkriegspolitiker. 1946 wurde er zum Staatsoberhaupt einer provisorischen Regierung der neu gegründeten Staatsrepublik Italien gewählt. Mit Blick auf die Westintegration Italiens unterstützte er die Idee eines vereinten Europas. Schon Ende der 40er Jahre war der enge Freund Robert Schumans und Paul Henri Spaaks im Vorstand der Europäischen Bewegung und hatte einen Sitz im Ministerkomitee des Europarats. Er hatte einen wesentlichen Anteil an der Verwirklichung des Schuman-Plans und damit an der Gründung der Gemeinschaft für Kohle und Stahl. 1954 wurde er zum Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung, dem Vorläufer des Europäischen Parlamentes gewählt. Für sein stetes Engagement im Sinne eines vereinten Europas wurde ihm 1952 der Internationale Karlspreis zu Aachen verliehen. serie 02.10 | treffpunkt.europa | 23 Der treffpunkt.europa ist ... Der treffpunkt.europa ist das vierteljährlich herausgegebene Magazin der Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland. Es erreicht sämtliche Mitglieder der JEF-Deutschland, ihr nahe stehende Personen aus Politik und Gesellschaft und befreundete Organisationen. Die JEF sind ... Die Jungen Europäischen Föderalisten Deutschland e.V. sind die deutsche Sektion einer europaweiten Jugendbewegung, die sich seit 1949 für ein friedliches, bürgernahes und föderales Europa mit einer demokratischen Grundordnung und in Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen einsetzt. Um dies zu erreichen, organisieren die Mitglieder der JEF ehrenamtlich Seminare, internationale Jugendbegegnungen, Straßenaktionen, Podiumsdiskussionen und Kongresse. Weitere JEF-Verbände gibt es in 27 europäischen Ländern. In Deutschland bestehen die JEF aus 14 Landesverbänden mit rund 3000 Mitgliedern zwischen 14 und 35 Jahren. Junge Europäische Föderalisten Deutschland e.V. Sophienstraße 28/29 ˙ 10278 Berlin E-Mail: [email protected] ˙ Homepage: www.jef.de www.jef.de/magazin ˙ www.treffpunkteuropa.de
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