Ameisenfauna verschiedener Vegetationsund Nutzungsstrukturen im Projektgebiet WENDEHALS-TAGUNG HOHENHEIM 16.07.2015 Referent: Dr. Wolfgang Münch Leitung: Prof. Dr. Klaus Schmieder Untersuchungsflächen/Untersuchungsmethode 2 Untersuchungsflächen 2013-2015: 373 Probeflächen in 32 Untersuchungsgebieten (km-Quadrate), entspricht durchschnittlich ca. 11-12 Probeflächen pro km-Quadrat Unterschiedliche Vegetations- bzw. Nutzungstypen, Ameisenaufnahmen und Vegetationsaufnahmen auf den gleichen Flächen Untersuchungsmethoden: Nestsuche mit möglichst vollständiger Erfassung aller Kolonien auf einer Probefläche (4 -15 m2* je nach Ameisendichte/Biotoptyp, Mittel 7,6 m2) Nestsuche in bzw. unter Grasbüscheln, unter Moos und Steinen, in bzw. unter Totholz, an Stellen mit Nesthügeln u.a. * Bemerkung: üblicherweise 10-30 m2, aus zeitlichen Gründen verkleinert, da es im Rahmen diese Projekts nicht so sehr darauf ankommt, das gesamte Ameisenartenspektrum einer Kartierfläche vollständig zu erfassen, Ff- u. Fg-Flächen nach SEIFERT (1986), zusätzlich Fe-Flächen (Einzelfunde) Nestkartierungen in unterschiedlichen Biotoptypen 3 Ameisennester (Schildchen) auf Halbtrockenrasen (unterschiedliche Farben entsprechen verschiedenen Arten) Nestkartierungen in unterschiedlichen Biotoptypen 4 Ameisennester (Schildchen) auf Streuobstwiese Nestkartierungen in unterschiedlichen Biotoptypen 5 Ameisennester (Schildchen) auf Ansaatfläche Erfassung und Auswertung 6 Die Lage aller Ameisenkolonien (insgesamt 2945 Nester) wurden mittels GPS aufgenommen und in das geografische Informationssystem ArcView eingelesen Registrierung der Nestform jeder erfassten Ameisenkolonie Grobe Schätzung der Koloniegröße (klein, mittel, groß, sehr groß, abhängig von der Art bzw. Gattung) Nestdichteangaben als Zahl der Nester pro 100 m2 Ergebnisse 7 32 Untersuchungsgebiete mit 373 Probeflächen 42 Ameisenarten, davon 15 gefährdete und 10 potenziell gefährdete Arten (Rote Liste Deutschland (SEIFERT 2011) Am häufigsten waren Lasius-Arten, gefolgt von Myrmica-Arten, die jedoch weniger als halb so häufig waren. Die übrigen Ameisenarten bzw. -gattungen nehmen nur geringe Anteile an den Ameisennestdichten ein. Weitaus am häufigsten: Lasius flavus u. L. niger, gefolgt von L. alienus. Sehr häufig: Solenopsis fugax, Myrmica scabrinodis, M. sabuleti und M. rubra. Häufig: Lasius paralienus, Formica rufibarbis, F. cunicularia, Tapinoma subboreale und Tp. erraticum Verbreitet: Myrmica schencki, M. ruginodis, M. specioides, Tetramorium caespitum, Dolichoderus quadripunctatus, Camponotus ligniperda und Formica fusca Arten (Camponotus) 8 oben (links): Camponotus herculeanus (Riesen-Rossameise) unten: Camponotus truncatus (Stöpselkopfameise) (Foto B. Seifert) rechts: Camponotus piceus Schwarzglänzende Rossameise) Arten (Formica) 9 Formica pratensis (Große Wiesenameise) Formica sanguinea (Blutrote Raubameise) Arten (Formica) 10 linke Reihe: Formica cunicularia (Rotrückige Sklavenameise) mittlere Reihe: Formica rufibarbis (Rotbärtige Sklavenameise) rechte Reihe: Formica clara (Lausitzer Sklavenameise) Arten (Lasius) 11 Lasius niger (Schwarzgraue Wegameise) Arten (Lasius) 12 links u. Mitte (oben): Lasius flavus (Gelbe Wiesenameise) Mitte (unten): Lasius mixtus (Schwachbeborstete Schattenameise) rechts: Lasius umbratus (Starkbeborstete Schattenameise) Arten (Dolichoderus, Tapinoma) 13 Dolichoderus quadripunctatus (Vierpunktameise) Tapinoma subboreale (Flachkerbige Blütenameise) Arten (Myrmica) 14 Myrmica curvithorax (Salz-Knotenameise) Arten (Myrmica) 15 linke Reihe u. Mitte: Myrmica sabuleti (Säbeldornige Knotenameise) rechte Reihe: Myrmica scabrinodis (Wiesen-Knotenameise) Ameisenvielfalt der Gebiete 16 Kayh [25] Hilzingen [7] Weiler/Dettingen [17] Stromberg/Bönningheim [10] Plüdershausen [8] Stromberg/Diefenbach [14] Kirchheim [9] Handschuhsheim [6] Rielasingen-Worblingen [6] Rudersberg [6] Wendelsheim [15] Stromberg/Sersheim [11] Limburg [11] Eningen [11] Michaelsberg [8] Rauenberg [11] Ofterdingen [16] Ittendorf [6] Königschaffhausen [8] Überachen/Aselfingen [7] Esslingen [8] Mössingen [18] Efringen-Kirchen/Egringen [8] Elpersheim [7] Sand/Willstätt [5] Oberstetten [8] Markdorf-Hepbach [7] Wilfingen [11] Viernheim [6] Dinkelsberg [8] Ailringen [7] Wachbach [6] 0 50 100 150 200 Abb. 1: Durchschnittliche Nestdichten (Nester/100 m2) der einzelnen Untersuchungsgebiete (jeweilige Zahl der Probeflächen in Klammern). Rot: hohe Nestdichte, beige: mittelhohe Nestdichte, blau: geringe Nestdichte 250 Ameisenvielfalt der Gebiete 17 Weiler/Dettingen [17] Hilzingen [7] Stromberg/Diefenbach [14] Kayh [25] Plüdershausen [8] Michaelsberg [8] Rudersberg [6] Wendelsheim [15] Kirchheim [9] Eningen [11] Ofterdingen [16] Limburg [11] Stromberg/Bönningheim [10] Stromberg/Sersheim [11] Oberstetten [8] Handschuhsheim [6] Elpersheim [7] Esslingen [8] Rielasingen-Worblingen [6] Rauenberg [11] Mössingen [18] Markdorf-Hepbach [7] Königschaffhausen [8] Dinkelsberg [8] Sand/Willstätt [5] Efringen-Kirchen/Egringen [8] Viernheim [6] Ittendorf [6] Wachbach [6] Ailringen [7] Wilfingen [11] Überachen/Aselfingen [7] 0 1 2 3 4 5 Abb. 2: Durchschnittliche Artenzahlen der einzelnen Untersuchungsgebiete (jeweilige Zahl der Probeflächen in Klammern). Rot: hohe Artenzahl, beige: mittelhohe Artenzahl, blau: geringe Artenzahl 6 Ameisenvielfalt der Gebiete 18 Überdurchschnittlich hohe Ameisendiversitäten: Kayh, Weiler, Hilzingen, Stromberg-Diefenbach, Plüdershausen und Rudersberg: Überdurchschnittlich hohe Nestdichten, jedoch nur mittelhohe Ameisenartenzahlen: Stromberg-Bönningheim, Kirchheim, Handschuhsheim und Rielasingen-Worblingen Überdurchschnittlich artenreich, jedoch nur mittelhohe Ameisennestdichten: Michaelsberg und Wendelsheim: Geringe Diversitäten: Wachbach, Ailringen, Wilfingen, Dinkelsberg, Überachen, Viernheim, Sand/Willstätt, Markdorf-Hepbach, EfringenKirchen/Egringen u. Mössingen Ameisenvielfalt der Biotoptypen 19 Salbei-Glatthaferwiesenbrache [3] Magere Glatthaferwiese [11] Weinberg/Weinbergbrache [9] Magerrasenweide [6] Glatthaferwiesenweide [11] Steinriegel/Mauer/Erosion/Ruderalflur [12] Salbei-Glatthaferwiese [34] Vielschnitt-Glatthaferwiese/Rasen [3] Saum/xerotherm [22] Saum/mesophytisch [26] Magerrasenbrache [9] Magerrasen [16] Fettweide [4] Salbei-Glatthaferwiesenweide [8] Glatthaferwiesenbrache [30] Glatthaferwiese [36] Trespen-Glatthaferwiese [9] Hochstaudenflur/Brombeerenbestand [3] Saum/nitrophytisch [8] Tritt- bzw. Vielschnittrasen [19] Fette Glatthaferwiese [22] Trespen-Glatthaferwiesenweide [4] Fettwiese/Fuchsschwanzwiese [19] Offene Rohböden [4] Trespen-Glatthaferwiesenbrache [3] Wiesenansaat [9] Obstbäume/Baumgruppen/Feldgehölz [30] Niederstammplantage [3] 0 50 100 150 200 250 Abb. 3: Durchschnittliche Nestdichten (Nester/100 m2) bezogen auf den Biotop- bzw. Vegetationstyp (jeweilige Zahl der Probeflächen in Klammern). Rot: hohe Nestdichte, beige: mittelhohe Nestdichte, blau: geringe Nestdichte 300 Ameisenvielfalt der Biotoptypen 20 Salbei-Glatthaferwiesenbrache [3] Steinriegel/Mauer/Erosion/Ruderalflur [12] Magerrasenbrache [9] Magere Glatthaferwiese [11] Magerrasen [16] Magerrasenweide [6] Trespen-Glatthaferwiese [9] Salbei-Glatthaferwiesenweide [8] Glatthaferwiesenweide [11] Salbei-Glatthaferwiese [34] Saum/mesophytisch [26] Saum/xerotherm [22] Weinberg/Weinbergbrache [9] Trespen-Glatthaferwiesenbrache [3] Glatthaferwiesenbrache [30] Glatthaferwiese [36] Vielschnitt-Glatthaferwiese/Rasen [3] Offene Rohböden [4] Trespen-Glatthaferwiesenweide [4] Hochstaudenflur/Brombeerenbestand [3] Tritt- bzw. Vielschnittrasen [19] Fettwiese/Fuchsschwanzwiese [19] Fettweide [4] Obstbäume/Baumgruppen/Feldgehölz [30] Fette Glatthaferwiese [22] Saum/nitrophytisch [8] Wiesenansaat [9] Niederstammplantage [3] 0 1 2 3 4 Abb. 4: Durchschnittliche Artenzahlen bezogen auf den Biotop- bzw. Vegetationstyp (jeweilige Zahl der Probeflächen in Klammern)., Rot: hohe Artenzahl, beige: mittelhohe Artenzahl, blau: geringe Artenzahl 5 6 Ameisenvielfalt der Biotoptypen 21 Je nach Biotoptyp reichen die durchschnittlichen Ameisenartenzahlen von 0,3 bis 6 Arten pro Probefläche und die Nestdichten von 11 bis 273 Nestern/100 m2. Die meisten Ameisen (Nester u. Arten) sind auf den Salbei-Glatthaferwiesen und deren Brachen, auf mageren Glatthaferwiesen, Glatthaferwiesen- und Magerrasenweiden sowie an Steinriegeln, Mauern und Erosionsstellen mit Ruderalvegetation zu finden. Überdurchschnittlich hohe Nestdichten u. mittelhoher Artenreichtum: Weinberge und deren Brachen. Auch Vielschnitt-Glatthaferwiesen bzw. Rasen mit überdurchschnittlich vielen Ameisenkolonien, allerdings nur wenigen Arten. Magerrasen und deren Brachen sowie Trespen-Glatthaferwiesen und SalbeiGlatthaferwiesenweiden überdurchschnittlich artenreich, allerdings nur mitteldicht mit Ameisenkolonien besiedelt. Mittelhohe Diversitäten: xerotherme und mesophytische Säume, Glatthaferwiesen und deren Brachen. Geringe Diversitäten: Niederstammplantagen, Wiesenansaatflächen, nitrophytische Säume, fette Glatthaferwiesen und sonstige Fettwiesen (z.B. Fuchsschwanzwiesen), Vielschnittrasen und offene Rohböden. Ameisendichten der Nutzungstypen 22 Gesamtergebnis [170] Schafweide [16] Pferdeweide [7] Mahd ohne Abräumen [25] Mulchen [21] Rasenmäher [26] Heunutzung [69] Rinderweide [6] 0 20 40 60 80 100 120 140 160 Abb. 5: Durchschnittliche Nestdichten (Nester/100 m ) aus 170 Probeflächen bezogen auf die Nutzung (jeweilige Zahl der Probeflächen in Klammern). Rot: hohe Nestdichte, beige: mittelhohe Nestdichte, blau: geringe Nestdichte 2 Ameisenvielfalt der Nutzungstypen 23 Abhängig von der Nutzungsform reicht der Ameisenartenreichtum von 2,3 bis 5 Arten und die Ameisennestdichten von 81 bis 158 Nestern/100 m2 (Mittel 121 Nester/100 m2) pro Probefläche. Höchste Ameisennestdichten: Schaf- und Pferdeweiden. Mittelhohe Ameisennestdichten: Mähen ohne Abräumen und Mulchen. Geringe Ameisennestdichten: Vielschnittrasen (Rasenmähernutzung), Mähwiesen mit Heugewinnung und Rinderweiden. Letztere sind allerdings größtenteils Nachweiden auf Heuwiesen oder Fettweiden auf nährstoffreicherem Grünland. Mahdhäufigkeit hat einen großen Einfluss auf die Ameisendiversität (wurde im Rahmen der Strukturkartierungen allerdings, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht ermittelt). Häufigkeiten von Nestformen 24 Erdhügelnest [1207] Erdnest [389] Erdnest in/unter Grasbüschel [235] Erdnest unter Moos [212] Erdhügelnest in Grasbüschel [185] Erdnest/kleiner Erdhügel [184] Erdnest unter Gras-Moos-Decke [76] Erdnest unter Moospolster [61] Erdnest unter Stein [53] Totholznest [50] Erdhügelnest mit Moosdecke [38] Erdbultnest [37] Erdnest/kleiner Erdhügel in Grasbüschel [30] Erdnest/kleiner Erdhügel mit Moosdecke [28] Erdnest mit Moosdecke in Grasbüschel [26] Erdnest mit Erdbult [20] Hügelnest (Formica s. str.-Nest) [14] Grasbüschelnest [14] Erdhügelnest mit Gras-Moos-Decke [13] Erdnest/kleiner Erdhügel mit Gras-Moos-Decke [12] Erdnest mit Erdbult u. Moosdecke [12] Erdbultnest mit Moosdecke [11] Erdnest unter Stein u. Moos [10] Erdhügelnest mit Moosdecke in Grasbüschel [10] Erdnest unter Totholz [9] Erdnest in Grasbüschel mit Moosdecke [9] Erdhügelnest mit Stein [9] Erdbultnest in Grasbüschel [9] Erdnest mit Erdbult in Grasbüschel [8] Erdhügel-Erdbultnest [7] ERnnest unter Moospolster in Grasbüschel [5] Erdnest mit Erdbult unter Gras-Moos-Decke [5] Erdbultnest unter Gras-Moos-Decke [5] Erdhügelnest mit Totholz [4] Erdhügelnest mit Moospolster [4] Erdhügelnest/Hügelnest (Formica-Gründungsnest) [3] Sonstiges [1] Erdnest unter Sonstigem [1] Erdnest in Grasbüschel mit Stein [1] 40,1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Abb. 6: Häufigkeiten (%) der einzelnen Nestformen unter den 2945 kartierten Ameisenkolonien im Gesamtgebiet (jeweilige Zahl der Nester in Klammern). Rot: sehr häufig, rosa: häufig, beige: mittelhäufig, blau: selten. 18 20 Häufigkeiten von Nestformen 25 Summe Wilfingen Wendelsheim Weiler Wachbach Viernheim Überachen Stromberg-Sersheim Stromberg-Diefenbach Stromberg-Bönningheim Sand Rielasingen-Worblingen Rudersberg Rauenberg Plüdershausen Ofterdingen Oberstetten Mössingen Michaelsberg Markdorf-Hepbach Limburg Königschaffhausen Kirchheim Kayh Ittendorf Hilzingen Handschuhsheim Esslingen Eniningen Elpersheim Efringen-Kirchen/Egringen Dinkelsberg Ailringen 0% 20% Erdnest unter Moos [212] 40% 60% Erdnest in/unter Grasbüschel [235] Erdnest [389] 80% 100% Erdhügelnest [1207] Abb. 7: Häufigkeiten (%) der häufigsten Nestformen in den einzelnen Gebieten (jeweilige Zahl der Nester in Klammern). Bewertung der Ameisenvorkommen 26 Mit 42 nachgewiesenen Ameisenarten sind die 32 untersuchten Gebiete zusammen sehr artenreich Außerdem konnte eine Reihe seltener und gefährdeter, meist thermophiler Arten nachgewiesen werden. Diese hohe Diversität beruht auch auf dem Strukturreichtum der berücksichtigten Gebiete und Habitate. Fazit 27 Erhaltung strukturreicher Streuobstgebiete mit unterschiedlichen Nutzungsformen fördert eine hohe Ameisendiversität. Mageres Grünland hat eine erheblich höhere Ameisendiversität als nährstoffreiches. Lineare Randstrukturen wie Säume, Störstellen, Mauern, Steinriegeln u.a. tragen zur Ameisenvielfalt eines Gebiets bei. Junge Grünlandbrachen sind sehr ameisenreich, eine weitergehende Sukzession bis hin zu alten Grünland- und Gehölzbrachen führt zu einem Rückgang der Ameisendiversität. Zur Offenhaltung von Grünland sollten ameisenschonende Methoden bevorzugt werden, d. h. Beweidung, Mahd von Hand oder mit leichtem Gerät (z. B. Balkenmäher, auch Mulcher), da dadurch die Nester geschont werden. Schwere Traktoren, wie z. B. bei der Heunutzung verwendet, können die Ameisenkolonien zerquetschen, den Boden verdichten und somit die Ameisendichte und –vielfalt stark verringern. 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