HUMBOLDT FERNGESPRÄCHE IN ENGLISH PLEASE!

HUMBOLDT FERNGESPR ÄCHE
PETER LIMBOURG
IN ENGLISH PLEASE!
MEDIENPOLITISCHE ASPEK TE DER SPR ACHENVIELFALT
Humboldt Ferngespräche – Discussion Paper Nr. 8 – März 2016
PETER LIMBOURG
IN ENGLISH PLEASE!
MEDIENPOLITISCHE ASPEK TE DER SPR ACHENVIELFALT
Humboldt Ferngespräche – Discussion Paper Nr. 8– März 2016
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Die Humboldt Ferngespräche – Discussion Papers werden von der Stabsstelle Internationalisierung der Humboldt-Universität zu Berlin herausgegeben. Sie basieren auf Vorträgen in der Reihe Humboldt Ferngespräche. Mit ihr setzt die Humboldt-Universität
zu Berlin Impulse zu aktuellen Fragen der Internationalisierung von Hochschulen und
bietet ein Forum für Austausch und Vernetzung innerhalb der Berliner Wissenschaftslandschaft. Sie will diese Anregungen mit den Discussion Papers auch darüber hinaus
der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.
Copyright
Dieses Discussion Paper ist urheberrechtlich geschützt. Sein Nachdruck oder seine
Veröffentlichung ohne die ausdrückliche Genehmigung der Autorin ist nicht gestattet.
Textpassagen dürfen gerne unter Beachtung wissenschaftlicher Zitierregel bei vollständiger Angabe der Quelle verwendet werden.
Zitiervorschlag: Limbourg, Peter, In English please! Medienpolitische Aspekte der
Sprachenvielfalt, in: Humboldt Ferngespräche – Discussion Paper Nr. 8, (hg. von der
Humboldt-Universität zu Berlin), 2016.
Kontakt
Stabsstelle Internationalisierung
Nina Mikolaschek
Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
10099 Berlin
www.hu-berlin.de
[email protected]
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Der Autor
Peter Limbourg bekleidet seit 2013 das Amt des Intendanten der Deutschen Welle. Er
studierte Rechtswissenschaften in Bonn und legte 1987 das erste juristische Staatsexamen ab. Daraufhin war er u.a. als Europa- und NATO-Korrespondent für die Deutsche
Fernsehnachrichten Agentur und SAT.1 tätig, übernahm das Bonner Büro von ProSieben und wurde zum Politikchef von ProSieben und SAT.1 berufen. Zwischen 2008
und 2010 verantwortete er als alleiniger Chefredakteur das Programm von N24. Seit
2008 war er Hauptmoderator der SAT.1 Nachrichten, seit 2010 Informationsdirektor
von ProSiebenSat.1 TV Deutschland. Limbourg ist zudem Vorsitzender der Jury des
Medienpreises des Deutschen Bundestages, Jurymitglied des Axel Springer Preises
für junge Journalisten, Berater in der publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz und Mitglied in der Diözesanleitung der Malteser.
Zusammenfassung
Die Deutsche Welle versteht sich als Anbieter eines Kultur- und Bildungsangebots,
welches einerseits die lokalen Anforderungen an ein internationales Nachrichtenangebot berücksichtigt und andererseits als Übermittler einer deutschen Perspektive
fungiert. Eine strategische Neuausrichtung, „Deutschlands Stimme in der Welt“, mit
einem verstärkten Ausbau des englischen Informationsangebots, soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Welle verbessern, um auch künftig den
gesetzlichen Programmauftrag erfolgreich umzusetzen. „Englisch ist Standard“ - und
Voraussetzung für eine gelungene globale Positionierung in der internationalen Zusammenarbeit? Auch im Bereich der internationalen Wissenschaftskooperationen
stehen wir immer wieder vor der Frage „Welche Sprache ist der richtige Schlüssel zu
einer gelungenen Kooperation?“ Durch eine zunehmende Digitalisierung ergeben sich
zudem wechselnde Distributionsmöglichkeiten, die z.T. eine sprachliche Anpassung
erfordern, um ein breiteres Zielpublikum zu erreichen. Herr Limbourg erläutert in seinem Impuls-Vortrag seine Vision einer strategischen Neuorientierung der Deutschen
Welle und seinen Umgang mit den damit verbundenen Change-Prozessen.
Der vorliegende Text basiert auf dem Vortrag in der Reihe Humboldt Ferngespräche
an der Humboldt-Universität zu Berlin am 29.09.2015.
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PETER LIMBOURG
IN ENGLISH PLEASE!
MEDIENPOLITISCHE ASPEK TE DER SPR ACHENVIELFALT
Als Intendant der Deutschen Welle freue ich mich besonders, hier in der
Humboldt-Universität sprechen zu dürfen. Die Gebrüder Humboldt sind
auch für uns bei der Deutschen Welle ein inspirierendes Vorbild: Wir haben
uns in einem Reformprozess, den ich angestoßen habe als ich Intendant
wurde, überlegt, wie unser journalistisches Selbstbild ist. Dabei sind wir auf
den „Entdecker aus Deutschland“ gekommen, der den Nutzer unserer journalistischen Angebote versucht zu unterstützen, an die Hand zu nehmen,
ihm neue Dinge aufzuzeigen, ein bisschen mit in die Welt hinauszunehmen
und auch wieder zurückzuführen. Da sind die Humboldt-Brüder prädestiniert, zumal sie auch in großen Teilen unserer Zielgebiete, gerade in Südund Mittelamerika, echte „Stars“ sind. Insofern liegen wir ganz gut damit,
wenn wir uns auch auf die Humboldt-Brüder berufen.
„In English please! – Medienpolitische Aspekte der Sprachenvielfalt.“
Darum geht es heute. Ich möchte Ihnen einen Einblick in die „Werkstatt“
der Deutschen Welle liefern. Mit dem Thema Internationalisierung setzen
wir uns schon seit Langem auseinander – das ist für uns Alltag. Irgendwann
war die Deutsche Welle, gegründet 1953, Stimme der Heimat für die, die
nicht in der Heimat sind. Sie richtete sich, wie der damalige Bundespräsident
Theodor Heuss einmal sagte, an „die lieben Landsleute in der ganzen Welt“.
Das hat sich geändert. Auch die Deutsche Welle hat in all den Jahren
dazugelernt. Man kann von erfolgreichen internationalen Organisationen
lernen – und wählt man eine aus, die aufgrund der Dauer ihrer Marktpräsenz und der Zahl ihrer Mitglieder besonders erfolgreich ist, könnte man auf
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die Katholische Kirche kommen. Auch die Katholische Kirche hat mit dem
Zweiten Vatikanum entschieden, dass man die Sprachenvielfalt nach vorne
stellt und nicht alles auf Latein machen muss; dass man mit den Nutzern,
in diesem Fall den Gläubigen, gelegentlich auch sprechen sollte – und ihnen
nicht nur etwas vortragen sollte. Das ist etwas, was auch bei der Deutschen
Welle ganz klar im Vordergrund steht: Wir müssen unsere Nutzer und unsere
Zielgruppen in ihren Sprachen ansprechen und mit ihnen in einen Dialog
eintreten. Da dauert es nicht lange, bis man darauf kommt, dass Englisch bei
der Frage: „In welchen Sprachen wollen wir uns denn bewegen?“ vielleicht
nicht ganz zu vernachlässigen ist
DEUTSCHE WELLE: „ STIMME DER FREIHEIT“
Englisch ist die weltweite „Lingua franca“, gerade auch der Zielgruppen, an
die sich Auslandsrundfunk richtet. Das sind meist besser gebildete Menschen, die sich stark für Politik interessieren – im besten Falle auch für Demokratie. Es ist eine Sprache, die weltweit von zunehmender Bedeutung ist.
Insofern ist klar, dass Englisch auch bei der Deutschen Welle im Zentrum
stehen muss.
Wir haben 30 Sprachen im Angebot – dazu gehört natürlich auch
Deutsch. Sie alle sind im Internet präsent. Im Radio senden wir in neun Sprachen - dazu gehört Englisch, dazu gehören aber auch die afrikanischen Sprachen für den Subsahara-Raum. Hier sind wir besonders gut aufgestellt und
haben sehr viel Erfolg mit den Radiosendungen auf Swahili und Hausa. Mit
diesen Sprachangeboten versuchen wir nach wie vor im Radio zu punkten
– wobei dies ein gewisses Sorgenkind ist, da sich der Erfolg hauptsächlich
auf die Kurzwellenübertragung stützt. Die Kurzwelle aber ist ein sterbendes
Medium und wird, wenn man ehrlich ist, eigentlich nur noch von älteren
Menschen genutzt. Wir müssen uns bemühen, auch mit den veränderten
Distributionsmöglichkeiten nahe an die Zielgruppen heranzukommen. Das
ist nicht ganz so trivial, da sich die Märkte immer weiter verändern - und
zwar in einer enormen Dynamik.
Während man früher gesagt hat: „Wir senden etwas und dann wird es
schon irgendwo gehört“, ist es heute ganz anders. Die Welt wartet nicht auf
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Informationen aus Deutschland, auch wenn das Interesse daran groß ist. Es
gibt marktwirtschaftlich organisierte Regionen, in denen für eine eigene
UKW-Frequenz viel Geld in die Hand genommen werden muss, um das
eigene Programm vor Ort zu verbreiten. Insgesamt ist die Verbreitung unserer Programme einerseits schwieriger geworden, andererseits kann man sie
durch die Möglichkeiten der Digitalisierung zielgerichteter auf die jeweiligen
Nutzergruppen ausrichten.
Neben den Radio- und Online-Angeboten haben wir ein Fernsehprogramm in vier Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch. Das
sind Sprachen, in denen eine Vielzahl von Menschen erreicht werden kann.
Von den mittlerweile fast 120 Millionen wöchentlichen Nutzern der Deutschen Welle ist ein Drittel über Englisch zu erreichen. Weitaus weniger
Menschen erreichen wir dagegen mit unseren Angeboten beispielsweise auf
Mazedonisch, Albanisch und Portugiesisch für Afrika. Bei der Deutschen
Welle kommt es aber nicht nur auf Reichweite an, sondern es ist wichtig,
dass wir Menschen unterstützen, die in unfreien Medienmärkten leben. Für
sie – auch wenn es nur wenige sein sollten – sind wir die „Stimme der Freiheit“ und ein Anker für verlässliche Information. Hier kommt es nicht nur
auf die reinen Klickzahlen oder die gemessene Zuschauer- oder Hörerschaft
an, sondern auf den „Impact“, den wir entfalten.
Andererseits gilt: Wenn wir als Deutsche Welle keine Reichweite erzielen, haben wir irgendwann ein Legitimationsproblem. Das heißt, wir müssen
möglichst viele Menschen für unsere Angebote dazugewinnen, was uns ganz
gut gelingt. Durch die Digitalisierung ist die Zahl der potenziellen Nutzer
sehr viel größer geworden. Die Möglichkeiten für Menschen, Informationen
aufzunehmen, sind durch das Internet enorm gewachsen. Noch nie auf der
Welt konnten so viele Menschen journalistische Produkte wahrnehmen wie
heute – auch wenn es vielleicht eine andere Wahrnehmung ist als früher.
In diesem Juni haben wir ein neues, englisches Fernsehprogramm gestartet. Manche mutmaßen zwar, das lineare Fernsehen sei in Europa und
in Nordamerika auf dem Rückzug, allerdings sprechen die Nutzungszahlen dagegen. Nach wie vor werden zum Beispiel in Deutschland täglich ca.
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dreieinhalb Stunden Fernsehen geschaut.1 Weltweit sind es im Schnitt drei
Stunden und 10 Minuten.2 Das heißt: Nach wie vor ist das Medium relevant,
vor allem in Asien, Afrika und Südamerika wird es noch sehr stark genutzt.
Auch dort müssen wir uns natürlich rechtzeitig an die Marktgegebenheiten
anpassen, können aber nicht radikal mit einem Medium brechen, welches
nach wie vor die meisten Menschen erreicht und größter Informationsträger
ist. Wir müssen also auf alle Medien setzen. Das lineare und das digitale
Angebot müssen vernetzt sein und sich wechselseitig speisen.
Auch wenn wir erhebliche Investitionen in unser englisches Angebot
getätigt haben, ist es nicht so, dass wir jetzt nur noch englische Programme
machen. Das wurde uns unterstellt, ist aber abwegig. Wir haben weitere
30 Sprachen im Angebot und sind darüber heilfroh. Als wir vor zwei Jahren
angefangen haben, die Deutsche Welle zu reformieren, waren weder die
Russland-Ukraine-Krise, die Flüchtlingsbewegungen noch die Krisen auf
dem West-Balkan absehbar, ebenso wenig die jüngsten Erschütterungen
der europäischen Welt, inklusive der Eurokrise. Und trotzdem haben wir
an der Vielsprachigkeit festgehalten. Heute sind wir froh, dass wir auch die
Sprachen des West-Balkans im Angebot haben und die Menschen dort erreichen können. Es ist zwar ein kleines Angebot, verbreitet sich aber über
Multiplikatoren erfolgreich weiter. Es ist gut, dass wir über diese Sprachen
den Zugang zu den Menschen in diesen Regionen haben.
Was machen wir nun auf Deutsch? Im linearen Hörfunk haben wir
Deutsch nicht mehr im Angebot. Deutsch ist für die Deutsche Welle durch
das ansonsten segensreiche Internet unter Druck gekommen. Wahrscheinlich hat sich auch Ihr Mediennutzungsverhalten in den vergangenen zehn
Jahren geändert. Wenn Sie auf Reisen sind, müssen Sie nicht mehr im Hotelzimmer warten, bis die Nachrichten der Deutschen Welle kommen, um
1 Statista (2016): Durchschnittliche tägliche Fernsehdauer in Deutschland nach Altersgruppen in den
Jahren 2014 und 2015 (in Minuten). URL: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/222521/
umfrage/taegliche-fernsehdauer-nach-altersgruppen-quartalszahlen/ [Zugriff am 04.01.2016].
2 Statista (2016): Durchschnittliche tägliche Fernsehdauer weltweit in den Jahren 2013 und 2014 nach
Regionen (in Minuten). URL: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/377552/umfrage/fernsehkonsum-sehdauer-pro-tag-weltweit-nach-regionen/ [Zugriff am 04.01.2016].
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zum Beispiel zu erfahren, wie die Fußball-Bundesliga gespielt hat. Stattdessen schauen Sie auf Ihr Smartphone und nehmen Ihr Lieblingsangebot
wahr – sei es SPIEGEL ONLINE, BILD.de oder der Trierer Volksfreund. Sie
können auch in Bogotá Radioeins hören und ARD- und ZDF-Sendungen
über das Internet schauen. Insofern sind die Angebote der Deutschen Welle,
die für Deutsche im Ausland gemacht wurden, heute anders zu beurteilen.
Wir haben festgestellt, dass wir mit unseren Fernseh­angeboten auf Englisch
ungefähr zwölf Millionen Menschen erreichen, zehn Millionen auf Spanisch,
und fast neun Millionen auf Arabisch. Das sind echte Nutzer, die regelmäßig
unsere Angebote einschalten, es ist also nicht nur die technische Reichweite.
Mit unserem linearen Angebot auf Deutsch sind es nach unseren Erhebungen nur 250.000 Menschen wöchentlich. Das schafft der Sender Phoenix
an einem guten Abend. Das ist etwas, über das wir uns Gedanken machen
müssen – und das tun wir jetzt. Unser deutsches TV-Angebot steht nicht auf
dem Prüfstand an sich, denn eine Kulturnation wie Deutschland mit dem
Kulturträger Deutsche Welle muss auch auf Deutsch im Fernsehen präsent
sein. Hinzu kommt, dass wir auch in unserem gesetzlichen Auftrag angehalten sind, die deutsche Sprache zu fördern. Das tun wir mit dem TV-Programm, unserem Online-Angebot und unseren Sprachkursen. Wir sind nicht
explizit aufgefordert, auch linear zu senden, machen es aber trotzdem – weil
wir denken, dass Deutsch als Kultur- und Wissenschaftssprache wichtig ist.
Manchmal ist der Zugang zu Deutschland und seiner Sprache einfacher,
wenn die Nutzerin oder der Nutzer anstelle der Angebote eines deutschen
Inlandssenders uns als Auslandssender nutzt.
Gleichwohl haben wir einen Prozess in Gang gesetzt, der noch einmal
überprüft: „Was senden wir denn da tatsächlich?“ Im Moment versuchen
wir – verkürzt gesagt – es allen Recht zu machen, die irgendwie Deutsch
sprechen. Das ist keine besonders homogene Gruppe. Das kann der Tourist
auf Mallorca sein, der zwischen zwei Besuchen im „Bierkönig“ wissen will,
wie die Fußballergebnisse ausgefallen sind, oder der einfach etwas Vertrautes hören möchte. Das kann aber auch der Germanistikprofessor in Kairo
sein, der ehemalige Austauschstudent in Mexiko, der Siemens-Techniker in
Shanghai. Diese Menschen verbindet in dem Moment nur, dass sie irgendetwas Deutsches hören und sehen wollen. Das ist unserer Meinung nach
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nicht genug. Wir müssen uns viel stärker auf Menschen konzentrieren, die
nicht Touristen oder Geschäftsreisende sind.
„WAS MACHEN WIR WIE UND FÜR WEN?“
„Für wen sollte eigentlich ein deutsches Angebot sein, das von der Deutschen
Welle ausgestrahlt wird?“ Diese Frage versuchen wir gerade zu beantworten.
Das ist ein spannender Prozess, der nicht ergebnisoffen daherkommen kann,
weil die Budgets limitiert sind. Wir können das Fernsehen natürlich nicht
neu erfinden, sondern müssen mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln ein Programm an den Start bringen, das sich meiner Überzeugung nach
stärker als Kultur- und Bildungsangebot versteht – und zwar für Menschen,
die sich für die deutsche Sprache interessieren und mit der deutschen Sprache leben. Darunter fällt dann nicht mehr der Deutsche im Urlaub oder der
Auswanderer, der schon immer gerne die Talkshow mit Anne Will gesehen
hat.
Wir müssen entscheiden, was das konkret und im redaktionellen Alltag
bedeutet. Wir haben eine deutsch-englisch gemischte Nachrichtenredaktion.
Traditionell war es in der Deutschen Welle so, dass etwas von Deutschen
auf Deutsch produziert wurde, was dann übersetzt wurde. Das hat zu einer
gewissen Hierarchie der Macher geführt, das heißt, die deutschen Kollegen
waren automatisch diejenigen, die bestimmt haben, was gemacht wird. Mittlerweile sind wir dazu übergegangen, den Sprachredaktionen im Fernsehbereich eine stärkere Autonomie zu geben. Die arabische Redaktion weiß eben
am besten, was ihre Nutzer sehen und hören möchten – und vielleicht auch
sollten. Sie kennt ihre Zielgruppen besser als jemand, der vermutlich noch
nie in seinem Leben die arabische Welt bereist hat und jetzt einen Beitrag
für das arabische Programm machen soll. Die Gewichte innerhalb der Redaktion haben sich ein bisschen verschoben. Das führt auch dazu, dass man
ständig über wesentliche Fragen diskutiert: „Was machen wir wie für wen?“
Machen wir ein Programm, das trotzdem von Deutschen und der deutschen
Perspektive ausgeht? Es gibt manchmal wirklich Skurriles im Alltag, wenn
beispielsweise die Engländer sagen: „Wir brauchen den Merkel-O-Ton nicht,
wir haben doch den Obama-O-Ton.“ Wir müssen immer auch die deutschen
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Perspektiven transportieren. Wenn wir das nicht täten, würden wir uns auf
Dauer überflüssig machen. Dann wären wir einfach nur eine Kopie der BBC
oder von Voice of America. Der Zweck der Deutschen Welle würde sich nicht
erfüllen, denn der liegt ja gerade darin, dass man deutsche und europäische
Sichtweisen unter die Menschen bringt und in einem zunehmend starken
Wettbewerb der internationalen Anbieter ein attraktives Angebot macht.
Wir sind mit dem linearen Fernsehen vor 20 Jahren gestartet, da gab
es Angebote der BBC, da gab es CNN – ein Privatsender, der aber kein
Maßstab für uns ist – und dann eben auch das neue Auslandsfernsehen aus
Deutschland. Das war’s dann auch mit englischsprachigen internationalen
Angeboten. Mittlerweile gibt es fast 30 internationale Kanäle auf Englisch –
Tendenz steigend. Die Türkei hat jetzt auch einen englischen Kanal gestartet
und viele andere auch. Während wir gesagt haben: „Wir wollen unter die Top
Drei“, haben die türkischen Anbieter gleich gesagt: „Wir wollen die Nummer
Eins werden – in einem Jahr!“ Nun starten wir natürlich nicht bei Null, sondern greifen auf eine Tradition von über 60 Jahren Deutsche Welle zurück. In
vielen Orten der Welt ist unser Image weitaus besser als hier in Deutschland.
Hier ist die Deutsche Welle mehr oder weniger unbekannt. Wir arbeiten zwar
daran, dass sich das ändert, es ist aber ein langer Weg. In vielen Teilen der
Welt dagegen werden wir als absolut glaubwürdige und verlässliche Quelle
von Informationen geschätzt. In manchen Regionen sind wir sogar Marktführer unter den internationalen Anbietern. Insofern bin ich zuversichtlich,
dass wir unsere Ziele erreichen.
Wir haben einen starken Wettbewerb mit Playern, die über sehr viel
mehr Geld verfügen als die Deutsche Welle. Die Chinesen mit ihrem Kanal
CCTV stellen geschätzt 1,8 bis zwei Milliarden Euro jährlich für ihren Auslandsrundfunk zur Verfügung. Da kann die Deutsche Welle mit ihrem Etat
von 286 Millionen Euro nicht mithalten. Und man muss fairerweise anerkennen: Sie machen ein qualitativ sehr ansprechendes Programm, mit einer
Technik, die wir nicht bezahlen können. CCTV ist sehr stark unterwegs.
Russland veröffentlicht keine offiziellen Zahlen über den Etat seines Auslandsrundfunks, aber auch sie liegen geschätzt bei ungefähr einer halben
Milliarde Euro. Über unseren Etat kann auch die BBC nur müde lächeln, auch
wenn sie in ihren Inlandsprogrammen sparen muss. Der BBC Worldservice
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dagegen wird wahrscheinlich sogar noch ausgebaut. Und auch Frankreich
hat für France Media Monde und RFI weitaus mehr Geld zur Verfügung als
wir. Unsere Finanzierung ist ein Problem, wir sind aber zuversichtlich, hier
Schritte nach vorn zu machen.
VIELSPR ACHIGKEIT ALS SCHLÜSSEL DER KOMMUNIK ATION
Bevor wir in die Fragerunde einsteigen, möchte ich noch das Thema „Willkommenskultur und Geflüchtete“ ansprechen: Das ist auch für die Deutsche
Welle eine aktuelle Herausforderung. Zunächst für die Redaktionen, die sich
fragen müssen: „Was für ein Bild zeigen wir denn im Moment?“ Während
den Inlandsmedien teilweise der Vorwurf gemacht wird, sie würden ein „zu
naives“ Bild unseres Landes zeigen, es mit der Willkommenskultur „übertreiben“, produzieren wir als Deutsche Welle zu diesem Thema schon sehr lange
sehr differenzierte Berichte. Es ist eigentlich schon das ganze Jahr Top-Thema bei uns, da wir über unsere fremdsprachigen Angebote Zugänge zu den
Menschen haben. Wir haben Angebote in allen Sprachen, die Geflüchtete
sprechen – von Dari und Paschtu für Afghanistan, Urdu für Pakistan, über
Arabisch bis hin zu den afrikanischen Regionalsprachen Hausa und Swahili.
Wir sind in diesen Sprachen recht gut aufgestellt und müssen versuchen,
den Menschen dort ein realistisches Bild zu vermitteln. Wir liefern außerdem ein Serviceangebot für Menschen, die sich noch auf der Flucht bewegen.
Viele von ihnen sind mit Smartphones ausgerüstet, die sie nutzen, um sich
zu informieren. Leider besteht aber auch die Möglichkeit, sie auf diesem
Weg zu „desinformieren“, wie dies beispielsweise Schleuser versuchen, die
Gerüchte streuen, um Menschen zur Flucht zu bewegen.
Die Deutsche Welle muss sehr behutsam sein, um diese „Willkommenskultur“, die es erfreulicherweise in Deutschland gibt, realistisch darzustellen. Wir haben im Moment eine erhöhte Verantwortung, weil jeder
unserer Berichte, der ein zu optimistisches oder zu pessimistisches Bild
zeichnet, Menschen beeinflussen kann, schwerwiegende Entscheidungen zu
treffen. Solche Vorgänge sehr verantwortungsbewusst zu begleiten und zu
bewerten gehört zum täglichen Geschäft eines Auslandssenders, ist im Moment aber besonders sensibel: Angeblich befinden sich allein in Afghanistan
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schon 100.000 Menschen auf dem Weg und es wird damit gerechnet, dass
bis Ende des Jahres eine Million Afghanen auf der Flucht sein werden. Das
sind Zahlen, die manchen ein bisschen erschrecken können. Wir als Deutsche Welle können die Menschen nicht „stoppen“ – was auch nicht unsere
Aufgabe ist. Aber wir müssen sie aufklären, über die Gefahren der Flucht
und darüber, was hier tatsächlich auf sie wartet – damit auf dem Balkan
nicht Geschichten gestreut werden, wie die, dass in Brandenburg Häuser
an Geflüchtete verschenkt werden, oder, wie im Libanon kolportiert, dass
deutsche Passagierschiffe in den Häfen des Libanon auf die Geflüchteten
warten und diese einfach nur kommen müssen.
Das ist eine schwierige Gemengelage, in der die Deutsche Welle derzeit
ihre Arbeit tut. Wir sind froh, dass wir mit unserer Vielsprachigkeit in der
Lage sind, die Menschen in ihren Herkunftsländern zu erreichen.
Für mich und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es jeden Tag
ein wunderbares Erlebnis, in einem Haus mit so vielen Menschen aus ganz
verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenarbeiten zu können. Sie alle
vereint, dass sie die deutschen und europäischen Werte verinnerlicht haben.
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DISKUSSION
Nina Mikolaschek, Referentin der Stabsstelle Internationalisierung, Präsidialbereich der HU:
Der gezielte Ausbau des englischen Portfolios, verbunden mit einer angepassten Personalpolitik, ist natürlich mehr als nur „Jetzt machen wir mehr
auf Englisch“. Wie kommunizieren Sie diese Prozesse intern und wie steuern
bzw. integrieren Sie diese in das Alltagsgeschäft? Das sind ja weitreichende
Change-Prozesse, mit denen auch wir uns tagtäglich beschäftigen und die
nicht von heute auf morgen zu realisieren sind.
Peter Limbourg:
Die deutsch-englische Nachrichtenredaktion ist das Herzstück unserer Arbeit. Dazu kommen die einzelnen Sprachredaktionen. Sie übersetzen nicht
einfach Beiträge, sondern adaptieren sie – ins Englische, Spanische, Russische, in Hindi und viele weitere Sprachen. „Adaption“ meint nicht direkte Übersetzung, sondern sprachliche Anpassung in der Weise, dass es die
Zielgruppe tatsächlich verstehen kann. Bei der Deutschen Welle können Sie
nicht Eins-zu-Eins Angebote von Inlandsmedien ins Programm übernehmen,
weil Sie bei den Nutzern beispielsweise in Bangladesch bestimmte Dinge,
die ein „Kulturdeutscher“ sofort versteht, nicht voraussetzen können. Da
haben die Menschen einen anderen Wissens- und Erfahrungshintergrund.
Das heißt, Sie müssen immer mehr bzw. etwas anderes erklären, als Sie
das in einem deutschen Inlandsmedium tun. Wenn Sie vom „Bundesrat“
sprechen, müssen Sie immer noch dazu sagen, was das für eine Einrichtung
ist. Wir müssen immer dafür sorgen, dass die Themen bei den Menschen
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so ankommen, dass sie es verstehen. Das ist aber seit Jahrzehnten tägliches
Geschäft der Deutschen Welle. Unsere deutsch-englische Nachrichtenredaktion hat sich neu erfunden, und sie hat sich auch komplett neue Begriffe gegeben für die Tätigkeiten, die sie ausübt: Der frühere Redakteur ist heute ein
„Content Packager“. Wir haben bei dem Reformprozess auch darauf geachtet,
dass wir nicht nur englische Muttersprachlerinnen und Muttersprachler oder
nur Deutsche an die Spitze setzen, sondern dass dies gemeinschaftlich gesteuert wird. Wir haben eine Reihe von Workshops durchgeführt, um uns
auf die Grundfrage zu verständigen: „Was wollen wir hier eigentlich erreichen, wo inhaltliche Schwerpunkte setzen?“ Außerdem mussten die neuen
Arbeitsabläufe geklärt werden.
Wir hatten Mitarbeiter, die bisher nur ein „normales Englisch“ gesprochen haben. Die haben wir weiterqualifiziert und ihnen Schulungsangebote gemacht, damit sie sich im Englischen sicherer bewegen können. Unser
Ziel ist es, dass möglichst Menschen bei uns tätig sind, die einen Bezug zu
Deutschland haben. Dass wir Journalisten aus Neuseeland, Australien, Kanada, den USA oder England einfliegen lassen und sagen: „Hier, moderier
mal“, ist die große Ausnahme. Wir versuchen, Mitarbeiter zu finden, die
hierzulande geprägt worden sind. Denn wichtig ist, dass wir eine deutsche
Absenderkennung haben. Wie soll jemand dieses Land erklären, wenn er
oder sie hier nicht gelebt oder überhaupt keinen Bezug zu Deutschland hat?
Insofern ist das etwas, worauf wir großen Wert legen. Wir haben jetzt eine
wunderbare junge Moderatorin, die bisher nur auf Deutsch moderiert hat.
Sie haben wir einige Monate in unser Studio Washington geschickt, damit sie
dort im Alltag ihr Englisch verfeinert. Irgendwann in den nächsten Monaten
wird sie dann im englischen Programm an den Start gehen. Und dann wird
man sagen: „Es ist ein Englisch, das ich verstehe, aber es kommt eben von
jemandem, der Deutschland kennt.“
Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der HU:
Wurde erhoben, welche überwiegenden oder gemeinsamen Merkmale Ihre
Zuhörerschaft hat? Gibt es biografische Knotenpunkte, handelt es sich beispielweise oft um Nachkommen von Auswanderern? Oder ist es eher eine
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große Gruppe von aktiven Kooperanten, die einfach „unterwegs“ sind – wie
zum Beispiel Austauschwissenschaftler und Austauschstudierende. Wissen
Sie mehr als die statistischen Angaben über Ihre Zuhörerschaft – wie sie sich
gruppiert, wo die Hauptinteressengebiete liegen? Damit zusammenhängend
würde ich gerne wissen, welche Möglichkeiten Sie zum Beispiel in der Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen sehen. Sicherlich gibt es
ressortierte Redaktionen, die möglicherweise auch das Thema Wissenschaft
behandeln. Wenn man aus oder über Deutschland berichtet, wäre es naheliegend, auch mit Universitäten in Deutschland zusammenzuarbeiten.
Peter Limbourg:
Wenn Sie „Nachkommen von Auswanderern“ sagen, meinen Sie wahrscheinlich die Zuschauerschaft im deutschen Angebot. Diese besteht aus
den Gruppen, die ich am Anfang genannt habe – Reisende, Touristen, Germanisten, Austauschschüler und eben Deutschstämmige. Erkenntnisse über
sie bekommen wir vor allem aus den Zuschriften, die uns erreichen. Aus
Südamerika beispielsweise erhalten wir Post von Familien, die eine deutsche Auswanderergeschichte haben. Zuschriften kommen dann oft nicht per
Mail, sondern als Brief – noch getippt mit der Schreibmaschine „Olympia
2000“ und einer Unterschrift in Sütterlin. Die einen beschweren sich, die
anderen loben uns. Viele Menschen, etwa nach Thailand ausgewanderte
Rentner, freuen sich, dass es ein deutsches TV-Programm gibt, das in ihr
Kabelnetz eingespeist ist. Ganz allgemein können wir sagen, dass wir eine
höher gebildete Zuschauerschaft haben. Auch hierzulande schaut ja nicht
das RTL II-Publikum das Programm der BBC. Zu unseren Nutzern gehören
vor allem Menschen, die sich für Politik interessieren, die sich für Kultur und
Wissenschaft interessieren, die einfach mehr wissen wollen.
Wenn Sie das Thema Wissenschaft ansprechen: Das spielt eine große
Rolle bei uns, weil Deutschland international nicht nur für deutsche Produkte oder für Frau Merkel steht, sondern im hohen Maße für Wissenschaft
und Lernen, für Energiewende, Umwelttechnologie, für Technologie an sich.
Ganz besonders erfolgreich ist weltweit unser Umwelt- und Globalisierungsmagazin Global 3000. Wir machen sehr viel aus dem Thema und schöpfen
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diesbezüglich auch aus unseren Kooperationen mit Universitäten und beispielsweise dem jährlichen Treffen der Nobelpreisträger in Lindau.
Wolfgang Deicke, Leiter des bologna.labs der HU:
Bei Ihrer Beschreibung der Redakteurin oder Moderatorin, die jetzt gerade
nach Washington geht, kam für mich die Frage auf, wie es eigentlich aussieht mit englischsprachiger Universitätsausbildung. Gibt es gute Leute, die
Journalismus gelernt oder auch studiert haben, aber anscheinend für den
englischsprachigen Bereich nicht gut genug ausgebildet sind? Es hörte sich
in Ihrer Beschreibung ein bisschen so an, als ob Sie doch eine ganze Menge
Muttersprachler oder Leute mit Englisch als Herkunftssprache, die aber in
Deutschland sozialisiert worden sind oder hier lange gelebt haben, für Ihr
englischsprachiges Programm anwerben. Hier sehe ich eine Grundsatzfrage:
Wie sollte der sprachliche Standard für Englisch als „Lingua franca“ aussehen? Muss das „Queen’s English“ sein? Muss das schönes „American
English – Ivy League“ sein, oder darf es tatsächlich so etwas wie ein gutes
– vielleicht nicht für Muttersprachler schönes – internationales Englisch
geben?
Peter Limbourg:
Wir haben bei der Deutschen Welle natürlich den Muttersprachler, der in
Deutschland aufgewachsen ist. Wir haben aber auch Kollegen, die vielleicht
erst ein halbes Jahr hier sind. Vom Ziel her wollen wir mehr Leute auf und
hinter den Bildschirm holen, die schon Verbindungen zu Deutschland haben.
Die müssen nicht zwangsläufig ein bestimmtes Englisch sprechen. Das gab
es mal bei der Deutschen Welle – da sollten dann, weil CNN gerade in Mode
war, alle amerikanisches Englisch sprechen. Für einen deutschen Sender ist
das natürlich totaler Unsinn. Wir haben jetzt einen jungen Inder, der auch
einmal auf dem Bildschirm zu sehen sein wird. Er spricht kein amerikanisches Englisch und auch kein Oxford-Englisch, sondern halt ein sehr stark
indisch geprägtes Englisch. Das ist für uns aber kein Problem, denn wir
richten uns ja auch an Menschen, die unser Programm in Indien schauen.
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Wir haben dort ein großes Zuschauerpotential. Das Englisch, das bei uns
gesprochen wird, muss grammatikalisch richtig und verständlich formuliert
sein. Mir ist letztlich egal, ob das in Cambridge gelernt wurde oder in Texas,
Kalkutta oder Wuppertal. Natürlich gibt es immer Puristen, die uns vorwerfen: „Das, was Ihr da Englisch nennt, ist ja gar keins.“ Das geht oft komplett
an der Lebenswirklichkeit vorbei, und man muss dann einfach sagen: „Sorry,
das ist vielleicht eine akademisch sehr interessante Diskussion, führt aber
in der Praxis dazu, dass wir viele Leute ausschließen und nicht erreichen
würden.“ Mir ist der Akzent egal. Schließlich haben wir auch Deutsche auf
dem Bildschirm, bei denen man einen deutschen Akzent hört. Da sage ich:
Die Deutsche Welle ist ein deutscher Sender – so what?
Thorsten Wilhelmy, Leiter des Wissenschaftskollegs zu Berlin:
Mich würde interessieren, ob bestimmte Inhalte zu bestimmten Sprachen
tendieren. Mein Verdacht wäre, dass politische Berichterstattung und Fußball
wahrscheinlich in allen 30 Sprachen gleich sind. Aber werden wissenschaftliche oder kulturelle Themen etwa für Indien oder Russland adaptiert –
gibt es bestimmte Schwerpunkte, die Sie beobachten können?
Peter Limbourg:
Nein, da kommen Sie ganz schnell in Vorurteile rein, nach dem Motto: „Der
Südamerikaner interessiert sich eigentlich nur fürs Geschäft und sonst
nichts.“ Das ist natürlich Unsinn. Wir sagen grundsätzlich, wir sind für alle
da. Der Kulturbeitrag von Kultur.21 wird – wo immer es geht – ins Arabische,
ins Spanische, ins Russische adaptiert. Wir machen da keine Unterschiede.
Ich bin sehr froh, dass wir auf der ganzen Welt junge, interessierte Menschen haben, die unsere Themen konsumieren wollen. Das Smartphone ist
weltweit mittlerweile ein wichtiges Instrument zur Wissensvermittlung. Das
Smartphone ist inzwischen so weit verbreitet, das ist wunderbar! Mit unserer
Deutsche Welle-App können Sie in 30 Sprachen Informationen bekommen
und mit uns interagieren.
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Birgit Domscheit, Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission:
Mich interessiert natürlich das Thema Übersetzung und ob Sie dieses vielleicht noch mit Zahlen unterfüttern könnten – sprich: Wie viele festangestellte Übersetzer beschäftigen Sie? Ich weiß, Sie haben sogenannte „feste
freie Mitarbeiter“. Wie hoch ist der Kostenanteil der Übersetzung an den
Gesamtkosten? Also im Verhältnis zum ganzen Rest – ist das bei Ihnen ein
großer Posten oder nicht?
Peter Limbourg:
Mit der letzten Frage haben Sie mich kalt erwischt. Wir haben, glaube ich,
nicht viele festangestellte Übersetzer, wobei man sagen muss, dass wir natürlich auch Kollegen haben, die vom Übersetzer zum Journalisten geworden
sind. Sozusagen über den Weg „Learning by doing“ haben sie irgendwann
angefangen, auch selber mal etwas zu schreiben und machen heute beides,
schreiben und übersetzen. In unseren kleinen Sprachredaktionen geht das
auch nicht anders, da muss der Übersetzer auch mal etwas schreiben – oder
der Journalist etwas übersetzen.
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Bisher erschienene Titel in dieser Reihe:
Susanne Baer, Grenzenlose (Wissenschafts-)Freiheit? Der Mensch, die Menschenrechte und die notwendig auch diplomatische Universität, in: Humboldt Ferngespräche – Discussion Paper Nr.1, Januar 2014.
Sjibolt Noorda, Internationalisation in Higher Education. Five Uneasy Questions, in:
Humboldt Ferngespräche – Discussion Paper No.2, April 2014.
Yasemin Karakaşoğlu, Interkulturalität und Diversity-Management an Hochschulen:
Theoretische Ansprüche und Alltägliche Herausforderungen, in: Humboldt
Ferngespräche – Discussion Paper Nr.3, August 2014.
Volker Rieke, Wissenschaftskooperationen mit Entwicklungs- und Schwellenländern: Chancen und Grenzen, in: Humboldt Ferngespräche – Discussion Paper
Nr.4, Dezember 2014.
Barbara Ischinger, Hebe Vessuri, Andreas Eckert, Global Knowledge Disparities:
The North-South Divide, in: Humboldt Ferngespräche - Discussion Paper No.5,
April 2015.
Dieter Lenzen, Hochschule in der Globalisierung: Zwischen atlantischer, europäischer
und konfuzianischer Tradition, in: Humboldt Ferngespräche - Discussion Paper
Nr.6, August 2015.
Dorothea Rüland, Internationalisierung im Wandel: Globale Positionierung von Hochschulen, in: Humboldt Ferngespräche - Discussion Paper Nr.7, November 2015.
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