Kreuzfahrt-Boom ungebrochen

WIRTSCHAFT
SONNABEND, 23. MAI 2015
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VERBRAUCHERTIPP
Minijob wirkt sich aus
Wer heutzutage einen Minijobs (bis 450 Euro) aufnimmt und nicht nur kurzfristig ausübt, ist dadurch in
der
Rentenversicherung
pflichtversichert. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Oldenburg-Bremen
beträgt
der vom Arbeitgeber vom
Lohn einzubehaltende Beitragsanteil hierfür 3,7 Prozent. Dies erhöhe zum
einen den späteren Rentenanspruch leicht. Zum anderen und viel wichtiger sei
aber, dass dadurch vollwertige Pflichtbeiträge entstehen würden und sich der
Minijobber damit das komplette Leistungsangebot der
gesetzlichen Rentenversicherung sichern könne.
Weitere Infos unter der kostenlosen Service-Nummer
0800-100048028 oder unter
NR.118 | NORDWEST-ZEITUNG | SEITE 23
Drei Streifen, zwei Welten, ein großes Streitthema
ADIDAS
Widersprüche im Umgang mit Leiharbeitern – Einige Beschäftigte bestätigen Vorwürfe
VON DIRK FISSER
UND CHRISTIAN SCHAUDWET
RIESTE – 200, vielleicht 300
Mitarbeiter im Adidas-Logistikzentrum Rieste (Kreis Osnabrück) an der A 1 stehen an
diesem Freitagnachmittag neben den Hochregallagern. Betriebsversammlung am Tag
eins nach den schweren Vorwürfen, Adidas sei „die Hölle“.
Eigentlich will Standortleiter Roland Weber über die
neue Konzernstrategie sprechen, aber zunächst kommentiert er die Ausbeutungsvorwürfe. „Wir halten uns an
Recht und Gesetz“, ruft er. Vize-Betriebsratschef Jens Worpenberg wiederholt, was er
schon am Vortag gesagt hat:
Von Ausbeutung, wie sie in
dem Artikel der „Zeit“ be-
schrieben wird, habe er nichts
mitbekommen. An die Arbeiter appelliert er: „Bitte kommt
zu uns, sonst können wir
nicht aktiv werden.“
Er richtet seine Worte an
eine Belegschaft, die eigentlich keine ist: Ein kleinerer Teil
ist fest bei Adidas angestellt.
Die meisten arbeiten für Zeitarbeitsfirmen. „Bei Adidas ist
alles super, die Probleme gibt
es mit Zeitarbeit“, sagt eine
Arbeiterin, die vor einigen
Monaten den Sprung in die
Festanstellung geschafft hat.
„Diese Vorwürfe haben
einen wahren Kern“, sagt ein
Zeitarbeiter zu den Äußerungen seiner vier Kollegen in der
„Zeit“. „Die da oben wissen
gar nicht, wie wir hier arbeiten.“ An anderer Stelle heißt
es, eine Dauerrufbereitschaft
Kreuzfahrt-Boom ungebrochen
SCHIFFSREISEN
Zahl der Passagiere steigt rasant – Branche mit ehrgeizigen Zielen
P @ www.drv-oldenburg-bremen.de
Gründertag im
Friseurhandwerk
OLDENBURG/RZK – Viele junge
Friseure machen ihren Meister bzw. ihre Meisterin – und
dann folgt oft auch die Selbstständigkeit. Doch wie geht
man vor? Hier setzt der erste
Existenzgründertag der Fachlehranstalt des niedersächsischen Friseurhandwerks am
31. Mai in Oldenburg an. Er
bringe handwerkliche und
unternehmerische Aspekte,
die bei einer Gründung zu bedenken sind, zusammen, lobt
Wirtschaftsminister Olaf Lies
(SPD, Sande) in einem Grußwort. Themen sind etwa Finanzierung und Fördermittel,
Mitarbeiter, Löhne und Steuern. Zahlreiche regionale Berater sind beteiligt (10 bis 17
Uhr, Willersstraße 9 in Oldenburg).
c
KURZ NOTIERT
Generali zieht um
KÖLN – Deutschlands zweit-
größte Versicherungsgruppe Generali will beim geplanten Umbau des Konzerns auch Arbeitsplätze
streichen. „Wir kommen
um eine Reduzierung des
Personals nicht herum“,
sagte ein Sprecherin am
Freitag. Zahlen könne sie
aber noch nicht nennen. Im
Zuge der umfassenden Umstrukturierung soll auch die
Generali-Zentrale von Köln
nach München umziehen.
Entspannte Geschäfte: Die Kreuzfahrtbranche freut sich über Wachstum (im Bild die „Mein Schiff 2“ in Hamburg).
Ausgefeilte Konzepte locken immer mehr Urlauber. Die Orderbücher der
Reedereien sind voll.
VON FRIEDERIKE MARX
UND MICHAEL ZEHENDER
FRANKFURT/PAPENBURG
–
Kreuzfahrten
für
HeavyMetal-Fans oder Parfumliebhaber – Urlaub auf hoher See
ist längst kein Nischenprodukt mehr für betuchte Ruheständler. Das Geschäft boomt.
Die Zahl der Passagiere steigt
rasant, die Orderbücher der
Reedereien sind prall gefüllt.
Allein in diesem Jahr heißt
es Leinen los für sieben neue
Kreuzfahrt-Giganten – zwei
für den deutschen Markt: die
„Aida Prima“ und „Mein
Schiff 4“ von TUI Cruises, die
auf der zur Papenburger Meyer Werft gehörenden Meyer
Turku Oy in Finnland gebaut
wurde. Bis 2017 sollen weltweit nach derzeitigem Stand
25 neue Schiffe und damit
71 000 Betten in Dienst gehen.
Die Nachfrage nach Hoch-
293 SCHWIMMENDE HOTELS UNTERWEGS
Weltweit waren im vergangenen Jahr nach Angaben des Kreuzfahrtverbandes CLIA 293 schwimmende Hotels mit einer
Kapazität von 448 729
Betten auf hoher See
unterwegs.
seekreuzfahrten scheint vorerst ungebrochen: Seit 2004
hat sich die Zahl der Kreuzfahrer aus Deutschland verdreifacht – auf 1,77 Millionen
Passagiere 2014. Und die
Branche hat ehrgeizige Ziele.
„Bis 2016 wollen wir die 2-Millionen-Marke knacken, bis
2020 peilen wir noch einmal
eine weitere Million Passagiere an“ sagt der DeutschlandChef des Kreuzfahrtverbandes
CLIA, Michael Ungerer.
Zum Vergleich: 1993 gingen
nach Angaben des Deutschen
Reiseverbandes (DRV) gerade
einmal rund 183 000 Bundesbürger auf große Fahrt. „Die
Besonders beliebt ist der
Urlaub mit Unterhaltung an
Bord und Sightseeing an
Land bei den Deutschen.
Sie haben mittlerweile die
Briten von Platz zwei verdrängt. Nur die Amerikaner
liegen noch davor.
Kreuzfahrt ist das touristische
Segment, das derzeit am
stärksten wächst“, sagt TUICruises-Chefin Wybcke Meier.
Meier sieht noch deutliche
Luft nach oben: „Angesichts
von 70 Millionen Urlaubsreisen ist der Anteil der Kreuzfahrer noch sehr gering.“ Für
2016 seien bei TUI Cruises bereits 20 Prozent der Kapazitäten verkauft – der gleiche Wert
wie im Vorjahr, obwohl mehr
Schiffe zur Verfügung stehen.
„In Großbritannien oder
den USA sind Kreuzfahrten
schon länger ein Produkt für
den Volumenmarkt“, sagt
Meier. In Deutschland war die
BILD: DPA
Urlaubsform
wegen
vergleichsweise hoher Preise lange Zeit nur etwas für Besserverdienende. Das hat sich zuletzt mit Aida und Co. geändert. Meier spricht von einem
Nachholeffekt hierzulande.
„Aida, TUI Cruises und Co.
haben es geschafft, Kreuzfahrten aus dem Senioreneck herauszuholen“, sagt Tourismusexperte Roland Gassner
vom Marktforschungsunternehmen GfK. Inzwischen locken ausgefeilte Entertainment-Konzepte, Theater, Kino, Konzertsäle, Spa- und
Sportbereiche oder Themenreisen ein breiteres Publikum.
Dass die Nachfrage ungebrochen ist, lässt sich auch an
den Preisen ablesen. 2014
stieg der durchschnittliche
Tagespreis deutscher Anbieter
leicht um 1,38 Prozent auf
rund 173 Euro. „So wie sich
derzeit Angebot und Nachfrage entwickeln, rechnen wir
mit gleichbleibenden Preisen“, sagt Meier. Ein Preiskampf, wie er zum Beispiel im
Flusskreuzfahrtsegment tobt,
sei nicht zu erwarten.
Starke Resonanz ermuntert zur Fortsetzung
WIRTSCHAFTSBILDUNG
Mit der Mischung aus
Vortrag und Diskussion
könne man „viele Menschen abholen“. Das sagt
Professor Hans Kaminski, Direktor des Instituts
für Ökonomische Bildung (IÖB/Oldenburg).
VON RÜDIGER ZU KLAMPEN
FRAGE: Herr Professor Kaminski, auch in diesem Jahr soll
die Reihe der „Gartenvorlesungen“ des Instituts für Ökonomische Bildung (IÖB) und der
Wirtschaftsbildungsinitiative
wigy e. V. in Oldenburg fortgesetzt werden. Was ermuntert
Sie und Ihr Team?
KAMINSKI: Unser Motor ist
Institut IÖB setzt beliebte Garten-Vortragsreihe 2015 fort – Kaminski: Bürger abholen
die große Resonanz, auf die
wir mit dieser Veranstaltung
treffen. Seit 2009 ist der Andrang ungebrochen. Und wir
haben noch viele Ideen, aktuelle Debatten mit ökonomischen Grundlagen und Argumentationsmustern zu verknüpfen, was ja unsere Zielstellung ist.
FRAGE: Am 25. Juni soll Unternehmensethik das Thema sein.
Inwiefern ist das wichtig?
KAMINSKI: Die Forderung
nach mehr Moral in der Wirtschaft und Gesellschaft schallt
aus allen Kanälen. Korruption, Schwarzarbeit, Versicherungsbetrug, Steuerbetrug –
es gibt gute Gründe, zu glauben, dass es sich um ein beliebtes Gesellschaftsspiel zu
handeln scheint. Aber wir machen einen Fehler, wenn wir
NWZ-SERIE
IE
DAS 1x1 DER
WIRTSCHAFT
von Prof. Hans Kaminskii
INSTITUT FÜR ÖKONOMISCHE BILDUNG
Bereits seit 2009 veranstalten das Institut IÖB und der
Verein wigy (beide Oldenburg)
Gartenvorlesungen zum „1x1
der Wirtschaft“. Die Eintrittskarten werden von der NWZ
verlost. In der nächsten Woche wird dazu wie üblich ein
Coupon veröffentlicht.
immer nur nach schwarzen
Schafen in Politik und Wirtschaft suchen und mit Pauschalurteilen ein ganzes System infrage stellen. Wollen wir
ein sozialeres und gerechteres
Wirtschaftsund
Gesell-
schaftssystem, müssen alle
ihren Beitrag leisten. Sonst
verkommt Moral zu Moralismus. Auch als Verbraucher
oder Arbeitnehmer, wie auch
als Unternehmer gibt es viele
Ansatzpunkte, sich ethischer
Maßstäbe bewusst zu sein
und sich danach zu verhalten.
Und schließlich gibt es den
Staat, der Spielregeln in politischen Entscheidungsprozessen zu etablieren hat und entsprechende
Anreizsysteme
entwickelt, um ausuferndes
Verhalten zu begrenzen.
FRAGE: Insgesamt ...
KAMINSKI: ...wollen wir mit
einer ökonomischen Brille das
Thema auf drei Ebenen betrachten: Was kann der Einzelne tun? Was können Unternehmen tun? Wann brauchen
wir gesetzliche Rahmenbe-
dingungen?
FRAGE: Die Gartenvorlesungen sind ein Mosaikstein im
jahrelangen Bestreben des Instituts geworden, die Wirtschaftsbildung über Lehrende,
Studierende und Schüler hinaus in der Bevölkerung zu
verbessern. Hat sich wohl etwas zum Besseren verändert?
KAMINSKI: Ich glaube mit der
Kombination aus Vortrag und
Diskussion können wir viele
Leute „abholen“. Wir wollen
dazu anregen, die Dinge differenzierter zu betrachten.
Wenn ich mir die Gespräche
im Anschluss bei Bratwurst
und Bier so anhöre, scheint
mir, dass das Bedürfnis nach
solchen Veranstaltungsformaten sehr groß ist.
P @ www.nwzonline.de/wirtschaftslexikon
habe es tatsächlich gegeben.
Die Vorwürfe fallen in eine
Zeit, in der Adidas sich aufrafft. 50 Prozent mehr Umsatz
in den kommenden fünf Jahren lautet ein Ziel. Für Rieste
bedeutet das Ranklotzen.
Wenn im Sommer die Lkw mit
den neuen Kollektionen kommen, werden dort 850 Menschen arbeiten – die meisten
werden Zeitarbeiter sein.
Kupferfirma
KME streicht
340 Stellen
OSNABRÜCK/WI – Nach anderthalb Jahren der Spekulation
haben die Mitarbeiter des Osnabrücker Kupferverarbeiters
KME nun Gewissheit: 340 der
insgesamt 2200 Stellen werden gestrichen. Wie die Geschäftsleitung am Freitag auf
einer Betriebsversammlung
mitteilte, seien betriebsbedingte Kündigungen nicht zu
vermeiden. „Um den Standort
Osnabrück wieder wettbewerbsfähig zu machen, ist
dieser Schritt unvermeidbar“,
sagte Ulrich Becker, Vorsitzender der Geschäftsführung,
der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. KME kämpft seit längerem mit einer angespannten
finanziellen Situation und
ausbleibenden Aufträgen.
Wirtschaftsjunioren
der IHK geehrt
STADE/OLDENBURG/WI – Die
Wirtschaftsjunioren der Oldenburgischen Industrie- und
Handelskammer (IHK) sind
mit dem „Hanseraumpreis“
aller 36 norddeutschen IHKWirtschaftsjunioren-Kreise
ausgezeichnet worden. In der
Kategorie „In Bildung investieren“ erhielten sie den Preis
für die Broschüre „Durchstarter“, in der regionale Unternehmen speziell um Hauptund Oberschüler werben. Bei
der Hanseraum-Konferenz in
Stade nahmen Andrea-Maria
Waden, Sprecherin der IHKJunioren, und IHK-Geschäftsführer Felix Jahn den Preis für
den Kreis entgegen.
c
MARKT
Schlachtschweine: In der Woche
vor Pfingsten entwickelte sich die
Nachfrage recht lebhaft. Das Angebot fiel nicht zu umfangreich
aus. Regional ging der Bedarf
mitunter auch über das Angebot
hinaus. Auf der zuvor leicht erhöhten Basis auf ganzer Linie bestätigte Preise waren die Folge.
Für die Weiterentwicklung werden
Impulse im Rahmen des Grillgeschäftes erwartet. Fester tendierende Preise wären bei weiter
übersichtlichen Angebotsstückzahlen die Folge. Für die Woche
vom 21. bis 27. Mai nennt die
VEZG einen durchschnittlichen
Preis von 1,45 € je Indexpunkt,
drei Cent mehr als zuvor.
Schlachtrinder: Die Situation am
Markt konnte sich stabilisieren.
Ursache ist dabei ein weiter zurück pendelndes Angebot. Zuletzt
reichten die Stückzahlen gerade
aus, den Bedarf zu decken. Weitere Preisreduzierungen konnten
vermieden werden. Auch in der
weiteren Entwicklung rechnen die
Beteiligten bei gleichbleibend
kleiner Angebotsversorgung mit
zumindest stabilen Preisen. Die
VEZG nannte – wie in der Vorwoche – für QS-Ware einen R3-Jungbullenpreis von 3,60 € je kg vom
Schlachtgewicht. Für Kühe der
Klasse O3 (310 kg) blieb es bei
einem Preis von 3,13 € je kg/SG.
(Quelle: Landwirtschaftskammer
Niedersachsen, 22. Mai).