Zürichsee Zürichsee-Zeitung Bezirk Meilen Samstag, 16. Januar 2016 Die Politik, nicht das Geld regiert im Verkehrsverbund Häufung von Zugausfällen war Zufall Meilen Wer abends am rechten Seeufer die S6 in Richtung Baden nehmen wollte, wurde in den letzten Tagen gleich zweimal enttäuscht. Öffentlicher Verkehr Ohne flächendeckenden Auftrag zur Versorgung mit Bahn, Bus oder Schiff wären einige Gebiete in der Region Zürichsee nur mit dem Auto erreichbar. Denn alle Linien im Zürcher Verkehrsverbund, die durch diese Region führen, sind defizitär – insbesondere die Bergbuslinien. «Wir sind kein marktwirtschaftliches Unternehmen, sondern ein Service public.» Das, was Stefan Kaufmann, Mediensprecher des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV), in einem Satz sagt, sichert dem Kanton eine flächendeckende Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von 396 Linien sind nämlich nur 26 selbstkostentragend. So werden auch Linien mit geringer Nachfrage im Netz erhalten. Sie erfüllen eine wichtige Zubringerfunktion. Ein Bus wie die Zimmerberg-Linie 133, die nur zu 13,2 Prozent kostendeckend fährt, verbindet Aussenquartiere von Horgen mit dem Bahnhof. Das erhöht die Attraktivität der linksufrigen S-Bahn. «Das Netz ergibt sich aus den vielen einzelnen Linien, und dieses durchgängige Angebot macht den ÖV attraktiv», sagt Kaufmann. Tiefe Rate bei Bergbuslinien 91 Linien im ZVV führen durch die Region Zürichsee. Keine einzige erreicht oder übertrifft 100 Prozent Kostendeckung. Lediglich ein paar Nachtlinien schaffen diese Marke, profitieren aber vom Nachtzuschlag und vom konzentrierten Passagieraufkommen. Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln gehören in der Region auch vorwiegend touristische Angebote wie der Schiffkurs Zürich– Rapperswil–Schmerikon in den Obersee oder die Luftseilbahn Adliswil–Felsenegg. Während die Oberseetour mit 49,4 Prozent fast die Hälfte der verursachten Kosten deckt, sind es bei der Seilbahn nur 15,2 Prozent. Noch tiefer ist der Kostendeckungsgrad bei Buslinien, die Bergquartiere mit See und Bahnhof verbinden oder Querverbindungen parallel zur Bahn bilden. Zum Beispiel der Bus 136 Horgen Bahnhof–Spital–Oberrieden Bahnhof, der bloss zu 12,9 Prozent kostendeckend fährt. Die Buslinie 917 von Zollikerberg Station–Oberhueb rentiert nur zu 8,8 Prozent. Das ist der dritttiefste Wert im ZVV, übertroffen nur vom Bus 543 Eglisau Bahnhof– Eglisau Tössriedern (8,1 Prozent). Kapazität für Spitzenzeiten Hohe Kostendeckung weisen die S-Bahn-Linien an den Seeufern sowie im Sihltal auf. Sie reichen von 98 Prozent (S4 Zürich HB, Adliswil, Langnau, Gattikon, Sihlwald) über 94,7 Prozent (S7 Zürich HB, Meilen, Rapperswil, Jona), 65,3 Prozent (S16 Zürich HB–Meilen/Rapperswil-Jona) bis zu 51,8 Prozent (S8 Zürich HB–Pfäffikon SZ–Rapperswil-Jona). Die Forchbahn, die als S18 geführt wird, deckt ihre Kosten zu 60,8 Prozent. Die berechneten Zahlen versuchen das Verhältnis zwischen Erträgen und Kosten einer Linie abzubilden. «Zu den Ausgaben zählen Infrastruktur-, Rollmaterialund Personalkosten – auf der gesamten Linie und zu allen Tageszeiten», führt Stefan Kaufmann aus. So lässt sich der tiefe Kostendeckungsgrad vieler S-Bahnen erklären: Im Berufsverkehr sind sie voll besetzt, in der Nebenverkehrszeit aber ist die Nachfrage tief. «Wir richten unser Angebot auf die Spitzenzeiten aus. Eine hohe Nachfrage in der Hauptverkehrszeit resultiert aber nicht automatisch in einem hohen Kostendeckungsgrad», sagt Kaufmann. Extras zahlen Gemeinden Rund 1 Milliarde Franken kostet der ZVV. Der verbundsweite Kostendeckungsgrad beträgt derzeit laut Kaufmann 65 Prozent. Die fehlenden 35 Prozent – zuletzt 340 Millionen Franken – gleichen Kanton und Gemeinden je zur Hälfte aus. Die Gemeindebeiträge berechnen sich aus den auf ihrem Gebiet liegenden Bahnhöfen und Stationen sowie aus der Frequenz der Verkehrsmittel. Je mehr und je öfter in einer Gemeinde ein Bus, ein Schiff oder eine S-Bahn hält, desto grösser ist der Beitrag ans Defizit. In einigen Fällen ge- Die S7 erreicht fast die Kostendeckung, alle anderen Linien im Bezirk Meilen sind stark defizitär. Archiv Kurt Heuberger HöcHSTe uND TieFSTe KOSTeNDecKuNG iM BeZiRK MeiLeN Nr. Linie Kostendeckung Total Kosten in Franken Defizit pro Jahr in Franken 94,7% 23 432 000 1 238 000 Top S7 Zürich HB–Meilen–Rapperswil Jona Bus 842 Uster–Mönchaltorf–Oetwil 77,7% 3 250 000 723 000 Schiff 3732 Küsnacht–Erlenbach–Thalwil 69,3% 867 000 266 000 Bus 932 Uetikon Stötzli–Uetikon Bhf 67,4% 91 000 30 000 Bus 925 Stäfa–Männedorf–Uetikon–Meilen 66,0% 995 000 338 000 8,8% 224 000 204 000 Flop Bus 917 Zollikerberg Station–Oberhueb Bus 852 Stäfa Bhf–Kehlhof–Ürikon Bhf 17,9% 393 000 323 000 Bus 91 Zürich Buchholz–Zollikerberg Station 20,8% 472 000 374 000 Bus 951 Stäfa Bhf–Laubisrüti–Ürikon Bhf 24,8% 356 000 268 000 Bus 918 Küsnacht Bhf–Gartenstrasse 27,1% 304 000 222 000 Quelle: Regierungsrat Kanton Zürich nügt auch das nicht mehr. Ganze Linien werden im ZVV selten gestrichen. Häufiger reduziert der Verbund das Angebot in Randstunden – wie bei der Buslinie 950 von Stäfa nach Oetwil. In solchen Fällen kann eine Gemeinde das Angebot auf eigene Rechnung weiterfinanzieren. Beim Bus 950 hat die Gemeindeversammlung aber den notwendigen Extrabatzen von 120 000 Franken abgelehnt. Seit dem letzten Fahrplanwechsel gibt es nach 20 Uhr keinen 950er-Bus mehr. Die Vermutung, wonach die Zahl an Buslinien steigt, die von den Ge- meinden alleine finanziert werden müssen, verneint ZVV-Sprecher Kaufmann. «Es gilt der Versorgungsauftrag, der sich auch an der Besiedlungsdichte misst, unabhängig davon, ob dort die Bewohner den öffentlichen Verkehr benutzen oder nicht.» Ansonsten würde die betreffende Gemeinde schnell intervenieren. «Wir können nicht einfach Linien streichen», doppelt er nach. Ob das so bleibt, ist allerdings ungewiss. Denn auf den Kanton Zürich kommt nach der Fabi-Abstimmung von 2014 (mehr Mittel für die Bahninfrastruktur in der Schweiz) eine zusätzliche finanzielle Belastung zu. Er muss ab 2017 zusätzlich 117 Millionen Franken für die Bahn an Bern abliefern. Gleichzeitig will der Zürcher Regierungsrat im ÖV 134 Millionen Franken einsparen. Die Gefahr besteht, dass dies zulasten des Angebots gehen könnte. Der ZVV klärt derzeit ab, wie man diese Situation meistern kann. «Eine massive Tariferhöhung wollen wir vermeiden», sagt Stefan Kaufmann. «Daher suchen wir Wege, um die Sparmassnahmen abzufedern. Alles Weitere bestimmt die Politik.» Christian Dietz-Saluz Der Hombrechtiker Finanzvorstand Daniel Wenger (parteilos) hat gleich zwei neue Posten angetreten: Seit 1. Januar ist er Geschäftsführer der neu gegründeten Spitex Bachtel AG – und seit dieser Woche neuer Verwaltungsratspräsident von Hom’Care. Das Unternehmen führt in Hombrechtikon das Altersheim Breitlen und die Spitex. Als sogenannte Kommunale Selbständige Anstalt (KSA) gehört Hom’Care vollständig der Gemeinde. Wenger wird Nachfolger von Walter Paukner, der Mitte Dezember aus beruflichen Gründen zurückgetreten ist. Mit Wenger ist das Präsidium wieder in gemeinderätlicher Hand – was ge- mäss Vertrag zwischen Gemeinde und Hom’Care auch so vorgesehen ist. Vor Paukner, der diesbezüglich eine Ausnahme bildete, hatte es der damalige Tiefbauvorstand Peter Appoloni (SVP) inne. «Ein unkonventioneller Typ» Zwei Sitze im fünfköpfigen Verwaltungsrat sind vakant, weil zeitgleich mit Paukner auch Reto Odermatt als Mitglied zurücktrat. Neben Daniel Wenger gehören die Gemeinderäte Karin Reichling (FDP, Gesellschaft) und Tino Ponato (SVP, Hochbau/Liegenschaften) dem Gremium an. In seiner Person seien die Kernkompetenzen für das Präsidium am besten vereint, sagt Wenger: «Ich bin in den Finanzen bewandert und im Gesundheitsmetier tätig.» Dies allerdings erst seit Neustem: Der 49-Jährige war bisher Verkaufsleiter bei der Migros-Genossenschaft Aare und für die Gastronomie verantwortlich. Davor hatte er auf drei Kontinenten Daniel Wenger VR-Präsident Hom’Care Hotels als Direktor geleitet. Der Stellenantritt bei der Spitex Bachtel AG – einem neu gegründeten Zusammenschluss von vier Spitex-Diensten im Bezirk Hinwil – erscheint vor diesem beruflichen Hintergrund als unkonventionelle Wende. «Ich bin ein etwas unkonventioneller Typ», sagt Wenger dazu schmunzelnd. Aus seiner bisherigen Tätigkeit als Hom’Care-Verwaltungsratsmitglied habe er sich aber ein gutes Bild der Branche machen können. Exponiertes Amt Die beiden vakanten Sitze in der Hom’Care-Führung will der Gemeinderat bis spätestens Ende Sowohl letzte Woche am Freitagals auch am Mittwochabend fiel ein Kurs der S6 von Uetikon nach Baden aus. «Dass innert fünf Tagen die gleiche S-Bahn-Linie zweimal betroffen war, ist Zufall», sagt SBB-Sprecher Oli Dischoe. Von einem generellen Problem könne keine Rede sein. Zwar führten an beiden Abenden unterschiedliche technische Störungen zum Ausfall, allerdings hätten die Ereignisse keinen Zusammenhang. «Am Freitag verhinderte ein Problem bei der Batteriespannung, dass der Zug weiterfahren konnte», führt Dischoe aus. Fünf Tage später habe eine Türstörung die Retourfahrt des Zuges verunmöglicht. Ohne Zwischenhalt Ärgerlich war der zweite Vorfall vor allem für Umsteiger, die nach Küsnacht, Zollikon oder in eines der anderen Dörfer am unteren rechten Zürichseeufer gelangen wollten. Während die S7 am Freitag einen ausserordentlichen Stopp in Herrliberg-Feldmeilen einlegte, um den Umstieg auf die S16 zu ermöglichen, geschah dies am Mittwochabend nicht. «Ausserordentliche Halte können nicht immer eingelegt werden», erklärt der Mediensprecher. Es gehe auch darum, den restlichen Zugverkehr nicht unnötig zu behindern. Dass der Ausfall am Mittwoch in Meilen allerdings weder auf dem Perron noch in der einfahrenden S7, sondern nur auf der digitalen Anzeige angekündigt wurde, kann sich Oli Dischoe nicht erklären: «Üblicherweise wird auf dem Perron und im Zug über Ausfälle informiert.» Für die Zukunft weist er Bahnkunden zudem auf den Railservice der SBB phs auf Twitter hin. Anlässe Uetikon Podiumsdiskussion über Lohndumping Finanzvorstand wird neuer Hom’Care-Präsident hoMbrechtikon Daniel Wenger übernimmt die Führung der Hombrechtiker Alters- und Gesundheitsorganisation. Mit den Gegnern des Breitlen-Neubaus will er das Gespräch suchen. 3 des ersten Quartals besetzen, wie er in einer Mitteilung schreibt. Laut Daniel Wenger führt man derzeit Gespräche mit verschiedenen Kandidaten. Diese seien jedoch nicht leicht zu finden: «Es ist ein Ehrenamt, aber gleichzeitig handelt es sich um die strategische Leitung eines Unternehmens mit vielen Mitarbeitenden und einem grossen Stellenwert in der Gemeinde.» Wenger spricht damit die Tatsache an, dass Hom’Care im Dorf auch Kritiker hat, welche die KSA für ineffizient und bürokratisch halten. Am 18. Oktober scheiterte das Projekt von Hom’Care für ein neues Alterszentrum mit Kosten von 35 Millionen Franken an der Urne. Einige Gegner hatten sich in der Interessengemeinschaft (IG) für ein finanzierbares Alterszentrum formiert. Mit ihnen will Hom’Care nun das Gespräch suchen, wie Wenger bekennt. Die IG hatte im Vorfeld der Abstimmung eine Skizze für ein Pro- jekt präsentiert, das – im Gegensatz zum offiziellen Projekt – auf Alterswohnungen verzichtet und einen in Etappen erstellten Pflegetrakt vorsieht. Dies zu Kosten von unter 20 Millionen Franken. Bevölkerung wird befragt Derzeit könne er nicht beurteilen, was am Vorschlag der IG dran sei, sagt Wenger. An einem ersten Treffen mit den Gegnern noch im Januar will er dies klären. Für den neuen Präsidenten steht fest: «Wir müssen mit den Gegnern mehr kommunizieren.» Ein Hickhack diene niemandem, und für die Breitlen brauche es in nützlicher Frist eine neue Lösung. Ausserdem wurde eine externe Firma beauftragt, das Abstimmungsresultat vom 18. Oktober mittels einer Umfrage zu analysieren. «Wir wollen wissen», erklärt Wenger, «zu was die Bevölkerung Nein gesagt hat: zum Projekt oder zu Hom’Care als Organisation.» Anna Six Am Montag, 25. Januar, findet ab 20 Uhr im Restaurant Krone in Uetikon ein Podium zur kantonalen Initiative gegen Lohndumping der Gewerkschaft Unia statt. Die Teilnehmer sind Roman Burger (Regionalleiter Unia Zürich-Schaffhausen), Hanspeter Göldi (Kantonsrat und Präsident der SP Bezirk Meilen), Beatrix Frey-Eigenmann (FDP-Kantonsrätin und Finanzvorsteherin der Gemeinde Meilen), HansPeter Amrein (Kantonsrat SVP). Moderiert wird die Diskussion von NZZ-Redaktor Andreas Schürer. e Montag, 25. Januar, ab 20 Uhr (Türöffnung 19.30 Uhr), Restaurant Krone, Seestrasse 117, Uetikon (Saal 1. OG). e-MAiL AN Die ZSZ An die Mailadresse redaktion. [email protected] können der Redaktion der «ZürichseeZeitung» eingesandte Texte auf elektronischem Weg zugestellt werden. zsz
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