Konzeption der Wohnstätte Haus Lebenshilfe - Lebenshilfe-NRW

Stand: Juni 2015
Konzeption der Wohnstätte
Haus Lebenshilfe Altenbeken
VORWORT
Die vorliegende Konzeption beschreibt das Dienstleistungsangebot der Wohnstätte
Altenbeken der Lebenshilfe Wohnen NRW gemeinnützige GmbH.
Das Leben in einer Wohnstätte ist eine der bestehenden Wohnmöglichkeiten für
Menschen mit einer geistigen Behinderung. Die Wohnstätte kann ein Zuhause auf Dauer
sein, aber auch eine Befristung ist denkbar. Ausschlaggebend für die Wahl sind vor allem
der persönliche Wunsch und das Bedürfnis nach einem freien und selbstbestimmten
Leben.
Mit dieser Konzeption werden die pädagogische Ausrichtung, die Rahmenbedingungen
und die Möglichkeiten und Grenzen des Lebens in der Wohnstätte ausführlich
beschrieben, um interessierte Menschen umfangreich zu informieren.
Die Konzeption ist sowohl eine Information für zukünftige Bewohner und Bewohnerinnen
und deren Angehörige, als auch ein Leitfaden für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der
Einrichtung. Sie ist abgestimmt mit den Kostenträgern und den Aufsichtsbehörden und
kann auch bei der Öffentlichkeitsarbeit und der Netzwerkarbeit eingesetzt werden.
1. EINLEITUNG
In der überarbeiteten und
im Jahr 2011 verabschiedeten Fassung des
Grundsatzprogramms der Bundesvereinigung der Lebenshilfe werden die Grundsätze der
Lebenshilfe wie folgt zusammengefasst:

Die Lebenshilfe sichert Menschenrechte


Die Lebenshilfe verwirklicht Teilhabe
Die Lebenshilfe gestaltet das Zusammenleben in einer Gesellschaft für Alle
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wohnstätte haben den Anspruch, dass die
Grundsätze der Lebenshilfe in der täglichen Arbeit und dem täglichen Miteinander
umgesetzt werden.
Wohnen gehört zu den entscheidenden sozialen und materiellen Grundlagen
menschlicher Existenz. Die Wohnverhältnisse eines Menschen geben Auskunft über seine
Stellung innerhalb eines gesellschaftlichen Bezugsrahmens. Sie stärken oder mindern das
Selbstwertgefühl und sind ein entscheidender Faktor für die persönliche Entwicklung. Der
Wohnbereich gibt darüber hinaus die Möglichkeit zur individuellen Lebensgestaltung.
Hier findet überwiegend privates Leben statt. Die Wohnung wird zum Schutzraum, in dem
weitgehend selbstbestimmt und eigenverantwortlich gelebt werden kann.
Wohnen bedeutet also nicht nur Versorgung, Unterkunft und Verpflegung, sondern auch
Geborgenheit und Eigenständigkeit, Privatsphäre und Gemeinschaft, die Möglichkeit des
Rückzugs und der Offenheit nach außen.
Das Grundrecht ist nicht teilbar und gilt so für alle Menschen gleichermaßen. Menschen
mit geistiger Behinderung haben das Recht ihr Zuhause zu wählen und so zu gestalten,
dass es die unterschiedlichen Dimensionen des Wohnens ihren Wünschen gemäß
berücksichtigt.
2.
TRÄGER
2.1
DER LEBENSHILFE LANDESVERBAND NRW E.V.
Der Landesverband der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung NordrheinWestfalen ist ein gemeinnütziger Verein. Im Jahre 1964 von Eltern geistig behinderter
Kinder und interessierten Fachleuten, die sich in örtlichen Lebenshilfe-Vereinigungen
zusammengeschlossen hatten, gegründet, zählt die Lebenshilfe NRW heute über 25.000
Mitglieder. Individuelle Angebote sowie über 400 verschiedene Einrichtungen sorgen
landesweit für die Unterstützung von etwa 25.000 Kindern, Jugendlichen und
Erwachsenen. Flächendeckend kann so die benötigte Hilfe und Förderung gewährleistet
werden, um den Bedürfnissen von Betroffenen und ihren Familien gerecht zu werden.
Die Lebenshilfe ist:




Selbsthilfeorganisation der Menschen mit geistiger Behinderung
Elternvertretung
Fachverband
Träger von Maßnahmen und Einrichtungen für Menschen mit geistiger
Behinderung.
Seite 2
2.2
DIE LEBENSHILFE WOHNEN NRW GEMEINNÜTZIGE GMBH
UND DIE LEBENSHILFE WOHNVERBUND NRW GEMEINNÜTZIGE GMBH
Die Lebenshilfe NRW hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit geistiger
Behinderung durch unterschiedliche Wohnangebote bei einer selbstbestimmten
Lebensführung und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu stärken.
Um diese unterschiedlichen Unterstützungsangebote für Menschen mit geistiger
Behinderung anbieten zu können, wurde auf Initiative des Landesverbandes der
Lebenshilfe NRW und rund zwei Dutzend örtlicher Lebenshilfevereinigungen in NordrheinWestfalen im August 1993 die Lebenshilfe Wohnen NRW gemeinnützige GmbH
gegründet. Bereits im November 1997 schlossen sich dann der Landesverband der
Lebenshilfe NRW und die örtlichen Lebenshilfevereinigungen Gelsenkirchen, Greven,
Köln-Pesch und Siegen-Wittgenstein zu einer Wohnverbund NRW gemeinnützigen GmbH
zusammen, um insbesondere Wohneinrichtungen für Menschen mit geistiger Behinderung
in den vier Regionen zu schaffen.
Der Träger der Wohnstätte Altenbeken ist die Lebenshilfe Wohnen NRW gemeinnützige
GmbH.
3.
RAHMENBEDINGUNGEN
3.1
LAGE DER EINRICHTUNG UND INFRASTRUKTUR
Altenbeken liegt am westlichen Fuße des Eggegebirges im Naturpark Teutoburger Wald /
Eggegebirge. In östlicher Richtung erstreckt sich das Weserbergland. Wenige Kilometer
südlich befindet sich das östliche Sauerland. 15 km südwestlich liegt die Kreisstadt
Paderborn. Der Ort Altenbeken wird von der Beke durchflossen.
Altenbeken grenzt an folgende Städte und Gemeinden: im Norden an die Städte Horn-Bad
Meinberg und Steinheim, im Osten an die Stadt Bad Driburg, im Süden an die Stadt
Lichtenau und im Westen an die Städte Paderborn und Bad Lippspringe.
Die Wohnstätte liegt an der Verbindungstrasse zwischen Altenbeken und dem Ortsteil
Buke in einem Wohngebiet. Altenbeken verfügt über eine ausgewogene Infrastruktur und
ist über Bus und Bahn an das ÖPNV-Netz angebunden.
3.2
RÄUMLICHKEITEN
Die Wohnstätte ist ein in zwei Bauabschnitte gegliedertes, zweigeschossiges Gebäude mit
einem großzügigen Außengelände.
Im ersten Gebäudeabschnitt befinden sich auf zwei Etagen jeweils eine Wohngruppe für je
acht Bewohner und Bewohnerinnen.
Im zweiten Gebäudeabschnitt befindet sich eine weitere Gruppe über zwei Etagen verteilt,
sowie die Wirtschafträume, das Leitungsbüro, der Multiraum und der Zugang zum
Dachgeschoss.
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In der Gruppe 1 und 2 befinden sich je 6 Bewohnerzimmer und 2 rollstuhlgerechte
Einzelzimmer. Diese beiden Zimmer teilen sich ein rollstuhlgerechtes Bad.
Alle anderen Bewohner und Bewohnerinnen benutzen ebenfalls zu zweit ein Duschbad mit
Toilette. Für alle Bewohner und Bewohnerinnen der Gruppe 1 und 2 steht darüber hinaus
ein Pflegebad mit höhenverstellbarer Pflegebadewanne zur Verfügung.
Gruppe 3 erstreckt sich über zwei Etagen, dort befinden sich 4 Bewohnerzimmer im
Erdgeschoss mit zwei dazugehörigen Bädern und 4 Zimmer und 2 Bäder im
Obergeschoß.
Die Gruppen 1 und 2 verfügen über einen geräumigen Wohn- und Essbereich mit einer
komplett ausgestatteten Küche. In der Gruppe 3 ist die Küche vom Wohn-/Essbereich
getrennt.
Vom Wohnzimmer aus der Gruppe1 kann man direkt über die Terrasse in den Garten
gelangen.
Der Aufzug vom Keller bis zum 1. Stock macht das Haus barrierefrei.
Der eingezäunte Garten mit ausreichender Grünfläche und der große gepflasterte Bereich
mit Gartenstühlen und Tischen laden alle Bewohner und Bewohnerinnen bei gutem Wetter
zum Verweilen ein.
Bewohnerzimmer:
Die Einzelzimmer für die Bewohner und Bewohnerinnen werden, wenn gewünscht, mit
Schrank, Bett, Schreibtisch, Stuhl, Regal, Nachttisch, Lampe, Fenstervorhängen,
Matratzen und Bettzeug komplett ausgestattet.
Davon unabhängig obliegt die individuelle Gestaltung des Zimmers der Bewohnerin / dem
Bewohner.
Satellitenfernsehempfang und Telefon- und Internetanschluss sind in jedem Zimmer
Standard.
Alle Zimmer sind Nichtraucherzimmer und verfügen über einen Rauchmelder und eine
Notrufanlage.
Auf Wunsch wird ein Zimmerschlüssel ausgehändigt.
Sanitärbereich:
Die Duschbäder sind mit Toilette, einem Waschbecken, einem Spiegel und einer
ebenerdig zugänglichen Dusche mit integriertem Sitz sowie einer Notrufanlage
ausgestattet.
3.3
BEWOHNER UND BEWOHNERINNEN
Die Wohnstätte in Altenbeken bietet Wohn- und Lebensraum für 24 erwachsene
Menschen mit einer geistigen Behinderung.
Aufnahmekriterien:
Die Menschen, die in der Einrichtung leben wollen, werden im Rahmen des
Aufnahmeverfahrens in unterschiedliche Leistungstypen und Hilfebedarfsgruppen
eingestuft.
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Mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe wurden für die unterschiedlichen
Leistungstypen und deren jeweiligen Hilfebedarfsgruppen im Rahmen einer
Vergütungsvereinbarung Kostensätze vereinbart.
Eine Aufnahme ist bei Einstufung in einen der folgenden Leistungstypen möglich:

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
LT 9 : Wohnangebote für Erwachsene mit geistigen Behinderungen
LT10 : Wohnangebote für Erwachsene mit geistiger Behinderung und hohem
sozialen Integrationsbedarf
LT 12 : Wohnangebote für Erwachsene mit komplexen Mehrfachbehinderungen.
Ausschlusskriterien:
Für einzelne Personen muss eine Aufnahme in eine der Wohngruppen leider
ausgeschlossen werden.
Dieser Ausschluss gilt insbesondere für Menschen, die
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

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
durch massives fremdaggressives oder autoaggressives Verhalten sich selbst,
Mitbewohner / Mitbewohnerinnen und Mitarbeiter / Mitarbeiterinnen des
Wohnhauses gefährden
die ständige Anwesenheit einer Pflegefachkraft benötigen, da sie einen besonderen
Pflegebedarf haben
einen besonderen pflegerischen und/oder medizinischen Bedarf haben, welcher
durch das in der Einrichtung tätige Personal nicht gedeckt werden kann
eine im Vordergrund stehende psychische Erkrankung haben oder bei denen eine
Suchterkrankung vorliegt
auf Grund einer Gefährdung durch Weglauftendenzen geschlossen untergebracht
werden müssen.
Arbeit und Beschäftigung:
Die Bewohner und Bewohnerinnen gehen in der Regel einer Beschäftigung in einer WfBM
nach. Sollten Menschen aufgrund des Alters oder aufgrund anderer Situationen einer
Beschäftigung in einer WfBM nicht nachgehen können, so besteht im Einzelfall die
Möglichkeit einer Betreuung im Haus im Rahmen einer Einzelvereinbarung mit dem
zuständigen Kostenträger.
3.4
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Das Haus Lebenshilfe Altenbeken unterliegt als Einrichtung der Eingliederungshilfe dem
Wohn- und Teilhabegesetz. In diesem Gesetz werden wesentliche Unterscheidungen bei
der Bewertung und Zuordnung von Fachkräften und / oder Nichtfachkräften
vorgenommen. In den Wohngruppen wird in multiprofessionellen Teams
zusammengearbeitet.
Folgende Qualifikationen sind hierbei vertreten:
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
Erzieher / Erzieherinnen
Diplom Sozialpädagogen/ Diplom Sozialpädagogin
Fachkraft der Hauswirtschaft
Heilerziehungspfleger / Heilerziehungspflegerinnen
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

examinierte Altenpfleger / examinierte Altenpflegerinnen
examinierte Kranken-/Gesundheitspfleger / examinierte Kranken/Gesundheitspflegerinnen
Des Weiteren gibt es Auszubildende, Langzeit- und Kurzzeitpraktikanten, sowie
Nichtfachkräfte und ehrenamtlich Tätige, die das Team ergänzen.
Zudem sind in der Wohnstätte ein/e Sicherheitsbeauftragte/r und ein/e
Ausbildungsbeauftragte/r benannt.
Die Wohnstätte Haus Lebenshilfe Altenbeken hält eine beratende Pflegefachkraft vor. Die
beratende Pflegefachkraft fungiert innerhalb der Wohnstätte gruppenübergreifend als
Berater/Beraterin und wird in Fallbesprechungen und bei pflegerisch medizinischen
Fragen hinzugezogen. Die beratende Pflegefachkraft schult, begleitet und überprüft
pflegerische Prozesse, um ein Höchstmaß an pflegerischer Versorgung sicherzustellen.
In der Nachtwache kommen ausschließlich Pflegefachkräfte zum Einsatz.
Die Wohnstätte Altenbeken ist anerkannte Einsatzstelle für die Ableistung des „Freiwilligen
Sozialen Jahres“ und des „Bundesfreiwilligendienstes“. Die Freiwilligen können während
dieser Zeit ihre Qualifikation als InklusionsassistentIn erwerben.
Jahrespraktikanten/innen
aus
sozialen
Berufen
werden
durch
unsere/n
Ausbildungsbeauftragte/n begleitet.
In den drei Wohngruppen wird im Schichtdienst gearbeitet. Die Arbeitszeiten orientieren
sich am Bedarf der Bewohner und Bewohnerinnen. Die Wohnstätte ist in der Regel rund
um die Uhr besetzt.
Für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen besteht ein Fortbildungsangebot, das jährlich
nach Wünschen und Anforderungen neu erstellt wird. Externe Fortbildungen sind auf
Antrag möglich.
4.
Leitbild und Ziele
Grundlegende Ziele der Arbeit ergeben sich aus der UN Konvention für die Rechte von
Menschen mit Behinderung.
Ziel ist, die in der UN Konvention definierten Rechte von Menschen mit Behinderungen in
allen Lebensbereichen zu verankern, um eine selbstbestimmte und selbstständige
Lebensführung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Dabei wird der Grundsatz bei jeglicher Assistenz unter dem Motto:
„so viel Unterstützung wie nötig, so wenig wie möglich“,
im positivsten Sinne von Selbstbestimmung verfolgt.
Die Lebenshilfe steht dafür:
 Menschenrechte sichern
 Teilhabe verwirklichen
 Zusammenleben gestalten
(aus dem Grundsatzprogramm der Bundesvereinigung der Lebenshilfe)
Dies beinhaltet, dass für die alltägliche Begegnung und Praxis eine würdevolle
Atmosphäre geschaffen wird, welche die Verwirklichung der eigenen Rechte möglich
macht.
Aus diesem Selbstverständnis ergeben sich folgende Postulate für die tägliche Arbeit:
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Die in den Wohnstätten lebenden Menschen:








sind an allen wesentlichen Entscheidungen beteiligt,
erfahren täglich, dass Sie Teil einer Gemeinschaft sind, in der die Wünsche des
Einzelnen wichtig sind und respektiert werden,
erfahren täglich, dass unterschiedliche Fähigkeiten und Begabungen möglich sind,
ohne dass Einzelne ausgegrenzt werden,
werden umfänglich über Wohn- und Lebensmöglichkeiten beraten,
erleben, dass Ihr Wunsch und Wahlrecht respektiert wird,
leben in einem ihren Bedürfnissen angepasstem Zuhause,
und erleben die gemeinsame aktive Auseinandersetzung mit von Barrieren in ihrem
Wohn- und sozialem Umfeld und deren Abschaffung,
werden behutsam in ihrer Persönlichen Zukunftsplanung begleitet und unterstützt.
Es ist normal verschieden zu sein, da jeder Mensch einzigartig und unverwechselbar ist.
Bei der Umsetzung der Ziele steht die Individualität des einzelnen Menschen somit im
Mittelpunkt.
5.
Aufgaben / Haltung
Es ist Ziel, den erwachsenen Menschen mit Behinderung ein Umfeld zu schaffen, das
ihnen Persönlichkeitsentwicklung und soziale Kompetenzen mit einem Zuwachs an
individueller Eigenständigkeit ermöglicht.
Daraus ergeben sich die folgenden Arbeitsziele:
1. Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und sozialen Beziehungen:
Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu geben bedeutet, soziale
Begegnungen, Kontakte, Austausch und Inklusion zu begleiten oder anzuregen,
und zwar individuell innerhalb der Wohngruppe, hausintern zwischen
verschiedenen Wohngruppen und extern im Kontakt mit der Umwelt.
2. Identitätsfindung durch Berücksichtigung der Ich-, Sozial-, Sach- und
Sinnkompetenz:
- Ich-Kompetenz:
die Beziehung zu sich selbst
- Sozial-Kompetenz:
die Beziehungen zu anderen Personen
- Sachkompetenz:
die Beziehungen zur sächlichen Umwelt
- Sinnkompetenz:
die Beziehungen zu Ideen und Werten.
Ziel der Bemühungen ist es, den Bewohner und Bewohnerinnen zu einem erhöhten
Maß an Selbständigkeit zu befähigen und von Fremdhilfe unabhängiger zu machen.
Diesem Ziel kann sich nur durch kleine Schritte und individuell der Bewohnerin /
dem Bewohner angepasst genähert werden.
Dieser Arbeitsansatz verläuft geplant und reflektiert. Grundlage dafür ist die
trägereigene PZP (Persönliche Zukunftsplanung) und Biographiearbeit, die in
regelmäßigen Abständen mit der Bewohnerin /dem Bewohner durchgeführt wird.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Inhalt, Geschwindigkeit und Richtung einer
Entwicklung letztlich von der Bewohnerin / dem Bewohner selbst bestimmt wird.
Pädagogische Arbeit innerhalb der Wohngruppe findet parallel zum Alltagsablauf
statt, z.B. in den Situationen des Aufstehens, Anziehens, der Körperpflege, des
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Essens, der Zimmerpflege, der Freizeitgestaltung, usw. In allen Bereichen werden
stets Ziele verfolgt, die über ein bloßes funktionales Verständnis hinausgehen. Dies
bedeutet für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen auch bei den Verrichtungen des
alltäglichen Lebens jederzeit auf die Aktivität und Eigentätigkeit des Bewohners zu
achten, für förderliche Möglichkeiten sensibel zu sein, diese wahrzunehmen und zu
unterstützen.
3. Normalisierung und Verlässlichkeit auf Strukturen:
In der Arbeit mit dem Menschen mit Behinderung bemühen die Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen der Einrichtung sich, angelehnt an das Normalisierungsprinzip
(normaler Tagesrhythmus, normaler Ortswechsel für die Bereiche Wohnen, Arbeit
und Freizeit, normaler Jahresrhythmus, normaler Lebensablauf, normale
Beziehungen zum anderen (oder eigenen) Geschlecht, normaler ökonomischer
Standard, eine Tagesstruktur zu gewährleisten, die von Seiten der Institution durch
Verlässlichkeit gekennzeichnet ist.
Aufstehen, Körperpflege, Anziehen, Mahlzeiten zubereiten und einnehmen,
Förderungs-, Beschäftigungs- und Freizeitangebote bis hin zum Zubettgehen
erfolgen regelhaft in ähnlicher Weise und zu annähernd gleichen Zeiten. Diese
Tagesstruktur soll den Bewohnern und Bewohnerinnen die Orientierung im Alltag
erleichtern. Sie ist ein Angebot, dessen Inanspruchnahme wesentlich von den
jeweiligen Bedürfnissen und Wünschen der Bewohner und Bewohnerinnen
bestimmt wird. So zeigt sich, dass die Teilnahme an lebenspraktischen, vor allem
hauswirtschaftlichen Aktivitäten für viele schwerbehinderte Menschen ein
wesentliches strukturierendes Element des Tagesablaufes ist.
4. Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden und Individualität akzeptieren und fördern.
5. Schaffen von Netzwerken und Sozialraumorientiertes Arbeiten.
6. Förderung und Erhalt der Selbstständigkeit und vorhandenen Ressourcen unter
Berücksichtigung des Assistenzmodells.
Die soziale und pflegerische Betreuung umfasst eine Fülle an Aufgaben. Wahrgenommen
werden diese in verschiedenen Lebensbereichen. Im Folgenden wird anhand von
ausgewählten Beispielen die praktische Vorgehensweise in der Wohnstätte dargestellt:

Alltägliche Lebensführung/Individuelle Basisversorgung
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Körperpflege: Duschen/Baden, Zähneputzen, Haare kämmen, rasieren,
Nagelpflege
Toilettenbenutzung, persönliche Hygiene
Aufstehen und zu Bett gehen
Ernährung
Einkaufen, Erkennen, was benötigt wird
Mahlzeiten vor- und zubereiten
Tisch decken, abräumen, Geschirr abwaschen, abtrocknen
Umgang mit elektrischen Geräten
Wäschepflege
Ordnung im eigenen und gesamten Wohnbereich
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Umgang mit Geld, Geldverwaltung (nicht zu Verwechseln mit der
Vermögenssorge in der juristischen Betreuung)
Regeln von Behördenangelegenheiten
Bei der Körperpflege bietet das Personal bedarfsgemäße Unterstützung immer unter
Wahrung der Intimsphäre des Einzelnen an, so erfolgen z.B. die notwendigen Hilfen wenn
möglich durch gleichgeschlechtliches Personal.
Auf eigenverantwortliches und möglichst selbstständiges Handeln des Einzelnen und auf
eigene Entscheidungsmöglichkeiten wird viel Wert gelegt. So werden z.B.
Einkaufsplanungen für den alltäglichen Bedarf hilfreich unterstützt, die Bewohner und
Bewohnerinnen zu Entscheidungen und Wunschäußerungen ermuntert und der Einkauf je
nach Bedarf begleitet.
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Soziale Beziehungen / Gestaltung der Freizeit
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Kontakte und Beziehungen zur Familie, zu Freunden, zu Arbeitskollegen
herstellen und pflegen
Hilfe bei Ablösungsproblemen von Elternhaus / Angehörigen
Hilfe bei Partnerschaftsproblemen
Umgang mit der eigenen Sexualität
Unterstützung bei der Konfliktbewältigung
Begegnung mit sozialen Gruppen und Vereinen
Teilnahme an Freizeitangeboten, Ausflugsfahrten
Hinführung zu Eigenbeschäftigung, Hobbys
Erschließen außerhäuslicher Lebensbereiche
Hilfe bei Problemen am Arbeitsplatz
Hilfen bei der Mitwirkung ihrer Wohn- und Lebensinteressen (Bewohnerbeirat)
Durch ein breit gefächertes Angebot im Freizeitbereich und die Beachtung individueller
Bedürfnisse und Wünsche wird den Bewohnern und Bewohnerinnen die Erschließung
neuer Interessen- und Lebensbereiche und somit eine sinnvolle und zufriedenstellende
Eigenbeschäftigung und Lebensgestaltung ermöglicht.
Ausgehend von dem Normalisierungsprinzip zielen alle angebotenen individuellen
Fördermaßnahmen darauf ab, die Bewohner und Bewohnerinnen zu größtmöglicher
Eigenständigkeit zu befähigen und ihnen die Nutzung eines differenzierten
Wohnangebotes mit oder ohne Unterstützung zu ermöglichen

Kommunikation / Orientierung
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Kompensation von Sinnesbeeinträchtigungen und Sprachbehinderung
Unterstützung in der zeitlichen und örtlichen Orientierung
Die Einrichtung bietet Unterstützung bei der Nutzung von Hilfsmitteln an, die sich sowohl
an der Beeinträchtigung als auch an der speziellen Lebens- und Wohnsituation der
Bewohner und Bewohnerinnen orientiert. Als Beispiele sind zu nennen: das gemeinsame
Erstellen von Piktogrammen, der Umgang mit Unterstützter Kommunikation (Talker,
Fotobildkarten) und Unterstützung der selbstständigen Nutzung eines Rollstuhles,
Rollators oder von Gehilfen.
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Zeitliche und örtliche Orientierung wird sowohl in der alltäglichen Lebensführung gefördert,
als auch gezielt in Form einer Übung angeboten, z.B. die Nutzung von öffentlichen
Verkehrsmitteln.
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Gesundheitsfürsorge
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Vorbereitung und Begleitung von Arztbesuchen (im Rahmen unserer zeitlichen
Ressourcen)
Hilfen bei der Durchführung von verordneten Therapiemaßnahmen
Überwachung des Gesundheitszustandes
Beachtung der Vorsorgeuntersuchungstermine
Fördern und Mitgestalten eines gesunderhaltenden Lebensstils
Hilfen bei der Medikamentenverwaltung und –einnahme
Vermittlung von hygienischen Grundprinzipien
Maßnahmen zur Gesundheitsförderung werden grundsätzlich in Absprache mit
Bewohnern/Bewohnerinnen, Eltern, juristischen Betreuern und behandelnden Ärzten
durchgeführt.
Das Recht auf freie Arztwahl wird unbedingt beachtet. Selbstverständlich ist zudem eine
gezielte Begleitung der Bewohner und Bewohnerinnen hin zu gesundheitsfördernden Essund Lebensgewohnheiten.

Emotionale und psychosoziale Entwicklung
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Schaffen von Vertrauensverhältnissen durch Bezugsbetreuersystem
Auffangen persönlicher Erlebnisse
Beachtung geschlechtsspezifischer Bedürfnisse
Bei zeitweiligen oder latent auftretenden psychischen Problemen: Hilfen bei der
Kontaktaufnahme zu entsprechenden Fachärzten und Beratungsstellen und
intensive Zusammenarbeit in Bezug auf Therapiemöglichkeiten. Unsere
Einrichtung selber bietet keine Therapien an.
Das Entgegenbringen von Empathie und das Ernstnehmen der Bewohner und
Bewohnerinnen und deren persönlicher Belange sind Grundvoraussetzungen für die
psychische Gesundheit. Es schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der die Bewohner
und Bewohnerinnen sich emotional aufgehoben und zu Hause fühlen können.
6.
Qualität
Um den gesetzlichen Ansprüchen des Wohn- und Teilhabegesetzes und den
Vereinbarungen mit den Kostenträgern genüge zu tragen, sowie den Lebenshilfe internen
Qualitätsansprüchen und dem Grundsatzprogramm der Lebenshilfe gerecht zu werden,
sind verschiedene Instrumente und Verfahren zur Qualitätsentwicklung eingesetzt.
Das Qualitätsmanagement stellt sicher, dass die Qualität der Prozesse und Verfahren in
der Organisation fortlaufend geprüft und bei Bedarf weiterentwickelt werden. Ziel des
Qualitätsmanagements ist eine dauerhafte Verbesserung der Qualität unserer
Dienstleistungsangebote.
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Alle Verfahren, Konzepte, Verträge und Formulare sind Inhalt des Qualitätshandbuches
Stationäre Einrichtungen. Das Qualitätshandbuch wird fortlaufend geführt und ergänzt. Die
dort festgelegten Vorgaben sind für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bindend und
verpflichtend.
7.
Mitwirkung / Gremien innerhalb der Wohnstätte
7.1
Mitbestimmung der BewohnerInnen
In der Wohnstätte Altenbeken vertritt ein Bewohnerbeirat nach den Bestimmungen des
Wohn- und Teilhabegesetzes die Interessen der Bewohner und Bewohnerinnen in
Angelegenheiten der Betreuung, des Wohnens und des Zusammenlebens gegenüber
Mitarbeitern, Mitarbeiterinnen und der Leitung. Die Anzahl der Mitglieder richtet sich nach
der Anzahl der Bewohner und Bewohnerinnen des Hauses. Die Bewohner und
Bewohnerinnen der Wohnstätte wählen alle 4 Jahre den Bewohnerbeirat.
Um die Aufgaben wahrnehmen zu können, nehmen die Mitglieder des Bewohnerbeirats
regelmäßig an Seminaren und Treffen teil. Jedem Bewohnerbeirat steht mindestens ein/e
Vertrauensmitarbeiter/in zu Seite. Diese Person unterstützt den Beirat in seiner Arbeit.
In der Wohnstätte Altenbeken hat der Bewohnerbeirat 3 Mitglieder.
7.2
Mitbestimmung der Angehörigen
In jeder Einrichtung haben Eltern- und Angehörige durch die Gründung eines Eltern- und
Angehörigenbeirats die Möglichkeit zur Mitbestimmung. Sie werden hierbei durch die
Wohnstättenleitung unterstützt.
Ein Angehörigenbeirat setzt sich aus Eltern, Angehörigen bzw. gesetzlichen Betreuern der
Bewohner und Bewohnerinnen der Wohnstätte zusammen.
Der Beirat der Angehörigen arbeitet mit dem Bewohnerbeirat und der Wohnstättenleitung
zum Wohle aller Bewohner und Bewohnerinnen vertrauensvoll zusammen und ist in
regelmäßigem Austausch mit den Angehörigenbeiräten anderer Einrichtungen des
Trägers.
8.
Öffentlichkeitsarbeit, Netzwerke, Ehrenamt
Zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist die Öffentlichkeitsarbeit und die sich
daraus ergebenden Kontakte zur Netzwerkarbeit von besonderer Bedeutung.
Neben der Nutzung von Medien wie das LH Journal und der Internetseite der Lebenshilfe
NRW und Lebenshilfe TV, werden viele weitere Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit
genutzt.
Durch die Teilhabe an öffentlichen Veranstaltungen wie z.B. Stadtteilfesten und
Weihnachtsmärkten und durch bürgerschaftliches Engagement von Menschen mit
Behinderung werden Kontakte mit Menschen außerhalb des Systems „Wohnstätte“ aktiv
gepflegt.
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Im Rahmen der Freizeitgestaltung der Bewohner und Bewohnerinnen der Wohnstätte
werden vorhandene Angebote im Sozialraum genutzt bzw. durch das Engagement der
Lebenshilfe für die Nutzung durch behinderte Menschen und ihre Familien nutzbar
gemacht.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wohnstätte suchen das Gespräch mit
Verantwortlichen der örtlichen Vereine um zu beraten, wie Menschen mit Behinderung
(noch besser) in die Angebote der Vereine einbezogen werden können. Die Wohnstätte
berät Organisationen und allgemeine Anbieter (z.B. Volkshochschulen, Musikschulen,
Reisebüros, Jugendverbände, Kirchengemeinden) darüber, wie die Teilhabe von
Menschen mit Behinderung an ihren Angeboten möglich wird. Die Wohnstätte arbeitet mit
anderen Organisationen zusammen, um offene Angebote für Menschen mit und ohne
Behinderung zu planen.
Ausblick
Für die nähere Zukunft ist es besonders wichtig, dass die Einrichtungen und Dienste der
Lebenshilfe nicht nur die Unterstützung der Menschen mit Behinderung im Blick haben,
sondern sich zunehmend auch als Gestalter des gesellschaftlichen Umfelds – im Sinne
von Gemeinwesenarbeit des Gemeinwesens– verstehen.
Um die Möglichkeit der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für die Bewohner und
Bewohnerinnen der Wohnstätte weiterzuentwickeln ist das gemeinschaftliche Engagement
von Menschen mit Behinderung, ihren Eltern und Angehörigen, den Fachleuten und vielen
Mitbürgern und politischen Entscheidungsträgern von großer Bedeutung.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Wohnstätte Altenbeken werden sich auch in
Zukunft dieser Herausforderung stellen und durch eine Fortschreibung der Ziele und
Handlungskonzepte stetig daran arbeiten.
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