report Ein Rechtskreis ist nicht genug England für Jura-Studierende, Referendare und junge Anwälte Texte: Jördis Harbeck Teatime und Filmpremieren, Königsfamilie und Hochfinanz, beschauliche Städtchen und trendige Metropolen – England ist ein Land der Gegensätze. Und als kostengünstigere Alternative zu den USA seit Jahren das beliebteste Ziel von deutschen Studierenden, Referendaren und Anwälten. Zwischen Tradition und Moderne vermitteln international renommierte Universitäten wie Oxford, Cambridge oder das Londoner King’s College eine praxisorientierte Ausbildung auf höchstem Niveau. Der Klassiker führt noch immer: Die meisten Studenten entscheiden sich für ein Auslandssemester nach der Zwischenprüfung. Doch die Anzahl der Plätze im Rahmen des ErasmusProgramms sind begrenzt, viele Studierende organisieren ihren Aufenthalt daher selbst – angefangen bei der Bewerbung an der Wunschuniversität, über ein Anschlusspraktikum bis hin zur Finanzierung von Studiengebühren und Lebenshaltungskosten. Da diese gut und gern mehrere Tausend Euro pro Semester betragen, bieten zahlreiche staatliche und private Förderungsprogramme Unterstützung, aber häufig auch die Zieluniversität selbst – nicht selten werden dort Stipendien speziell für ausländische Studenten aufgelegt. Im Postgraduiertenbereich locken längst nicht mehr nur die bewährten General-LL.M.-Programme. Viele wollen die Gelegenheit nutzen, um neben dem Titel und gefestigten Sprachkenntnissen auch Spezialwissen in einem bestimmten Bereich zu erwerben. Und es gibt wohl kaum einen besseren Weg, dem zukünftigen Arbeitgeber gleichzeitig Engagement, Kompetenz und globales Denken zu signalisieren. Diesem Trend folgend bieten die englischen Fakultäten eine Fülle unterschiedlicher Spezialisierungen. Von All-Time-Klassikern wie Europa- oder Bankrecht bis hin zu jungen Nischengebieten wie Entertainment- oder Biotechnologierecht sind alle Schattierungen vertreten. An der Kent Law School ist es sogar möglich, ganz individuell zwei Spezialisierungen zu einem Master zu kombinieren. Auch das Angebot für Berufstätige wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Wer in England arbeitet, kann den LL.M. statt in einem, auch in zwei Jahren Teilzeitstudium erwerben. Berufstätige im Ausland dagegen profitieren von den neuen Online-Programmen. Wer lieber Praxisluft schnuppern möchte, hat im Referendariat ausreichend Gelegenheit. Die meisten Bundesländer lassen einen Auslandsaufenthalt zwar bereits ab der Verwaltungsstation zu, jedoch sollte man die Vorbereitung auf das Assessorexamen nicht unterschätzen. Empfehlenswert ist es beispielsweise, den zweiten Teil einer gesplitteten Anwaltsstation oder die Wahlstation bei einem Solicitor zu absolvieren. Im direkten Vergleich werden die Unterschiede zwischen dem englischen Common Law und dem deutschen Civil Law besonders deutlich. Immer populärer wird es, nach der deutschen Anwaltsauch die englische Solicitorzulassung zu erwerben. Lohnens- wert ist das nicht nur für einen deutschen Juristen in England, um sich mit den britischen Kollegen auf Augenhöhe zu begeben. Auch Rechtsanwälte in Deutschland (oft in Großkanzleien), die vornehmlich angelsächsische Mandanten beraten, profitieren von dieser gern gesehenen Zusatzqualifikation. Das im Jahr 2011 weitreichend reformierte Qualified Lawyers Transfer Scheme macht es möglich, den Titel nun auch berufsbegleitend zu erwerben. In einer anderen Jurisdiktion bereits zugelassene Anwälte müssen eine dreiteilige Prüfung absolvieren, mit der Kenntnisse im englischen Recht, strategisches und zielorientiertes Denken sowie rechtstechnische Fertigkeiten (beispielsweise das Entwerfen von Verträgen) Einen großen geprüft werden. Kann der Kandidat Trend gibt es in praktische Tätigkeiten in einzelnen Teilder Juristenausbereichen nachweisen, kommt grundbildung: Ohne sätzlich ein Dispens von diesen AbFremdsprachen geht es nicht schnitten oder gar der gesamten Prümehr. Anwaltsblatt fung in Betracht. Häufiger allerdings Karriere stellt nutzen Kandidaten in dieser Situation daher vor, welche den europäischen Weg: Ein deutscher Möglichkeiten Rechtsanwalt, der in England praktiziert Studierende und Referendare für und dort registriert ist, kann nach dreieinen Auslandsjähriger nachgewiesener Tätigkeit im aufenthalt haben. englischen Recht die Zulassung als Solicitor beantragen – ganz ohne Prüfung. Bisher in dieser Serie: Wer sich aber nicht in England niederHeft 2/2011 lassen will oder die Zulassung bereits Frankreich Heft 1/2012 für den Einstieg benötigt, der muss zum Benelux Transfertest antreten. Doch die Mühe lohnt sich: Neben einem Wettbewerbsvorteil auf dem deutschen Arbeitsmarkt eröffnet die Zulassung zum Solicitor auch die Chance auf eine berufliche Zukunft im Common Law – auch jenseits der britischen Insel. Die gesamte Prüfung kostet rund 5.000 Euro und muss innerhalb von fünf Jahren absolviert werden. Dies ist zwar ein langer Zeitraum, doch sollte man sich keiner Illusion hingeben: Die Vorbereitung erfordert je nach Wissensstand pro Prüfungsteil mehrere Monate. Wird daneben gearbeitet, verlängert sich die Lernphase entsprechend. Viele Kanzleien unterstützen diese Weiterbildungsmaßnahme daher mit einer Freistellung und übernehmen teilweise sogar die Kosten für einen Vorbereitungskurs in England. Ob nun Studium, Station oder Solicitor – England ruft lauter denn je. Oder um es mit James Bond zu halten: Ein Rechtskreis ist nicht genug. // anwaltsblatt karriere / 87 report r report n ng lu ge eh .E m ew B di la su (in n ng ge tra bu en er m m ew sa zu B sb nt er re i An er t+ rh nf e at on ku M er nt 2 1– U vo er rh ng vo e bu at er on M ew 6– B 8 er .8 ew B ca pf se e is se –1 b u m 2M n es o g te na r g te gf v . B or U ew her nt er : B bu ew 1– e 2 rk ng e M u um rbu on n n at f t St g f e ip ür vo + en A rh A di us er n um la re n ds - Integrierter Studiengang oder ,normales’ Jurastudium? Welche Auslandskooperationen hat meine Universität? Muss ich mich bei meiner Wunschuniversität direkt bewerben? ss ch re er re kt b ib (F n en ris ac u n ) te h n Er g be ha + ac lt F ht de i n en r E a U ) P xa n nt ar m z i 1– e al en e le r 2 rk l: sno u M u n Fi on n na te: g at f t n e zie Be + vo ru we rh A ng rb er n au ung re fs is te lle e n Vorabinformation LL.M.-Studium Auslandssemester Praktikum Studienbeginn Erstes Staatsexamen Auslandssemester Wohnungssuche Integrierte Studiengänge, zum Beispiel Im Internet - HU Berlin / King’s College London - Universität Köln / University College London www.gumtree.com www.housepals.co.uk Erasmus-Programm Über die Universität Informationen auf den Seiten der einzelnen Rechtswissenschaftl. Fakultäten Der Housing Service der einzelnen Universität vermittelt neben der Unterbringung in den fakultätseigenen Halls meist auch preisgünstige Privatunterkünfte. Allg. Informationen www.studieren-in-england.de www.educationuk.org Vom Rechtsanwalt zum Solicitor Britischer Weg Praktikum 12- oder 24-monatiger Kurs (Legal Practice Course, in Voll- oder Teilzeit) + 2 Jahre Training Qualified Lawyers Transfer Scheme - Dt.-Brit. IHK www.grossbritannien.ahk.de - Dt.-Brit. Juristenvereinigung www.dbjur.de - Kanzleien haben meist eine eigene Karriereseite, über die man sich online bewirbt. 3-teilige Eignungsprüfung mit der Möglichkeit eines Gesamtoder Teildispenses; Kosten ca. 5.000 Euro Weitere Informationen: www.sra.org.uk/solicitors/qlts.page Europäischer Weg (Richtlinie 98/5/EG) 3-jährige Niederlassung in Großbritannien bei regelmäßiger und tatsächlicher Tätigkeit 88 / anwaltsblatt karriere
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