Tattoo mit Fehlern - fischer rechtsanwälte

AUS DEM THEMENGEBIET:
WERKVERTRAG –
der Kasse an G bezahlt bzw. vereinbart
hat, war er der Meinung, den Vertrag
mit G geschlossen zu haben und nicht
TATTOO MIT FEHLERN UND
mit dem Tätowierer persönlich. Aus
DIE RECHTLICHEN FOLGEN
diesem Grund sollte nach den Vorstellungen von T auch G die Verantwortung
I.
Der Fall
tragen.
T wollte sich ein neues Tattoo stechen
lassen und wendete sich an ein gros-
II. Tattoo als Werkvertrag
ses, sehr bekanntes Tattoo-Studio G.
Gemäss Art. 363 ff. OR verpflichtet sich
Beim ersten Termin bei G präsentierte
ein Unternehmer durch einen Werkver-
T seine Vorstellungen, worauf ihm von
trag zur Herstellung eines Werkes und
G Tätowierer zugewiesen wurde. In der
der Besteller zur Leistung einer Vergü-
Folge zeichnete der Tätowierer eine
tung. Das Hauptmerkmal eines Werkes
Vorlage, mit welcher T zufrieden war
liegt im Versprechen des Unterneh-
und es wurde ein Termin für das Ste-
mers, einen bestimmten Arbeitserfolg
chen des Tattoos bei G vereinbart.
zu
erbringen
DEL/PULVER,
Schon kurze Zeit nach dem Stechen,
(BSK
OR
I,
ZIN-
Vorbemerkungen zu Art.
363-379 N 4).
bevor die Wunden vollständig verheilt
waren, bemerkte T, dass das Tattoo
Bei der Tätowierung liegt ein Werkver-
schlecht geraten war. Es wich von der
trag nach Art. 363 ff. OR vor. Das Tat-
Vorlage ab, entsprach nicht der ge-
too-Studio bzw. der Tätowierer ver-
wünschten Technik und es entstanden
pflichtet sich beim Werkvertrag zur
zudem Blow-outs, da zu tief in die Haut
Herstellung,
gestochen wurde. T war frustriert und
lung, eines Werkes (des Tattoos) und
meldete sich diesbezüglich bei G. Die-
der Kunde zur Leistung einer Vergü-
ses lehnte jegliche Haftung ab und
tung (Bezahlung der entstandenen Kos-
verwies auf den Tätowierer. Zuvor war
ten). Dabei liegt der vereinbarte Ver-
dies T nie so kommuniziert worden,
tragsgegenstand im Arbeitsresultat und
noch war in den AGB’s festgelegt, dass
nicht in der Arbeit an sich. Der Arbeits-
die Haftung nicht vom Unternehmen
erfolg liegt darin, eine Tätowierung zu
sondern vom Tattoo-Künstler getragen
stechen, welche der besprochenen Vor-
wird. Da T sich für das Tattoo spezi-
lage entspricht. T hat seinen Teil des
fisch an G gewendet hatte und die Kos-
Werkvertrages eingehalten und die ent-
ten für das Tattoo und die Termine an
standenen Kosten bezahlt. Da das Tat-
beziehungsweise
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Erfül-
too jedoch nicht der vereinbarten Vor-
kommt nur dann in Frage, wenn es
lage entsprach sowie nicht kunstge-
„nach der Natur des Geschäfts auf per-
recht gestochen wurde, kann geltend
sönliche Eigenschaften des Unterneh-
gemacht werden, dass seitens von G
mers nicht ankommt" (BSK OR I, ZIN-
der Werkvertrag nicht genügend erfüllt
DEL/PULVER,
wurde.
Fall könnten Dritte auf Rechnung des
Art. 364 N 36). In diesem
Unternehmers das Werk erstellen. Je-
III. Verantwortlichkeit
doch wäre auch hier der Unternehmer
In Art. 364 Abs. 2 OR wird ausdrücklich
zu einer überwachenden Leitung ver-
statuiert, dass der Unternehmer sich
pflichtet (BSK OR I, ZINDEL/PULVER,
verpflichtet, das Werk persönlich aus-
Art. 364 N 37).
zuführen oder unter seiner persönlichen
Leitung ausführen zu lassen. Bei Un-
Im vorliegenden Fall war es T wichtig,
ternehmer, welche keine Einzelperson
ein Tattoo zu erhalten, welches seinen
sind, verpflichtet sich dieser nicht, das
Vorstellungen und der bestmöglichen
Werk selber herzustellen, sondern die
Qualität entspricht. Aus diesem Grund
Arbeiten unter deren persönlichen Lei-
wendete er sich an das prominente Tat-
tung durch Angestellte ausführen zu
too-Studio G, da dieses seinen sehr gu-
lassen (BSK OR I, ZINDEL/PULVER, Art.
ten Ruf pflegt und auch mit der besten
364 N 32). Unter diese Leitung fällt die
Qualität wirbt. T war deshalb auch dazu
Pflicht, die Ausführenden der Arbeiten
bereit, für eine gute Qualität auch einen
sorgfältig auszuwählen, ihnen ange-
höheren Preis zu bezahlen, da G im
messene Weisungen zu erteilen und
Vergleich teuer ist. Natürlich wird aus
die Arbeitsausführung zu überwachen
der Natur von G als juristische Person
(BSK OR I, ZINDEL/PULVER, Art. 364 N
klar, dass das Tattoo nicht vom Unter-
34). Auch bei juristischen Personen
nehmen G an sich, sondern von einem
spielen die „persönliche Eigenschaften“
angestellten Tattoo-Künstler gestochen
des Unternehmers eine entscheidende
wird. Dies war T vor Abschluss des
Rolle. Dabei kommt es auf die Leis-
Werkvertrages klar, jedoch konnte er
tungsfähigkeit und Qualität sowie Zu-
davon ausgehen, dass der Künstler,
verlässigkeit, Erfahrung und Know-How
welcher das Tattoo stach, der Leitung
(insbesondere Ausbildungsstand des
von G unterstand und aufgrund seiner
Personals) des Unternehmens an (BSK
Ausbildung und Erfahrung in der Lage
OR I, ZINDEL/PULVER, Art. 364 N 38,
war, ein Tattoo in der geworbenen Qua-
BGE 103 II 52 S. 55 f.). Eine Ausnahme
lität zu stechen. Da der Vertrag mit G
von
abgeschlossen
der
persönlichen
Ausführung
wurde,
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war
dieses
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demnach für die Leitung des Künstlers
Demnach wird eine Sorgfalt erwartet,
und folglich für die korrekte Erfüllung
die nach der Verkehrsauffassung von
verantwortlich. Demnach kann die Ar-
ihm erwartet werden kann (BSK OR I,
beit des Tätowierers G als eigenes
ZINDEL/PULVER, Art. 364 N 7). Wenn
Handeln angerechnet werden.
das Werk an so erheblichen Mängeln
leidet oder es sonst so sehr vom Ver-
IV. Mangel
trag abweicht, dass es für den Besteller
Ein Mangel am Werk besteht, wenn die
unbrauchbar ist oder dass die Annah-
vertraglich zugesicherten oder nach
me billigerweise nicht zugemutet wer-
dem Vertrauensprinzip vorausgesetzten
den kann, so darf der Besteller das
Eigenschaften
fehlen
Werk nach Art. 368 Abs. 1 OR verwei-
(BSK OR I, ZINDEL/PULVER, Art. 368 N
gern und bei Verschulden des Unter-
9). Ein solcher kann auch ästhetischer
nehmers Schadenersatz fordern. Die
Natur sein. Demnach ist ein Tattoo,
Mängelhaftung setzt kein Verschulden
welches nicht der vereinbarten Vorlage
des Unternehmers voraus (BSK OR I,
sowie nicht dem Stand der Technik
ZINDEL/PULVER, Art. 368 N 7), eine
entspricht, mangelhaft. Nach Art. 367
Wandlung ist jedoch nur dann möglich,
Abs. 1 OR hat der Besteller nach Ablie-
wenn dem Besteller die Annahme der
ferung des Werkes dessen Beschaf-
Leistung unzumutbar ist. Die Unzumut-
fenheit zu prüfen und den Unternehmer
barkeit bestimmt sich nach einer Abwä-
von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu
gung der gegenseitigen Interessen der
setzen.
Parteien in einer umfassenden Würdi-
Im vorliegenden Fall wurde G einige
gung des Einzelfalles nach Recht und
Tage später, nachdem die Schwellung
Billigkeit (Art. 4 ZGB). Der Besteller
abgeklungen war und die Mängel sicht-
kann das mangelhafte Werk entfernen
bar wurden, über die Mängel in Kennt-
und durch ein neues ersetzen lassen,
nis gesetzt. Die Mängelrüge fand somit
was dem Sinn einer Wandlungsklage
innert einer nach üblichem Geschäfts-
gleichkommt (BGE 98 II 118, S. 120).
gang akzeptierten Frist statt und wurde
Die Kosten der Rücknahme hat dabei
genügend substantiiert vorgebracht.
der Unternehmer zu tragen (BSK OR I,
des
Erfolges
ZINDEL/PULVER, Art. 368 N 29).
V. Wandlung
Der Hersteller hat bei der Erstellung
des Werks für die „tadellose Ausführung“ einzustehen (BGE 95 II 43 S. 52).
Die Annahme des Tattoos war für T unzumutbar, da es nicht der Vorlage entsprach und zudem unpräzise und unschön gestochen wurde. Aus diesen
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Gründen wollte er es sich mit einer La-
schadens ist jener Schaden gemeint,
serbehandlung entfernen lassen. Die-
der nicht im Mangel selbst besteht,
ses Handeln war nachvollziehbar, da
sondern aus unmittelbarer oder mittel-
das Tattoo seinen Körper verunstaltet
barer Folge des Mangels entsteht. Der
hat und deshalb untragbar war. Eine
Ersatz des Mangelfolgeschadens setzt
solche Laserbehandlung stellt einen
ein Verschulden des Unternehmers vo-
Eingriff in den Körper und die Gesund-
raus. Jede Abweichung von der fach-
heit dar, weshalb die schonendste Me-
technisch gebotenen Sorgfalt ist ein
thode zu wählen ist, welche zudem pro-
Verschulden, von dem sich der Unter-
fessionell ausgeführt werden sollte.
nehmer zu exkulpieren hat (Art. 97
OR).
VI. Minderung oder NachbesseIm Falle von T ist kein Mangelfolge-
rung
Liegen weniger erhebliche Mängel vor,
ist eine Wandlung nicht gerechtfertigt
und es kann eine Preisminderung oder
eine Nachbesserung verlangt werden.
Die Entscheidung darüber liegt beim
schaden entstanden. Die Laserbehandlung, um das Tattoo zu entfernen, ist
nicht als Mangelfolgeschaden, sondern
als Rückgängigmachen des Tattoos zu
definieren. Dieser Schaden muss durch
die Wandlung (vgl. IV. Wandlung) von
Besteller.
dem
beklagten
Unternehmen
über-
Ein Tattoo kann zwar überstochen wer-
nommen
den und somit auch verbessert werden.
schaden könnte jedoch eine allfällige
Jedoch müsste bei T nicht nur die Flä-
ästhetische Behandlung der Vernar-
che, welche effektiv tätowiert wurde,
bung nach der Laserbehandlung gel-
sondern auch die schattigen, ver-
tend gemacht werden.
werden.
Als
Mangelfolge-
schwommenen Rückstände der Blowouts überstochen werden. Dies würde
VIII.
Fazit
die Fläche der Körperkunst prägnant
T hat im vorliegenden Fall Anspruch auf
vergrössern, was im Falle von T unzu-
Wandlung des Vertrages und somit Be-
mutbar ist. Auch die Minderung des
seitigung des Tattoos. Bei der Wand-
Preises kam für T nicht in Frage.
lung handelt es sich um ein Rückgängigmachen des Vertrages (Zug um
VII. Mangelfolgeschaden
Zug). Somit wird das Tattoo, gegen
Der Besteller kann kumulativ zur Wand-
Rückgaben der bezahlten Kosten, „zu-
lung, Ersatz des Mangelfolgeschadens
rückgenommen“. Da die Beseitigung
verlangen. Mit Ersatz des Mangelfolge-
nur durch eine Laserbehandlung er-
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möglicht wird, muss der Unternehmer,
vorliegend G, für die anfälligen Kosten
dieser Behandlung aufkommen.
Sarah Carpio,
MLaw, Substitutin
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