2015 - Universität Mannheim

Erfahrungsbericht
Studiengang: Soziologie
Austauschjahr/Semester: HWS (2014-2015)
Gastuniversität: National Chengchi University
Stadt: Taipei
Land: Taiwan
Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht die Meinung der
Universität Mannheim wider. Jeder Bericht wird vor der Veröffentlichung geprüft; die
Universität behält sich das Recht zur Kürzung vor.
Aus Spam- und Datenschutzgründen werden Name und E-Mail-Adresse des Verfassers nicht
im Internet veröffentlicht. Bei Interesse an weiteren Informationen kann das Akademische
Auslandsamt eine Anfrage an den Verfasser des Berichts versenden, in welcher dieser gebeten
wird, sich mit dem Interessenten/der Interessentin in Verbindung zu setzen.
1.Vorbereitung
Mir war von Anfang an klar, dass ich ein Auslandssemester in Asien machen möchte und
meine Wahl fiel auf Taiwan. Taiwan ist eine wunderschöne Insel mit vergleichsweise wenig
Luftverschmutzung und sehr viel Natur mit aufgeschlossenen herzlichen Menschen. Es ist ein
idealer Ort um zu studieren oder um chinesisch zu lernen. In Taiwan allgemein oder an der
NCCU gibt es sehr gute Sprachkurse und es ist dort sehr angenehm zu leben. Man kann den
Lebensstandard mit Deutschland vergleichen, wobei ich in manchen Aspekten (z.B.
Convenience Stores wie 7-11) finde, dass es noch angenehmer ist in Taiwan zu leben. Man
kann im Allgemeinen sagen, dass Taiwaner sehr offen und herzlich sind und im Vergleich zu
anderen Asiaten sehr „westlich“. Hier gibt es weniger Gefahren in kulturelle Fettnäpfchen zu
treten.
Die National Chengchi University ist bekannt für ihr breites sozialwissenschaftliches
Angebot, weshalb ich mich für diese Universität entschieden habe. Das Kursangebot ist
vielfältig und hat sofort mein Interesse geweckt und so war die NCCU meine erste Wahl bei
der Bewerbung. Anders als bei der National Taiwan University, gab es hier keine
Auswahlgespräche und ich habe direkt nach Verfassen eines Motivationsschreibens einen
Platz an der NCCU bekommen.
Ich habe an dem Buddy-Programm der NCCU teilgenommen, das bedeutet, dass mir zwei
taiwanische Studenten zugeteilt wurden, welche mich bei meiner Anfangsphase in Taipei
unterstützen und offen für sämtliche Fragen sind. Ich hatte sehr viel Glück mit meinen
Buddies. Nach Zusage auf meinen Platz an der NCCU habe ich deren E-Mail Adressen
bekommen und habe sie sofort kontaktiert, weil ich so früh wie möglich mit der
Wohnungssuche beginnen wollte und außerdem andere Fragen hatte. Ich wollte in eine WG
mit anderen Taiwanern um mehr von deren Kultur und Leben mitzubekommen und um meine
Sprachkenntnisse in Chinesisch zu üben.
Nach sehr kurzer Zeit haben beide Mädels mir ausführlich zurückgeschrieben und waren mir
eine große Hilfe. Sie empfahlen mir die Facebook-Gruppe für die Wohnungssuche, wo ich
letztendlich auch meine WG gefunden habe.
In Taiwan angekommen wurde ich mit großer Herzlichkeit empfangen. Ich bin ein paar
Wochen vor Unistart nach Taiwan gekommen um mit meinen Freundinnen noch etwas zu
verreisen. Eine von meinen zwei Buddies bot mir und meinen Freundinnen an, mit ihr und
ihrer Familie einen sieben-tägigen Familienurlaub zu machen, was wir dann auch gemacht
haben. Danach haben mir beide Buddies ein paar Orte in Taipei und die Uni gezeigt und
waren mir immer eine große Hilfe.
2. Unterkunft
Es gibt die Möglichkeit im I-House, in der Dorm oder in einer eigenen Wohnung zu wohnen.
Das I-House ist ein Studentenwohnheim nur für Internationals, und was ich gehört habe lässt
es sich dort sehr gut leben, man braucht ca. 3 Minuten zu Fuß zur Uni. Die Dorm ist direkt auf
dem Campus und ist das Studentenwohnheim für Internationals und Taiwaner. Es ist
besonders günstig, jedoch muss man sich hier ein Zimmer mit bis zu 3 weiteren
gleichgeschlechtlichen Mitbewohnern teilen und sich an strenge Regeln halten.
Ich hatte mich entschieden in einer WG zu wohnen, was sich zuerst als schwierig
herausstellte. Die Uni und meine Buddies konnten mich zwar auf die Facebook-Gruppe
verweisen, jedoch war das ein WG und Wohnungsportal auf Englisch, wo es wenige WGs mit
Taiwanern zu finden gab. Das Beste wäre gewesen ich hätte noch auf chinesisch-sprachigen
Portalen gesucht, was mir jedoch nicht möglich gewesen war. Letztendlich habe ich doch eine
WG gefunden, meine Mitbewohner waren eine Deutsche, ein Amerikaner und eine
Taiwanerin. Es war eine Wohnung in der Stadtmitte, sehr zentral und in der Nähe vom 101.
Ich bin täglich 40 Minuten mit der U-Bahn in die Uni gefahren, welche sich etwas außerhalb
von Taipei befindet. Die lange Fahrt war es mir aber wert. Ich habe für mein WG-Zimmer
250 Euro monatlich gezahlt, wobei wir uns ein großes Badezimmer und ein großes
Wohnzimmer mit Küche geteilt haben.
Durch den Kontakt zu meiner taiwanischen Mitbewohnerin habe ich noch eine Menge
weiterer Taiwanesen kennengelernt, welche zum Großteil nicht Studenten waren. So hatte ich
einen Ausgleich zum Campusleben und habe viele wertvolle Eindrücke sammeln können.
3. Studium an der Gasthochschule
Es gibt die Möglichkeit, einen FULL-TIME Mandarin Kurs zu besuchen (hierbei lernt man
fünf Tage die Woche intensiv Chinesisch), einen PART-TIME Mandarin Kurs mit
akademischen Kursen oder nur akademische Kurse zu besuchen.
Ich habe mich für die Kombination PART-TIME Mandarin Kurs und akademische Kurse
entschieden. Ich hatte zwei Mal die Woche drei Stunden Chinesisch Unterricht, welcher
ziemlich arbeitsaufwändig war. Es gab fast jedes Mal Hausaufgaben und kleine Tests.
Insgesamt habe ich in diesem Kurs sehr viel gelernt, meine Chinesisch Lehrerin war
besonders gut. Man muss vor Kursbeginn die Gebühren für den Kurs selbst bezahlen,
bekommt aber das Geld wieder zurück wenn man regelmäßig den Unterricht besucht hat und
einigermaßen gut im Abschlusstest abgeschnitten hat. Mein ganzer Kurs hat das Geld
wiederbekommen, es war keine große Schwierigkeit.
Die NCCU hat zwar ein breites sozialwissenschaftliches Angebot, aber Soziologie-Kurse auf
Englisch sind doch recht selten. Leider habe ich das erst erfahren, als ich den Platz an der
NCCU schon angenommen habe. Es gibt bestenfalls ein paar Statistikkurse auf Englisch, die
man mit anderen Masterstudenten besucht, die restlichen Soziologiekurse sind jedoch leider
auf Chinesisch.
Es gibt ein sogenanntes OIC-Programm an der NCCU das extra für Austauschstudenten
konzipiert wurde, alle Kurse sind auf Englisch. Von diesem Programm habe ich die meisten
Kurse besucht. Ich habe die beiden sozialwissenschaftlichen Kurse „Democracy and
Democratization in East and South Asia“ und „Economics and Social Change in Taiwan“
besucht, welche ich beide empfehlen kann. Der erste ist ein politikwissenschaftlicher Kurs, in
dem man viel über die politische Kultur in asiatischen Ländern erfährt, der zweite Kurs
konzentriert sich dabei nur auf Taiwan. In diesem Kurs gab es einen interessanten Fieldtrip
und die Dozenten sind äußerst freundlich und antworten auf alle Fragen rund um Taiwan.
Jeder der etwas mehr über seinen Studienort erfahren möchte sollte dringend diesen Kurs
besuchen. Ich habe einen weiteren Kurs vom OIC-Programm besucht: „An Introduction to
Taiwanese History and Culture“. Das ist ein nicht besonders arbeitsaufwändiger Kurs, wo
man noch weiteres über die Geschichte und Kultur Taiwans kennenlernen kann.
Außerhalb des OIC-Programms habe ich bei „Asian Economic Integration“ teilgenommen,
ein Wirtschaftskurs über Asien, welcher besonders spannend war.
Ich konnte mir alle Kurse mit Ausnahme vom „An Introduction to Taiwanese History and
Culture“ für mein Soziologiestudium anrechnen lassen. So lange der Kurs ein
sozialwissenschaftlicher Kurs ist, hat man meist wenige Probleme bei der Anrechnung.
Freizeit
An der NCCU gibt es sogenannte Student-Clubs. Diese reichen von sämtlichen
Sportangeboten zu Musik bis sogar zu Cocktail-Mixen. So gut wie jede Freizeitaktivität ist
hierbei aufgeführt. In der ersten Woche jedes Semesters stellen sich alle Clubs an Ständen auf
dem Campus vor.
Ich bin einer Swimming-group und dem Chor beigetreten, was nochmal eine besondere
Erfahrung war. Nicht viele Austauschstudenten besuchen diese Clubs, weshalb man hier
hauptsächlich auf Taiwaner trifft. Es wird hier hauptsächlich auf Chinesisch gesprochen,
jedoch wird für Austauschstudenten immer auf Englisch übersetzt. Man ist hier sehr
willkommen und wird herzlich aufgenommen. Hier konnte ich viele Kontakte knüpfen und
zudem meine Chinesisch Grundkenntnisse etwas üben. Hier merkt man wieder, dass Taiwaner
sehr ehrgeizig sind. In die Chorproben wurde enorm viel Arbeit reingesteckt, da der Chor
regelmäßig an Wettsingen teilnimmt. Auch die Swimming-group hat fleißig trainiert (bis zu
drei Mal die Woche) und nahmen regelmäßig an Wettkämpfen teil.
Es gibt des Weiteren ein Schwimmbad, bei dem man sehr günstig jederzeit schwimmen kann,
ein Fitnessstudio, Tennisplätze, ein Fußballplatz und ein Basketballplatz. Es gibt ein großes
Sportangebot direkt auf dem Campus.
Fazit (beste und schlechteste Erfahrung)
Eine eher weniger positive Erfahrung war das Planen und Organisieren mit anderen
Taiwanern. Sie sprechen sehr selten direkte Kritik aus, was es manchmal unpraktisch macht
zu erfahren, was sie wirklich wollen. Das war bspw. bei der Nachmietersuche ein Problem, so
war es nicht immer leicht zu erkennen ob meine taiwanische Mitbewohnerin mit meinen
Nachmieter zufrieden ist.
Meine beste Erfahrung waren kleine Wochenendtrips, bei denen ich mit ein paar Freunden
über Couchsurfing (couchsurfing.org) bei Taiwanern kostenlos übernachtet habe und
sämtliche taiwanische Städte besichtigt habe. Ich habe schon öfters über Couchsurfing bei
anderen übernachtet, aber die Erfahrung die ich in Taiwan machen durfte war unglaublich. Ich
habe noch nie so zuvorkommende, herzliche Menschen in meinem Leben kennengelernt.
Obwohl wir nur zwei Nächte bei den Familien und jungen Studenten blieben, hatte wir sehr
schnell das Gefühl sie schon ewig zu kennen. Mit offenen Armen empfangen und traurigen
Abschied waren diese Begegnungen das Highlight meines Auslandsaufenthalts.
An der ausländischen Partnerhochschule besuchte Kurse:
KursKurs
bezeichnung
SWS/
Credits
Anerkennung
an
der Bemerkungen
Universität Mannheim
Democracy and Democratization in East 2
and South Asia
Ja
Besonders nette Dozentin, es wurden auch ein
paar Filme passend zum Unterrichtsstoff
gezeigt, viele Diskussionen
Economics and Social Change in Taiwan
Ja
Ist für jeden empfehlenswert, wer etwas mehr
über Taiwan erfahren möchte, mit Fieldtrip, sehr
hilfsbereite Dozenten, viele Gastsprecher zu
speziellen Themen
An Introduction to Taiwanese History and 2
Culture
Nein
Nicht besonders arbeitsaufwändiger Kurs, viele
Filmausschnitte passend zum Thema wurden
gezeigt, mit Fieldtrip
Asian Economic Integration
Ja
Gruppeneinteilung: jede Gruppe vertritt ein
Land mit anschließende Gruppendiskussion,
auch ohne Wirtschaftskenntisse möglich zu
folgen
Nein
Sehr arbeitsintensiv, man hat jedoch sehr viel
gelernt. Es wir eher auf das Sprechen von
Chinesisch wert gelegt, weniger auf chinesische
Schriftzeichen. Der Kurs hat sehr viel Spaß
gemacht.
Chinesisch Sprachkurs
2
3
SWS = Semesterwochenstunde