UNI T a dO Normalerweise werden Zwillinge nicht getrennt – bei dieser Ausgabe machen wir eine Ausnahme. Dieses Mal bin ich dem Politikzirkus (und Tom) entlaufen und versorge euch im Uniressort mit spannenden Informationen rund um das UNIversum. Ob Ulmencampus, das harte Los der Doktorand*innen oder Robbenbabys, in dieser Ausgabe gibt es ein kunterbuntes Potpourri. Doch was steckt eigentlich hinter dem Mythos Uni? Wenn du im nächsten heuler hier dein Foto sehen willst, dann bewirb dich unter: [email protected] Mimi Fischer 16 How to get octor Nein, es geht nicht um Elitepartnerbörsen oder die Suche nach einem Spezialisten. Ob in Medizin, Soziologie oder Chemie – der "Doktor" ist ein akademischer Grad, den es erstmal zu erreichen gilt. Welche Aufgaben, Erfahrungen und Erkenntnisse eine Promotion mit sich bringt, habe ich für euch gesammelt. Autorinnen Loni Zacher, Alexandra Wendt und Lea Kroos fänden eine Doktorarbeit zu Elitepartnerbörsen amüsant. // Portraitfotos: privat Jonas Wagner – Schiffbau Nach gut sechs Jahren steht für Jonas Wagner nun Ende dieses Jahres die Verteidigung seiner Doktorarbeit am Lehrstuhl für Schiffbau an. Eine Promotion im Schiff- oder Maschinenbau ist eher eine Ausnahme und die Berufschancen in diesem Bereich auch ohne einen Doktortitel durchaus gut. Aber dennoch hat sich Jonas für die Promotion entschieden, da er 17 trotz Diplom noch nicht das Gefühl hatte, viel zu wissen und er wahnsinnig Lust hatte, zu forschen, neue Technologien zu entwickeln und sich auf einem – wenn auch kleinen – Themengebiet detailliertes Fachwissen anzueignen. In seiner Promotion beschäftigt er sich mit der Optimierung von Schiffsformen unter Berücksichtigung von Unsicherheiten, Wetterbedingungen und möglichen zukünftigen Brennstoffpreis- und Weltwirtschaftsentwicklungen. Die Idee für sein Thema kam von seinem Professor, danach durfte er aber recht frei und eigenständig daran „herumbasteln“. Bei Fragen oder Problemen mangelte es aber auch nie an Unterstützung. Er beantwortet die Frage, ob ihm sein Thema gefalle, mit einem großen „JA!“ und auch insgesamt beschreibt Jonas die letzten sechs Jahre der Forschung und Lehre als eine tolle Zeit, die ihm fehlen wird. Er gibt zu, dass er wirklich Glück mit seinem Lehrstuhl und dem tollen Team hat. Auch mit der Haushaltstelle auf Vollzeit, die er seit seinem zweiten Promotionsjahr besitzt, schätzt er sich glücklich und ist mit seiner Bezahlung (TVL-13) – gerade in MV – vollkommen zufrieden. Die intensive Arbeit an seinem Promotionsthema, gibt er zu, fand erst in den letzten drei Jahren statt. In einer 40-h-Woche widmete Jonas sich neben der Durchführung von Übungen, Laborpraktika, Hausaufgaben, Exkursionen und Prüfungen die meiste Zeit der Forschung. Dazu kamen nebenbei natürlich auch das Publizieren und Präsentieren, aber auch allerhand organisatorischer Kleinkram, wie das Beantragen von Forschungsgeldern und das Einwerben von Projekten. Richtig promoviert wird allerdings erst nach Feierabend, dann wird geschrieben bis die Tasten glühen und eine 50- bis 60-h-Woche ist dann auch schnell vorbei. In den Semesterferien geht es dann aber deutlich entspannter zu. Stephanie Kohl – Germanistik Universität besser aufgestellt als manch anderer Promotionsstudent: Durch ihre Arbeit am Wochenende im Ordnungsdienst von Hansa Rostock steht ihr monatlich etwa so viel Geld wie einem Stipendiaten zur Verfügung. Nach ihrer Promotion würde sie gern im kulturellen Bereich arbeiten, denn sie ist sich noch unsicher, ob die Hochschullehre sie auf Dauer ausfüllt – die Mitarbeiterstellen sind ohnehin größtenteils immer befristet. Die Chancen auf dem freien Arbeitsmarkt muss man allerdings auch realistisch betrachten: „Die Promotion öffnet viele Türen, jedoch gibt es im Kulturbereich nicht übermäßig viele freie Stellen und häufig ist man für manch interessante Stelle dann zu teuer – weil hochqualifiziert.“ Jonas Bresien – Chemie Stefanie Kohl studierte an der Universität Rostock Germanistik, Öffentliches Recht und Erziehungswissenschaften und schloss das Studium 2011 mit dem Magister ab. Im Rahmen ihres Promotionsvorhabens zum Thema „Der repräsentative Zusammenhang der Dinge. Formen des Wissens und die Modi ihrer Inszenierung in musealen Kontexten.“ will sie mithilfe von germanistischen Theorien kulturwissenschaftliche Aspekte der Darstellung und Ausstellung von Dingen interpretatorisch fassbar machen. Daneben arbeitet sie auf einer halben Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik und ist ehrenamtlich für die Uwe Johnson-Gesellschaft tätig. Sie gibt mit zwei Semesterwochenstunden den Grundkurs Literaturwissenschaft oder einen Aufbaukurs und bietet zusätzlich eine Studienberatung für Germanistikstudenten an. Dies ist ihrer Meinung nach für eine Promotion der Idealfall: 20 Stunden arbeiten, 20 Stunden promovieren. Jedoch muss man für dieses Pensum sehr diszipliniert sein, gibt sie zu. Sehr hilfreich ist dabei der enge Kontakt und Austausch mit anderen Promovierenden ihres Doktorvaters Prof. Dr. Holger Helbig. Zwar gibt es an der Universität Rostock vergleichbare Angebote – die Ansprechpartnerin für Doktoranden ist in diesem Fall Dr. Uta Buttkewitz, Leiterin der Graduiertenakademie, die unter anderem die Finanzierung von Weiterbildungsangeboten der Doktoranden koordiniert, und einen regelmäßigen Doktoranden-Stammtisch. Einen Promotionsstudentenstatus mit entsprechenden Vertretungen wie dem AStA oder StuRa gibt es jedoch nicht. Stefanie Kohl sieht sich dennoch nicht ernsthaft benachteiligt. In finanzieller Hinsicht ist sie durch die halbe Stelle an der Bachelor- oder Masterarbeiten und das Halten von Seminaren stellt für ihn keine lästige Zusatzarbeit dar, sondern bereitet ihm neben der Forschung Freude und Abwechslung. Zwar gibt er zu, dass die Promotion mit sehr viel Arbeit verbunden ist, aber er mache diese gerne. Je nach anstehenden Aufgaben arbeite er 50 bis 60 Stunden in der Woche. Zunächst war Jonas mit einer halben Stelle Mitarbeiter an der Universität Rostock. Üblicherweise sind diese Universitäts- oder Projektstellen in der Chemie auf drei Jahre angelegt, sodass man für die Promotionszeit finanziell abgesichert ist. Inzwischen bekommt Jonas allerdings ein Stipendium vom Fonds der Chemischen Industrie, mit dem sein Lebensunterhalt ebenfalls gut gesichert ist. Auch mit der Unterstützung durch seinen Themenleiter Dr. Alexander Villinger und auch Professor Axel Schulz ist er sehr zufrieden, da sie immer für ein persönliches Gespräch verfügbar seien. Seine beruflichen Chancen nach der Promotion schätzt Jonas optimistisch ein, wenn auch eine gewisse Flexibilität, was den Ort angeht, notwendig ist. Er ist zwar immatrikuliert, jedoch auch Mitarbeiter, sieht sich aber mehr in der Studentenrolle. Nachdem er vier Jahre im Fachschaftsrat aktiv war, sieht er Promotionsstudenten in Hinblick auf deren Vertretung in Studierendengremien eher außen vor gelassen. Er ist vielmehr der Ansicht, dass man als Doktorand einige Probleme im Studium, wie Vorlesungsinhalte und -anforderungen, besser einordnen kann und eine entsprechende Stimme in der Studierendenschaft sicherlich hilfreich wäre. Jenny – Humanmedizin Eine Promotion ist für Chemiker üblich, wenn nicht sogar notwendig – das weiß jeder angehende Chemiestudent. Jonas Bresien hat bereits seinen Bachelor und Master am Institut für Chemie an der Universität Rostock erworben und setzt schon seit zwei Jahren innerhalb seiner Promotion das im Master begonnene Forschungsthema fort. Er synthetisiert anorganische Ringsysteme auf Phosphorbasis, die als Bausteine für neue Phosphorverbindungen eingesetzt werden können – betreibt also Grundlagenforschung. Die Promotionszeit in der Arbeitsgruppe von Professor Schulz beträgt durchschnittlich drei Jahre, wie auch in vielen anderen Arbeitsgruppen des Instituts. Vor allem die wissenschaftliche Freiheit und die selbstständige Gestaltung seiner Forschung gefällt Jonas. Auch sein Mitwirken in der Lehre, also die Betreuung von Praktika, 18 Ich bin Studentin der Humanmedizin in Rostock und promoviere und studiere gleichzeitig. Zurzeit befinde ich mich im praktischen Jahr kurz vor dem Ende meines Studiums. Im Studiengang Medizin ist es gang und gäbe die Promotion neben dem Studium zu beginnen. Warum das so ist, habe ich mich immer gefragt, aber bis jetzt keine Antwort darauf gefunden. Die meisten meiner Kommilitonen versuchen ebenfalls ihren Doktortitel zu erlangen. Ich promoviere im Fachbereich der Neuroanatomie. Ich befasse mich seit 2012 mit neuronalen Verbindungen der Großhirnrinde, meine Arbeit beruht auf einer Metaanalyse von Rattenstudien. Die Daten werden für ein Softwareprogramm verwendet, das mein Betreuer in der Zusammenarbeit mit einem Mathematiker entwickelt hat. Vor der Promotion habe ich als studentische Hilfskraft bei meinem Betreu- er gearbeitet und habe über diesen Weg die Doktorandenstelle und das Thema bekommen. Um mich mehr auf meine Promotion konzentrieren zu können, habe ich ein Freisemester im letzten Wintersemester genommen. Und nun versuche ich die Dissertation bis zum Winter diesen Jahres zu beenden und einzureichen. Mit der Betreuung der Arbeit bin ich sehr zufrieden, von der Einarbeitung in das Thema bis hin zu Fragen und Unklarheiten meinerseits, wurde mir immer sofort geholfen, sei es per Email oder bei persönlichen Treffen. Themen wie Anstellung, Lohn und die Vereinbarkeit von Lehre und der Forschung spielen durch das parallele Studieren keine Rolle bei mir. Die Jobaussichten und das spätere Gehalt sind mit oder ohne Promotion vergleichbar. Eventuell bevorzugen große Unikliniken oder spezielle Fachrichtungen, die auf Forschung Wert legen, Absolventen mit Doktortitel. Persönlich denke ich, dass (leider) noch manche Patienten einen Arzt ohne Doktortitel nicht als richtigen „Doktor“ ansehen. Clemens Langer – Soziologie Die Doktorarbeit ist eine besondere Herausforderung – in vielerlei Hinsicht. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Forschungsthema steht auf der einen Seite. Die äußeren Umstände und deren Einfluss auf die Möglichkeiten, sich damit zu beschäftigen, stehen auf der anderen Seite. Und für jeden Promovierenden sehen diese vollkommen anders aus. Als studierter Soziologe wusste ich nach dem Abschluss für mich, dass da noch etwas fehlt, dass das Ende der soziologischen Auseinandersetzung noch nicht erreicht war. Zudem hatte sich in den letzten Semestern die Filmsoziologie als Forschungsthema mit Leidenschaft herausgestellt, der ich weiter nachgehen wollte. Gleichzeitig stellte sich mit dem Abschluss die Frage nach der zukünftigen Finanzierung – Ansprüche, Bedürfnisse und Ausgaben steigen schließlich. Eine der grundlegenden Entscheidungen war gegen Stipendien und für die Aufnahme beruflicher Tätigkeiten – gerne im universitären Bereich. Leichter gesagt als getan. Die beruflichen Erfahrungen waren und sind mir äußerst wichtig. Das Gefühl, über ein Stipendium finanziert zu werden und mich nur auf die Doktorarbeit konzentrieren zu können, spricht mich nicht an – zumal auch die Zukunft mit betrachtet werden muss. Liegt diese nach einer erfolgreichen Promotion nicht an der Universität, ist das Sammeln wichtiger berufspraktischer Erfahrungen unweigerlich hinausgeschoben. Im Gegensatz zum Stipendium verlangt ein Job in erster Linie die Konzentration auf alle anstehenden Aufgaben. Gelangt man dann noch wie ich in die außergewöhnliche Situation, derzeit zwei Stellen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät und an der Medizinischen Fakultät zu erhalten, vervielfachen 19 sich die – äußerst spannenden, aber auch vielfältigen – Aufgaben nochmals. Kontrolle von Klausuren, Begutachtung von Seminar- oder Abschlussarbeiten, Betreuung von Studierenden, Tagungen, Team-Meetings auf Englisch, Forschung live und in Farbe. Zunächst ist also der Spagat zwischen den Stellen und Aufgaben zu bewältigen, bevor sich die Frage nach der verbleibenden Zeit für die Doktorarbeit stellt. Nicht zuletzt muss aber auch noch Zeit für Freunde, Unternehmungen, Spaß, Erholung … und Filme übrigbleiben. Die äußeren Umstände spielen eine große Rolle. Sie sind das, was schlichtweg immer wieder beachtet werden muss, wenn man sich als Promotionsstudent organisieren will. Disziplin, Zeit- und Selbstmanagement sind daher wohl die größten Herausforderungen, um alle beruflichen und studienbezogenen Aufgaben effektiv unter einen Hut zu bringen. Mal geht das besser, mal schlechter. Am Ende unterscheidet sich diese Phase aber wohl gar nicht so sehr vom Schreiben einer Abschlussarbeit. Vielleicht nur, indem den äußeren Faktoren ein größeres Gewicht zukommt – und dass man nicht dem Druck eines Abgabetermins unterliegt. Und das führt wiederum zu einer größeren Eigenverantwortlichkeit … aber das ist nun einmal auch (Selbst-)Studium!
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