6 Loisachtal Mittwoch, 13. Januar 2016 | Nr. 9 . PODIUMSDISKUSSION IN DER KATHOLISCHEN STIFTUNGSFACHHOCHSCHULE ...................................................................................................................................................................................... Wie gelingt die Integration? Christiane Mühlbauer Tel. (0 80 41) 76 79 41 Alois Ostler Tel. (0 80 41) 76 79 33 Fax (0 80 41) 76 79 28 loisachtal@ toelzer-kurier.de Rund 200 Zuhörer waren am Montagabend zur Podiumsdiskussion über das Thema Asyl in die Hochschule nach Benediktbeuern gekommen. Lokale Politiker, engagierte Helfer, die Polizei und ein Flüchtling standen Rede und Antwort. AKTUELLES IN KÜRZE BICHL Zwei Verletzte bei Zusammenstoß VON CHRISTIANE MÜHLBAUER Benediktbeuern – Den Anstoß zu der Diskussionsrunde hatten die Studentinnen Katharina Reindl, Sophia Fritsch, Elisabeth Kalb und Sabrina Reinhardt im Rahmen eines Praxis-Projekts gegeben. Der Einladung folgten Dritter Landrat Klaus Koch (Grüne), Benediktbeuerns Vize-Bürgermeister Dr. Hanns-Frank Seller, Kochels Polizeichef Steffen Wiedemann, Klosterdirektor Pater Reinhard Gesing und Rudi Mühlhans, Gemeinderat in Benediktbeuern und Mitglied im Helferkreis. Zudem hatten die Studentinnen Hassan Ali Djan eingeladen, einen jungen Mann aus Afghanistan, der jetzt in München lebt und ein Buch über seine teils dramatische Flucht geschrieben hat (siehe Kasten). Der Bichler Egon Endres, Dozent und ehemals Präsident der KSFH, moderierte die Diskussion. Dass das Thema der Bevölkerung auf den Nägeln brennt, sah man an dem großen Zuspruch: Das Audimax, das eigentlich 150 Sitzplätze bietet, platzte aus allen Nähten. Die Besucher kamen aus allen Loisachtalgemeinden, unter ihnen waren auch Gemeinderäte, Flüchtlingshelfer, Studenten und einige Asylsuchende selbst. Bürger enttäuscht: Fragerunde zu kurz Anfangs ging es relativ lang um Erklärungen der aktuellen Situation, so dass die Fragemöglichkeiten der Bürger letztlich auf 30 Minuten (statt der geplanten Stunde) beschränkt wurden. Deshalb gingen einige Besucher unzufrieden nach Hause. Derzeit leben (inklusive der beiden Erstaufnahmeeinrichtungen in Bad Tölz und Geretsried) rund 1600 Flüchtlinge im Landkreis, sagte Dritter Landrat Klaus Koch. „Egal, ob einem die Zahl gefällt oder nicht: die Notwendigkeit der Unterbringung ist da. Aber ich gebe zu, dass sie extrem schwer zu bewältigen ist.“ Die Fragen nach Wohnraum und natürlich das „Thema Köln“ beschäftigten die Um den großen Andrang zu bewältigen, wurden noch Stühle in den Hörsaal getragen. Trotzdem mussten viele Besucher stehen. Bürger intensiv. Ein Benediktbeurer machte Vize-Bürgermeister Seller den Vorwurf, dass mit einer Unterbringung von Flüchtlingen im Gewerbegebiet praktisch keine Integration möglich sei. Seller erklärte, dass die Gemeinde unbedingt die Turnhalle von einer Belegung frei halten wollte, und dass man nicht alle Flüchtlinge (Benediktbeuern muss bis Ende 2016 142 aufnehmen) ins Kloster verlagern wollte. Marcus Schwabenland kritisierte, dass die Anwohner im Gewerbegebiet „erst aus der Zeitung“ von der Unterbringung von 72 Flüchtlingen erfahren hätten. Laut Seller fiel die Entscheidung mit knapper Mehrheit. „Und natürlich besprechen wir Eure Sorgen und Ängste.“ Apropos Wohnraum: Kann man die Unterkünfte nicht so bauen, dass sie in ein paar Jahren Einheimische nutzen können? Auf diese Frage eines Bürgers gab es keine eindeutige Antwort. Tenor auf dem Podium: Das sei schwierig. Schließlich werde ein Teil der Flüchtlinge auch bleiben. Und Wohnbebauung will generell „gut überlegt sein“, so Seller. „Dafür braucht man Zeit.“ Lenka Schäfer, die sich im Helferkreis BenediktbeuernBichl engagiert, dankte der Gemeinde, dass man die Turnhalle freihalten konnte: „Diese brauchen wir nicht nur für die Schüler, sondern auch für Integrationsmaßnahmen durch Sport.“ Klosterdirektor Pater Gesing berichtete, wie die Salesianer intern diskutiert hätten, wie viel Flüchtlinge das Kloster verkrafte. „Man kann ein Kloster Flüchtlingen auch einige dabei seien, die in ihrer Heimat kriminell waren, könne man nicht ausschließen. Das „Thema Köln“ brachte Besucher Paul Wildenauer zur Sprache. Viele der ankommenden Männer hätten ein rückständiges Frauenbild, so Wildenauer. Er wollte wissen, wie man dieser Tatsache begegnen könne. Wiedemann und auch Rudi Mühlhans vom Helferkreis sehen hier die Der ehemalige KSFH-Präsident Dr. Egon Endres (2. v. li.) diskutierte mit (v. li.) Steffen Wiedemann (Polizeichef Kochel), Dr. Hanns-Frank Seller (Vize-Bürgermeister Benediktbeuern), Hassan Ali Djan (Flüchtling aus Afghanistan), Pater Reinhard Gesing (Klosterdirektor), Klaus Koch (Dritter Landrat) und Rudi Mühlhans (Gemeinderat und Helferkreis Benediktbeuern). FOTOS: ARP Deutschland aus der Sicht eines Flüchtlings Wie sieht eigentlich ein Flüchtling Deutschland? Diese Frage stellte Moderator Egon Endres Hassan Ali Djan, der vor elf Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kam. Das letzte Stück von Griechenland nach München legte er eingeklemmt an einem Ersatzreifen unter einem Lkw zurück – deshalb konnte er sich tagelang nicht mehr bewegen. Für ihn, so berichtete der junge Mann offen, sei es eine der wichtigsten Erfahrungen in Deutschland gewesen, „dass der Staat die Bürger sind, die arbeiten gehen“. Das habe ihm der nicht einfach auffüllen.“ Gleichzeitig müsse man Verantwortung tragen, dass die eigene Arbeit nicht gefährdet sei. Das ZUK schränke sich durch die Beherbergung schon sehr ein. „Aber die Mitarbeiter sagen: die Not der Menschen ist größer als unsere Not.“ Letztlich sei die Arbeit ohne Helferkreise nicht zu bewältigen. Für die Engagierten gab es im Laufe des Abends immer wieder Lob. Interessant war für die Besucher auch, dass Helferkreis erklärt, und dies sei für ihn damals nicht nur neu, sondern auch grundlegend wichtig gewesen. „Zu wissen, was der Staat ist und wie er funktioniert.“ Zu den Helfern gewandt, sagte er, dass es für viele Asylsuchende erstmal schwer sei, Vertrauen aufzubauen, weil man zu Hause und/oder auf der Flucht traumatische Erfahrungen mit anderen Menschen gemacht habe. Er bat darum, auch zurückhaltenden Flüchtlingen eine Chance zu geben. „In Deutschland ist erstmal alles neu.“ müh sowohl Mühlhans als auch Koch berichteten, dass ihre Familien nach dem Zweiten Weltkrieg als Vertriebene in die Region kamen. „Damit Integration gelingt, brauchen wir Begegnung ohne Ängste. „Arbeitsplatz wichtig für Eingliederung“ Ganz wichtig ist auch die Vermittlung von Arbeitsplätzen auf Probe“, sagte Mühl- hans. Und man dürfe natürlich nicht vergessen, dass auch hierzulande Bedürftige in Not seien. Ein weiteres wichtiges Thema war die Kriminalität. Kochels Polizeichef Steffen Wiedemann berichtete, dass die Kriminalität im Bereich Flüchtlinge nicht höher liege als im „normalen“ Bereich. „Bislang haben wir in der Statistik kein Gewaltdelikt. Aber man kann natürlich auch nie etwas ausschließen.“ Dass bei dem derartigen Zustrom von Polizei: „Probleme gleich melden“ Flüchtlingshelfer nicht nur in großer Verantwortung, sondern bereits auch schon sehr gut aufgestellt. „Integration ist ein Lernprozess. Die Kultur muss man in der ganz alltäglichen Begegnung vermitteln.“ Laut Wiedemann gibt es im Loisachtal „den Luxus, dass die Flüchtlinge dezentral und nicht in einer Sammelunterkunft untergebracht sind.“ Das erleichterte die Integration. Er sagte auch: „Wenn es Probleme gibt, kommen Sie bitte zu uns. Wenn Grenzen überschritten werden, dann sind wir da.“ Franz von Lerchenhorst, Gemeinderat aus Kochel, appellierte zum Schluss an Klaus Koch, die Busverbindungen ins Gewerbegebiet nach Pessenbach (Einkaufen) zu verbessern. Zudem brauche man mehr Sprachkurse und mehr Lehrer beziehungsweise Förderunterricht an Grundschulen. Laut Pater Gesing plant das Kloster verschiedene Veranstaltungen, um „Brücken zu den Flüchtlingen“ zu bauen. Staatenlos im eigenen Land „Terres des Hommes“-Arbeitsgruppe zeigt Ausstellung im Kreuzgang des Klosters Benediktbeuern – Angesichts der vielen Krisenregionen in der Welt steht diese Gegend derzeit gerade nicht im Fokus der Medien. Dabei sind von dieser Krise Millionen Menschen betroffen. Mit einer Foto-Ausstellung im Kreuzgang des Klosters Benediktbeuern will die „Terres des Hommes“-Arbeitsgruppe Penzberg-Pfaffenwinkel in diesen Tagen auf die rund drei Millionen Staatenlosen aufmerksam machen, die als Angehörige ethnischer Minderheiten in der unwegsamen Bergregion Nordthailands in völliger Illegalität und Schutzlosigkeit leben. Weltweit sind es laut „Terres des Hommes“ rund 12 Millionen Staatenlose. „Viele von ihnen sind Flüchtlinge aus den benachbarten Ländern“, erklärt Arbeitsgruppen-Mitglied Uwe IHRE REDAKTION Herrmann. Weil sie kein Thailändisch sprechen, haben sie niemals die Staatsangehörigkeit in ihrem Zufluchtsland beantragt und verfügen über keinerlei Papiere. Doch ohne Ausweisdokumente keine Schulbildung, keine Arbeit, kein Recht auf Land. „Und das Fatalste ist, dass sich diese Staatenlosigkeit von den Eltern auf die Kinder weiter vererbt“, so Herrmann. Bestückt ist die Ausstellung mit großformatigen Porträts, die diesen staatenlosen Menschen ein Gesicht geben. Etwa das Gesicht eines kleinen Buben, der mit riesengroßen braunen Augen in die Kamera blickt. „Was wird aus mir?“, scheint er den Betrachter zu fragen. Die Besucher erfahren anhand der Fotografien von Sarah Schneider, unter wel- chen Bedingungen die Staatenlosen in illegal errichteten Hütten leben. Und kurze Texte klären schlagwortartig über das Schicksal dieser Menschen auf. Es sind Menschen, die – sollte sich ihre Situation nicht beispielsweise durch Bildungsprogramme verbessern – vielleicht auch irgendwann den Weg nach Europa antreten werden, so Herrmann. fn Die Ausstellung Was wird aus mir? Uwe Herrmann neben einem beeindruckenden Ausstellungsbild. FOTO: FN „Staatenlos im eigenen Land“ ist noch bis 29. Januar im Kreuzgang des Klosters Benediktbeuern zu sehen. Der Eintritt ist frei. Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 17 Uhr. Führungen – etwa für Schulklassen – können telefonisch unter der Nummer 01 74/3 28 06 59 vereinbart werden. Zwei leicht verletzte Personen und zwei erheblich beschädigte Autos: Das ist die Bilanz eines Unfalls am gestrigen Dienstag. Der Zusammenstoß ereignete sich nach Polizeiangaben um 13.15 Uhr auf der Bundesstraße 472 an der Abzweigung der B 11 nach Bichl. Dort wollte ein 18-jähriger Schlehdorfer mit seinem Peugeot nach links auf die B 11 in Richtung Kochel abbiegen. Dabei übersah er den entgegenkommenden Volvo eines 56-Jährigen aus Tutzing. Durch den Zusammenprall wurde der Volvo von der Straße geschoben. Der Tutzinger und seine Beifahrerin erlitten leichte Verletzungen. Beide Autos mussten abgeschleppt werden. Gesamtschaden: rund 5000 Euro. Die Bichler Feuerwehr war mit sechs Mann im Einsatz. ao KOCHEL AM SEE Tag der offenen Tür im Schützenhaus Die Königlich privilegierte Feuerschützengesellschaft Kochel veranstaltet am Samstag, 16. Januar, von 13 bis 16 Uhr im Schützenhaus an der Triministraße einen Tag der offenen Tür für die Jugendlichen. Es wird erstmals ein Schnupperschießen mit dem Lichtgewehr angeboten. Mit diesen besonderen Sportgeräten dürfen Kinder bereits ab acht Jahren mitmachen. Für Kinder ab zwölf Jahren gibt es die Möglichkeit, am Zehn-MeterSchießstand Sportluftgewehre auszuprobieren. Die Teilnahme am Schnuppertag ist kostenlos, Brotzeit und Getränke für die jungen Sportler werden gestellt. Über zahlreiche Teilnahme freuen sich die Sportschützen. tk Familiengottesdienst in St. Michael Zu einem Familiengottesdienst lädt die Pfarrei Kochel am See am Sonntag 17. Januar, um 9.30 Uhr in die Pfarrkirche St. Michael ein. „Ein Fest mit Jesus feiern“ lautet das Thema des Gottesdienstes, der mit Neuen Geistlichen Liedern musikalisch gestaltet wird. Besonders Kinder und Familien sind zur Mitfeier eingeladen. tk BENEDIKTBEUERN Antlaßschützen nach Wolfratshausen Die Antlaßschützenkompanie BenediktbeuernRied nimmt am Sonntag, 17. Januar, mit einer Abordnung am Jahrtag der Schützenkompanie Wolfratshausen teil. Abfahrt mit Privatautos ist um 9.30 Uhr am Gasthof Post. ao Strick-Treff im Pfarrhof Der Stricktreff für alle Hobby-Strickerinnen und jene, die es werden wollen, findet wieder am Samstag, 16. Januar, ab 14 Uhr im Pfarrhof statt. Nähere Informationen unter Telefon 0 88 57/6 91 60 bei Alexandra Hammerl. tk
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