Departement Gesundheit und Soziales Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Merkblatt – Andere Kinder der Adoptiveltern (Art. 264 ZGB) Die eigenen Kinder Zu den anderen Kindern im Sinne von Art. 264 ZGB gehören ohne Rücksicht darauf, ob sie mündig oder unmündig seien, - eheliche Kinder, auch wenn die Ehe geschieden und die Kinder dem anderen Elternteil zugewiesen worden sind; - aussereheliche Kinder im Verhältnis zur Mutter sowie zum Vater mit Standesfolge; - aussereheliche Kinder ohne Standesfolge im Verhältnis zum Vater (beschränkt auf die Unterhaltspflicht); - Adoptivkinder der Adoptiveltern. Eigene Kinder, die von Dritten adoptiert worden sind, fallen dagegen ausser Betracht. Die Zurücksetzung der anderen Kinder - wann ist sie unbillig Wann eine unbillige Zurückversetzung vorliegt, ist auf Grund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Wesentlich ist vorab die Abwägung der Vorteile der Adoption für das Adoptivkind und ihrer Nachteile für die anderen Kinder. Die Zurückversetzung erscheint dann nicht als unbillig, wenn die Vorteile für das Adoptivkind nach der Wertordnung des Familienrechts eindeutig grösser sind als die Nachteile für die übrigen Kinder. Erbrecht Die Adoption eines Kindes verkleinert den gesetzlichen Erbanspruch der vorhandenen Kinder (Art. 267 ZGB). Die erbrechtliche Beeinträchtigung der vorhandenen Kinder ist nicht unbillig, wenn es darum geht, einem familienlosen Kleinkind eine neue Familie zu geben. Je älter aber das zu adoptierende Kind ist, umso geringer ist die Erziehungsfunktion der Adoption und umso weniger vermag sie die erbrechtliche Zurücksetzung der übrigen Kinder rechtfertigen. Diese gewinnt in dem Masse an Gewicht, als die erbrechtliche Begünstigung des Adoptivkindes Motiv der Adoption bildet. Unterhalt und Erziehung Mit der Adoption geht die Unterhalts- und Unterstützungspflicht auf die Adoptiveltern über (Art. 267 ZGB). Sind ihre Mittel beschränkt, so steht für den Unterhalt vorhandener unmündiger und die Unterstützung mündiger Kinder weniger zur Verfügung. Leben die anderen Kinder im Haushalt der Adoptiveltern, so kann die Adoption eines weiteren Kindes zudem die Fürsorge, welche die Eltern persönlich jedem Kind zuwenden können, aber auch die Möglichkeit äusserer Entfaltung in der elterlichen Wohnung beeinträchtigen. Unterhaltsrechtlich liegt eine unbillige Zurücksetzung vor, wenn die Adoptiveltern die Mittel nicht haben, um ausser für das Adoptivkind auch für die schon vorhandenen Kinder angemessen zu sorgen. Bei der Stiefkind-Adoption ist namentlich von Bedeutung, ob der adoptierende Ehegatte die Unterhaltsbeiträge für seine Seite 1 von 3 ausserehelichen Kinder oder Kinder aus geschiedener Ehe, die nicht in seiner Obhut leben, aufzubringen vermag. Ein wichtiges Indiz bildet die bisherige Erfüllung der Unterhaltspflicht. Veränderung der Familienstruktur Die Adoption verändert die Struktur der Familie wesentlich. Machen die Adoptiveltern das neue Adoptivkind zum Mittelpunkt, so können die bereits vorhandenen Kinder in ihrer seelischen Entwicklung geschädigt werden. Von der Familienstruktur aus gesehen kann eine unbillige Zurücksetzung darin liegen, dass das neue Adoptivkind sich wegen seines Alters oder wegen seiner körperlichen oder charakterlichen Eigenschaften nicht in harmonischer Weise in die Geschwister einfügt, sondern Zwietracht, Neid oder Hass weckt. Die Entscheidung Ob die anderen Kinder in unbilliger Weise zurückgesetzt würden, ist im Falle der geplanten Fremdadoption schon bei der Auswahl der Adoptiveltern vom Adoptiv-Vermittler mit aller Umsicht zu untersuchen. Die Platzierung ist zu unterlassen, wenn mit der Möglichkeit einer unbilligen Zurückversetzung zu rechnen ist. Im Übrigen steht die Entscheidung der Adoptionsbehörde zu. Verneint oder übergeht die Adoptionsbehörde die Frage zu Unrecht, so kann darin ein schwerwiegender Mangel im Sinne von Art. 269a Abs. 1 ZGB liegen. Eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung bildet die Einstellung der Nachkommen der Adoptiveltern. Sie ist gemäss Art. 268 Abs. 3 ZGB zu würdigen. Seite 2 von 3 Merkblatt – Die Einstellung der Nachkommen zur Adoption (Art. 268a Abs. 3 ZGB) Haben die Adoptiveltern Nachkommen, so ist im Rahmen der Untersuchung auch abzuklären, wie sie sich zur Adoption stellen. Die Einstellung ist unmittelbar festzustellen. Es genügt nicht, dass die Adoptiveltern hierüber Angaben machen oder die Nachkommen das Adoptionsgesuch mitunterschreiben. Jede Beeinflussung durch Adoptiv- oder leibliche Eltern ist auszuschalten. Die Einstellung setzt nicht Urteilsfähigkeit voraus. Um auch urteilsunfähige Kinder einzubeziehen, sieht das Gesetz nicht die Anhörung, sondern die Würdigung der Einstellung der Nachkommen vor. Die Einstellung unmündiger Urteilsfähiger wird durch Anhörung ermittelt. Bei Mündigen dürfte in der Regel genügen, wenn ihnen Gelegenheit geboten wird, sich schriftlich oder mündlich zu äussern. Die Einstellung der Nachkommen ist im Rahmen der gesamten übrigen Umstände zu würdigen. Das Gesetz verlangt nicht die Zustimmung der Nachkommen. Dagegen ist zu prüfen, ob die Adoption dennoch dem Wohl des Kindes zu dienen vermöge, ohne die anderen Nachkommen der Adoptiveltern in unbilliger Weise zurückzusetzen. Eine negative Einstellung der Nachkommen genügt nicht, um eine Adoption abzulehnen. Zu beachten sind die Motive der negativen Einstellung. Von wesentlicher Bedeutung ist bei der Würdigung der Einstellung der Nachkommen, ob das Adoptivkind in der gleichen Hausgemeinschaft mit den betreffenden Nachkommen lebt und ob Aussicht besteht, dass die negative Einstellung sich zurückbildet. Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB Gutenberg Zentrum Kasernenstrasse 4 9102 Herisau Tel. 071 353 66 60 Fax 071 353 66 61 [email protected] www.ar.ch/kesb Herisau, 1. Januar 2016 Dieses Merkblatt und weitere Formulare können Sie von unserer Homepage www.ar.ch/kesb herunterladen. Ebenso finden Sie dort die Adressen der regionalen Berufsbeistandschaften. Seite 3 von 3
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