Damit dem Häcksler die Puste nicht ausgeht

t o p Te c h n i k
Damit dem Häcksler
die Puste nicht ausgeht
Breite Schneidwerke, hohe Stroherträge und
nasses Stroh machen den Häckslern zu schaffen.
Mehr Messer und Wurfgebläse verbessern die
Häckselqualität. Doch das kostet Leistung.
A
uf schlecht gehäckseltes und
streifig abgelegtes Stroh reagieren Landwirte immer allergischer. Vor allem, wenn
sie ihre Flächen pfluglos bestellen. Denn
in den Stroh- und Spreuschwaden läuft
die Folgefrucht ungleichmäßig auf und
entwickelt sich nur verzögert. Die Bestände wachsen auseinander. Ertrag wird
verschenkt.
Das Problem hat sich in den letzten
Jahren verschärft. Die Schneidwerke der
Mähdrescher werden immer breiter, die
Erträge steigen und das Stroh ist bei der
Ernte oft noch grasgrün. Viele Mähdrescher können das Stroh nicht über die
volle Schnittbreite verteilen. Bei einem
Weizenertrag von 100 dt/ha und einem
Korn : Stroh-Verhältnis von 1 : 1 ist die
schlechte Verteilung nicht zu tolerieren.
Direkt hinter der Maschine wird eine dicke Matte von bis zu 2 kg/m2 Stroh und
Spreu abgelegt. Außen kommt dagegen
nichts an.
Durch kürzeres Häckseln versucht man
die Verteilung zu verbessern. Doch auch
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hier gibt es Grenzen. Wird das Stroh zu
kurz geschnitten, lassen sich die feinen
Partikel nicht mehr auf die gesamte Arbeitsbreite verblasen. Die Windempfindlichkeit steigt.
Der kurze Schnitt kostet außerdem Kraft.
Ein moderner Häcksler benötigt z.T. mehr
als 100 kW Leistung. Gegenüber der Schwadablage steigt der Kraftstoffverbrauch um
bis zu 25 l/h. Ein Großmähdrescher mit 25
t/h Korndurchsatz verbraucht allein für das
Häckseln ca. 1 l/t. In feuchten Jahren (wie
2004) steigen die Kosten deutlich an.
In trockenen Jahren kann der Mähdreschermotor Probleme mit dem kurz gehäckselten Stroh bekommen. Die Staubbelastung nimmt zu und belastet bei Rückenwind den Kühler und Luftfilter. Die Folge:
Der Wartungsaufwand und die Brandgefahr nehmen zu.
Ackerbaulich ist kurzes Häckseln wünschenswert. Das feine Material kann zwischen die Stoppeln geblasen werden. Optisch sieht es so aus, als sei das Stroh geerntet worden. Die Umsetzungsrate nimmt zu.
Das Material verrottet schneller.
Auf den Stoppeln liegendes Stroh
Durch verbesserte Häcksler und zusätzliche Wurfgebläse wird das Stroh besser
verteilt.
Fotos: Rademacher, Werkbilder
ist ein Indiz für Überlängen oder hohe
Strohfeuchten. Unter solchen Bedingungen ist eine flache Bodenbearbeitung mit
dem Grubber fast unmöglich. Die Zinken
schieben das Stroh auf und verstopfen. Ein
schlechter Start für die Mulchsaat.
Kurz häckseln und
breit verteilen
Um kürzer häckseln und trotzdem breit
verteilen zu können, haben die Hersteller
ihre Häcksler in den letzten Jahren verbessert. Die Technik lässt sich wie folgt
einteilen:
■ Häcksler ohne Spreuverteiler: Sie dominieren bei Mähdreschern mit konventionellem Dreschwerk im unteren Leistungsbereich. Hierfür reicht die einfache
Ausstattung oft aus. Die Standard-Dreschwerke mit Dresch- und Wendetrommel beanspruchen das Stroh kaum. Wenig Kurzstroh verlässt die Maschine über die Reinigung.
■ Häcksler mit Spreuverteiler: Bei dieser Technik wird die Spreu von rotierenden
Wurfscheiben seitlich verteilt. Für Schüttler-Mähdrescher der mittleren und oberen Leistungsklassen sind die Spreuverteiler unverzichtbar. Ansonsten lassen sich
Spreuschwade nicht vermeiden.
Für die Strohbergung kann die Spreu
ins Stroh geleitet werden. Andere Hersteller bieten die Möglichkeit, spreufreies
Stroh zu ernten (z. B. CS-Maschinen von
New Holland).
■ Häckselrotor verteilt die Spreu: Das
System leitet den Siebkastenabgang grundsätzlich in den Häcksler. Der Häckselrotor
verteilt Spreu und Stroh gemeinsam. Auch
bei der Strohbergung gelangt die Spreu ins
Schwad. Mit Gebläsen zur Einleitung der
Spreu in den Häcksler sind z. B. die New
Holland CX-Maschinen und die STS-Drescher von John Deere ausgestattet.
■ Häcksler mit zusätzlicher
Verteiltechnik: Hiermit arbeiten die Rotor-Mähdrescher
Lexion 570 und 580 von Claas.
Beim Lexion 580 wurde die
Technik vom Vorgänger Lexion
480 übernommen. Zwei Wurfgebläse mit Pendeldüsen verteilen
das Stroh und die Spreu gemeinsam. Trotz des hohen Leistungsbedarfs „schwören“ viele Mulchsaat-Betriebe auf das System.
Am Häcksler des Lexion 570 Der Lexion 480/580 verteilt das Stroh
werden Stroh und Spreu mit über Pendeldüsen. Der 570er (rechts) ist
Wurfrotoren verteilt. Der Leis- mit Wurfrotoren ausgestattet.
tungsbedarf ist geringer, weil das
Häckselgut direkt in die Rotoren geblasen
schon sehr gut. 89 bzw. 93 % der
wird. Die Wurfweite lässt sich mit Hilfe von
Strohhalme waren kürzer als
beweglichen Deckplatten einstellen.
10 cm geschnitten. So kurzes
■ Wurfrotor als Häcksler: Dieses PrinStroh fällt auf jeden Fall zwizip bietet Case bei den Axialfluss-Mähschen die Stoppeln.
dreschern. Der tangentiale Wurfrotor ist
Zukünftig sind standardibeim AFX mit feststehenden Klingen aussierte Prüfungen und Bewertungmaßstäbe
gestattet. Im Gegensatz zu den pendelnden
(sehr gut, gut usw.) wie bei den DüngerKlingen fördern sie bei Schwadablage mit
streuern erforderlich. Gleiches gilt für die
reduzierter Drehzahl noch genug Material.
Häcksellängenverteilung. Die Daten werBeim Häckseln werden Stroh und Spreu
den zwar gemessen, lassen sich jedoch wevon zwei großdimensionierten Spreuvergen fehlender Standards nicht bewerten.
teilern zu beiden Seiten geschleudert. Das
Die guten Ergebnisse des DLG-Focus
System ist einfach gebaut.
Tests lassen sich vermutlich nur mit neuUm die Verteilgenauigkeit der Häcksen Messern und optimierter Einstellung
ler bewerten zu können, hat die DLG im
erzielen. Der Landwirt bewertet die Häckletzten Jahr zwei Häcksler von John Deeselqualität im Feld nur visuell. Zur Überre getestet. Die Querverteilung hatte eine
prüfung kann das Häckselgut mit einem
mittlere Abweichung (VariationskoeffiziRechen quer zur Fahrtrichtung zusammenent) von 15 bis 34 %. Das erste Ergebnis ist
geharkt werden. Die Querverteilung ist so
Der Häcksler
am STS hat
abgewinkelte
Wurfklingen.
Sie verbessern
die Gebläsewirkung.
etwas besser abzuschätzen. Diese behelfsmäßige Schnellmethode berücksichtigt die
Spreu jedoch kaum.
Bessere Messer
Die Messerklingen wurden in den letzten Jahren ebenfalls weiterentwickelt.
Über die richtige Klinge wird in der Praxis
viel diskutiert. Müssen es glatte, gezahnte
oder an der Stirnseite angeschliffene Klingen sein? Bei bis zu 15 E pro Klinge entscheidet oft der Preis.
Einige Hersteller haben zusätzlich die
Anzahl der Messer erhöht. Die Häckslerwellen werden mit vier (z. B. Claas), sechs
(z. B. New Holland CX, KPAB) oder acht
Messerreihen (z. B. MF, Fendt, Record) bestückt.
Die Ecken der Messer verschleißen bei
den sechs- und vor allem achtreihigen Rotoren stärker als bei vier Messerreihen. Ursache: Durch die höhere Anzahl von Messerreihen fällt das Stroh nicht mehr so tief
zur Rotorwelle, sondern wird außen direkt
von den Messerecken geschnitten. Dichter
an der Rotorwelle schneiden die Klingen
stärker mit den Seiten als mit den Ecken.
Um die Schnittfrequenz zu erhöhen, haben die Hersteller die Drehzahl der Häcksler gesteigert. Mehr als 3 500 U/min werden erreicht. Je nach Durchmesser liegt die
Umfangsgeschwindigkeit am Klingenau-
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ßenrand oberhalb von 100 m/s. Würde sich
eine Klinge lösen und ungebremst aus dem
Häcksler fliegen, betrüge ihre Geschwindigkeit etwa 360 km/h. Deshalb sollte man
bei Arbeiten hinter dem Häcksler ausreichend Abstand halten.
Einige Firmen bieten die Mähdrescher
der oberen Leistungsklassen mit zwei
Häckslervarianten an. Die Version für
höhere Ansprüche hat mehr Messerreihen
oder mehr Klingen pro Reihe. Claas rüstet die Rotoren z. B. wahlweise mit 88 oder
120 Klingen aus. Die höhere Häckselqualität gibt es nicht zum Nulltarif. Neben den
höheren Anschaffungskosten fallen Mehrkosten für Diesel und Verschleißteile an.
Der Lohnunternehmer bekommt diesen
Mehraufwand in der Regel nicht bezahlt.
Landwirte, die selber dreschen und Mulchsaat betreiben, rechnen sich Vorteile bei
der nachfolgenden Bearbeitung aus.
Die Zahl der Gegenschneiden beeinflusst die Häckselqualität ebenfalls. BisoSchrattenecker rüstete die ECO-Baureihe z. B. mit zwei Gegenschneiden aus. Das
Stroh wird sehr intensiv zerkleinert. Der
Leistungsbedarf ist jedoch hoch.
Um breiter und gleichmäßiger verteilen
zu können, setzt John Deere auf eine höhere
Gebläsewirkung des Häckslers. Die CTS-
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Beim AFX von
Case IH häckselt der
Wurfrotor das Stroh.
Das Spreu-/Strohgemisch wird von zwei
Spreuverteilern zu
den Seiten geblasen.
Mähdrescher haben zusätzliche Windschaufeln an den Rotoren. Die STS-Maschinen
sind mit abgewinkelten Klingen ausgestattet. Im Vergleich zu einem zusätzlichen
Wurfgebläse (z. B. bei Claas) lässt sich der
Gebläseeffekt verhältnismäßig preiswert
steigern. Wurfgebläse verwirbeln das Stroh
allerdings nicht so stark. Dadurch ist die Seitenwindempfindlichkeit geringer.
Mit viel Technik und Energie wird versucht, die Häckselqualität zu verbessern.
Das Ergebnis ist oft unbefriedigend. Es
stellt sich die Frage, ob das gesamte Stroh
überhaupt durch den Mähdrescher muss.
Denn bei geringeren Strohmengen kann
die Druschleistung eines Mähdreschers
um 30 % steigen. Anders ausgedrückt: Bei
gleicher Kampagneleistung würde ein leistungsschwächerer und kostengünstigerer
Mähdrescher ausreichen.
Der Hochschnittdrusch mit nachfolgendem separaten Häckslereinsatz konnte
sich bisher nicht durchsetzen. Erntevorsätze, die ähnlich wie Maispflücker mit Rei-
henhäckslern ausgestattet sind, lassen sich
nicht vielseitig genug einsetzen. Hier besteht noch viel Entwicklungsbedarf.
Messer schön scharf halten!
Wir halten fest
U
Die Anbau-Strohhäcksler am Mähdrescher wurden in den letzten Jahren weiterentwickelt. Das Stroh soll kürzer geschnitten und gemeinsam mit der Spreu
gleichmäßig verteilt werden. Die Physik
setzt jedoch Grenzen – je kürzer das Stroh,
desto schwieriger lässt es sich auf zunehmende Arbeitsbreiten verblasen.
Um kurz zu häckseln, drehen die Rotoren z.T. mit mehr als 100 m/s. Sie sind
mit bis zu acht Messerreihen, abgewinkelten Messern und zusätzlichen Wurfschaufeln ausgestattet. Andere Hersteller bauen
Wurfgebläse oder Verteilrotoren ein.
Die Häckselqualität gibt es nicht zum
Nulltarif. Die Anschaffungs- und Verschleißteilkosten sind höher. Außerdem werden bis
zu 30 % des gesamten Kraftstoffbedarfs für
den Antrieb des Häckslers benötigt. Kein
Wunder, dass in Jahren wie 2004 über hohe
Dieselkosten geklagt wird – und das oft bei
unbefriedigender Arbeitsqualität.
Prof. Dr. T. Rademacher,
FH Bingen
m die Häckselqualität zu verbessern,
kann der Mähdrescherfahrer an drei
Schrauben drehen:
■ Einstellen der Strohleitbleche,
■ Messer scharf halten,
■ Gegenschneiden optimieren.
Die Leitbleche sind werkseitig auf
ein Mittelmaß eingestellt. Abgestimmt
auf die Schneidwerksbreite müssen sie
angepasst werden. Die äußeren Bleche
sollten so weit wie möglich nach außen
gestellt werden. Starker Seitenwind kann
das Stroh allerdings in den stehenden Bestand blasen. Bei der nächsten Fahrt wird
das Kurzstroh aufgenommen und stopft
zwischen Haspel und seitlicher Schneidwerkswand.
Flexibler ist man mit einer elektrischen
Links-Rechts-Verstellung der Leitbleche.
Sie ermöglicht eine rasche Anpassung aus
der Kabine heraus. Auch hier muss man
allerdings aufpassen. Werden die Bleche
zu weit nach außen geschwenkt, kann es
zwischen den äußeren Leitblechen und
der Haube Verstopfungen geben.
Eine ungleichmäßige Beschickung des
Dreschwerks kann die Häckselgutverteilung ebenfalls beinflussen. Den Effekt
kann man beim Einsetzen in den Bestand
leicht überprüfen. Verlässt das erste Stroh
den Häcksler mittig, gelangt zu viel Material in die Mitte des Dreschkanals. Die
Schneckenwindungen der Einzugsschnecke sollten gekürzt werden, damit seitlich
mehr Material ins Dreschwerk gelangt.
Die Häckslermesser können abhängig
von Bodenart, Stoppellänge und Anteil
Lagergetreide nach 50 ha bereits deutlich verschlissen sein. Die Häcksellänge
nimmt zu und der Kraftstoffverbrauch
steigt an. Wer Abhilfe schaffen will, muss
die Klingen drehen, eventuell nachschleifen oder gegen neue austauschen.
Der Anstellwinkel der Gegenschneide beeinflusst die Aufenthaltsdauer des
Strohs im Häcksler und damit die Schnittlänge. Soll das Material kürzer gehäckselt werden, muss der Fahrer den Anstellwinkel zur Kreisbahn der Rotormesser
schärfer einstellen.
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