Janusz Korczak – Reformpädagoge 1878

Janusz Korczak – Reformpädagoge
1878 - 1942
Biographie:
- Geboren am 22.7. 1878 oder 1879 als Henryk Goldsmit in Warschau. Sohn des Advokaten
Josef Godsmit und seiner Ehefrau Cecylia, geb. Gebicka
Wohlbehütete Kindheit, wie es in gebildeten Kreisen üblich war, wurde auch Henryk bis zum
Alter von sieben Jahren von Gouvernanten erzogen und dann in eine "strenge, langweilige
und schikanöse" russische Volksschule geschickt, in der polnische Sprache und polnische
Geschichte nicht unterrichtet werden durften.
- Seine Familie stand in der Tradition der jüdischen Aufklärung (Haskala), Haskala bedeutet
Bildung. Die Hauptziele richteten sich auf die Trennung von Religion und Staat und die
Öffnung in die christliche Mehrheitsgesellschaft durch Herstellung persönlicher wie
institutioneller Kontakte. Zum Beispiel, dass die jüdischen Kinder in polnische Schulen
gingen.
Damals war Warschau eine geschäftige Kapitale mit einer halben Million Einwohner, von
denen jeder sechste ein Jude war, der, mit Ausnahme eines kleinen, assimilierten Kreises, in
verwahrloster Armut lebte. Die „Gebrüder Goldszmit“ nahmen sich die Zeit, um Geld für
Schulen aufzutreiben, die in Lublin und Warschau arme jüdische Kinder auf Polnisch so weit
handwerklich ausbilden sollten, dass sie neben den polnischen Arbeitskräften bestehen
könnten. Die Gebrüder Goldszmit, schrieben Zeitungsartikel zur Unterstützung dieser
Schulen.
Henryk war elf Jahre alt, als sein Vater 1889 zum ersten Mal einen jener
Nervenzusammenbrüche hatte, die ihn in den folgenden Jahren immer wieder in die
Nervenheilanstalt brachten und die Familie finanziell erschöpften. Am 25. August 1896 starb
Jozef Goldszmit im Alter von zweiundfünfzig Jahren möglicherweise durch Selbstmord. Um
seine Familie zu unterstützen, gab Henryk den Kindern von wohlhabenden Freunden und
Bekannten Nachhilfeunterricht.
- Schon als Schüler schriftstellerisch tätig. 1896 satirische Texte in Zeitschriften
- Ab 1898 Texte in Zeitschrift für die ganze Familie ( Leihbibliothek für alle)
- 1898-1905, Korczak studierte Medizin an der Kaiserlichen Universität Warschau, blieb aber
nebenher schriftstellerisch tätig, so gewann er 1899 unter dem Pseudonym Janusz Korczak
mit einem Drama einen literarischen Wettbewerb. Der Name ist ihm geblieben.
- 1901 erschien die Erzählung Kinder der Straße
Alexander Juritsch, Sibylle Feichtner, Judith Wilhelm, Audrey Delaunay, Margit Oberreither
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-1904–1911 - Nach seiner Promotion als Facharzt für Pädiatrie erhielt er eine Anstellung an
einer Warschauer Kinderklinik.
-1904/1905 wurde seine Tätigkeit dort unterbrochen, als er im Russisch-Japanischen Krieg
als Feldarzt dienen musste. Polen war damals russisch. Jede freie Minute verbrachte der
Leutnant mit Erkundigungen der verwüsteten chinesischen Städte und Dörfer. "Nicht ich
kam nach China, sondern China kam zu mir", schrieb er in seinen Erinnerungen.
"Chinesischer Hunger, chinesische Missachtung der Waisenkinder, chinesische
Kindersterblichkeit. Der Krieg ist ein Gräuel. Besonders weil niemand berichtet, wie viele
Kinder hungern, schlecht behandelt werden und schutzlos sind. Bevor Sie für irgendetwas in
den Krieg ziehen", sagte er der verblüfften Delegation, "sollten Sie über die unschuldigen
Kinder nachdenken, die verletzt, getötet oder zu Waisen werden." Er sprach über das, was
zur Philosophie seines Lebens werden sollte: Kein Anlass, kein Krieg war es wert, Kinder um
ihr natürliches Recht auf Glück zu bringen. Kinder hatten Vorrang vor jeder Politik.
- hat sich inzwischen als Arzt einen Namen gemacht, nimmt hohes Honorar von Reichen und
finanziert so seine Wohltätigen Projekte, behandelt Arme umsonst.
- 1907-1911 Auslandsaufenthalte in Berlin, Schweiz, London und Paris.
1907 Berlin: verfügte über eines der besten Gesundheitswesen in ganz Europa. Korczak
bildete sich im Bereich der Kinderheilkunde weiter, besuchte als armer Student Vorlesungen
an der Universität - verbrachte jeweils 2 Monate bei berühmten deutsch- jüdischen
Kinderärzten (Heinrich Finkelstein und Adolf Baginski). Einen Monat arbeitete er in einem
Heim für geistig Behinderte. Einen weiteren Monat in einer psychiatrischen Klinik. Er
besuchte Irrenhäuser und Besserungsanstalten für jugendliche Straftäter.
Im Frühling 1908 reiste er in die Schweiz, um wiederum einen Monat an der neurologischen
Klinik in Zürich zu lernen.
1910 besuchte er Paris, 1911 London. Beide Auslandsaufenthalte dienten dem Zweck der
Weiterbildung
- Trifft in dieser Zeit die Entscheidung keine Familie zu gründen.
- 1908 gibt er seinen Arztberuf auf und übernimmt die Leitung eines Waisenhauses. Dom
Sierot (polnisch Waisenhaus) wurde sein Lebensinhalt. Getragen von der jüdischen
Gesellschaft Hilfe für die Waisen, nahm das Haus jüdische Kinder bis zum Alter von 14 Jahren
auf. In dieser Zeit wuchs der Antisemitismus weiter wie ein Pilz im Regen des polnischen
Nationalismus.
- 1914 Entwurf einer pädagogischen Entwicklungspsychologie Säugling - Pubertät: BOBO
- Erster Welt-Krieg, August 1914 war Warschau in einem völlig chaotischen Zustand:
- 1914-1918, Korczak wusste nicht, als er erneut als Arzt in die Armee des Zaren berufen
wurde, dass es vier lange, blutige Jahre dauern sollte, bevor er eine neue Welt oder seine
Waisen wieder sah. Stefania Wilczyńska, seine Mitarbeiterin, führte die Arbeit im Dom Sierot
weiter.
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-1918-1919 polnisch-sowjetischer Krieg, am 8. Januar 1918 wurde Polen frei von Russen. Im
Frühsommer konnte Korczak nach Warschau zurückkehren. Freunde halfen ihm bei der
Beschaffung von Reisepapieren.
- 1919 übernahm er neben seiner Tätigkeit am Dom Sierot, zusammen mit Maryna Falska,
auch die Leitung des Waisenhauses Nasz Dom (Unser Haus).Diesem war zwei Jahre lang
auch eine Alternativschule angegliedert. Außerdem war er am Institut für Sonderpädagogik
als Dozent tätig.
- ab 1926 als Sachverständiger für Erziehungsfragen beim Bezirksgericht sowie 1926 bis 1930
als Redakteur der Kinderzeitung Mały Przegląd (Kleine Rundschau). Er schrieb zahlreiche
Bücher, in denen er weitaus häufiger in Kinderbüchern und Erzählungen als in
pädagogischen Schriften seine Erfahrungen und Ideen beschrieb.
- 1935/36 wurde er in den Jahren auch Mitarbeiter des polnischen Rundfunks, als er,
allerdings nicht unter seinem Namen, sondern lediglich als „Alter Doktor“, vor dem Mikrofon
mit Kindern und über Kinder plauderte.
Im Zusammenhang mit dem offenen Antisemitismus, der sich in der Gesellschaft
ausbreitete, beschäftigte sich Korczak Mitte der 1930er Jahre mit dem Zionismus, reiste
zweimal (1934 und 1936) nach Palästina und erwog die Emigration, die er letztlich aber
verwarf.
- 1940, Nach dem Befehl zur Umsiedlung der gesamten jüdischen Bevölkerung Warschaus
in das Warschauer Ghetto im Oktober, musste auch das Dom Sierot umziehen. Im Ghetto
fand Korczak in den letzten Monaten noch die Energie zu schriftlichen Notizen. Ein
„Pamiętnik“, der gerettet werden konnte und 1958 von Igor Newerly erstmals veröffentlicht
wurde, ist eine Mischung aus Lebenserinnerung, tagebuchartigen Beschreibungen der
Gegenwart im Ghetto, sowie Zukunftsvisionen und Traumdeutungen.
- Am Mittwoch, dem 5. August 1942, war das bisher verschont gebliebene Waisenhaus
Korczaks an der Reihe. Janusz Korczak wurde mit 200 seiner Kinder von der Nazidiktatur
ermordet.
Dr. Korczak selbst hatte wiederholt die Möglichkeit gehabt, sein Leben zu retten. Aber alle
Vorschläge lehnte er ab. Er hätte eine solche Tat als Verrat an den Kindern und an seiner
Aufgabe betrachtet.
Sommerkolonien:
Diese Sommerkolonien waren von der Wohlfahrt organisierte, meist 4wöchige
Erholungsaufenthalte auf dem Land. Damit die Kinder aus Arbeiterfamilien wenigstens
kurzzeitig den bedrückenden und ärmlichen Verhältnissen in der Stadt entkommen konnten.
"Damals kam ich zum ersten Mal mit einer Gemeinschaft von Kindern in Berührung und
lernte das Einmaleins der erzieherischen Praxis. Reich an Illusionen und arm an Erfahrung,
sentimental und jung, glaubte ich, dass allein die Tatsache genügte, dass ich für die Kinder
und mit den Kindern etwas erreichen wollte."
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Doch das funktionierte Anfangs nicht sehr gut. Die Kinder testeten, was sie sich erlauben
konnten, und Korczak war zu Beginn der Sommerkolonie recht hilflos. Er kam auch in
Situationen, wo er den Kindern mit Sanktionen drohte. Doch er lernte rasch dazu und
begann, erste Ansätze seiner späteren pädagogischen Linien zu erproben.
In Büchern, die später auch veröffentlicht wurden, hielt er seine Erfahrungen fest.
– „Die Mojscheles, die Joscheles und Sruleks“
– „Die Jozeks, die Janeks und Franeks“
Einige seiner wichtigsten Bücher
(Insgesamt schrieb Korczak 24 Bücher, über 1000 Artikel in Zeitschriften, dazu Theaterstücke
und Rundfunksendungen)
- Kinderbücher
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1923, König Hänschen der Erste
1923, König Hänschen auf der einsamen Insel
1924, Der Bankrott des kleinen Jacks
1925, Wenn ich wieder klein bin
- Pädagogische Schriften
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1919, Wie man ein Kind lieben soll
1928, Das Recht des Kindes auf Achtung
1930, Die Regeln des Lebens
1939, Fröhliche Pädagogik
Grundlagen zu seiner Pädagogik der Achtung
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Pädagogik ist für Korczak die Wissenschaft vom Menschen, nicht die Wissenschaft
vom Kind. Korczak hat eine hohe Meinung von der Bedeutung der Erziehung – die
pädagogische Praxis seiner Zeit empfindet er demgegenüber als etwas, bei dem es
konsequent darum gehe, „alles einzuschläfern, zu unterdrücken und auszumerzen,
was Willen und Freiheit des Kindes ausmacht, seine Seelenstärke, die die Kraft seines
Verlangens und seiner Absichten“.
Erziehung ist für ihn ein kreativer Prozess – suchendes Fragen und grenzenloses
liebevolles Interesse. Unter Erziehung versteht er den „Einfluss der Eltern, der
Umgebung, der Leute, der Welt, der Literatur, des Lebens“
„Sehen, Fragen stellen und auf Fragen antworten – das ist der Inhalt unseres Lebens, das ist
der Inhalt unserer neuen Pädagogik“
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Der Schweizer Pädagoge Johann Pestalozzi, (1746 – 1827) legte den Grundstein für
seine Erziehung. Für Korczak war Pestalozzi einer der größten Wissenschaftler des
neunzehnten Jahrhunderts. Viele seiner späteren Ideen zur Erziehung, zur Würde der
Arbeit und zur Bedeutung der klaren Beobachtung für ein klares Denken zeigten den
Einfluss dieses engagierten Schweizer Erziehers.
Ableitungen aus seinen Büchern „Wie man ein Kind lieben soll“ und „Das Recht des Kindes
auf Achtung“
Korczak hat eine Vielzahl von Beobachtungen und Gedanken auf vielen tausend Seiten
notiert. In den pädagogischen Hauptbüchern "Wie man ein Kind lieben soll" und "Das Recht
des Kindes auf Achtung" unterbreitet er seine durch Erfahrung gewonnenen Einsichten für
eine bessere Erziehung. Dabei handelt es sich nicht um ein geschlossenes Theoriegebäude.
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Seine Pädagogik ist vielmehr ein Appell an Erwachsene, ihre Haltung dem Kind
gegenüber zu überprüfen und sich selbst zu ändern. Eine pädagogische Systematik
lässt sich darin nicht erkennen. Im Grunde sind es ganz einfach Haltungen und
Sichtweisen
Eine seiner Hauptthesen ist, dass man ein Kind das eigene oder das eines anderen unmöglich lieben kann, solange man es nicht als Einzelwesen mit dem
unveräußerlichen Recht sieht, sich zu dem Menschen zu entwickeln, der es ist. Ein
Kind kann man noch nicht einmal verstehen, bis man sich selbst versteht:
"Du selbst bist das Kind, das du kennenlernen, großziehen und vor allem aufklären musst."
Sein Bild vom Kind
• Das Kind ist für Korczak ein unergründliches Geheimnis, dem sich die Wissenschaft
zwar annähern kann, das sie jedoch nie vollständig erfassen wird. Korczak ist ein
konsequenter Verfechter der kindlichen Persönlichkeit. Die Kindheit ist kein Status
der Unfertigkeit, den es zu überwinden gilt, aber auch nicht derjenige der Unschuld.
Sie stellt einen absoluten Wert dar, nicht lediglich ein Durchgangsstadium. Korczak ist
fasziniert von dem Wunder Kind, dem er volle Achtung entgegenbringt.
Korczaks Anforderungen an den Erzieher
Korczak stellt sich gegen pädagogische Kunstwelten, gegen eine "Inselpädagogik", die ohne
Bezug zur Außenwelt bleibt.
• Erzieher in Kindergarten u. Schule sollen Kindern nicht einfach totes Wissen
vermitteln, sondern Dinge, die die Kinder für ihr Leben benötigen – hier meint
Korczak philosophische Werte wie: zu wissen wofür man lebt oder in welchem
Verhältnis man zum anderen steht. Dies zu lehren sei die eigentliche Aufgabe der
Schule. Sie soll damit in positivem Sinn zur Persönlichkeitsbildung beitragen.
• Wie er Kinder als Menschen den Erwachsenen in ihrer Wertigkeit gleichstellt, so stellt
er die Erwachsenen auch auf die Ebene der Kinder, indem er sie auffordert, das Kind
in sich selber zu achten, zu lieben und sich mit ihm zu versöhnen.
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Er fordert vom Erzieher eine partnerschaftliche Beziehung, die auf Alter, Stellung und
Amt verzichtet. Er fragt nach der Erzieherpersönlichkeit, nicht nach dem perfekten
Erziehungstechnokraten.
Korczak erwartet vom Erzieher, dass er die Beziehung zum Kind immer von neuem
überdenkt. Auf diese Weise erziehen nicht nur die Erzieher die Kinder, sondern auch
die Kinder ihre Erzieher.
Die Rechte, die K. für Kinder einfordert, billigt er auch den Erwachsenen zu. Sie
haben wie die Kinder ein Recht auf Achtung. Professionelle Erzieher sollten durch die
Anstrengungen der Reflexion und der Selbstbeobachtung einen eigenständigen
Beitrag zur Selbstachtung leisten, und sie
müssen gute Beobachter der Kinder sein.
Ihr sagt:
"Der Umgang mit Kindern ermüdet uns"
Ihr habt Recht.
Ihr sagt:
"Denn wir müssen zu ihrer Begriffswelt hinuntersteigen. Hinuntersteigen, uns herabneigen,
beugen, kleiner machen." Ihr irrt euch.
Nicht das ermüdet uns. Sondern - dass wir zu ihren Gefühlen emporklimmen müssen.
Emporklimmen, uns ausstrecken, auf die Zehenspitzen stellen, hinlangen.Um nicht zu verletzen.
Wir, die Erwachsenen, wissen viel über das Kind, aber wir können uns irren. Das Kind allein
weiß, ob es sich wohl fühlt oder nicht.
Die Rechte des Kindes
Janusz Korczak war seit seiner eigenen Kindheit geprägt vom Bestreben, den Kindern der
Welt zu helfen, sich aus ihren gesellschaftlichen und schein-pädagogischen Zwängen einer
unterdrückten Klasse zu emanzipieren.
Entgegen den damals gängigen Vorstellungen billigte er den Kindern Grundrechte zu, die er
nach demokratischen Prinzipien in zwei Waisenhäusern in Warschau verwirklichte:
„Wir wollen eine Kindergesellschaft auf den Prinzipien der Gerechtigkeit, der Brüderlichkeit,
der gleichen Rechte und Pflichten aufbauen.“
Dabei reichte ihm eine wohlwollende Einstellung der Erzieher zum Kind nicht aus, sondern er
wollte die überlieferten Strukturen in Heimen, Familien, Kindergärten, Schulen u.ä. so
verändern, dass eine gleichberechtigte Mitwirkung der Kinder an ihren eigenen
Angelegenheiten möglich würde.
Er war überzeugt davon, dass es das „erste und unbestreitbare Recht des Kindes ist, seine
Gedanken auszusprechen und aktiven Anteil an unseren Überzeugungen und Urteilen in
Bezug auf seine Person zu nehmen.“
Dieser Zielperspektive folgend entwickelte Korczak ab 1912 im Dom Sierot und ab 1919 im
Nasz Dom, den zwei Waisenhäusern, sein Modell einer strukturell partnerschaftlichen
Erziehung.
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Daraus ergaben sich für die Erzieher gravierende Konsequenzen: “Seine Rolle ändert sich.
Nicht mehr Aufseher mit unbegrenzter Macht über die Kinder, sondern Mitarbeiter,
konstitutioneller Erzieher.“
Dem eigenen kritischen Denken maß Korczak nicht nur für sich selbst, sondern prinzipiell für
jeden, insbesondere einen Erzieher, große Bedeutung bei: „Es gibt Gedanken, die man unter
Schmerzen selbst gebären muss, und das sind die kostbarsten.“
Er war der Überzeugung, dass das Kind, auch schon das Kleinkind, als vollwertiges, aber je
individuelles Gegenüber, als aktives Menschenkind wahrgenommen werden muss.
Schon 1919 veröffentlichte Korczak seine
Charta der Grundrechte des Kindes:
• Das Recht des Kindes auf den Tod
„Aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreißen, entreißen wir das Kind dem Leben; wir
wollen nicht, dass es stirbt und erlauben ihm deshalb nicht zu leben.“
Korczak wollte damit ausdrücken, dass ein Übermaß an Fürsorge seitens der Erwachsenen
dem Kind schadet und es jenes Freiraumes beraubt, in dem es eigene Erfahrungen mit sich
und seiner Umwelt sammeln kann.
• Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag
Korczak entdeckte die Wichtigkeit der kindlichen Jahre, die Ernsthaftigkeit des kindlichen
Fühlens und Denkens im Hier und Jetzt.
„Der Erzieher ist nicht verpflichtet, die Verantwortung für eine ferne Zukunft auf sich zu
nehmen, aber er ist voll verantwortlich für den heutigen Tag.“
• Das Recht des Kindes, das zu sein, was es ist
Hier meint Korczak das Recht des Kindes auf Individualität. Es gehe nicht darum, wie das
Kind sein soll (Kindheitsideal), sondern wie es sein kann (Recht auf Mittelmäßigkeit).
„Erlaube den Kindern, Fehler zu machen und frohen Mutes nach Besserung zu streben.“
• Das Recht des Kindes auf Achtung
Schon im Jahre 1899 hatte Korczak festgestellt: „Kinder werden nicht erst zu Menschen, sie
sind es bereits. In ihren Seelen sind Keime aller Gedanken und Gefühle, die wir haben,
angelegt.“
- Achtung als ein wechselseitiger Vorgang: Respektierung des Kindes durch den
Erwachsenen lehrt das Kind, andere Menschen zu achten.
Für Korczak war die Verknüpfung von Theorie und Praxis mit dem Ziel, Erfahrungen zu
sammeln, wichtig: „Dank der Theorie weiß ich, dank der Praxis fühle ich.“ Der Erzieher solle
stets bemüht sein, aus der erlebten Praxis reflektierend zu pädagogischen Erfahrungen zu
gelangen.
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Neben den individuellen Grundrechten stehe Kindern auch demokratische Rechte zu, die im
Folgenden angeführt sind. Die beiden Waisenhäuser (Dom Sierot und Nasz Dom) wurden als
demokratische Institutionen geführt:
• Das Recht des Kindes auf Klage und Konfliktbearbeitung
Richter waren die Kinder. Sowohl als Kläger als auch als Angeklagte und Richter entwickelten
Kinder und Erzieher Sensibilität für Missachtung und das Bewusstsein der eigenen Würde.
• Das Recht des Kindes auf freie Meinungsäußerung und Kommunikation
Kommunikation ist das wichtigste Element jeder Gemeinschaft. Organe der freien
Meinungsäußerung in den Waisenhäusern waren: Zeitungen, eine Anschlagtafel, ein
Briefkasten, ein Dank- und Entschuldigungsbuch, zugängliche Tagebücher, ein Regal für
Lexika sowie Konferenzen.
Zur Bedeutung schriftlicher Kommunikation meinte Korczak: „ Der Briefkasten lehrt die
Kinder auf eine Antwort zu warten, geringfügige Sorgen und Wünsche von wichtigen zu
unterscheiden , eine Entscheidung zu treffen, er lehrt sie denken und begründen.“
Mit einem Dank- und Entschuldigungsbuch lernten die Kinder und Erzieher, nicht nur auf die
Streit- und Konfliktfälle zu achten, sondern die Wachsamkeit bei der Wahrnehmung des
Guten.
Auch Tagebücher bzw. Observationshefte wurden von Korczak hoch geschätzt. Die neu
aufgenommenen Kinder wurden von älteren ins Gemeinschaftsleben eingeführt und hatten
die Pflicht, täglich in einem Observationsheft festzuhalten, wie sich der Schützling einlebte.
Auch die Praktikanten führten Observationshefte. Einmal pro Woche fanden Seminare mit
Korczak statt, in denen Beobachtungsergebnisse besprochen wurden. Das pädagogische
Dokumentieren zwingt den Erzieher, sich über das, was er beobachtet hat, Gedanken zu
machen.
• Das Recht des Kindes auf Selbstverwaltung und Selbstgestaltung
In diesem System gab es unter anderem ein Parlament, in dem die Kinder selbst die
Abgeordneten stellten. „Die Kinder sollen selbst regieren. Wenn sie das gut besorgen, dann
wird es ihnen gut gehen; wenn sie schlecht regieren, wird es ihnen schlecht gehen. So werden
sie lernen, gut zu regieren, sie werden vorsichtig sein, weil sie wollen, dass es ihnen gut
geht.“
Neben den Rechten gab es in den Heimen auch Pflichten der Kinder zur Arbeit für sich und
die Gemeinschaft, den Korczak war der Meinung, dass das Heim ein „Haus der Arbeit und
eine Schule des Lebens“ sei.
Bei Korczak gilt: Nicht wie und was das Kind sein sollte ist wichtig, sondern wie und was das
Kind ist.
Gelebte Demokratie:
Da über alles abgestimmt wurde, konnten die Kinder innerhalb ihrer Gemeinschaft
Selbstverantwortung übernehmen. Statt dem Urteil der Erwachsenen ausgeliefert zu sein,
lernten sie sich selbst durch die Augen ihrer Kameraden zu sehen. Darüber hinaus hatten sie
auch das Recht. über die Erzieher und Helfer abzustimmen, von denen erwartet wurde, dass
sie die kleinen Bürger der Republik mit Respekt behandelten.
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Methoden und Techniken:
1. Das Kameradschaftsgericht führte Janusz Korzak ein, damit die Kinder über sich
selber Gericht heilten. Die Richter wurden aus der Mitte der Kinder gewählt, und
sollten die Schwachen in der Gemeinschaft unterstützen. Korczak brachte sich durch
Selbstanzeige fünfmal vor das Kameradschaftsgericht.
2. Das Parlament, war ein von Kindern des Heimes gewähltes Organ, welches selber die
Gesetze für das Heim beschloss.
3. Die Einbindung von Kindern in die Verantwortung, ein junger Mensch bekam eine
Aufgabe wenn er ins Heim kam. Ältere Kinder übernahmen die Verantwortung für
jüngere Kinder.
4. Die Anschlagtafel diente als Informationsgeber. Korczak wollte damit erreichen, dass
der Erzieher die Information nur einmal geben muss und die Kinder damit auch eine
Selbstverantwortung haben sich selber zu informieren. Außerdem konnten die Kinder
auch ihre Bedürfnisse anbringen, z.B. eine Anzeige für das Kameradschaftsgericht.
5. Er gab eine Zeitung heraus zusammen, mit den Kindern des Waisenhauses, in dem
die Kinder und der Pädagoge, Arzt und Schriftsteller über ihre Erlebnisse berichteten.
6. Das Radio war für Korczak ein wichtiges pädagogisches Instrument. Er erzählte
Geschichten und Aphorismen, die er als Schriftsteller verfasst hat und über die er bei
den jungen Menschen wirkte. Ein Beispiel hierfür ist König Hänschen, welches die
Geschichte eines kleinen Königs und seiner Träume und Ideale erzählt, an denen er
zum Schluss umkommt.
7. Wirken in das Umfeld der Einrichtung, Exkursionen in Dörfer der Umgebung, wo die
jungen Menschen anhand einer Aufgabe versuchten, andere Kinder oder den
Dorfbewohnern zu helfen.
Quellen:
Wie liebt man ein Kind, Das Kind in der Familie, Hsg. Friedhelm Beiner
Was Kindern zusteht, Janusz Korczaks Pädagogik der Achtung, Friedhelm Beiner.
Kinder achten und lieben, Ein Lesebuch für Eltern und Erzieher, Hsg. Annelie Öhlschlager
www.Korczak Communication Center.htm
Wikipedia, Korczak Gesellschaft, Pictures of his life, youtube
www.korczak.com
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