Bildungsprojekt II, Temuco

Florentine Günter, 1. Bericht
Seit 3 Monaten bin ich jetzt schon in Chile und
ich stelle erstaunt fest, wie die Zeit verfliegt.
Am 10.08 bin ich in Santiago gelandet, in den
vergangenen Wochen habe ich schon viel Neues
und Spannendes erlebt.
Die ersten drei Wochen habe ich mit den
anderen Freiwilligen in Santiago verbracht und
wir besuchten eine Sprachkurs, außerdem
hatten wir ein Einführungsseminar und
natürlich Zeit für Sight-Seeing und andere
Unternehmungen.
drei Auszubildenden betreue sind zwischen 2
und 4 Jahre alt. Ich bin je eine Woche in der
Gruppe der 2 und 3 Jährigen und die folgende
dann bei den 4 Jährigen. Neben Spielen,
Basteln, Malen... bringen wir den Kindern auch
ein bisschen deutsch bei. Dazu behandeln wir
jeden Monat ein Thema, zu dem passende
Wörter geübt werden. Diesen Monat haben wir
zum Beispiel das Thema Kleidung, deshalb
basteln wir Socken, Pullover, Hosen etc. und
singen das deutsche Lied „Grün, grün, grün
sind alle meine Kleider“. Ich bin wirklich
erstaunt, wie viel sich die Kinder merken
können und freue mich immer über einzelnen
deutschen Wörter, die in mitten der spanischen
Sätzen auftauchen.
La Moneda in Santiago bei einer exklusiven Privatführung
für uns Freiwillige.
Beim deutsch üben.
Die Zeit war wirklich schön, nicht zuletzt da
wir von den Jugendlichen der deutschen
Gemeinde Santiago sehr herzlich aufgenommen
wurden und sie uns einiges von der Stadt
gezeigt haben. Natürlich aber auch dank unserer
beiden Mentoren, die uns gleich am Flughafen
empfangen haben und sich wunderbar um uns
gekümmert haben.
Nach den drei Wochen ging meine Reise
nochmal 10 Stunden weiter in den Süden, bis
ich schließlich im wunderschönen Valdivia
ankam. Hier wohne ich in der Mädchenschaft
Amankay mitten im Stadtzentrum mit 10
anderen Mädchen, die hier studieren.
Morgens laufe ich immer zur Arbeit, denn der
Jardín luterano ist nur 5 Minuten von hier. Die
Kinder, die ich gemeinsam mit 4 Tías (so
werden hier die Erzieherinnen genannt) und
Was mir immer besonders gefällt, ist die
Musikstunde jeden Donnerstag: Dazu kommt
extra eine Tía, die mit den Kindern auf deutsch
und spanisch singt und Gitarre spielt. Ich
genieße immer zuzusehen, wie viel Spaß die
Kinder beim Tanzen, Singen und Ausprobieren
der Instrumente haben.
Die Arbeit mit den Kindern macht wirklich viel
Freude und sie haben es von Anfang an
geschafft die Sprachbarriere zu umgehen,
indem sie mir einfach ohne Worte klargemacht
haben, was sie wollen oder brauchen. So wurde
ich anfangs oft an der Hand genommen und
zum Klo gezogen oder mir wurden Schuhe
hingestreckt, die gebunden werden wollten...
Auch jetzt helfen sie mir noch oft, indem sie
ihre Sätze einfach mehrmals wiederholen und
sich ab und an ein bisschen der
Meine erste Zeit in Valdivia,
Chile!
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Florentine Günter, 1. Bericht
Zeichensprachen bedienen.
Wände des Gruppenraums werden mit
französisch Vokabeln beklebt.
Aber nicht nur das Team sondern auch die
Kinder haben mich mit offenen Armen
empfangen und ich glaube mit Recht zu sagen,
wir haben uns gegenseitig schon sehr ins Herz
geschlossen. Was der Hogar den Kindern
täglich bietet, ist sehr toll und unheimlich
wichtig für sie. Denn während die Eltern bei der
Arbeit sind, werden die Kinder liebevoll
umsorgt und verpflegt.
Meiner zweiten Arbeit gehe ich immer
nachmittags nach. Im Hogar luterano
unterstütze ich jeden Tag eine Tía bei der
Betreuung ihrer Gruppe. Insgesamt gibt es dort
drei Gruppen für Schulkinder zwischen 5 und
14 Jahren. Die Kinder kommen nach der Schule
in den Hogar um dort zu Mittag zu essen,
Hausaufgaben zu machen und natürlich zu
entspannen und zu spielen, bis sie dann nach
einem Once am frühen Abend nach Hause
gehen. Once heißt das kleine, relativ frühe
Abendessen hier.
Meine Aufgabe besteht zum einen daraus,
eigene Aktivitäten anzubieten, so mache ich
Montags zum Beispiel Französisch mit einigen
Kindern,
Aber mein Leben hier besteht natürlich nicht
nur aus Arbeit, sondern ich habe auch genügend
Freizeit, die ich mit Klettern, Joggen, Deutsch
unterrichten, Wochenendtrips etc. fülle.
Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, wie
ausgesprochen herzlich und höflich die
Chilenen sind. Alle gebührend zu begrüßen
und zu verabschieden ist hier sehr wichtig, auch
bei größeren Gruppen wird jeder Einzelne mit
einem Kuss auf die Wange begrüßt bzw.
verabschiedet. Meistens begleitet von der Frage
„Cómo estás?“.
Außerdem ist Deutsch hier eine sehr beliebte
Fremdsprache, so ist es keine Seltenheit, wenn
man auf neue Leute trifft, ein wenig Smalltalk
auf deutsch zu führen. Gerade da es in der
Mädchenschaft
sowie
auch
in
der
Burschenschaft eine der Eintrittsbedingungen
ist, deutsch zu sprechen.
Mir fällt es dennoch schwer festzulegen, wo
große Unterschiede in der chilenischen Kultur
liegen zu dem, was ich aus Deutschland kenne.
Abgesehen davon, dass die Chilenen, wie schon
gesagt, sehr höflich sind, sind sie vielleicht ein
bisschen gelassener. Viele denken jetzt
vielleicht an die berüchtigte Unpünktlichkeit,
wobei ich diese bis jetzt noch gar nicht wirklich
mitbekommen habe.
Was mir hier besonders gefällt und für mich
viel der chilenischen Kultur zeigt, ist das
Busfahren.
An den Haltestellen gibt es hier keine Buspläne,
wann welcher Bus fährt. Man stellt sich einfach
an die Haltestelle und warten bis der nächste
kommt, um diesen anzuhalten streckt man
einfach den Arm heraus, das kann auch mal
abseits jeglicher Haltestelle passieren. Der Bus
Die Gruppe von Tía Marisol im Garten beim Französisch
lernen.
Dienstags bringe ich den Jungs Pois bei und
Mittwochs und Donnerstags steht Ballett auf
dem Plan. Nebenbei helfe ich natürlich mit bei
den Bastelaktionen, versuche Matheaufgaben
auf Spanisch zu erklären oder den jüngeren
Schuhe binden beizubringen.
Dadurch ist die Arbeit im Hogar sehr
abwechslungsreich und jeden Tag anders.
Außerdem habe ich viel Freiraum, bei dem was
ich anbieten will für die Kinder und die Tías
unterstützen mich bei allen Ideen. So haben wir
nach ein Paar Wochen 20 Paar Pois gebastelt,
damit jedes Kind sein eigenes Paar zum üben
hat. Gerade nähen die Mütter an Tutus für die
Ballettaufführung am Jahresende und die
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Florentine Günter, 1. Bericht
hält dann einfach an Ort und Stelle und nach
der Begrüßung kauft man direkt beim Fahrer
sein Ticket. Während der Fahrt steigen immer
wieder Händler mit Snacks, Pflastern... ein, um
diese zu verkaufen, an der nächsten Haltestelle
steigen sie einfach in den nächsten Bus um. Hat
man sein Ziel erreicht drückt man einfach die
Stopp-taste und wird an der nächsten
Haltestelle herausgelassen oder bittet den
Fahrer, einen Sonderhalt einzulegen und einen
am gewünschten Ziel herauszulassen. Ich liebe
das Bussystem, denn man kann nie seinen Bus
verpassen und muss selten länger als 10 min auf
den nächsten Bus warten.
Mein Leben hier macht wirklich Spaß, jeder
Tag hält Neues bereit und ich genieße es die
Sprache, das Land und die Leute
kennenzulernen. Schon jetzt habe ich viele
Erlebnisse und Erfahrungen gemacht, die sehr
erinnerungswürdig sind und ich bin gespannt
auf alles, was das Jahr noch bereithält.
Viele Grüße aus Valdivia
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