Abrechnung gekündigter Bauleistungen - MCE

Abrechnung gekündigter Bauleistungen
Die Abrechnung von Leistungen aus gekündigten Bauverträgen hängt wesentlich von der Art
der Kündigung ab.
1 Die Kündigung
Obgleich Vertrag bekanntlich mit „sich-Vertragen“ zusammenhängt, kommt es wiederkehrend in der Praxis zu Fällen, bei denen der Bauwerkvertrag zum einen nicht mit der
Herstellung des versprochenen Werkes beendet wird und demzufolge zum anderen auch
nicht mit der ursprünglich vereinbarten Vergütung abgegolten werden soll.
Die dem Vertrag zugrunde liegende Kooperationsverpflichtung ist zum Zeitpunkt einer
Vertragsbeendigung i.d.R. verloren gegangen. Oftmals geht dies auch einher mit dem
zumindest teilweisen Verlust der Leistungsverpflichtung.
Die Gründe, aufgrund derer Bauverträge gekündigt werden, sind zahlreich und mannigfaltig.
Exemplarisch benannt seien die Unzufriedenheit über die Leistungserbringung, Unklarheiten
in der Projektabwicklung, nicht ausreichende Leistungsfähigkeit aus Sicht der Auftraggeber
und umgekehrt unzureichende bzw. stark verzögerte/ verweigerte Zahlungsbereitschaft,
unklare/ verspätete (Vor-)Planungsleistungen, fehlende Mitwirkung bzw. Kooperation aus
Sicht der Auftragnehmer.
Ebenfalls zahlreich sind die rechtlichen Variationen, aufgrund derer das Vertragsverhältnis
eine Beendigung finden soll.
Im Rahmen dieses Beitrages werden daher im Folgenden zunächst einmal die rechtlichen
Grundlagen aufgezeigt, um anschließend die durch die Vertragsgestaltung bestimmten
unterschiedlichen Abrechnungsprobleme darzustellen.
2 Rechtliche Grundlagen (Allgemein)
Die im Nachfolgenden beschriebenen Themen basieren auf den Grundlagen des
Werkvertragsrechtes gemäß §§631ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bzw. der
Vergabe und Vertragsordnung im Bauwesen, Teil B (VOB/B).
Als Grundvoraussetzung eines Werkvertrages und seines Zustandekommens ist die
Willensübereinstimmung zu erwähnen, welche in mündlicher, schriftlicher oder anderer Art,
zum Beispiel durch konkludentes Handeln, dazu führt, dass die Vertragsparteien gemeinsam
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und miteinander einen Vertrag schließen. Dies setzt voraus, dass die eine Seite die
Erbringung einer Leistung wünscht, die andere Seite bereit ist, diese Leistung zu erbringen
und dafür entsprechende Vergütung erwarten darf. Das Prozedere ist dadurch geprägt, dass
es zum Vertragsschluss eine Vertrauensbasis gibt, welche die Geschäftsgrundlage darstellt.
Getreu dem Prinzip von Angebot und Annahme entsteht erst bei Willensübereinstimmung
der (Werk-)Vertrag.
3 Werkvertrag nach §631ff BGB
Grundsätzlich handelt es sich beim BGB-Bauvertrag um einen s.g. „Kooperationsvertrag“,
d.h. beide Vertragsparteien sind verpflichtet, bei Problemen diese gemeinschaftlich zu lösen.
Basis des Werkvertrages bilden der §631 (Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag)
„(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen
Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrages kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer
Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.“
und der §632 (Vergütung)
„(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den
Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die
taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart
anzusehen.“
Sich nicht kooperativ zu verhalten, sich sogar zu „verweigern“ ist aber häufige Praxis bei
auftretenden Problemen. Dies führt jedoch zwangsläufig zum Vertrauensverlust, was dann
wiederum in letzter Konsequenz eine Kündigung zur Folge hat.
Der Werkvertrag nach der VOB ist eine Konkretisierung der Regelungen des BGB für die
Abwicklung von Bauleistungen. Für das Zustandekommen des Vertrages sowie die damit
verbundene Kooperativität gelten jedoch dieselben Grundsätze.
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4 Die unterschiedlichen Kündigungsmöglichkeiten
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass entsprechend dem Grundsatz „pacta sunt
servanda“ (Verträge sind einzuhalten) Verträge aufrecht zu erhalten und entsprechend der
gegenseitigen Leistungspflichten anzuwenden sind. Bei massiven Störungen der gegenseitigen Willenserklärung sind jedoch auch Regelungen zur vorzeitigen Lösung der Vertragsverhältnisse innerhalb des Werkvertragsrechtes vorhanden.
Die Kündigung beendet den Werkvertrag mit der Wirkung ab dem Zeitpunkt des Zugangs für
die Zukunft (ex nunc).
Grundlegend ist bei der Vertragskündigung zwischen einer auftraggeberseitigen und einer
auftragnehmerseitigen Kündigung zu unterscheiden.
Das BGB kennt sowohl ein Kündigungsrecht zugunsten des Auftragnehmers/ Unternehmers
(§642, §643 BGB – Kündigung bei unterlassener Mitwirkung des Auftraggebers, §648a Abs.
5 BGB, §643, §645 Abs. 1 BGB – Auflösung des Vertrages bei nicht gestellter Bürgschaft,
Kündigung aus wichtigem Grund) als auch zugunsten des Auftraggebers/ Bestellers. Hier im
Konkreten die „freie Kündigung“ nach § 649 BGB.
Die Kündigungsrechte sind in den §§ 8 und 9 VOB/B ergänzend zum BGB geregelt. Für die
Kündigung aus wichtigem Grund, in Abgrenzung zur „freien“ Kündigung, war vor dem
Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes das Recht des Bestellers zur
Kündigung aus wichtigem Grund – auch ohne gesetzliche Regelung – anerkannt. Das von
der Rechtsprechung und Lehre entwickelte außerordentliche Kündigungsrecht aus wichtigem
Grund wurde mit der Schuldrechtsmodernisierung in § 314 BGB übernommen. Die
Regelungen des § 314 BGB sind in der formalen Eingruppierung den Dauerschuldverhältnissen zuzuordnen.
4.1 Kündigung durch den Auftraggeber (AG)
Wie bereits oben aufgezeigt, ist es erforderlich danach zu unterscheiden, wer kündigt und
aus welchem Grund gekündigt wird. Hier soll als erstes die Kündigung durch den
Auftraggeber aufgezeigt werden.
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Die Kündigungsrechte des Auftraggebers sind in dem § 8 VOB/B geregelt. Die einzelnen
Abschnitte des § 8 VOB/B lassen sich wie folgt grob kategorisieren:
„freie“ Kündigung
gem. § 8 Nr.1 VOB/B,
Kündigung aus wichtigem Grund
gem. § 8 Nr.2 - Nr.4,
Formerfordernis
gem. § 8 Nr.5
Regelung der Folgen d. Kündigung
gem. § 8 Nr.6 und Nr.7
4.1.1 Freie Kündigung §8 Nr.1 VOB/B
§8 Nr. 1 VOB/B räumt dem AG das Recht ein, den Vertrag „jederzeit“ kündigen zu dürfen.
Hierbei spricht man von einer „Freien Kündigung“, da der AG keinerlei Grund für diese
Kündung angeben muss.
4.1.2 Vergütung bei freier Kündigung
Die Vergütungsregelung dieser Kündigungsform sieht vor, dass dem Auftragnehmer (AN) die
volle Vergütung zusteht. Jedoch muss der AN sich ersparte Aufwendungen anrechnen
lassen. Darüber hinaus muss der AN sich anrechnen lassen, was er durch den Einsatz
seiner Arbeitskraft anderweitig erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Der Auftragnehmer muss seine Abrechnung in zwei Teilen vorlegen. Der erste Teil setzt sich
aus der Abrechnung aller beauftragten und bis zur Kündigung tatsächlich erbrachten
Leistungen zusammen. Der zweite Teil ergibt sich aus der Abrechnung aller beauftragten
und als Nachtrag noch zu erwartenden, jedoch aufgrund der Kündigung nicht mehr
ausgeführten Leistungen, abzüglich der ersparten Kosten, ferner abzüglich des anderweitig
Erworbenen bzw. zu erwerben böswillig Unterlassenen.
4.1.3 Kündigung aus wichtigem Grund §8 Nr. 2 bis 4 VOB/B
Bei der Kündigung aus wichtigem Grund existieren drei Themenbereiche:

gemäß Nr. 2 Insolvenz des AN,

nach Nr. 3 sind die Themenfelder aufgeteilt in Mängelbeseitigung, Nachunternehmereinsatz und Beschleunigung,
-
in die fehlende Abhilfe von erkannten Mängeln durch den AN trotz Aufforderung
unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung während der Leistungserbringung
gemäß § 4 Nr.7 VOB/B,
4
-
durch den Einsatz eines ungenehmigten Nachunternehmers seitens des AN trotz
Aufforderung unter Fristsetzung zur Beendigung diese Einsatzes,
-
und die Weigerung des ANs trotz Aufforderung unter Fristsetzung zur
„Beschleunigung“1 bzw. Verstärkung der Kapazitäten gemäß § 5 Nr.4 i.V. m.
§ 5 Nr.3 VOB/B nichts zu unternehmen,

und nach Nr. 4 die Kündigung wegen wettbewerbsbeschränkender Abreden.
Das Kündigungsrecht des § 8 Nr.4 VOB/B schützt den AG vor wettbewerbswidrigen
Absprachen, die zum Zeitpunkt des Vergabeverfahrens durch den AN getroffen wurden. Zur
Vervollständigung ist es notwendig anzumerken, dass zu den wettbewerbsbeschränkenden
Abreden nicht nur die sogenannten Submissionsabsprachen gehören, sondern auch die
Zahlungen
von
Schmiergeldern
oder
das
gemäß
§ 25 Nr.1 GWB
verbotene,
auf
Wettbewerbsbeschränkung gerichtete aufeinander abgestimmte Verhalten.
4.1.4 Vergütung bei Kündigung aus wichtigem Grund
Bei der Kündigung aus wichtigem Grund sind gemäß §8 Nr.7 die ausgeführten Leistungen
abzurechnen. Dies hat unverzüglich zu geschehen. Für die erbrachten Leistungen hat im
Zuge eines gemeinsamen Aufmaßes eine Leistungsfeststellung zum Kündigungszeitpunkt zu
erfolgen. Verweigert der Auftraggeber dieses Aufmaß, trifft ihn die Umkehr der Beweislast.
Besonderes Augenmerk gilt der Abnahme, die gleichlautend wie beim nicht gekündigten
Vertrag auch für den gekündigten Vertrag das Erfüllungsstadium der erbrachten Leistung
manifestiert. Der Unternehmer hat nach der Kündigung einen Anspruch auf Abnahme seiner
bis dato erbrachten Leistungen.
4.1.5 Weitere Folgen der Kündigung
In Folge der Kündigung ist durch den AN die Leistungserbringung einzustellen. Der AG ist
berechtigt, die Baumaßnahme von einem Drittunternehmen anstelle des AN fertigstellen zu
lassen. Die dem AN nach Kündigung zu zahlende Vergütung ist ein „normaler“
Vergütungsanspruch. Für die Auswahl des Drittunternehmens seitens des AG gilt, dass
diese unter wirtschaftlichen Aspekten zu erfolgen hat, d.h. dem AG obliegt eine
Schadensminderungspflicht, die im Falle der Verletzung zu einem Schadensersatzanspruch
des AN führen kann.
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Hinweis: Die Abgrenzung des Begriffs „Beschleunigung“ ist hier insofern irreführend, als dass
Beschleunigungen im eigentlichen Sinn zu „vereinbaren“ sind und nicht einseitig anordenbar. Hier
scheint eher gemeint zu sein, durch den Auftragnehmer verursachte Verzögerungen wieder
aufzuholen.
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4.2 Kündigung durch den Auftragnehmer (AN)
Bei der Kündung des Vertrages durch den Auftragnehmer findet der § 9 der VOB/B
Anwendung. Hierbei kann der Auftragnehmer aus zwei Gründen den Vertrag kündigen.
4.2.1 Annahmeverzug (siehe auch §§ 293 ff BGB)
Bei Annahmeverzug hat der AG eine Obliegenheit unterlassen, so dass der AN außerstande
ist, seine Leistungen zu erbringen. Die nähere Definition der Mitwirkungspflicht im
Bauvertrag ist in den §§3 und 4 VOB/B beschrieben.
4.2.2 Der AG leistet fällige Zahlung nicht
Danach berechtigt der Zahlungsverzug, andererseits aber auch der Verzug mit sonstigen
Leistungspflichten, den Auftragnehmer zur Kündigung. Die Fälligkeit der Zahlung muss den
Regeln der §§ 14 und 16 VOB/B entsprechen. Die Abrechnungen müssen prüfbar sein.
4.2.3 Weitere Kündigungsmöglichkeiten aus wichtigem Grund
Weitere Kündigungsgründe, die über die Regelungen des § 9 VOB/B hinausgehen, kommen
in Betracht, wenn ein schwerwiegender Vertrauensschaden eingetreten ist, sodass dem AN
nach Treu und Glauben das Festhalten am Vertrag unzumutbar wird.
Als Beispiele lassen sich hier nachfolgende Sachverhalte anführen:

der AG zieht Arbeitnehmer des AN zur Schwarzarbeit ab,

der AG besticht Mitarbeiter des AN,

der AG leistet Abschlagszahlungen mit ungedeckten Schecks,

der AG nimmt zu Unrecht die Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch oder

der AG besteht auf eine Leistungserbringung entgegen den Regeln der Baukunst etc.
4.2.4 Vergütung der Kündigung des AN aus wichtigem Grund
Die erbrachte Leistung wird nach den Vertragspreisen abgerechnet. Außerdem hat der AN
Anspruch auf eine angemessene Entschädigung gem. § 642 BGB.
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5 Abrechnung gekündigter Bauverträge
Der Auftragnehmer muss seine Leistungen prüfbar abrechnen (§ 14 Nr. 1 Satz 1 VOB/B). Er
ist damit verpflichtet, den Auftraggeber durch die Abrechnung in die Lage zu versetzen,
nachprüfen zu können, ob der geltend gemachte Werklohnanspruch begründet ist. Der
Auftraggeber soll vor Übervorteilung geschützt werden. Auch wenn § 14 Nr. 1 Satz 1 VOB/B
keine Regelung über die Form der Abrechnung enthält, sollte aus Gründen der Beweisbarkeit immer schriftlich abgerechnet werden.
5.1 Feststellung der vereinbarten Vergütung
Die Leistungen zu Vertragsbeginn lassen sich häufig leicht über die Vertragsunterlagen
ermitteln. Die Berücksichtigung der eingetretenen und angeordneten Änderungen und
zusätzlichen Leistungen ist dann in der Regel eine sehr komplexe Aufgabe.
5.2 Feststellung der erbrachten Leistung
Der Auftraggeber ist nach Treu und Glauben verpflichtet (§ 242 BGB), an der
ordnungsgemäßen Abrechnung mitzuwirken. Im Falle der Kündigung handelt es sich um
eine besondere Situation durch den gescheiterten Vertrag. Häufig gibt es eine stark
emotional geprägte Auseinandersetzung, was für eine sachliche Feststellung nicht unbedingt
hilfreich ist. Deshalb bietet es sich an, die Leistung durch einen neutralen Dritten, zum
Beispiel einen Gutachter, feststellen zu lassen.
In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass der BGH 1992 die Bindungswirkung des Aufmaßes
auf die originäre Tatsachenfeststellung beschränkt:
„So ist durch ein gemeinsames Aufmaß nicht der Einwand abgeschnitten, die Leistung sei
von einer anderen Position mitumfasst, sei nach den Vereinbarungen nicht berechenbar, sei
anders zu berechnen oder sei überhaupt nicht vertraglich vereinbart. Einwendungen dieser
Art werden von vornherein nicht vom Zweck eines Aufmaßes erfasst, tatsächliche
Verhältnisse festzustellen und Beweisschwierigkeiten insoweit zu verhüten.“
„Es ist grundsätzlich nach den Positionen des Leistungsverzeichnisses abzurechnen.“ BGH
1996, "Freie Kündigung".
5.3 Abgrenzungsprobleme
Die Abgrenzung von ausgeführter und infolge Kündigung nicht ausgeführter Leistung ergibt
sich
bei
den
unterschiedlichen
Vertragstypen
und
deren
unterschiedlichen
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Detaillierungsgraden. So ist bei einem Einheitspreisvertrag die Tiefe durch die einzelnen
Positionen des Leistungsverzeichnisses von vorhinein vorgegeben, ebenso beim DetailPauschalvertrag. Es ist grundsätzlich nach den Positionen des Leistungsverzeichnisses
abzurechnen.
Beim Global-Pauschalvertrag hingegen wird in der Regel der Detaillierungsgrad sehr viel
geringer. Es gilt der Abrechnungsgrundsatz für frei gekündigte Pauschalverträge:
„Der Auftragnehmer muss die ausgeführte Leistung unter einem Global-Pauschalvertrag
vortragen, diese von dem nicht ausgeführten Teil abgrenzen und die Höhe der Vergütung für
die erbrachte Leistung nach dem Verhältnis des Wertes der erbrachten Leistung zu dem
Wert
der
nach
dem
Vertrag
geschuldeten
Gesamtleistung
errechnen.“
Ständige
Rechtsprechung des BGH, NZBau 2004, 549; NZBau 2002, 613, 614; BauR 2000, 1182;
BauR 1999, 632; BauR 1999, 642.
Praktisch ist hierbei die Differenz aus erbrachter und nicht erbrachter Leistung analog zum
Einheitspreisvertrag zu ermitteln und ins Verhältnis zum Pauschalpreis zu setzen.
Das darzustellen gelingt regelmäßig nur durch ein Aufmaß der ausgeführten und der
gekündigten Leistung. Die so ermittelten ausgeführten Leistungen lassen sich anschließend
mit Ansätzen der Ur- oder Vertragskalkulation auf höherer Ebene (beispielsweise
Leitpositionen, Preis für Kubikmeter umbauten Raum etc.) bewerten.
Grundsätzlich sind hierbei die Detaillierungen der
vertraglichen Vereinbarung
zu
berücksichtigen. „Eine Schlüsselfertigkeitsabrede ist nicht geeignet, bei Vorliegen einer
detaillierten Leistungsbeschreibung den Abgeltungsumfang der vereinbarten Pauschalsumme zu erweitern. Insoweit gehen die Detailregelungen einer globalen Regelung vor“ IBR Juni 2010 S.313 zum Urteil OLG Koblenz März 2010.
Für die Leistungserfüllung einzelner Positionen gibt es verschiedene Fertigstellungsgrade
zum Zeitpunkt der Kündigung:
(1) Die Position ist vollständig erbracht und somit vollständig abzurechnen.
(2) Die Position ist noch nicht begonnen und damit auch nicht abzurechnen.
(3) Die Position ist zu einem Teil des Vordersatzes abgearbeitet. Dieser Anteil ist
entsprechend dem Einheitspreis abzurechnen.
(4) Die Position ist in Teilen vorgearbeitet, aber dem Vordersatz nicht zuordenbar. Zum
Beispiel wurden durch einen Lieferanten Teile vorgefertigt, aber noch nicht auf der
Baustelle eingebaut. In diesem Fall ist zur korrekten Abrechnung eine Aufschlüsse8
lung der Position aus der Kalkulation erforderlich, um die Abgrenzung der Leistung
vornehmen zu können.
(5) Im Fall von Pauschalierungen kann die tatsächlich erbrachte Leistung die Pauschale
zwar mengenmäßig übersteigen, jedoch ist diese Mengenmehrung nicht ohne
weiteres abrechenbar.
5.4 Bestimmung des nicht mehr auszuführenden Leistungsanteils
Diese Aufgabenstellung besteht ausschließlich bei der „freien“ Kündigung, bei der dem
gekündigten Auftragnehmer der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung (für die gesamte
beauftragte Leistung) zusteht, diese sich jedoch anrechnen lassen muss, „[…] was er infolge
Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart [...]“ gem. VOB/B § 8 Abs. 1 Satz 2.
Die Darlegungslast zu den ersparten Aufwendungen trägt der Auftragnehmer, weil allein er
in der Lage ist, zur konkreten Ersparnis etwas vorzutragen. Diese Aussage fokussiert die
kostenmäßige Bewertung der infolge Kündigung nicht erbrachten Leistungen. Mindestens
genauso wichtig ist aber auch die mengenmäßige Bestimmung dieser nicht erbrachten
Leistungen.
5.5 Besonderheit von anteiligen Leistungen
Werden wesentliche Kostenbestandteile einer Leistung in der Ausschreibung nicht als zu
bepreisende Leistungsposition ausgewiesen (wie z.B. die Baustelleneinrichtung), bleibt dem
Bieter nichts anderes übrig, als diese Kosten auf dem Wege einer Umlage auf alle oder
ausgewählte Leistungspositionen zu verteilen oder dementsprechend detailliert nachzuweisen. Im ersteren Fall ist dies das wesentliche Merkmal der bauüblichen Zuschlagskalkulation und im Besonderen der „Kalkulation über die Angebotsendsumme“. Eine
derartige Umlage kann hinsichtlich der Allgemeinen Geschäftskosten, die i.d.R. ebenfalls
umgelegt werden, als unproblematisch angesehen werden. Bei den Baustellengemeinkosten
ist es jedoch nicht zwingend, da sich in der Baustellenrealität diese ausgerechnet als
leistungsproportional darstellen sollen. Die Baustellengemeinkosten sind in der Regel
größtenteils zeitabhängige Kosten wie Gehälter, Geräte- und Mietkosten.
5.6 Umgang mit „teilfertigen“ Leistungen
Beim gekündigten Einheitspreisvertrag werden die erbrachten Leistungen abgerechnet; für
die nicht erbrachten Leistungen bestehen nur im Fall der „freien“ Kündigung weitere
Ansprüche des Auftragnehmers.
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Es stellt sich die Frage, in welcher Gliederungstiefe Leistungen aufgeschlüsselt und als
erbracht oder nicht erbracht gewertet werden können. Dies sollte eigentlich beim
Einheitspreisvertrag kein Problem darstellen, denn die kleinste abrechenbare Einheit ist die
Position des Leistungsverzeichnisses.
Eine Position des Leistungsverzeichnisses kann jedoch nur dann abgerechnet werden, wenn
sie auch geleistet wurde. Dies steht beim normal verlaufenden ungekündigten Bauvertrag
außer Frage: Eine nicht (oder nicht vollständig) abgearbeitete LV-Position wird nicht
vergütet.
Im Falle eines gekündigten Bauvertrags trifft die Kündigung für eine Vielzahl an Positionen
zu einem Zeitpunkt ein, an dem diese Positionen begonnen, aber noch nicht fertiggestellt
werden konnten.
Wie ist mit diesen „teilfertigen“ Leistungen umzugehen? In besonderem Maße getroffen sind
gekündigte Auftragnehmer, deren typische Leistungen aus bauablaufspezifischen Gründen
in Abschnitten erfolgen, sich über einen längeren Zeitraum erstrecken oder auch planmäßig
in einem Zwischenzustand längere Zeit verharren, um anderen Gewerken deren Leistung
erst zu ermöglichen.
Diese Problemsituation existiert beispielsweise für den Erdbau (Lösen – Laden – Zwischenlagern – Wiedereinbauen).
Die Situation wird zusätzlich verschärft durch eine der VOB/C widersprechende
Leistungsbeschreibung, die zeitlich weit auseinanderfallende Leistungsteile in einer einzigen
LV-Position beschreibt.
Teilfertige Leistungen können bei Einheitspreisverträgen nicht als „Leistung“ abgerechnet
werden. Voraussetzung für eine Abrechenbarkeit ist die Fertigstellung der jeweiligen
Teilleistung. Teilfertige Leistungen stellen vielmehr „Aufwand“ dar, der – infolge Kündigung –
nicht mehr erspart werden kann.
Der nicht mehr ersparbare Aufwand (nicht mehr ersparbar, weil bereits erbracht) kann
demzufolge durch den Auftragnehmer bei einer „freien“ Kündigung im Zusammenhang mit
der gekündigten Restleistung berücksichtigt werden.
Bei der Kündigung aus wichtigem Grund kann der Auftragnehmer immer nur fertige
Teilleistungen – also jeweils eine LV-Position – abrechnen. Bereits erbrachter Aufwand für
nur teilfertig gebliebene Leistungen ist nicht zu vergüten.
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Selbstverständlich steht es den Vertragsparteien frei, sich abweichend hiervon zu einigen. Im
Einzelfall kann es auch extrem unbillig sein, wenn der (auch aus wichtigem Grund)
gekündigte Auftragnehmer für erbrachte Teilleistungen, die vom Auftraggeber verwendet
werden können, überhaupt keine Vergütung erhält.
5.7 Zerlegung und Bewertung von Teilpauschalen
Auch bei Einheitspreisverträgen tauchen häufig LV-Positionen auf, die mit keinem Mengenvordersatz versehen sind, sondern die Kennzeichnung „pauschal“ tragen. Mit diesen
Teilpauschalen innerhalb eines Einheitspreisvertrags bringt der Ausschreibende zum
Ausdruck, dass er keine Mengenangaben zu der geforderten Leistung machen kann oder
machen will.
Wie ist mit diesen Teilpauschalen im Falle einer Kündigung umzugehen? Sollen sie etwa nur
dann vergütet werden dürfen, wenn sie vollständig erbracht worden sind?
Es gilt der Grundsatz, dass Kosten, die dem Auftragnehmer im gekündigten Leistungsbereich ohne Kündigung entstanden wären, welche als Folge der Kündigung aber nicht mehr
entstehen, von der Vergütung abzuziehen sind.
5.8 Betrachtung ersparter Aufwendungen
Die Darlegungslast für die Ersparnis trägt der Auftragnehmer, weil nur er in der Lage ist,
etwas zur konkreten Ersparnis vorzutragen. Dabei kann er sich an Folgendem orientieren. In
der Frage nach dem Umfang der ersparten Kosten ist maßgeblich darauf abzustellen, ob
eine Kostengröße abgebaut, wann sie abgebaut und in welchem Umfang sie nach der
Kündigung abgebaut wurde. Das nicht Ersparte beschränkt sich i.d.R. nicht nur auf Gewinn
und Allgemeine Geschäftskosten. Vielmehr kann der Auftragnehmer ohne "echten"
Füllauftrag regelmäßig auch Teile der Lohnkosten als nicht ersparte Kosten beanspruchen
und im Übrigen kleinere Teile der Gerätekosten (zeitabhängiger Abschreibungsanteil,
Wartung und Pflege). Darüber hinaus ist die überwiegende Menge der Baustellengemeinkosten häufig als nicht erspart anzusehen.
5.9 Allgemeine Geschäftskosten
Allgemeine Geschäftskosten fallen auf Unternehmensebene an. Eine Verursachung von
Allgemeinen Geschäftskosten durch eine bestimmte Baustelle gibt es nicht, so dass das
Kalkulationsprinzip der verursachungsgerechten Kostenzuordnung zu Teilleistungen oder
wenigstens zu einem bestimmten Bauprojekt scheitert.
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Die Allgemeinen Geschäftskosten entstehen trotz Kündigung oder im Übrigen auch trotz
Einstellung der Bauleistung weiter und können infolge der Kündigung nicht erspart werden.
Sie sind demnach von der vereinbarten Vergütung nicht abzuziehen.
5.10 Gewinn
Gewinn im vereinbarten Preis der gekündigten Leistung ist nicht erspart. Auch insoweit
entsteht ein Vergütungsanspruch.
5.11 Wagnis
Wagnis ist allgemein die Verlustgefahr, die sich aus der Natur eines Unternehmens und
seiner Tätigkeit ergibt. Baubetrieblich wird zwischen dem allgemeinen unternehmerischen
Wagnis und dem projektspezifischen Wagnis unterschieden. Während das allgemeine
unternehmerische Wagnis in der wirtschaftlichen Tätigkeit schlechthin begründet ist,
entstehen projektspezifische Wagnisse (auch Einzelwagnisse genannt) durch die konkrete
Leistungserstellung.
Wagnis und Gewinn lassen sich bei allen wirtschaftswissenschaftlichen Überlegungen nicht
eindeutig voneinander trennen. Daraus folgt: Der Wagnis-Anteil im gemeinsamen Zuschlag
Wagnis und Gewinn ist infolge der Kündigung nicht erspart.
5.12 Baustellengemeinkosten
Nicht nur der kalkulierte Gewinn und die Allgemeinen Geschäftskosten bleiben dem
Auftragnehmer in der vereinbarten Vergütung erhalten. Auch Teile der Baustellengemeinkosten können dazu gehören.
Zur Unterscheidung zwischen ersparten und nicht ersparten Kosten ist maßgeblich darauf
abzustellen, ob eine Kostengröße, wann und in welchem Umfang sie abgebaut wurde.
Wird das Vorhalten der Baustelleneinrichtung in Abweichung von VOB/C als eigene
Leistungsposition - wenn auch als Teilpauschale - ausgewiesen, ist bei einer Kündigung zu
bewerten, welcher Anteil dieser Leistungsposition zum Kündigungszeitpunkt erbracht worden
ist.
Wird jedoch das Vorhalten der Baustelleneinrichtung mangels eigener Position im Leistungsverzeichnis als Bestandteil der Baustellengemeinkosten zwangsweise in Form einer Umlage
behandelt, verschärft sich das oben dargestellte Problem der zeitlichen Verschiebung
zwischen Kostenentstehung und Erlöszeitpunkt.
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5.13 Gerätekosten
In vielen Fällen entstehen bei hoher Leistungsintensität auf der Baustelle häufig auch hohe
Gerätekosten. Wenn es sich dabei um typische Leistungsgeräte (z. B. im Erdbau) handelt,
werden die Kosten dieser Leistungsgeräte aber meist in die Einzelkosten der Teilleistungen
eingerechnet und dadurch auch über die geleisteten Positionen und Mengen wieder erlöst.
Insoweit handelt es sich bei diesen Gerätekosten auch weniger um zeitabhängige als um
leistungsabhängige Kosten, die kalkulatorisch in den Einzelkosten der Teilleistungen enthalten sind.
Was aber ist mit den typischen Bereitstellungsgeräten (z. B. Turmdrehkrane)? Ihre Kosten
sind weitestgehend leistungsunabhängig und stattdessen deutlich zeitabhängig.
Kosten aus Abschreibung und Verzinsung (A + V) der Geräte der Baustelleneinrichtung
gliedern sich in einen leistungsvariablen Teil und einen zeitvariablen Teil. Die zeitvariabel
entstehenden Kosten der A + V sind veranlasst durch die vom Gebrauch unabhängige
Abnutzung eines Gerätes allein durch Zeitablauf und technologische Alterung ("Zahn der
Zeit"). Sie erspart der Auftragnehmer bei eigenem Gerät nicht. Der andere Anteil entsteht
durch Gebrauch (Gebrauchsabschreibung). Er wird sofort nach kündigungsbedingter
Stilllegung des eigenen Gerätes erspart.
5.14 Nachunternehmerleistungen
Diese Leistungen sind durch den Nachunternehmer (NU) abzurechnen und diese
Forderungen sind durch den Hauptunternehmer in seiner Schlussrechnung aufzunehmen.
Hierbei muss der Nachunternehmer allerdings seine kalkulatorischen Randbedingungen
berücksichtigen, ebenso wie der Hauptunternehmer die Angebotswerte des NU in seiner
Abrechnung zu beachten hat. Nicht erspart ist auch die dem NU zu zahlende Vergütung.
5.15 Lohnkosten
Zu den nicht ersparten Kosten können auch Teile der Lohnkosten gehören, wenn und soweit
diese Teile nicht in "echten" Füllaufträgen erlöst werden. Personalkosten gehören
grundsätzlich nur dann zu den ersparten Aufwendungen, wenn sie infolge der Kündigung
nicht mehr aufgewendet werden müssen.
Auch wenn der Auftragnehmer sein Personal trotz der freien Kündigung weiter auf der
Lohnliste führt, muss er nicht mit dem Abzug der Lohnkosten als Ersparnis rechnen. Denn
das Gesetz stellt allein auf die tatsächliche Ersparnis ab.
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Die auf Arbeitszeit- und Entgeltkonten gewerblicher Arbeitnehmer angesammelten Überschussstunden sind dem Auftragnehmer zu erhalten.
5.16 Was sind Füllaufträge?
Der Auftragnehmer muss sich genau die Folgeaufträge anrechnen lassen, welche er
aufgrund der durch die Kündigung frei gewordenen Kapazitäten angenommen hat oder hätte
annehmen können (böswilliges Unterlassen). Als Füllauftrag kann folglich kein Auftrag in
Betracht kommen, den der Auftragnehmer vor der Kündigung angenommen hat. Und:
Aufträge, die der Auftragnehmer auch ohne die Kündigung angenommen und ausgeführt
hätte (Sowieso-Aufträge), sind keine "echten" Füllaufträge, welche anzurechnen wären.
Ein anderweitiger Erwerb aus einem "echten" Füllauftrag kann in der Regel nur dann
festgestellt werden, wenn das Unternehmen des Auftragnehmers voll oder zumindest im
Grenzbereich von 100 % ausgelastet ist, so dass es den weiteren Auftrag ohne die
Kündigung nicht hätte annehmen können. Die Beweislast für den anderweitigen Erwerb liegt
grundsätzlich beim Auftraggeber. Gleiches gilt für die Ersparnis. Aber:
Der Auftragnehmer muss zunächst vortragen und beziffern, welchen anderweitigen Erwerb
bzw. welche ersparten Kosten er sich anrechnen lässt.
5.17
Besonderheiten
5.17.1 Pauschalvertrag
Pauschalverträge gelten – im Vergleich zu Einheitspreisverträgen – als leichter handhabbar,
was die Abrechnung betrifft. Es ist kein Aufmaß erforderlich und die Streitigkeiten um die
Prüfbarkeit der Schlussrechnung halten sich meist auch in Grenzen. Dies gilt, solange der
Umfang an Nachträgen sich in Grenzen hält – und solange der Pauschalvertrag nicht
gekündigt wird.
Kommt es zur Kündigung, ist immer eine Leistungsfeststellung erforderlich; ein Vorgang, der
dem Wesen des Pauschalvertrags eigentlich fremd ist. Auch hier gibt es eine Einschränkung:
Eine Leistungsfeststellung, zumindest in näherungsweiser Form, kann auch notwendig
werden, um zahlungsauslösende Wirkung bei Zahlungsplänen herbeizuführen. Sehr viel
deutlicher als beim Einheitspreisvertrag bringt der Pauschalvertrag zum Ausdruck, dass eine
genau (oder funktional) beschriebene Leistung zu erbringen ist und nur diese die vereinbarte
Vergütung auslöst.
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Pauschalverträge werden mit einem ganz anderen Ziel abgeschlossen: nämlich gerade
keine Leistungsfeststellung und Abrechnung mehr durchführen zu müssen. Es ist schwierig,
wenn über Leistungen gestritten wird, die nicht mehr durch einfache Inaugenscheinnahme
festzustellen sind.
Die Pauschalvertragssumme ist zum Zwecke der Abrechnung nach Kündigung in
Teilleistungen zu zerlegen, die dem Auftraggeber eine sachdienliche Möglichkeit zur
Bewertung des Leistungsstands geben.
5.17.2 Globalpauschalvertrag
Es fehlt, wie beim Pauschalpreis, auch im Globalpauschalvertrag meist an Gliederung und
Orientierung, wie der Leistungsstand zu bewerten ist. Erschwerend kommt hier hinzu, dass
wesentlich weitreichendere Pflichten übernommen werden. Es werden neben den originären
Bauleistungen weiterreichende Tätigkeiten übernommen, wie die Planung, die Einholung der
Genehmigung, Beschaffung des Grundstücks, usw. Eine abschließende Definition für die
eingegangene Leistung ist individuell definiert und deshalb auch noch schwerer abzugrenzen
als ein Pauschalvertrag.
6 Fazit
Wichtig für beide Parteien ist eine klare Feststellung der erbrachten Leistung. Diese wird
immer Gegenstand der Abrechnung sein. Dadurch, dass jede Partei teilnimmt, wird hier
Streitpotenzial minimiert. Es erscheint in diesem Zusammenhang sinnvoll, sich eines Sachverständigen zu bedienen.
Aufgrund der unterschiedlichen Abrechnungsbetrachtungen bei den unterschiedlichen
Kündigungsgründen, ist es von Anfang an geboten, sich über die Situation Klarheit zu
verschaffen. Baubetriebliche und/oder juristische Unterstützung ist in jedem Fall sinnvoll.
Ziel sollte die Vermeidung solcher Konflikte sein, da es für die Vertragsparteien zu
erheblichem Mehraufwand kommt, um die Kündigung korrekt abzuwickeln.
Wichtige Schritte für die Abwicklung einer Kündigung:
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Es ist ein gemeinsames Aufmaß der erbrachten Leistungen vorzunehmen, und dies
auch bei einem Pauschalvertrag. Kommt es nicht zu einem gemeinsamen Aufmaß, ist
ein einseitiges Aufmaß – am besten zusammen mit einem Parteigutachter –
vorzunehmen.
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Den Leistungsstand möglichst umfassend (fotografisch) zu dokumentieren.
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Die Abnahme ist umgehend zu beantragen.
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Dem Auftragnehmer ist die weitere Durchführung von Leistungen zu untersagen;
allerdings ist Mängelbeseitigung zuzulassen.
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Auftragnehmer und Auftraggeber sollten sorgfältig abwägen, ob bei nahezu fertig
gestellten Teilleistungen, die als mängelbehaftet dargestellt werden, diese Mängel
behoben werden oder die Teilleistungen als nur „teilfertige“ Leistung abrechnet
werden.
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Auf der Baustelle gelagertes Material ist zu entfernen. Das Material wird im Regelfall
irgendwann verschwunden sein; der Auftraggeber wird jedoch jegliche Verwendung
bestreiten.
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Ein so genanntes „Baustellenverbot“ gegenüber dem Auftragnehmer könnte im
Rechtsstreit als Vereitelung des Aufmaßes mit den entsprechenden negativen Folgen
für den Auftraggeber angesehen werden.
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Bei „freier“ Kündigung im Hinblick auf die spätere Geltendmachung von Fertigstellungsmehrkosten: darauf zu achten, dass die vom Folgeunternehmer (Ersatz-AN)
abgerechneten Mengen nicht ohne weitere Prüfung als maßgeblich für die
Abrechnung mit dem gekündigten Auftragnehmer herangezogen werden.
Bei diesem Aufsatz handelt es sich um den Versuch, eine komplexe Thematik für den
Baupraktiker zu veranschaulichen. Deshalb hier eine kurze Zusammenfassung der
Sachverhalte:
Die Abrechnung der Kündigung richtet sich nach dem Anlass der Kündigung:
Kündigungsbegründung
Regelung
Abrechnungsfolge
Freie Kündigung durch den VOB/B § 8 Nr.1
Abrechnung der vereinbarten
Auftraggeber
Vergütung, abzüglich ersparter Aufwendungen.
Aus wichtigem Grund durch VOB/B § 8 Nr. 2 bis 4
Abrechnung der erbrachten
den Auftraggeber
Leistung.
Aus wichtigem Grund durch VOB/B § 9 in Verbindung mit Abrechnung
den Auftragnehmer
§ 642 BGB
der
ausge-
führten Leitung zu Vertragspreisen zuzüglich einer angemessenen Entschädigung.
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Die besonderen Schwierigkeiten ergeben sich in der Erstellung der Abrechnung. Hier sei
nochmals auf die Problematik der Abgrenzung der Leistung hingewiesen. Aber auch die
Bewertung der Umlagekosten und der einzelnen Kostenartenanteile im jeweiligen Einzelfall
ist nicht zu unterschätzen. Hierfür ist eine aussagekräftige Kalkulation die Voraussetzung.
Veröffentlicht im Eisenbahn Ingenieur Kalender 2011
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