Workshop Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun!

Workshop
Wenn nichts mehr zu machen
ist, ist noch viel zu tun!
Fallbesprechung zu Palliative
Care und Organisationsethik
in der häuslichen
Intensivmedizin
Prof. in, Dr. in Katharina Heimerl , IFF Wien
Dr. phil. Hartmut Jäckel, Jedermann Gruppe
Kongress für Außerklinische Intensivpflege
und Beatmung, Berlin, 15. Oktober 2015
Zusammenfassende Gedanken
unter Verwendung von: Palliativmedizin-Ethische Herausforderungen der
Begleitung von Intensivpatienten. In: Thieme E-Journals-AINS-Anästhesiologie.
Intensivmedizin .Notfallmedizin; download: 07.09.15
• Intensiv- und Palliativmedizin sind einander
ergänzende Versorgungskonzepte einer
zeitgemäßen, modernen Medizin.
• Ethik ist Nachdenken über Tun oder Unterlassen
unter dem Aspekt des Wertes für den Menschen.
• Diagnostik und Therapie sind nur zulässig, wenn
die Maßnahmen medizinisch indiziert sind und
der aufgeklärte Patient ihnen zustimmt.
15.10.15
Prof. Dr. K. Heimerl/ Dr.phil. H. Jäckel
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Zusammenfassende Gedanken
• Ist eine Maßnahme nicht indiziert, stellt sich
nicht mehr die Frage nach dem Patientenwillen,
weil nicht indizierte Maßnahmen nicht
angeboten und durchgeführt werden dürfen.
• Therapiezieländerung ist kein Therapieabbruch.
Das palliative Ziel rückt in den Vordergrund.
• Eine Therapie nicht zu beginnen, ist ethisch und
rechtlich gleichwertig damit, eine laufende
Therapie auch durch aktive manuelle
Tätigkeiten zu beenden.
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Prof. Dr. K. Heimerl/ Dr.phil. H. Jäckel
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Zusammenfassende Gedanken
• Meinungsunterschiede der Beteiligten sind
unvermeidlich und müssen offen bearbeitet
werden. Dabei bietet sich eine unabhängige
Ethikberatung an. Organisationsethische
Perspektiven stellen ein Unterstützungspotential
dar
• Unverzichtbar sind bei jeder Versorgung die
Basismaßnahmen, Respekt und psychosoziale
Begleitung.
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Organisationsethische Perspektiven
• Was entscheiden wir - wie entscheiden wir?
• Nicht richtig vs. falsch sondern: Ist das, was
wir tun, gut für uns? (P. Heintel)
• Wir leben in und mit existentiellen
Widersprüchen
– Diese Widersprüche sind Ursache für Konflikte
– Sie sind Ursache für moral distress
– Widersprüche lassen sich nicht auflösen, jedoch
bearbeiten
• Es gibt keine idealen Lösungen, sondern nur
„miserable und hundsmiserable“ (Erich Loewy)
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Prof. Dr. K. Heimerl/ Dr.phil. H. Jäckel
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Organisationsethische Perspektiven (2)
• „Jeder Dienst am Menschen braucht einen Dienst an
der Organisation.“ (Grossmann 2000)
• Interventionen, die sich an einzelne Personen
richten, wirken nachhaltig, wenn auch
unterstützende Strukturen angeboten bzw.
entwickelt werden, die eine Routine und damit
Entlastung initiieren. „Strukturen“ verstehen wir
hier im Sinne von interprofessionellen
Besprechungen, Dokumentationen und geregelten
Entscheidungsprozessen. Palliative Care umzusetzen
bedeutet, in die Entscheidungsprozesse jener
Organisationen zu intervenieren, die schwerkranke
und sterbende Menschen betreuen.
(Heimerl, Wegleitner, Reitinger 2015)
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Die außerklinische Pflege als
„Caring Institution“?
• Reflexiv in Bezug auf die Frage: Wie gehen wir
mit den Bedürfnissen aller Mitglieder um
(Betreute, An- und Zugehörige und Betreuende)?
• Passende und gut konzipierte Orte/Settings
(Spaces), wo Konflikte bearbeitet werden
können
– Konflikte innerhalb der Organisation
– Konflikte mit den relevanten Umwelten
• Herausforderung: Wie sehen solche Orte in der
außerklinischen Pflege aus?
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Organisationsethik umsetzen
• Es gibt keine idealen Lösungen, sondern nur
„miserable und hundsmiserable“ (Erich Loewy)
• Gefühle sind eine wichtige Quelle der Erkenntnis
• Darüber reden „tut gut“ – die Erkenntnis, dass
auch andere betroffen sind ist entlastend
• Im Zentrum steht die multiperspektivische,
interdisziplinäre Verständigung auf Augenhöhe
• Es zählt was erzählt werden kann (Andreas
Heller)
– narrative Ethik
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Prinzipen der Pflegeethik nach M. Rabe
Wie können die Beteiligten
gewürdigt werden?
1. Würde des Menschen
Inwiefern unterstützt unsere Sorge
die Teilhabe/Autonomie?
2. Fürsorge für die
Pflegebedürftigen
3. Autonomie der Pflegebedürftigen
Was könnte es legitimieren, diese
Autonomie einzuschränken?
4. Gerechtigkeit
Balance unterschiedlicher Rechte,
miteinander zurecht kommen …
5. Verantwortung
Gegenüber den Pflegebedürftigen
und gegenüber der Gesellschaft
6. Dialog
15.10.15
Mit den Pflegebedürftigen, dem
Team, den Angehörigen, mit
Betreuer/innen und anderen
Prof. Dr. K. Heimerl/Bezugspersonen
Dr.phil. H. Jäckel
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Modell der ethischen
Situationseinschätzung nach M. Rabe
1. Betrachtung der Situation:
- Ausdrücken der eigenen Betroffenheit
- Sichtweisen anderer, nicht anwesender Betroffener und
deren Beteiligungen
2. Betrachtung der Handlungsmöglichkeiten
und ihrer Folgen
- Welche alternativen Handlungsmöglichkeiten hätte es
gegeben? Gibt es auch unmögliche? Jeweilige Folgen
durchspielen!
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Modell der …. (M. Rabe)
3. Begründete Situationseinschätzung unter
Einbeziehung ethischer Prinzipien
- Abgleich der Überlegungen mit den ethischen
Prinzipien
- Was ist das wesentliche Problem?
- Schlussfolgerungen
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Ethikberatung als Reiseplanung
nach Erich Loewy (1927-2011)
• 1. Wo stehen wir? (Die Frage nach dem
Standort; Was ist passiert? Was sind die
Fakten?)
• 2. Wo wollen wir hin? (Die Frage nach den
Zielen … )
• Wie kommen wir von A nach B? (Die Frage
nach den Methoden, den Schritten, der
Verantwortung …)
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Fallbesprechung
1. Erzählen Sie bitte, was ist der Fall?
–
Was müssen wir noch wissen? (Fakten)
2. Was macht uns betroffen? (Gefühle)
–
Wen betrifft es noch?
3. Was sind die Widersprüche im Hintergrund?
4. Welche Handlungsoptionen sehen wir?
–
–
Was können wir ändern, was nicht?
Reflexion aus unterschiedlichen Disziplinen
(Pflege, Seelsorge, Wissenschaft)
5. Was können wir daraus für andere Situationen
lernen?
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Fallgeschichte Herr W.
• 72 Jahre, verwitwet, ehemaliger
Buchhalter; Kinde(r) nicht am Ort
• Bronchial-Ca, keine bekannte
Metastasierung, Sauerstoffkonzentrator,
Diabetes M. insulinpfl. 4xtgl.;
zunehmende Hinfälligkeit
• Lebensgefährtin, 2-fach verwitwet nimmt
ihn zu sich; seine Wohnung wird aufgelöst;
er hat das Kinderzimmer
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Herr W. …
• Zunächst spritzt Herr W. selbst, wird
unsicherer; wir übernehmen; BZ-Werte sehr
schwankend; er bestimmt die Dosierung
• Hausarzt und Palliativmediziner werden
informiert und intervenieren
• Immer wieder Angst und Panik;
Medikamente dagegen werden nicht
zuverlässig genommen
• Er ist nachtaktiv, verschmutz die Wohnung
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Herr W. ..
Lebensgefährtin: der muss weg
Er: ich suche mir ein Heim
Wir: Hospiz wäre eine Idee
Er stimmt zu, nimmt dann den Platz doch
nicht
• Wechselseitige Anfeindungen beider
gegeneinander und unsere Kolleginnen
und die Palliativmedizinerin, Hausverbot
für einzelne MA
•
•
•
•
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Herr W. …
• Mehrere Deeskalationsversuche durch
mich
• Jede Teamberatung Thema Herr W.
• Frust
• Gefühl ins Leere zu arbeiten
• Team denkt über Ablehnung der weiteren
Betreuung nach
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Prof. Dr. K. Heimerl/ Dr.phil. H. Jäckel
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Weiterführende Literatur
• Dinges, S./Kittelberger, F. (2011): ZurechtkommenEthikkultur in der Altenhilfe. Diakonisches Werk Bayern
(als download verfügbar)
• Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen
Sterbebegleitung. Deutsches Ärzteblatt Jg. 108, Heft 7,
18.02.2011
• Holtappels (2012): Einführung in die Grundzüge des
Rechtes und der Ethik der Palliativmedizin für Hausärzte
und Hausärztinnen (als download verfügbar)
• Krobath, T./ Heller, A. Hrsg. (2010): Ethik organisieren.
Handbuch der Organisationsethik. Freiburg im Breisgau:
Lambertus
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