t o p Te c h n i k Damit dem Häcksler die Puste nicht ausgeht Breite Schneidwerke, hohe Stroherträge und nasses Stroh machen den Häckslern zu schaffen. Mehr Messer und Wurfgebläse verbessern die Häckselqualität. Doch das kostet Leistung. A uf schlecht gehäckseltes und streifig abgelegtes Stroh reagieren Landwirte immer allergischer. Vor allem, wenn sie ihre Flächen pfluglos bestellen. Denn in den Stroh- und Spreuschwaden läuft die Folgefrucht ungleichmäßig auf und entwickelt sich nur verzögert. Die Bestände wachsen auseinander. Ertrag wird verschenkt. Das Problem hat sich in den letzten Jahren verschärft. Die Schneidwerke der Mähdrescher werden immer breiter, die Erträge steigen und das Stroh ist bei der Ernte oft noch grasgrün. Viele Mähdrescher können das Stroh nicht über die volle Schnittbreite verteilen. Bei einem Weizenertrag von 100 dt/ha und einem Korn : Stroh-Verhältnis von 1 : 1 ist die schlechte Verteilung nicht zu tolerieren. Direkt hinter der Maschine wird eine dicke Matte von bis zu 2 kg/m2 Stroh und Spreu abgelegt. Außen kommt dagegen nichts an. Durch kürzeres Häckseln versucht man die Verteilung zu verbessern. Doch auch 68 top agrar 6/2005 hier gibt es Grenzen. Wird das Stroh zu kurz geschnitten, lassen sich die feinen Partikel nicht mehr auf die gesamte Arbeitsbreite verblasen. Die Windempfindlichkeit steigt. Der kurze Schnitt kostet außerdem Kraft. Ein moderner Häcksler benötigt z.T. mehr als 100 kW Leistung. Gegenüber der Schwadablage steigt der Kraftstoffverbrauch um bis zu 25 l/h. Ein Großmähdrescher mit 25 t/h Korndurchsatz verbraucht allein für das Häckseln ca. 1 l/t. In feuchten Jahren (wie 2004) steigen die Kosten deutlich an. In trockenen Jahren kann der Mähdreschermotor Probleme mit dem kurz gehäckselten Stroh bekommen. Die Staubbelastung nimmt zu und belastet bei Rückenwind den Kühler und Luftfilter. Die Folge: Der Wartungsaufwand und die Brandgefahr nehmen zu. Ackerbaulich ist kurzes Häckseln wünschenswert. Das feine Material kann zwischen die Stoppeln geblasen werden. Optisch sieht es so aus, als sei das Stroh geerntet worden. Die Umsetzungsrate nimmt zu. Das Material verrottet schneller. Auf den Stoppeln liegendes Stroh Durch verbesserte Häcksler und zusätzliche Wurfgebläse wird das Stroh besser verteilt. Fotos: Rademacher, Werkbilder ist ein Indiz für Überlängen oder hohe Strohfeuchten. Unter solchen Bedingungen ist eine flache Bodenbearbeitung mit dem Grubber fast unmöglich. Die Zinken schieben das Stroh auf und verstopfen. Ein schlechter Start für die Mulchsaat. Kurz häckseln und breit verteilen Um kürzer häckseln und trotzdem breit verteilen zu können, haben die Hersteller ihre Häcksler in den letzten Jahren verbessert. Die Technik lässt sich wie folgt einteilen: ■ Häcksler ohne Spreuverteiler: Sie dominieren bei Mähdreschern mit konventionellem Dreschwerk im unteren Leistungsbereich. Hierfür reicht die einfache Ausstattung oft aus. Die Standard-Dreschwerke mit Dresch- und Wendetrommel beanspruchen das Stroh kaum. Wenig Kurzstroh verlässt die Maschine über die Reinigung. ■ Häcksler mit Spreuverteiler: Bei dieser Technik wird die Spreu von rotierenden Wurfscheiben seitlich verteilt. Für Schüttler-Mähdrescher der mittleren und oberen Leistungsklassen sind die Spreuverteiler unverzichtbar. Ansonsten lassen sich Spreuschwade nicht vermeiden. Für die Strohbergung kann die Spreu ins Stroh geleitet werden. Andere Hersteller bieten die Möglichkeit, spreufreies Stroh zu ernten (z. B. CS-Maschinen von New Holland). ■ Häckselrotor verteilt die Spreu: Das System leitet den Siebkastenabgang grundsätzlich in den Häcksler. Der Häckselrotor verteilt Spreu und Stroh gemeinsam. Auch bei der Strohbergung gelangt die Spreu ins Schwad. Mit Gebläsen zur Einleitung der Spreu in den Häcksler sind z. B. die New Holland CX-Maschinen und die STS-Drescher von John Deere ausgestattet. ■ Häcksler mit zusätzlicher Verteiltechnik: Hiermit arbeiten die Rotor-Mähdrescher Lexion 570 und 580 von Claas. Beim Lexion 580 wurde die Technik vom Vorgänger Lexion 480 übernommen. Zwei Wurfgebläse mit Pendeldüsen verteilen das Stroh und die Spreu gemeinsam. Trotz des hohen Leistungsbedarfs „schwören“ viele Mulchsaat-Betriebe auf das System. Am Häcksler des Lexion 570 Der Lexion 480/580 verteilt das Stroh werden Stroh und Spreu mit über Pendeldüsen. Der 570er (rechts) ist Wurfrotoren verteilt. Der Leis- mit Wurfrotoren ausgestattet. tungsbedarf ist geringer, weil das Häckselgut direkt in die Rotoren geblasen schon sehr gut. 89 bzw. 93 % der wird. Die Wurfweite lässt sich mit Hilfe von Strohhalme waren kürzer als beweglichen Deckplatten einstellen. 10 cm geschnitten. So kurzes ■ Wurfrotor als Häcksler: Dieses PrinStroh fällt auf jeden Fall zwizip bietet Case bei den Axialfluss-Mähschen die Stoppeln. dreschern. Der tangentiale Wurfrotor ist Zukünftig sind standardibeim AFX mit feststehenden Klingen aussierte Prüfungen und Bewertungmaßstäbe gestattet. Im Gegensatz zu den pendelnden (sehr gut, gut usw.) wie bei den DüngerKlingen fördern sie bei Schwadablage mit streuern erforderlich. Gleiches gilt für die reduzierter Drehzahl noch genug Material. Häcksellängenverteilung. Die Daten werBeim Häckseln werden Stroh und Spreu den zwar gemessen, lassen sich jedoch wevon zwei großdimensionierten Spreuvergen fehlender Standards nicht bewerten. teilern zu beiden Seiten geschleudert. Das Die guten Ergebnisse des DLG-Focus System ist einfach gebaut. Tests lassen sich vermutlich nur mit neuUm die Verteilgenauigkeit der Häcksen Messern und optimierter Einstellung ler bewerten zu können, hat die DLG im erzielen. Der Landwirt bewertet die Häckletzten Jahr zwei Häcksler von John Deeselqualität im Feld nur visuell. Zur Überre getestet. Die Querverteilung hatte eine prüfung kann das Häckselgut mit einem mittlere Abweichung (VariationskoeffiziRechen quer zur Fahrtrichtung zusammenent) von 15 bis 34 %. Das erste Ergebnis ist geharkt werden. Die Querverteilung ist so Der Häcksler am STS hat abgewinkelte Wurfklingen. Sie verbessern die Gebläsewirkung. etwas besser abzuschätzen. Diese behelfsmäßige Schnellmethode berücksichtigt die Spreu jedoch kaum. Bessere Messer Die Messerklingen wurden in den letzten Jahren ebenfalls weiterentwickelt. Über die richtige Klinge wird in der Praxis viel diskutiert. Müssen es glatte, gezahnte oder an der Stirnseite angeschliffene Klingen sein? Bei bis zu 15 E pro Klinge entscheidet oft der Preis. Einige Hersteller haben zusätzlich die Anzahl der Messer erhöht. Die Häckslerwellen werden mit vier (z. B. Claas), sechs (z. B. New Holland CX, KPAB) oder acht Messerreihen (z. B. MF, Fendt, Record) bestückt. Die Ecken der Messer verschleißen bei den sechs- und vor allem achtreihigen Rotoren stärker als bei vier Messerreihen. Ursache: Durch die höhere Anzahl von Messerreihen fällt das Stroh nicht mehr so tief zur Rotorwelle, sondern wird außen direkt von den Messerecken geschnitten. Dichter an der Rotorwelle schneiden die Klingen stärker mit den Seiten als mit den Ecken. Um die Schnittfrequenz zu erhöhen, haben die Hersteller die Drehzahl der Häcksler gesteigert. Mehr als 3 500 U/min werden erreicht. Je nach Durchmesser liegt die Umfangsgeschwindigkeit am Klingenau- top agrar 6/2005 69 t o p Te c h n i k ßenrand oberhalb von 100 m/s. Würde sich eine Klinge lösen und ungebremst aus dem Häcksler fliegen, betrüge ihre Geschwindigkeit etwa 360 km/h. Deshalb sollte man bei Arbeiten hinter dem Häcksler ausreichend Abstand halten. Einige Firmen bieten die Mähdrescher der oberen Leistungsklassen mit zwei Häckslervarianten an. Die Version für höhere Ansprüche hat mehr Messerreihen oder mehr Klingen pro Reihe. Claas rüstet die Rotoren z. B. wahlweise mit 88 oder 120 Klingen aus. Die höhere Häckselqualität gibt es nicht zum Nulltarif. Neben den höheren Anschaffungskosten fallen Mehrkosten für Diesel und Verschleißteile an. Der Lohnunternehmer bekommt diesen Mehraufwand in der Regel nicht bezahlt. Landwirte, die selber dreschen und Mulchsaat betreiben, rechnen sich Vorteile bei der nachfolgenden Bearbeitung aus. Die Zahl der Gegenschneiden beeinflusst die Häckselqualität ebenfalls. BisoSchrattenecker rüstete die ECO-Baureihe z. B. mit zwei Gegenschneiden aus. Das Stroh wird sehr intensiv zerkleinert. Der Leistungsbedarf ist jedoch hoch. Um breiter und gleichmäßiger verteilen zu können, setzt John Deere auf eine höhere Gebläsewirkung des Häckslers. Die CTS- 70 top agrar 6/2005 Beim AFX von Case IH häckselt der Wurfrotor das Stroh. Das Spreu-/Strohgemisch wird von zwei Spreuverteilern zu den Seiten geblasen. Mähdrescher haben zusätzliche Windschaufeln an den Rotoren. Die STS-Maschinen sind mit abgewinkelten Klingen ausgestattet. Im Vergleich zu einem zusätzlichen Wurfgebläse (z. B. bei Claas) lässt sich der Gebläseeffekt verhältnismäßig preiswert steigern. Wurfgebläse verwirbeln das Stroh allerdings nicht so stark. Dadurch ist die Seitenwindempfindlichkeit geringer. Mit viel Technik und Energie wird versucht, die Häckselqualität zu verbessern. Das Ergebnis ist oft unbefriedigend. Es stellt sich die Frage, ob das gesamte Stroh überhaupt durch den Mähdrescher muss. Denn bei geringeren Strohmengen kann die Druschleistung eines Mähdreschers um 30 % steigen. Anders ausgedrückt: Bei gleicher Kampagneleistung würde ein leistungsschwächerer und kostengünstigerer Mähdrescher ausreichen. Der Hochschnittdrusch mit nachfolgendem separaten Häckslereinsatz konnte sich bisher nicht durchsetzen. Erntevorsätze, die ähnlich wie Maispflücker mit Rei- henhäckslern ausgestattet sind, lassen sich nicht vielseitig genug einsetzen. Hier besteht noch viel Entwicklungsbedarf. Messer schön scharf halten! Wir halten fest U Die Anbau-Strohhäcksler am Mähdrescher wurden in den letzten Jahren weiterentwickelt. Das Stroh soll kürzer geschnitten und gemeinsam mit der Spreu gleichmäßig verteilt werden. Die Physik setzt jedoch Grenzen – je kürzer das Stroh, desto schwieriger lässt es sich auf zunehmende Arbeitsbreiten verblasen. Um kurz zu häckseln, drehen die Rotoren z.T. mit mehr als 100 m/s. Sie sind mit bis zu acht Messerreihen, abgewinkelten Messern und zusätzlichen Wurfschaufeln ausgestattet. Andere Hersteller bauen Wurfgebläse oder Verteilrotoren ein. Die Häckselqualität gibt es nicht zum Nulltarif. Die Anschaffungs- und Verschleißteilkosten sind höher. Außerdem werden bis zu 30 % des gesamten Kraftstoffbedarfs für den Antrieb des Häckslers benötigt. Kein Wunder, dass in Jahren wie 2004 über hohe Dieselkosten geklagt wird – und das oft bei unbefriedigender Arbeitsqualität. Prof. Dr. T. Rademacher, FH Bingen m die Häckselqualität zu verbessern, kann der Mähdrescherfahrer an drei Schrauben drehen: ■ Einstellen der Strohleitbleche, ■ Messer scharf halten, ■ Gegenschneiden optimieren. Die Leitbleche sind werkseitig auf ein Mittelmaß eingestellt. Abgestimmt auf die Schneidwerksbreite müssen sie angepasst werden. Die äußeren Bleche sollten so weit wie möglich nach außen gestellt werden. Starker Seitenwind kann das Stroh allerdings in den stehenden Bestand blasen. Bei der nächsten Fahrt wird das Kurzstroh aufgenommen und stopft zwischen Haspel und seitlicher Schneidwerkswand. Flexibler ist man mit einer elektrischen Links-Rechts-Verstellung der Leitbleche. Sie ermöglicht eine rasche Anpassung aus der Kabine heraus. Auch hier muss man allerdings aufpassen. Werden die Bleche zu weit nach außen geschwenkt, kann es zwischen den äußeren Leitblechen und der Haube Verstopfungen geben. Eine ungleichmäßige Beschickung des Dreschwerks kann die Häckselgutverteilung ebenfalls beinflussen. Den Effekt kann man beim Einsetzen in den Bestand leicht überprüfen. Verlässt das erste Stroh den Häcksler mittig, gelangt zu viel Material in die Mitte des Dreschkanals. Die Schneckenwindungen der Einzugsschnecke sollten gekürzt werden, damit seitlich mehr Material ins Dreschwerk gelangt. Die Häckslermesser können abhängig von Bodenart, Stoppellänge und Anteil Lagergetreide nach 50 ha bereits deutlich verschlissen sein. Die Häcksellänge nimmt zu und der Kraftstoffverbrauch steigt an. Wer Abhilfe schaffen will, muss die Klingen drehen, eventuell nachschleifen oder gegen neue austauschen. Der Anstellwinkel der Gegenschneide beeinflusst die Aufenthaltsdauer des Strohs im Häcksler und damit die Schnittlänge. Soll das Material kürzer gehäckselt werden, muss der Fahrer den Anstellwinkel zur Kreisbahn der Rotormesser schärfer einstellen. top agrar 6/2005 71
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