82 Stufen für die Kalotten Ferdinand Barckmann, geboren am 17. April 1911 in Hamburg, wohnt in Hamburg-Altona im Stadtteil Ottensen in der Rothestraße 53, dort, wie die Anwohner sagen, wo sich auf dem Dach ein Balkon für den Taubenzüchter und eine Landebahn für Tauben befindet. Seit seinem neunten Lebensjahr ist Ferdinand Barckmann Taubenzüchter von Kalotten - eine Rasse, die ihn sein Leben lang begleiten sollte. 82 Stufen geht der heute 92-jährige Taubenzüchter seit 61 Jahren täglich morgens und abends zu seinem Taubenschlag im Dachboden eines fünfgeschossigen Hauses. Er kann dieses beruhigt tun, denn in seinem Mietvertrag steht klar und deutlich: .Taubenhaltunq erlaubt." Ferdinand Barckmann nimmt jedoch immer Rücksicht auf die Nachbarn, Sauberkeit ist bei ihm alles. Futter und Wasser hoch schleppen macht für ihn der Zuchtfreund Dalibor Daniel, der in der Nähe wohnt. Auch er hat im 5. Stockwerk seine Hochflieger, aber keine Jageklappe. Ferdinand Barckmann ist der letzte Taubenzüchter, der hoch über den Dächern von Ottensen eine Original-Hamburger Jageklappe besitzt. So hatte sie Friedrich Althof in der Geflügel-Börse von 1916 gezeichnet und den interessierten Züchtern als Angestellter der Baubehörde Hamburg zum Bau empfohlen. Hier jagt Ferdinand täglich seine gelbe Kalotten-Flucht und seine schwarzen Weißschwänze, früher auch "Holländer" genannt. Daneben hat er noch schwarze Kopenhagener. Für Kenner ein phantastisches Bild, wenn die Tauben im Kippflug ihre Kreise ziehen. Die Jageklappe wurde im Jahre 1941 gebaut. Als gelernter Hafenarbeiter konnte Ferdinand nur alte Fischkisten im Freihafen auftreiben. Diese Hafenbretter durften aber nach den damaligen Zollbestimmungen die Länge von einem Meter nicht überschreiten, sonst wurden sie beim Passieren der Zollgrenze eingezogen. Die Jageklappe überdauerte den Krieg und den Bombenhagel über Hamburg. Die Jageklappe stand bis 1995. Dann musste die zuständige Wohnungsgesellschaft das Dach neu eindecken. Die Jageklappe wurde abqebaut, War das nun das Ende der Taubenherrlichkeit? So dachte Hamburgs Züchterwelt, aber es kam anders. Ein Ingenieur nebst Helfern baute nach der Dachsanierung eine neue Jageklappe. Sie ist nicht so schick wie die alte, aber es ist wirklich besser Ferdinand ten Barckmann und seine Flugkalot- Ferdinand Barckmann auf der Jageklappe. Fotos: Lassen Kalotten gibt es kurz- und mittelschnäblig; hier eine kurze Kalotte aus der Zucht von K. H. Mohr, Tornesch. Foto: Jungnickel Modell einer Hamburger Jageklappe im Deutschen Taubenmuseum in Nürnberg. Foto: dK 8 Geflügel-Börse 18/2003 als nichts. Ein wirklich einfacher Taubenboden, welcher nach außen durch Pappe gegen den Staub abgedichtet ist. Aus dem Bretterholz sind die Nesterund diegesamte Schlageinrichtung gebaut. Als Clou im Trinkwasser ein Eisennagel. "Für das Eisen im Blut", wie Barckmann sagt. Zuchtfreund Barckmann ist ohne Zweifel ein Altonaer/Ottenser Original und außerdem ein Zeitzeuge mit einem interessanten Repertoire an Anekdoten aus dem alten Hamburg vor und nach dem Krieg. Er ist das letzte noch lebende Mitglied von ehemals 25 Mitgliedern des Ottensener Taubenclubs, welcher im Jahre 1893 gegründet wurde und sich vor 20 Jahren auflöste. Wehmütig denkt er an die 25 Jageklappen in Ottensen, von denen Kopenhagener, Kalotten, Berliner Lanqe, Schimmel und Weißschwänze flogen. Die .Klapper" führten dabei einen Konkurrenzkampf in der Flughöhe und -länge durch. Ca zwei Stunden flogen die Tauben bis zur Punkthöhe. Seine Bescheidenheit, seine Liebe zu den Tauben und sein freundliches Wesen haben Ferdinand Barckmann zu einem Menschen gemacht, vor dem man höchste Achtung haben kann. Harald Lassen
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