Studierendenprojekt: Leihmutterschaft

Justitias Welt
Zeitschrift für ausländisches, europäisches und internationales Recht
Polina Noskova, Katja Weismann, Alina Salimow, Ina Nasyrova,
Margarita Zayukova, Swetlana Schell1
Studierendenprojekt: Leihmutterschaft
1. Begriff
Eine Leihmutter ist eine Frau, die für die Dauer einer Schwangerschaft ihre Gebärmutter
„verleiht“, um anstelle einer anderen Person ein Kind zur Welt zu bringen und das Kind an
diese Person abzugeben.
Es gibt unterschiedliche Arten der Leihmutterschaft:
Klassische Leihmutterschaft
Die Leihmutter unterzieht sich einer künstlichen Befruchtung mit dem Samen des
Wunschvaters oder eines Drittspenders, so dass sie auch die genetische Mutter des von
ihr ausgetragenen Kindes ist.
Traditionelle Leihmutterschaft
Die Leihmutter trägt das Kind lediglich aus, ohne mit ihm genetisch verwandt zu sein, wobei das Genmaterial von den Wunscheltern stammt, aber auch Eizelle, Samen oder beides von Drittspenders verwendet werden dürfen.
2. Geschichte
Die erste bekannte Leihmutter existierte bereits 2000 Jahre vor Christus auf dem Land des
Kanaan, nahe des Hebron. Folgendes wird in der Bibel, im heiligen Buch des alten Testaments (Genesis 16) der Juden, Christen und Mohammedaner, erzählt:
Sahra, die Frau des alten Abraham, war unfruchtbar und hat Ihre Magd Agar angeheuert,
das Kind von Abraham auszutragen.
Abraham war damals 86 Jahre alt, was aber der Empfängnis nicht entgegen stand. 1910
vor Christus hat Agar einen Sohn bekommen, der den Namen Ismail bekam. Sahra empfing ihn, wie es damals üblich war, auf die Knie gelegt, wie ihren eigenen Sohn. Das war
das erstbekannte Kind, welches nach dem Programm der traditionellen Leihmutterschaft
geboren wurde. Interessant ist, dass es Sahra 14 Jahre nach der Geburt des Ismail, im
Jahre 1897 vor Christus, doch gelang schwanger von Abraham zu werden, der bald schon
seinen 100. Geburtstag feierte und seinen Sohn Isaak kennen lernte.
Die zweite bekannte Leihmutterschaft verzeichnete man in Mesopotamien Mitte des 18.
Jahrhunderts v. Chr. Im Königreich Sumer war die klassische Leihmutterschaft allgemein
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Studentinnen der Fakultät der Rechtswissenschaft der Universität Hamburg
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anerkannt und gesetzlich geregelt. Das Gesetzbuch des Zaren Hammurabi wurde im Jahre 1780 v. Chr. geschrieben. Dieses bestimmt, dass die unfruchtbare Frau, die einen Kinderwunsch hat, für die Fortbestehung der Art seinem Mann eine Magd zur Verfügung stellen muss. Sollte hierbei kein Sohn gezeugt werden, durfte der Mann sich zusätzliche Konkubinen anschaffen. Falls die Konkubinen einen Sohn gebaren, bekamen sie gewisse soziale Vorteile: Zum Beispiel schützte sie dieser Status vom Verkauf gegen Silber.
Die dritte Leihmutter in der Geschichte war Walla, die Magd der unfruchtbaren Rachel, der
zweiten Ehefrau von Jakob (dem Enkelkind des Abraham), die ihm die Söhne Dana und
Nefalima gebar. Jakob selbst war damals 85 Jahre alt.
Die vierte Leihmutter war Zelfa, die Magd der ersten Ehefrau Leah des Jakob. Leah hat
bereits 4 Kinder geboren und wollte mit weiteren Kindern den Jakob an sich binden, der
ihre Schwester liebte. Nach der Geburt ihrer vier Kinder hatte Leah ihre Fruchtbarkeit verloren. Zelfa hat zwei Söhne, Gad und Ascher geboren.
Zusammenfassend wurde Leihmutterschaft seit der Antike praktiziert. Sowohl die ägyptischen Pharaonen als auch alten Römer nutzten die sie zur Fortpflanzung. Im heutigen
Israel, China, Korea und Japan wurde die gleiche Praktik ausgeübt.
Die Wissenschaft forscht im Bereich der künstlichen Befruchtung bereits mehrere Jahrhunderte. Im Jahr 1677 erforschte der Erfinder des Mikroskops, A. Leewnhoek als erster
Forscher das menschliche Sperma und entdeckte als Erster Spermatozoide. Er dachte,
die Spermatozoide seien eine Art Samen und die Gebärmutter lediglich eine vorteilhafte
Umgebung für dessen "Keimung".
Im Jahre 1790 führte der schottische Chirurg John Hunter mit Hilfe einer Spritze Sperma
eines Ehemannes in die Scheide seiner Frau ein und vollbrachte somit die erste – und
erfolgreiche – künstliche Befruchtung der Geschichte. 1880 fanden erste IVF an Kaninchen und Meerschweinchen statt. Elf Jahre später, 1801, gelang es dem französischen
Wissenschaftler eine befruchtete Eizelle einem anderen weiblichen Kaninchen einzupflanzen und diese somit zur ersten „Leihmutter“ zu machen. Von den 1920er Jahren an entwickelte sich die künstliche Befruchtung zu einer vielfach angewandten Methode zur Überwindung von Unfruchtbarkeit.
Die erste IVF mit menschlichen Zellen wurde 1944 vom Harvard-Gynäkologen J. Roch
und M. Minkin durchgeführt. Sie kultivierten eine Eizelle und befruchteten diese in vitro.
Das Ergebnis war ein zweizelliger Embryo.
Ungeachtet dessen gelten als Begründer der IVF nach heutigem Verständnis der britische
Biologe Robert Edwards und der Gynäkologe Patrick Steptoe. Die erste erfolgreiche
menschliche Befruchtung erfolgte nach neun Jahren nicht endender Forschungen und Experimente im Jahre 1967.
Die erste erfolgreiche Befruchtung einer menschlichen Eizelle in-vitro erzielte Edwards im
Jahre 1967. Nach neun Jahren und etlichen Forschungen und Experimenten, trat die erste
Schwangerschaft mit einem genetisch „fremden“ Kind im Jahre 1976 ein. Leider handelte
es sich dabei um eine Eileiterschwangerschaft.
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Am 10. November 1977, als die Zahl der fehlgeschlagenen Versuche schon 600 überstieg,
gelang es den Ärzten die befruchtete Eizelle erfolgreich in die Gebärmutter einer Leihmutter zu transplantieren, so dass sich der Embryo dort einnistete.
Am 25. Juli 1978 kam dann endlich Louisa Brown, das erste Kind, das durch eine Leihmutter ausgetragen wurde, in der kleinen Statt Oldem (Lancashire) zur Welt.
Eben dieser Tag kann als offizieller Feiertag für Embryologen und Fachärzte für reproduktive Medizin gesehen werden. Damit Louisa Brown das Licht der Welt erblicken konnte,
hat es über 600 Versuche der IVF benötigt. 30 Jahre nach ihrer Geburt wurden schon über
2 Mio. Kinder „im Reagenzglas“ gezeugt.
3. Religiöse Aspekte
Nach den islamischen Gesetzen ist sexueller Kontakt zwischen Mann und Frau nur im
Rahmen einer Ehe erlaubt.
Die Scharia erlaubt generell die Heilung von Unfruchtbarkeit, sie erklärt dies mit der Geburt eines Kindes, welche als Segen Allahs angesehen wird.
Somit können, mit Ausnahme der Eizellenspende, alle Arten zur Heilung der Unfruchtbarkeit erlaubt sein. Im Islam steht geschrieben: „Es darf kein Dritter in den Prozess der Befruchtung einwirken.“ Somit ist Leihmutterschaft, Eizellenspende und Samenspende aus
der Sicht des Islams verboten.
Die christliche Religion erlaubt in der Neuzeit den Einsatz von modernen Methoden zum
Zweck der Heilung von Unfruchtbarkeit. Die Kirche ist liberaler im Umgang mit menschlichen Zellen von Eheleuten bei IVF, verbietet jedoch Samenspenden, Eizellenspenden und
Leihmutterschaft. Aus christlicher Sicht ist es sehr wichtig einen Menschen ab Beginn seiner Existenz zu schützen. Zum Beispiel gab der Bischof Almantinskov Aleksej zum gerade
eröffneten IVF Zentrum im Jahre 1995, seinen Segen.
Aus der Sicht des Judentums, ist die Heilung mit reproduktiver Hilfstechnologie, nur zulässig, wenn im Programm die Eizellen und Spermien der Eheleute benutzt werden. Kinder,
die als Resultat des IVF geboren sind, werden vom jüdischen Gesetz anerkannt (I.G.
Shenker, 1996).
Dagegen, kann die Prozedur der Einsetzung von Spermien eines Spenders, als Ehebruch
angesehen werden, wenn das Einverständnis des Ehegatten fehlt.
Unbestimmt ist in der jüdischen Religion die Sicht zur Eizellenspende. Das jüdische Gesetz verbindet das Kind mit der Frau, die es ausgetragen und geboren hat. Im Talmud
steht, dass „wenn ein Mensch eine Aufgabe beginnt, aber sie nicht beendet, ein anderer
sie fortsetzt und beendet, dass der, der sie beendet, als der Mensch angesehen wird, der
die ganze Aufgabe vollendet hat“.
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Im Hinduismus und Buddhismus widerspricht die Anwendung aller künstlichen Befruchtungen, der Religion.2
4. Ethik und Philosophie
Erstens ergibt sich beispielsweise das Problem der "überflüssigen Embryonen" und deren
möglicher Vernichtung, Verkauf oder Missbrauch. Neben einer Reihe weiterer, seit Jahrzehnten diskutierter - und bislang unbeantworteter - Fragen, ist kürzlich aber auch die des
Inzests ins Zentrum der Diskussion gerückt, dessen Wahrscheinlichkeit durch die IVF in
nicht unerheblicher Weise gesteigert wird. So kann ein einziger Samenspender hunderte
Kinder haben, ohne dass dies rechtlich in irgendeiner Weise erkennbar gemacht wird oder
die Betroffenen von ihrer Verwandtschaft Kenntnis erlangen. Waren dies zu Beginn der
Anwendung der IVF nur Einzelne, so sind es mittlerweile Tausende, und die Möglichkeit
des Kennenlernens und einer festen Partnerschaft zwischen miteinander verwandten
Menschen ist längst keine entfernte mehr. Vielmehr steigt ihre Wahrscheinlichkeit noch mit
der nächsten Generation weiter an. Verantwortung für die Folgen, welche mitunter gravierend sein können, trägt hierbei niemand.3
Aus ethischen Gesichtspunkten ergibt sich eine weitere wichtige Frage: Die Leihmutterschaft verheimlichen oder nicht verheimlichen? Es gibt kein Gesetz, welches Eltern, die
sich der Leihmutterschaft bedienen, dazu verpflichtet, es ihrem Kind offenzulegen, da dies
eine Einmischung in das Privatleben wäre und die Autonomie der Familie beeinträchtigen
würde. Die Eltern stehen vor dem Problem, ob sie ihr Kind anlügen sollen oder nicht. Denn
das Kind wird mit Sicherheit fragen: „Wo bin ich hergekommen?“
Wie soll man auf so eine Frage antworten, wenn das Kind mit Hilfe einer Leihmutterschaft
zur Welt gekommen ist? Die meisten genetischen Eltern verschweigen den Fakt, dass eine Leihmutter ihr Kind gebar. Aber es gibt auch Ausnahmen.
Die wohl bekanntesten genetischen Eltern Russlands wurden die populäre Sängerin Alena
Apina und ihr Ehemann Alexander Iratov.4
Auf dem üblichen Weg konnten Sie ihr Wunschkind nicht zeugen. Deshalb bedienten sie
sich der Hilfe einer Leihmutter. Gegen Bezahlung trug eine intelligente Provinzlerin mit
Universitätsabschluss, bereits Mutter zweier Kinder, die Tochter der Sängerin aus.
Nach der Geburt nahm die Sängerin ihre Tochter der Leihmutter weg und brach den Kontakt zu dieser ab. Genau diese Situation zeigt, die kollidierenden Interessen der genetischen Eltern und der Leihmutter und hat einen sackgassenähnlichen Charakter.
Man könnte einerseits behaupten, dass die Leihmutterschaft die Kinder zur Ware angleicht. Zudem besteht die Gefahr, dass sozial schwache Frauen ausgebeutet werden,
3
http://alexnest.ru/kursovye-referaty-sochineniya/referat-eticheskie-problemy-surrogatnogomaterinstva/ 13.11.14 20:54.
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http://alexnest.ru/kursovye-referaty-sochineniya/referat-eticheskie-problemy-surrogatnogomaterinstva/ 13.11.14 20:54.
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indem sie Gesundheitsrisiken und seelische Belastungen einer Fremdschwangerschaft
gegen Entgelt auf sich nehmen. Durch Leihmutterschaft wird die Frau von den reichen
Leuten „gemietet“, um ihre Kinder auszutragen.
Aus feministischer Sicht kann man die Leihmutterschaft auch positiv sehen, weil sie Frauen zusätzliche Freiheiten gewährt: auf der einen Seite die, ein Kind ohne eigene Schwangerschaft zu bekommen, und auf der anderen, den eigenen Körper zu ihrem Vorteil zu
nutzen. Frauen diese Möglichkeiten zu untersagen bedeutet, sie zu bevormunden. “Mein
Bauch gehört mir”5, hieß es bei der Abtreibungsdebatte, und das könnte auch hier gelten.
Ethische Bedenken bestehen aber hinsichtlich der Motive, die manche Frau veranlassen,
nicht selbst eine Schwangerschaft auszutragen. Neben medizinischen Gründen spielen
erfahrungsgemäß die Vermeidung der normalen gesundheitlichen Risiken, die Furcht vor
Verlust körperlicher "Schönheit" und eine mögliche Beeinträchtigung der Karriere durch
die Schwangerschaft eine Rolle.
Man hat Befürchtungen, dass die Notwendigkeit das Kind nach der Geburt abzugeben, der
Leihmutter ein psychologisches Trauma zufügen kann. Die Beziehung zwischen Mutter
und Kind während der Schwangerschaft übt einen wichtigen Einfluss auf die werdende
Persönlichkeit des heranwachsenden Kindes aus. Deshalb sollte dieser Einfluss möglichst
positiv gestaltet sein. Auch für die Annahme des Kindes durch die Eltern spielt das Erlebnis der Schwangerschaft eine Rolle. Dies gilt besonders, wenn ein behindertes Kind zur
Welt kommt. Bei der Ersatzmutterschaft entsteht in einem solchen Fall ein besonders
schwerwiegendes Problem, wenn die genetischen Eltern die Annahme des behinderten
Kindes von der Leihmutter verweigern, wie bereits in einigen Fällen geschehen. Das ist
ethisch nicht unbedenklich.
Diese Bedenken finden auch in philosophischen Ansätzen Bestätigung. So enthält der
Kant’sche kategorische Imperativ unter anderem folgende Formeln:6
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein
allgemeines Gesetz werde.“
„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“
Daraus folgt, dass die Leihmutterschaft, in der die Leihmutter als Mittel zur Erreichung des
Zwecks gebraucht wird, dieser Ansicht nach unzulässig wäre.
Auch die Literatur, in der der Geburtsprozess sich von dem traditionellen unterscheidet,
hat nicht selten einen dystopischen Charakter.
So werden beispielsweise im Roman Aldous Haxleys “Schöne, neue Welt” die Menschen
nicht mehr auf natürlichem Weg gezeugt und von Eltern erzogen, sondern werden in
staatlichen Brut- und Aufzuchtszentren produziert. Die Menschen werden schon dort in
Kasten eingeteilt: Die Alphas bilden die höchste Kaste. Den Epsilons, den Mitgliedern der
niedrigsten Kaste, die später untergeordnete Aufgaben übernehmen sollen, entzieht man
5
6
http://kwakuananse.de/http:/kwakuananse.de/archives/leihmutterschaft/.
http://dic.academic.ru/dic.nsf/enc_philosophy/2443/КАТЕГОРИЧЕСКИЙ, 14.11.14 17:11.
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im Embryonenstadium Sauerstoff, wodurch sie zu geistig beschränkten Menschen werden. Außerdem mischt man den Embryonen niederer Kasten Alkohol ins Blutsurrogat,
damit die Angehörigen niederer Kasten nicht so groß werden wie die höherer Kasten. Wie
viele Mitglieder für die verschiedenen Kasten produziert werden, wird nach staatlichen und
wirtschaftlichen Anforderungen entschieden. Das Institut der Ehe existiert nicht, das Vorhandensein eines ständigen Sexualpartners wird als unanständig betrachtet. Die Worte
“Vater” und “Mutter” stellen Fluchworte dar.7
Im Roman “Der Report der Magd” dürfen Frauen kein Eigentum besitzen und haben sich
dem Mann vollständig unterzuordnen. Ihr Eigentum fällt an den nächsten männlichen Verwandten. Die einzige Aufgabe und Pflicht der Frau ist das Gebären von Kindern. Die
Hauptfigur, Desfred, ist eine Magd und eine der wenigen fruchtbaren Frauen. Ihre Aufgabe
im Haus des Kommandanten ist es, ein Kind für den Kommandanten und seine angeblich
unfruchtbare Frau, Serena Joy, auszutragen. Sie lebt ein unglückliches und einsames Leben und denkt immer wieder an ihre kleine Tochter und an Luke, ihren Mann, von denen
sie gewaltsam bei einer gescheiterten Flucht getrennt wurde.8
5. Medizinische Risiken einer Leihmutterschaft
Auch den medizinischen Risiken der Leihmutterschaft muss Rechnung getragen werden.
Bei einer Schwangerschaft können einige Komplikationen auftreten. Zu denken ist da an
Fehlgeburten, vorzeitige Wehenaktivitäten, Komplikationen bei der Geburt, die sogar zum
Tod der Mutter führen können und das Risiko einer Eileiter bzw. Bauchhöhlenschwangerschaft. Aber auch Krankheiten können im Schwangerschaftsverlauf auftreten. 2-8 % der
Schwangeren erkranken im Verlauf der Schwangerschaft an Schwangerschaftsdiabetis.
Des weiteren können Thrombosen, Gebärmuttersenkungen und Bluthochdruck auftreten.
Durch den rasanten Abfall des Hormonspiegels nach der Schwangerschaft können weiterhin Wochenbettpsychosen,- und Depressionen auftreten. Neben diesen allgemeinen Risiken gibt es auch noch spezifische Risiken der In-Vitro-Fertilisation (extrakorporale Befruchtung). Bei der IVF erhöht sich das Risiko einer Eileiter oder Bauchleiterschwangerschaft um 3 %. Bei der IVF nimmt die Leihmutter vor der Schwangerschaft Hormone ein,
um die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft zu erhöhen. Dabei kann es zu einer
Überstimulation durch die Hormonbehandlung kommen. Darunter versteht man die Größenzunahme der Eierstöcke mit Zystenbildung und Druckgefühl im Unterbauch, sowie selten auch die Einlagerung von Körperflüssigkeiten im Bauchraum oder sogar in der Lunge.
In seltenen Fällen, vor allem bei eingetretener Schwangerschaft, kann deshalb ein kurzfristiger Krankenhausaufenthalt erforderlich sein.9 Bei einer guten medizinischen Betreuung kann die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einiger dieser Risiken vermindert werden.
Einige treten jedoch unerwartet auf.10
7
https://ru.wikipedia.org/wiki/О_дивный_новый_мир, 14.11.14 17:16.
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Report_der_Magd, 15.11.14 12:50.
9
www.ivf.at; 15.11.2014, 14:45
10
http://www.ivf.at/behandlung/risikenkomplikationen.aspx; weitere Quelle: http://www.frauenaerzte-imnetz.de/de_erkrankungen-in-der-schwangerschaft- schwangerschaftsspezifische-erkrankungen_202.html
8
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6. Juristische Aspekte
Auch in rechtlicher Hinsicht ist die Leihmutterschaft ein heikles Thema.
Zu allererst stellt sich die generelle Frage nach der Legalität der Leihmutterschaft. In
Deutschland verbietet das im Januar 1991 in Kraft getretene Embryonenschutzgesetz
(ESchG) jegliche ärztliche Leistung bei Leihmutterschaften, nicht bestraft werden das Vorgehen der Leihmutter oder die den Auftrag erteilenden Personen. Die ärztlichen Handlungen bei der Leihmutterschaft sind Straftaten und werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe geahndet, § 1 Abs. 1 ESchG.
Es gibt aber auch eine Reihe schwieriger Fragen, welche nicht gesetzlich geregelt sind:
Wer nimmt das zur Welt gekommene Kind, falls sich die Situation der biologischen Eltern
ändert, wie z.B. bei einer Scheidung? Wer entscheidet über das weitere Austragen und
somit Weiterleben des Kindes, falls die Leihmutter ins Koma fallen sollte, die Rettung des
Kindes aber möglich wäre – Angehörige der Leihmutter oder die biologischen Eltern des
Kindes, mit welchen die Leihmutter verbindlich einen Vertrag geschlossen hatte? Muss die
Leihmutter ein Kind, bei welchem vor der Geburt eine Behinderung diagnostiziert wurde,
auf Wunsch der biologischen Eltern abtreiben? Was geschieht, falls weder die Leihmutter
noch die biologischen Eltern das Kind möchten? Hat das Kind, welches bei seinen biologischen Eltern aufwächst, ein Recht darauf, zu wissen, dass es eine Leihmutter hat und darf
es Kontakt zu ihr aufnehmen? Findet durch das Institut der Leihmutterschaft und vor allem
im Hinblick auf vermittelnde Agenturen eine gegen die Menschenwürde verstoßende
Kommerzialisierung des menschlichen Körpers statt?
Nicht nur die Gesetzgeber solcher Länder, in welchen Leihmutterschaft erlaubt bzw. toleriert wird, haben sich diesen komplexen Problemen zu stellen. Die Möglichkeit, einen
Leihmutterschaftsvertrag über Ländergrenzen hinaus zu schließen, führt unweigerlich zu
dem Bedürfnis nach (bestenfalls) international übereinstimmenden rechtlichen Regelungen. Über oben beispielhaft genannte, eher spezielle Fragestellungen hinaus entsteht
aber auch die Notwendigkeit, rechtliche Wertungen zu überdenken.
Wie haben wir es zu verstehen, wenn in Art. 6 des Grundgesetzes die Pflege und Erziehung der Kinder als natürliche Rechte der „Eltern“ bezeichnet werden und „jede Mutter“
einen Anspruch auf die Fürsorge und den Schutz der Gemeinschaft hat? Bislang gilt gemäß § 1591 BGB diejenige Frau, die das Kind geboren hat, als dessen Mutter und gemäß
§ 1592 Abs. 1 BGB der Mann, mit dem die Mutter verheiratet ist, als der Vater des Kindes.
Im Falle der Leihmutterschaft heißt das also, dass die biologische Abstammung des Kindes unberücksichtigt bleibt und die einzige Möglichkeit der biologischen Eltern auf das Erziehungsrecht eine Adoption des Kindes bleibt, obwohl bei Abschluss des Leihmutterschaftsvertrages im jeweiligen Land, beispielsweise in Russland oder den USA, ausdrücklich vereinbart werden kann (und i.d.R. wird), dass die biologischen Eltern auch die rechtlichen Eltern des Kindes seien. Somit wird in Deutschland nicht berücksichtigt, dass (abzüglich der Ärzte) immerhin drei Personen gleichermaßen an der Entstehung des Kindes
beteiligt waren, nämlich die Leihmutter und auch die biologischen Eltern. Gerade die Festlegung des Ehemannes der gebärenden Frau als Vater des Kindes erscheint daher als
wenig gerechtfertigt, da dieser am kompletten Prozess gänzlich unbeteiligt ist. Ob das al7/8
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les im Sinne der – ebenso verfassungsrechtlich verankerten – Gleichberechtigung ist, sollte höchst fragwürdig erscheinen. Im Dezember 2011 entschied bereits der Österreichische
Verfassungsgerichtshof trotz dem deutschen Recht entsprechenden Mutter-Begriff, dass
es dem Wohl des Kindes widerspräche, würden ihm alle Ansprüche gegenüber seiner genetischen Mutter genommen und die Leihmutter in die Rolle der rechtlichen Mutter gedrängt werden, obwohl sie dies weder sein könne noch wolle.11 Auch in Deutschland sollte
die Rechtsprechung im Hinblick auf gesellschaftliche, familiäre und medizinische Entwicklungen, welche während der letzten Jahre stattgefunden haben, möglicherweise einen solchen Weg einschlagen, statt auf Kosten des Familienglücks an veralteten Begriffen festzuhalten.
7. Fazit
Trotz der zahlreichen Probleme der Leihmutterschaft gibt es aber auch schwerwiegende
Argumente dafür.
Nicht selten handeln Leihmütter aus altruistischen Motiven und sind stolz darauf, einem
Paar helfen zu können und schließen mit diesem auch langjährige Freundschaften. Darüber hinaus können Leihmütter im Regelfall aus freiem Willen die Entscheidung treffen,
ein Kind für ein fremdes Paar auszutragen und werden hierfür auch finanziell entschädigt,
sodass nicht durchgehend von einer Ausbeutung oder Kommerzialisierung gesprochen
werden kann.
Vor allem aber haben laut einer medizinischen Statistik 20 % aller Paare Probleme damit,
Kinder auf natürlichem Wege zu bekommen.12 Hierbei kann es für Paare eine große psychologische Belastung und sogar einen Trennungsgrund darstellen, kein eigenes Kind zu
haben. Eine Adoption ist nicht immer eine gute Alternative, da auf ein Kind bis zu zehn
adoptier-willige Paare kommen und außerdem dem Umstand Rechnung getragen werden
muss, dass ein adoptiertes Kind nicht ein genetisch eigenes Kind ersetzen kann. Aus medizinischer Sicht stellt die Leihmutterschaft eine der besten Methoden dar, um die Probleme der Unfruchtbarkeit zu überwinden.13
Abschließend lässt sich sagen, dass die reproduktive Medizin in den letzten Jahrzehnten
solch rasante Entwicklungen gemacht hat, dass es der Gesellschaft und auch dem Gesetzgeber nahezu unmöglich ist und sein wird, Schritt zu halten und sämtliche Probleme
befriedigend zu lösen. Trotzdem muss eine rechtlich einheitliche Lösung angestrebt werden, um zumindest grundsätzliche Fragestellungen zu beantworten.
11
https://www.vfgh.gv.at/cms/vfghsite/attachments/1/3/5/CH0006/CMS1330075079553/staatsbuergerschaft_leihmutter_b13-10.11.pdf,
14.11.2014, 10:00 Uhr.
12
http://research-journal.org/featured/law/moralno-eticheskie-voprosy-pravoprimeneniya-surrogatnogomaterinstva/ 13.11.2014 21:01
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http://research-journal.org/featured/law/moralno-eticheskie-voprosy-pravoprimeneniya-surrogatnogomaterinstva/ 13.11.2014 21:01
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