Wärmenetze: Schlüssel zur Wärmewende oder Sackgasse? 2. Fachforum 09. Mai 2015 im Kurhaus Titisee Dipl.-Ing. Christian Neumann Energieagentur Regio Freiburg GmbH EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 0 Ziele der Landesregierung Energiewende www.50-80-90.de EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 1 Was ist damit gemeint? Wärmewende Quelle: Erneuerbare Energien in Baden-Württemberg 2014 Endenergieverbrauch Baden Württemberg Wärmewende heißt: • CO2-Reduktion um 90% bis 2050 • Mindestens 50% des Wärmeverbrauchs müssen eingespart werden • Gebäudesanierung • Effiziente und bedarfsgerechte Wärmebereitstellung im Gebäude • Weitgehende Umstellung auf CO2-arme Wärmeerzeugung • Davon 11% erneuerbar (davon 75% Holz, 10% Solar) • verursacht 30% der CO2-Emissionen EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee • Erneuerbare Energien • Kraft-Wärme-Kopplung 2 Welche Erzeugertechnologien stehen bereit? Wärmewende • Solarthermie Quelle: Bürgerenergie St. Peter Viessmann Werke • Gas- / Ölkessel • Holzkessel • Hackschnitzel • Pellets Viessmann Werke • Wärmepumpen (Geothermie) EWärmeG beachten! • Grundwasser • Erdsonden SOKRATHERM Quelle: solnet BW • Biogas-BHKW (-Kessel) EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee • Erdgas-BHKW • (Ersatzmaßnahmen laut EWärmeG) 3 Welche Vorteile haben sie? Wärmenetze + Regionale Wertschöpfung! EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 4 Quelle: Michael Nast, DLR Stutgart, Institut für Thermodynamik, 2009 + KWK! + Abwärme! Spezifische Vorteile für EE und KWK? Wärmenetze • Holz • Große Kessel ermöglichen Einsatz von grobem/günstigem Material • Solarthermie • Große Solaranlagen können 4-5 mal günstiger Wärme liefern als kleine (ca. 5 ct/kWh) und Sommerbetrieb Kessel vermeiden • (Roh-)Biogas / Abwärme • Wärmenetz als einzige Form der Nutzbarmachung • Wärmepumpen • Chancen in Verbindung mit Neubaugebieten, Abwärme oder kalter Nahwärme • KWK • Große Anlagen können effizienter sein als kleine, dezentrale EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Quelle: Bremer Energie Institut, 2013 Verknüpfung von Strom- und Wärmemarkt Wärmenetze EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Wo sind sie möglich / Wärmenetze Also überall Wärmenetze… …oder doch Objektversorgung? EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Bürger Energie St. Peter eG Beispiel Wärmenetz • 1, 5 MW Holzkessel, 1 Holzvergaser-BHKW, 2,7 MW Ölkessel (dezentral) • Netz: 9 km Trassenlänge , 170 Anschlussnehmer (Bestand), Verluste: 12% • Wirtschaftlich im Vergleich zu Öl/Flüssiggas EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Bürger Energie St. Peter eG Beispiel Wärmenetz Erfolgsfaktoren Nahwärme • Kein Gasnetz • Hackschnitzel lokal / regional Verfügbar • Hoch motivierte / kompetente Projektgruppe mit hohem Vertrauen bei Bürgern • BEG als Betreiber • Erfahrener Planer • Effizientes Netz (trotz niedriger WBD) dank: • Gewissenhafte Planung und Betrieb • Qualitativ hochwertiges Rohrmaterial (Duo-Stahl, verstärkte Dämmung) • „kleine“ Rohrdimensionen (Hohe T-Spreizung (50 K im Auslegungsfall), dezentraler Spitzenlasterzeuger bei größtem Verbraucher) EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Bürger Energie St. Peter eG Beispiel Wärmenetz EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee WEG Kleehäuser, Freiburg Beispiel Objektversorgung • 2 Passivhäuser (Neubau 2006), 24 Wohnungen, 70 Bewohner • BHKW 14 kWel. (monovalent) • Solarthermie (60 qm), Solarstrom (21 kWp) • Umfassendes Stromsparkonzept • Wirtschaftlich gegenüber im Quartier verfügbarer Nahwärme EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee WEG Kleehäuser, Freiburg Beispiel Objektversorgung Erfolgsfaktoren KWK-Objektversorgung • Eigenstromerzeugung • Monovalentes BHKW • Kein Invest für Spitzenkessel • Kein Schornsteinfeger • Hoch motivierte / kompetente Bauherrenvertreter mit hohem Vertrauen bei Bewohnern • Erfahrener Planer EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee WEG Kleehäuser, Freiburg Beispiel Objektversorgung EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Wann welche Strategie? Wärmenetze oder Objektversorgung? Zwischenfazit 1.1 • Beispiel St. Peter (Dorf ohne Gasnetz): Wärmenetz notwendige Voraussetzung zur (breiten) Erschließung des lokalen Potenzials an Energieholz • Beispiel Kleehäuser (städtisch mit Gasnetz): Wärmenetz keine Voraussetzung zur Erschließung des KWK-Potenzials (individuelle Prüfung notwendig. Siedlungs-/ Versorgungsstruktur) Aber: In beiden Fällen hat die Motivation und Überzeugungskraft der handelnden Akteure eine entscheidende Rolle für die jeweilige Lösung gespielt EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Wann welche Strategie? Wärmenetze oder Objektversorgung? Zwischenfazit 1.2 • Wärmenetze können, müssen aber nicht die beste (oder gar einzige) Lösung für Erneuerbare und KWK sein: • Wärmenetze und Objektversorgung nicht gegeneinander „ausspielen“... • …sondern gebietsabhängig die Lösung suchen, die die größte Akzeptanz findet (und machbar / sinnvoll ist) • Wärmenetze brauchen einen Initiator (Kommune, BEG, Versorger, Planer,…), der Vertrauen genießt • Es geht darum, die Menschen zu erreichen und ihr Vertrauen zu gewinnen … • Synergien nutzen (Dorf / Quartier!) • Kommunikation / Motivation im Bestand ist entscheidend für Wärmenetze im Bestand! EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Statistik Wärmenetze • Energiebericht / Landeskonzept KWK, BaWü (2014) • Anteil Fernwärme an Endenergiebedarf Wärme ~10% • Davon 75% in großen Netzen (14 Städte), 1.500 km Trasse, 80% Steinkohle • Statistik KWK-G, Bund in 2013: • 488 neue Netze, 490 km Gesamtlänge (~1 km/Netz) • 430 Erweiterungen, 300 km Gesamtlänge (~ 700 m/Netz) Quelle: www.solnetbw.de • Evaluation MAP, Bund in 2010: • 876 neue Netze mit 604 km Gesamtlänge (~700 m/Netz) • Durchschnittlich 8 Abnehmer pro Netz (580 Netzen mit weniger als 10 Abnehmern, nur 5 Netze mit mehr als 100 Abnehmern) Fernwärmebestand der Sektoren Haushalte und GHD in Baden-Württemberg auf Gemeindeebene • Durchschnittliche Wärmebelegungsdichte 1 MWh/ma • Durchschnittliche Investition 280 €/m • 60% Holz, 32% Biogas • „Es wird vermutet, dass die Effizienz der Netze noch deutlich gesteigert werden kann. “ EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Quelle: „Planungshandbuch QM Holzheizwerke“, Arbeitsgemeinschaft QM Holzheizwerke, 2004 Bedeutung / Zielwerte Effizienz von Wärmenetzen • Effizienz entscheidend für Wirtschaftlichkeit / Nachhaltigkeit • Zielwert für Verluste: 10%; Zielwert Anschlussdichte 0,8 - 1,8 MWh/ma 70-90°C EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Einflussfaktoren Effizienz von Wärmenetzen • Anschlussdichte • Möglichst hoch • Art des Rohrmaterials • Single / Duo • Stärke der Dämmung • Mitteltemperatur / Temperaturspreizung • Möglichst niedrige Mitteltemperatur möglichst hohe Spreizung/niedrige Rücklauftemperatur Quelle: Echtle, Nordrach • Absenkbetrieb • Dimension der Rohrleitungen • Möglichst kleine Dimensionen möglichst hohe Temperaturspreizung dezentrale Spitzenlasterzeuger / Speicher • Betriebszeiten EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Quelle: „Erfolgsfaktoren für Bioenergieanlagen mit Nahwärmenetz“, 18. Symposium BIOENERGIE, Leuchtweis, CARMEN, 2009 CARMEN 2009 Ergebnisse verschiedener Studien Datenbasis: Heizwerke mit Wärmenetz > 200 m und mehr als 2 Hausübergabestationen; n = 377 EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 30% Wärmeverteilungsverluste in % der eingespeisten Wärme Quelle: „Bioenergiedörfer Evaluation von Struktur und Effizienz“, Energieagentur Regio Freiburg, 2013 Energieagentur Regio Freiburg 2013 Ergebnisse verschiedener Studien Untersuche Dörfer Regressionsfunktion CARMEN basierend auf 377 untersuchten Nahwärmenetzen 20% Empfehlungswert von 1,5MWh/(m*a) 10% QM Holzheizwerke Projekte mit dezentralen Spitzenlasterzeugern / klein dimensioniertem Netz 0% 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 Wärmebelegungsdichte in MWh/(m*a) EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 3.0 • Netze mit niedrigen Wärmebelegungsdichten • Großteil im Bereich/unterhalb der Erwartungswerte nach CARMEN / QM Beispielrechnung für Verluste Effizienz von Wärmenetzen Beispielrechnung: Verlustwert einer Leitung mit DN 80, bei 1 MW, 30K Spreizung, Tm=55K 30 Nur bei reduzierter Leistung, z.B. durch dez. Spitzenlast Verlustwert / [W/m] 25 15% 20 27% 41% 15 45% 10 5 0 2 x single DN 80 2 x single, verstärkte Dämmung DN 80 Duo DN 80 Rohrmaterial EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Duo, verstärkte Duo, verstärkte Dämmung DN 80 Dämmung, DN 65 Quelle: „ANALYSE UND OPTIMIERUNG VON FERNWÄRMENETZEN “, Bundesamt für Energie, Schweiz, 2013 ARGE Fernwärme, Schweiz 2013 Ergebnisse verschiedener Studien Untersuchung Optimierungsmöglichkeiten bei bestehenden Netzen • Rohrdurchmesser und damit die Wärmeverteilkapazitäten bei 80% der Teilstränge überdimensioniert (z.T. bis zu 3-4 Dimensionen) • Große (vergebene) Einsparpotenziale bei Kosten und Wärmeverlust EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee Effizienz entscheidet Zukunftsfähige Wärmenetze Zwischenfazit 2 • Netzverluste im Bereich 10- 15% auch bei geringer Wärmebelegungsdichte möglich • Dazu sind notwendig: • Gewissenhaften Grundlagenerfassung / Wärmeleistungsbedarf der Abnehmer Quelle: Echtle, Nordrach • Hochwertiges Rohrmaterial (Duo-Rohr, verstärkt gedämmt) • Rohr-Dimensionen minimieren (Hohe Spreizung, knappe Auslegung, ggf. dezentrale Erzeuger) • Rücklauftemperaturen <= 45° • Geeignete Betriebsführung / MSR-Technologie für die Optimierung • Professionelle Betreiberstrukturen EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 23 Fazit Zukunftsfähige Wärmenetze • Wärmenetze bieten sehr gute Voraussetzungen für den effizienten und wirtschaftlichen Einsatz von Erneuerbaren Energien (Holz, Solarwärme, (Roh-)Biogas) und Abwärme • Für effizienten / wirtschaftlichen Einsatz von (Erdgas-)KWK sind sie (aktuell) keine zwingende Voraussetzung, wenn Eigenstromnutzung erfolgt. • Wärmenetze sind ein wichtiger Schlüssel zur Wärmewende aber kein „Allheilmittel“ • Für zukunftsfähige Netze sollten hohe Effizienzkriterien angelegt werden (Qualitätssicherung) • Für Wärmenetze müssen viele Akteure / Gebäudeeigentümer überzeugt und motiviert werden Dafür braucht es Initiatoren und Strategien! • Realisierbarkeit von Wärmenetze wird stark beeinflusst durch Siedlungs-, Versorgungs-, Eigentümerstruktur: Unterschiedliche Strategien z.B. für „Stadt“ und „Land“? EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Christian Neumann Energieagentur Regio Freiburg GmbH [email protected] EnergieRegion Südschwarzwald, 2. Fachforum 09.05.2015 Kurhaus Titisee 25
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