Drucksache 16/8563

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/8563
29.04.2015
Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
„Geräuscheinwirkungen von Kindern und Jugendlichen auf Sportanlagen anders bewerten“
Drucksache 16/8442
Sportlärm von Kindern und Jugendlichen wie Lärm auf Spielplätzen behandeln
1. Ausgangslage
In den Kommunen kommt es immer öfter zu Streitigkeiten um den Lärm, der von Sportanlagen ausgeht. Das Konfliktpotential zwischen Sportaktivitäten einerseits und dem Ruhebedürfnis andererseits führt zunehmend zu Einschränkungen oder Untersagungen von Sportplatzaktivitäten. Der Deutsche Olympische Sportbund und der Deutsche Fußballbund beklagen, dass in vielen Kommunen inzwischen darüber diskutiert wird, Investitionen in Sportanlagen zurückzustellen.
In Nordrhein-Westfalen ist vor allem die Landeshauptstadt Düsseldorf von der Lärmproblematik bei der Nutzung von Sportanlagen betroffen. Umfangreiche kostenaufwendige Schallschutzmaßnahmen sowie Mitgliederbeschränkungen von Vereinen sind bereits die Folge.
Die Sportverbände haben zudem festgestellt, dass es eine verstärkte Klagebereitschaft von
Anwohnern gibt.
Bisher haben sich Kommunen bei der Nutzung von innerörtlichen Sportstätten mit Stillschweigeabkommen beholfen. Diese bieten aber keine Rechtssicherheit. Ein Erlass der
nordrhein-westfälischen Landesregierung von März 2014, der zusammen mit Vertretern des
Landessportbundes NRW und den kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet worden ist,
enthält für die Kommunen als Genehmigungsbehörde Verfahrenshinweise hinsichtlich des
Umgangs mit dem Altanlagenbonus infolge von Modernisierungsmaßnahmen. Der Altanlagenbonus gilt gemäß der Sportanlagenlärmschutzverordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes für alle Sportanlagen, die vor 1991 genehmigt bzw. errichtet worden sind. Durch den Erlass sind Auslegungsschwierigkeiten auf untergesetzlicher Basis be-
Datum des Originals: 29.04.2015/Ausgegeben: 29.04.2015
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Drucksache 16/8563
seitigt worden. Dadurch ist das Problem des Altanlagenbonus infolge von Renovierungsarbeiten abgemildert worden.
Um das Konfliktpotential zwischen den Geräuschkulissen auf Sportanlagen und dem Ruhebedürfnis von Anwohnern zu beheben, bedarf es allerdings zügig einer verbindlichen Regelung für den Fortbestand wohnortnaher und bedarfsgerechter Sportangebote in gewachsenen Siedlungsbereichen.
Bislang wird die Geräuschkulisse von Sportplätzen mit der der Industrie gleichgesetzt. Sportlärm gilt als anlagebezogener Lärm, der in bundesrechtliche Regelungszuständigkeit fällt.
Kinderlärm hingegen gilt als Verhaltenslärm, für den das Land die Regelungskompetenz besitzt. Die unterschiedlichen Einstufungen von Lärmimmissionen auf Sportanlagen und Lärmimmissionen etwa auf Spielplätzen führen dazu, dass Kinderlärm derzeit unterschiedlich behandelt wird. So dürfen derzeit Kinder und Jugendliche auf einem Spiel- oder Bolzplatz infolge der „Kinderlärm-Privilegierung“, die 2011 unter schwarz-gelber Regierungsverantwortung
im Bundes-Immissionsschutzgesetz verankert worden ist, Lärm verursachen. Auf einem daneben liegenden Sportplatz im Vereinstraining hingegen ist dies nur im Rahmen behördlicher
Einschränkungen und unter der Gefahr einer Nutzungseinschränkung für alle Vereinsmitglieder möglich. Diese unverständlichen und nicht mehr zeitgemäßen gesetzlichen Regelungen
müssen nun zügig an die veränderten Lebensbedingungen insbesondere im städtischen
Raum angepasst werden.
Dazu gehört auch, dass Sportanlagen nicht aus den wohnungsnahen Gebieten vollständig in
die Siedlungsperipherie mit einer schlechteren verkehrlichen Erreichbarkeit verdrängt werden. Gerade Kindern und Jugendlichen wird hierdurch das Sporttreiben erschwert. Dies gefährdet das einhellige Ziel des Landes Nordrhein-Westfalen, mehr Kinder und Jugendliche
für den Vereinssport zu motivieren. Außerdem leisten Sportanlagen in Wohngebieten einen
Beitrag für das Wohlfühlklima in Wohnanlagen.
Eine Verlagerung von Sportanlagen an städtische Randzonen wird zudem in NordrheinWestfalen zukünftig deutlich erschwert werden, da die geplanten Neuregelungen des Landesentwicklungsplans eine Verringerung des Flächenverbrauchs im Außenbereich vorsehen.
Kommt es zu keiner schnellen gesetzlichen Lösung, droht dem Sportland Nummer Eins in
Deutschland, dass das Sporttreiben auf bestehenden Anlagen in gewachsenen Siedlungsbereichen vermehrt Klagen und Beschwerden ausgesetzt sein wird.
II. Handlungsnotwendigkeiten
Sport ist keine Ruhestörung, insbesondere wenn er von Kindern und Jugendlichen ausgeht.
Kinder und Jugendliche brauchen Räume der Bewegung. Gerade von Kindern und Jugendlichen erzeugter Lärm – und hierzu zählt auch der Sport – ist Zukunftsmusik. Deshalb bedarf
es eines fairen Interessenausgleichs zwischen der Nutzung von Sportanlagen und dem Ruhebedürfnis von Anwohnern.
Die Bundesregierung plant derzeit, die strengen Lärmschutzauflagen für den Betrieb von
Sportstätten in Wohngebieten zu lockern. So soll das Verbot, sonntags zwischen 13 und 15
Uhr auf Sportplätzen zu trainieren oder zu spielen, aufgehoben werden. Der Landtag begrüßt
das Vorhaben der Bundesregierung, den Spielbetrieb von Kinder- und Jugendmannschaften
auf Sportplätzen nicht mehr als Lärm zu werten. Die Modernisierung alter Sportanlagen wird
künftig nicht mehr dazu führen, dass nach dem Umbau niedrigere Lärmgrenzen gelten.
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Die geplanten Neuregelungen des Landesentwicklungsplans gefährden bei ihrer Umsetzung
durch die zu ändernden Regionalpläne, Flächennutzungspläne und Bebauungspläne den
hohen gesellschaftlichen Stellenwert des Sports. Deshalb ist eine Überarbeitung des geplanten neuen Landesentwicklungsplans dringend erforderlich, damit das Sporttreiben nachfragegerecht auf Sportstätten künftig sowohl innerörtlich als auch in Randzonen von Siedlungen
möglich ist. Die Sportvereine haben schließlich eine große gesellschaftliche Aufgabe für die
Kinder und Jugendlichen übernommen, der sie in der Regel nur auf ihren Sportanlagen gerecht werden können.
III. Beschlussfassung
Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
1. sich unmittelbar im Bundesrat und gegenüber der Bundesregierung für eine schnelle Lösung der Lärmkonflikte bei Sportanlagen einzusetzen;
2. dafür Sorge zu tragen, dass die Sportanlagenlärmschutzverordnung so geändert wird,
dass sich die geltenden Lärmgrenzwerte von Sportanlagen künftig an den Werten von
Kindertageseinrichtungen und Kindergärten orientieren;
3. den geplanten neuen Landesentwicklungsplan so zu überarbeiten, dass künftig auch an
Siedlungsrändern Sportanlagen errichtet werden dürfen.
Christian Lindner
Christof Rasche
Dr. Björn Kerbein
Marc Lürbke
und Fraktion
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