Bericht (10/2015)

Leoni Burmeister
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Elementarbildung B.A.
4./5. Semester
Pädagogische Hochschule Weingarten
Erfahrungsbericht
THE GERMAN
KINDERGARTEN
Auslandspraktikum in London,
Großbritannien
02. August – 11. Oktober 2015
Datum: 27.10.2015
Vorbereitung:
Als ich erfahren hatte, dass wir das 2. Pflichtpraktikum auch im Ausland absolvieren können,
habe ich mich sofort dafür entschieden. In welchen Teil der Welt es gehen sollte, wusste ich
allerdings nicht. Deshalb habe ich mich schon über ein Jahr vor dem Praktikum im
Auslandsamt informiert und viel im Internet recherchiert. Ich wollte gern in ein
englischsprachiges Land reisen und deshalb suchte ich unter anderem in Südafrika,
Australien, Großbritannien, Irland und den USA nach möglichen Praktikumsstellen. Meistens
gab es in diesen Ländern deutsche Einrichtungen, bei denen ich mir größere Chancen auf
einen Platz ausrechnete. Im Anschluss bewarb ich mich bei ca. 20 dieser Einrichtungen und
bekam leider nur von den Wenigsten eine Rückmeldung. Nach einigen Wochen wurde mir
nach einem Skypegespräch mit der Leiterin ein Praktikumssplatz im „German Kindergarten“
in London angeboten. Ich erfuhr viel von der Arbeit dort und es klang wirklich interessant für
mich.
Daraufhin wendete ich mich wieder an das Auslandsamt der PH und beantragte mit deren Hilfe
das Erasmus-Stipendium. London ist ja bekanntlich die teuerste Stadt Europas und ich war
sehr froh, dass es möglich ist, diese finanzielle Unterstützung zu bekommen. Man musste sich
zwar durch viel Papierkram durcharbeiten und einige Formulare ausfüllen, aber die Mitarbeiter
im Auslandsamt haben mir sehr dabei geholfen, alles richtig auszufüllen und den Antrag
rechtzeitig einzureichen. Von dem Stipendium konnte ich zumindest die Miete für einen Monat
bezahlen, aber auch wenn es nur einen Teil der ganzen Kosten abgedeckt hat, war es auf
jeden Fall hilfreich!
Die Wohnungssuche in London war wirklich nicht einfach. Ich verbrachte unglaublich viel Zeit
damit, nach Zimmern zu suchen und mit Vermietern zu schreiben, die, wenn sie überhaupt
geantwortet haben, meistens nur Absagen parat hatten. Die Wohnungspreise sind total
überteuert und die Zimmer oft nur mit dem Nötigsten eingerichtet. Zum Glück lag meine
Einrichtung eher im Süden Londons und etwas vom Zentrum entfernt, denn dort waren die
Mietpreise einigermaßen zu ertragen. Ich habe dann noch ziemlich kurzfristig ein kleines
Zimmer in einer 5er-WG gefunden, das auch nur 25 min zu Fuß vom Kindergarten entfernt
lag.
Im Semester vor dem Auslandsaufenthalt habe ich den Englisch-Kurs „English for all“ an der
PH besucht. Dadurch konnte ich mein Englisch wieder auffrischen und vor allem das freie
Sprechen üben. Ich war zwar nach der Schule schon zweimal für wenige Tage in England,
aber damals habe ich nicht viel Englisch sprechen müssen. Nach dem Kurs fühlte ich mich
dann viel sicherer beim Sprechen.
Bevor es dann nach London gehen konnte, musste ich noch einige Dinge organisieren. Eine
Freundin, die bereits in England studiert hat, konnte mir viele Tipps geben. Ich konnte z.B. ihre
Handy-SIM-Karte und ihre Oyster-Card (Karte für Bus und Bahn) übernehmen. Das war sehr
praktisch. Ich kümmerte mich um eine Unfallversicherung, buchte meine Flüge und beantragte
noch eine VISA-Karte, damit ich auch in England Geld von meinem Konto abheben konnte.
Trotzdem tauschte ich noch einiges an Bargeld, damit ich gleich nach Ankunft die Miete
bezahlen konnte. Und dann konnte es am 2. August losgehen!
Meine Praktikumsstelle:
Der Kindergarten an dem ich das 320-stündige Praktikum absolviert habe, hat zwei Standorte
in London mit je einer Gruppe. Ich wurde im Stadtteil Herne Hill eingesetzt, wo der
Kindergarten sich in einer Kirche eingemietet hat. Insgesamt gibt es dort ca. 30 Kinder im Alter
von 2-4 Jahren, von denen viele aber nicht an allen Wochentagen da sind. Anwesend sind
dann meistens 20 Kinder pro Tag. In England beginnt die Schule für die Kinder ab dem 5.
Geburtstag, deshalb sind die Kinder etwas jünger als in deutschen Kindergärten. Der große
Gruppenraum hat viele Spielecken, es gibt ein kleines Bad und Büro, einen Garten und ein
Häuschen im Garten, das als Kunstraum umfunktioniert wurde. Die Leseecke wird jeden Mittag
in eine Schlafecke für die jüngeren Kinder umgebaut.
Jeden Morgen wurden an den
Tischen mindestens 2 offene
Aktivitäten angeboten.
Leseecke
bzw.
Schlafecke
Der Garten mit Hügel und Schuppen
Großer Sandkasten mit Kunstraum dahinter
In der Einrichtung ist es das Ziel, dass man den Kindern die deutsche Sprache und Kultur
näherbringt und demnach auch, wenn möglich, nur deutsch im Alltag spricht. Die meisten der
Kinder haben ein oder zwei Elternteile, die deutsch sprechen und nach England ausgewandert
sind. Meist ist die Familiensprache aber trotzdem englisch und deshalb waren die meisten
Kinder auch fitter im Englischen. Es gab auch Kinder, die nur im Kindergarten Kontakt zur
deutschen Sprache haben. Es war total unterschiedlich. Manche Kinder taten sich schwer,
deutsch zu verstehen, andere verstehen alles, antworten aber nur auf Englisch und wieder
andere sprechen eigentlich immer und auch sehr gut deutsch. Ich bin sehr beeindruckt, wie
gut es klappt, wenn Kinder mehrsprachig aufwachsen. Oft gibt es auch 3 oder 4 Sprachen in
den Familien, die die Kinder lernen. Und selbst die Kinder, die fast nur englisch sprechen,
verstehen vieles, wenn man deutsch spricht. Wenn man mit einer Kleingruppe gesprochen
hat, bei der mindestens ein Kind sich noch schwer mit dem Deutschen tat, dann war es am
einfachsten alles Satz für Satz auf Deutsch und direkt danach auf Englisch zu übersetzen. So
konnten die Kinder das Deutsche direkt mit dem Englischen in Bezug setzen.
Am Anfang musste ich erstmal rausfinden, welches Kind wie viel versteht, wenn ich nur
deutsch spreche. Aber meine Mentorin, die mich über den gesamten Zeitraum begleitet hat,
half mir dabei ganz gut und auch im Team wird in den wöchentlichen Teamsitzungen all das
besprochen.
Als ich am ersten Tag in die Einrichtung kam, fiel mir sofort die sehr warme und fröhliche
Atmosphäre auf. Die Kinder werden morgens von ihrer Bezugsperson empfangen und der
Umgang mit den Kindern ist sehr herzlich. Ebenfalls neu war für mich die enge Beziehung zu
den Eltern. Nach jedem Kindergartentag führte die Bezugserzieherin ein kurzes Gespräch mit
ihnen und es wurde sehr detailliert berichtet, wie der Tag des Kindes war. Das ist nur möglich,
weil der Betreuungsschlüssel im Vergleich zu städtischen Einrichtungen höher ist. Die
Mitarbeiter können dadurch auch mal 1-zu-1 mit den Kindern arbeiten und es bleibt Zeit für
Beobachtungen oder „home visits“ in der Eingewöhnung.
Eine Fachkraft führte ca. einmal pro Woche ein Reflexionsgespräch mit mir und unterstützte
mich bei der Planung der Bildungsangebote. Es war gut, immer wieder Rückmeldung zu
bekommen und das gesamte Praktikum beim Abschlussgespräch gemeinsam zu reflektieren.
Eine deutsche Köchin kocht jeden Tag im Kindergarten und als Praktikantin durfte ich dort
immer mitessen. Dadurch musste ich weniger Geld für Lebensmittel ausgeben und es war
sehr lecker.
Gleichzeitig mit mir waren auch zwei andere Praktikantinnen in der Einrichtung. Mit einer der
beiden unternahm ich auch an den Wochenenden viel. Das war echt super, denn zu zweit
macht es einfach mehr Spaß, London zu erkunden!
Freizeit:
Da ich unter der Woche erst spätnachmittags zuhause war, unternahm ich danach meistens
nichts mehr. Ich ging dann nach Hause, entspannte einfach ein bisschen oder traf mich noch
mit meinen Mitbewohnern in der Küche. Ich wohnte zusammen mit 2 Brüdern aus dem Libanon
und einem rumänischen Paar, die alle schon mehrere Jahre in England leben und sehr nett
waren. So konnte ich ganz nebenbei deren Kulturen kennenlernen. Generell ist London sehr
multikulturell. An den ersten Tagen war es noch ungewohnt, so viele Menschen aus anderen
Kulturen auf den Straßen zu sehen, aber ich habe mich sehr schnell daran gewöhnt. Die
Menschen dort sind sehr freundlich, tolerant und hilfsbereit und ich fühlte mich sofort wohl in
London.
An den Wochenenden war ich dann meistens den ganzen Tag in der Stadt unterwegs. Mit den
öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man relativ schnell überall hin (vorrausgesetzt es gibt
keine Streiks). Es gibt tolle Märkte (Camden Market, Brick Lane, Spitalfields Market, Covent
Garden,…), jede Menge Möglichkeiten shoppen zu gehen (Oxford Street, Westfield,…) und
sehr viele, unglaublich schöne Parks mitten in der Stadt (St. James Park, Primrose Hill, Hyde
Park,..).
Primrose Hill mit toller
Aussicht auf die Skyline
Kyoto Garden im Holland Park
Man kann sich auch vor der Abreise schon informieren, ob es Konzerte oder andere
Veranstaltungen gibt, die einen interessieren, damit man rechtzeitig Karten bekommt. Ich war
z.B. im Musical „Charlie and the chocolate factory“ oder in den Warner Bros. Filmstudios, wo
die Harry Potter Filme gedreht wurden. Beides kann ich sehr empfehlen!
Es lohnt sich sehr, nicht nur typische Touristenspots zu besuchen, denn London hat sehr viel
mehr zu bieten als Big Ben, St. Pauls und Tower Bridge. Ich bin oft einfach zu Fuß
umhergelaufen oder habe mir Tipps von meinen Kollegen geholt, die teilweise schon viele
Jahre in London leben.
Hilfreiche Tipps
Ich habe über die Internetplattform Spareroom mein Zimmer gefunden. Uk.easyroommate
und Airbnb fand ich auch ganz gut.
Um die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen zu können, braucht man unbedingt eine Oyster
Card, die man an jeder Bahnstation kaufen kann. Auf diese Karte lädt man dann Geld und
kann damit bezahlen. Die App „Citymapper“ ist perfekt, wenn ihr mit Bus und Bahn unterwegs
seid. Man gibt einfach Start- und Zielpunkt ein, kann dann eine Route auswählen und sieht
auch, wenn es Verspätungen geben sollte.
Fast alle Museen in London sind kostenlos! Je nachdem was einen interessiert, findet man
sicher ein Museum, das einem gefällt. Ich fand das „National History Museum“ und das
„Museum of London“ ganz gut.
Es finden regelmäßig „Street Food Markets“
statt und auch auf vielen Märkten gibt es ein
großes Angebot an Essen aus anderen
Ländern. Am Wochenende habe ich gern
Gerichte probiert, die man sonst nur selten
sieht. Auch am Camden Lock Market gibt es
total viel Auswahl. Auf dem Bild sieht man nur
die Hälfte der Stände!
fs d
Das Wetter in London ist unberechenbar.
Auch wenn es morgens keine Wolke am Himmel gibt, kann es eine Stunde später richtig
regnen. Deshalb am besten immer einen Schirm dabei haben, damit man nicht klatschnass
wird.
Geld sparen:
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Anstatt für den Ausblick vom „Shard“ (höchstes Gebäude der Stadt) viel Geld zu
bezahlen, kann man im Internet kostenlos ein Ticket für „Skygarden“ buchen. Das ist
fast genauso hoch und die Aussicht ist wunderschön.
Falls ihr die St. Pauls Cathedral besuchen wollt, dann geht doch einfach zu einer
Veranstaltung anstatt ein Besuchsticket für 16 Pfund zu kaufen.
In vielen Läden gibt es einen Studenten-Rabatt, also am besten immer den
Studentenausweis dabei haben und auch danach fragen.
Fazit
In den vergangenen 10 Wochen in England konnte ich sehr viele Erfahrungen machen. Zum
einen natürlich für meinen beruflichen Weg, da ich in der Einrichtung viel dazugelernt habe
und es viel Spaß gemacht hat dort zu arbeiten. Davon abgesehen war es auch ein großes
Abenteuer für mich. London ist sehr abwechslungsreich und die Stadt hat mir sehr gut gefallen.
Natürlich ist das Leben dort sehr teuer, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Dank des
Stipendiums hatte ich auch mehr finanzielle Mittel. Ich konnte in diesen Wochen mein Englisch
verbessern, habe sehr viele Dinge erlebt und gesehen und mit meinen Mitbewohnern und den
Kollegen liebe Menschen kennenlernen dürfen. Ich würde mich jederzeit wieder für ein
Auslandspraktikum entscheiden und bin dankbar für all die schönen Erinnerungen.
Zustimmungsklausel:
Hiermit stimme ich zu, dass mein Erfahrungsbericht auf der Homepage des
Akademischen Auslandsamtes/ International Office veröffentlicht werden darf.
Weingarten, 27.10.15