Fratelli in guerra Brüder im Krieg Die Männer des Brandtales (Vallarsa) unter den Waffen zur Verteidigung ihres Tales ab 24. Mai 1915 Das österreichisch-ungarische Militär rief im ersten Jahr des Krieges gegen Russland und Serbien alle Jahrgänge von 18 bis 50 Jahren zu den Waffen. Nach dem Eintritt Italiens in den Krieg wurde die Wehrpflicht auf alle Männer von 15 bis 70 Jahren und mehr ausgedehnt. Es waren drei Generationen im Krieg: Großväter, Söhne und Enkel … alle wie Brüder. Das gezeigte Material und die Dokumentation stammen aus dem Staatsarchiv in Wien und sind daher dem Copyright unterworfen. Die Ausstellung wurde von Luca Campagna, Kulturreferent der Schützenkompanie Vallarsa-Trambileno / Brandtal-Trumelays zusammengestellt Vom 28. Juni 1914 bis zum Winter 1914/15 verlor Österreich-Ungarn im Krieg gegen Serbien und in Galizien gegen Russland mehr als 1,3 Millionen Soldaten. Zwei Jahre später sollte Österreich-Ungarn den Krieg gegen diese beiden Länder gewinnen. Das russische Heer war bedeutendste und zahlenstärkste der Welt. In diesem Zeitraum fielen auch die meisten Welschtiroler, die an der Front standen (11.500 von insgesamt 55.000). Dieser hohe Blutzoll beeinflusste in entscheidendem Maße den weiteren Verlauf des Krieges. Als Italien am 24. Mai 1915 in den Krieg eintrat, hatte Österreich-Ungarn bereits die Hälfte seiner Soldaten und den Großteil seiner Elitetruppen verloren. In diesem Augenblick begann die große Zeit der Tiroler Standschützen. Diese Truppe, die bis zum Mai 1913 ausschließlich aus Freiwilligen bestand, erfasste die ganz Jungen unter 18 Jahren sowie und die Männer, die für den Wehrdienst zu alt waren. Sie hätten eigentlich nur als Reserve dienen sollen, aber wegen des großen Personalmangels waren sie praktisch die einzigen Verteidiger der Tiroler Front in den ersten Kriegsmonaten. An einigen Frontabschnitten (aber nicht im Brandtal) kam den Tiroler auch das Deutsche Alpenkorps zu Hilfe. Appell des österreichisch-ungarischen Militärkommandos an die italienischsprachigen Standschützen zur Verteidigung Tirols Die Stationierung der Kompanie an der Grenze zwischen dem Fugazze-Pass und dem Campogrosso-Pass im Detail Voralarm für die Kompanie am 24. März 1915 Am 19. Mai 1915 wurde die von Hauptmann Eugenio Rossaro kommandierte und rund 300 Mann starke Standschützenkompanie alarmiert und auf die Pässe Campogrosso und Pian delle Fugazze geschickt. Bei ihnen waren auch 17 Mann der Gendarmerie (15 Brandtaler sowie Wachtmeister Borghetti und sein Unteroffizier, sowie einige Angehörige der Finanzwache. Einige Tage später kam zur Unterstützung auch die Kompanie von Trumelays, die 140 Mann zählte. Es waren dies die einzigen Truppen, die im Brandtal gegen die Infanteriebrigade Roma und die Alpini des Bataillons Vicenza kämpften Das Kräfteverhältnis betrug 10:1 zugunsten der Italiener. Die Offiziere der Kompanien Brandtal und Trumelays am 18.12.1914 Die Zahl der am Schießstand Die Standschützen von Trumelays und Brandtal tal Trumelays einrollierten Schützen vereinigten sich laut Anweisung vom 29.10.1914 Die gesamte Tiroler Front, die sich vom Stilfser Joch bis zu den Karnischen Alpen erstreckte, wurde von 28.000 Standschützen verteidigt. Davon waren 6300 Welschtiroler. 1500 Welschtiroler Standschützen sind gefallen. Im Laufe der 40 Kriegsmonate verringerte sich die Zahl der Standschützen jedoch um 70 Prozent, da viele der Ältesten den Strapazen nicht mehr gewachsen waren, während einige der Jüngeren zu den Kaiserjägern oder den Landesschützen/Kaiserschützen wechselten. Auch innerhalb der Standschützenkompanien wurden Sturmtruppen gebildet. Wegen ihrer in den Schießständen erworbenen Treffsicherheit wurden sie von den Italienern bald gefürchtet. Die Kompanie Brandtal, die sich bald mit jener von Trumelays vereinte, war eine der wenigen, die ganze zwei Jahre in der vordersten Linie kämpften. Für weitere eineinhalb Jahre leistete sie äußerst mühsame Arbeiten im Hochgebirge im oberen Sulzberg (Val di Sole) und am Mandrone-Gletscher im Adamellogebiet. Das Kriegsende erlebte sie im Gebiet von Riva am Gardasee. Von allen Brandtaler Kriegsteilnehmern starben mindestens 120 an den verschiedenen Fronten; mindestens 30 erhielten Kriegsauszeichnungen, davon zehn Angehörige der Standschützenkompanie. Bezüglich der Gefallenen beeindruckt folgender Vergleich ganz besonders: Der durchschnittliche Prozentsatz an Gefallenen im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung betrug in der österreichisch-ungarischen Monarchie 2 Prozent, in Welschtirol 3 Prozent, im Brandtal 3,5 Prozent! Unsere Männer stützten sich auf eine lange Tradition. Sie hatten in den Schützenkompanien des Lagertales (Vallagarina) mit Andreas Hofer 1796 und 1809 gegen Napoleon gekämpft und waren vielfach ausgezeichnet worden. Bereits seit dem 15. Jahrhundert hatten sie immer wieder die Grenzen Tirols gegen Vicenza in blutigen Kämpfen verteidigt. Ihre Entschlossenheit wird auch dadurch bestätigt, dass ihr laut einem alten Privileg so wie alle Offiziere direkt von den eigenen Schützen gewählter Hauptmann Eugenio Rossaro gemeinsam mit dem GendarmerieWachtmeister Borghetti in den Jahren vor Kriegsausbruch es geschafft hatten, ein komplettes Bataillon mit 600 Freiwilligen, aufgeteilt auf drei Kompanien, aufzustellen. Als Italien den Krieg erklärte, wollten alle ihr Land verteidigen, auch die Ältesten. Bekannt ist der Fall des alten „Cecata“, der als Kaiserjäger mit Radetzky in den Italienkriegen gekämpft hatte und nun bereits 80 Jahre alt war. Er bestand so sehr darauf, seinen Beitrag leisten zu dürfen, bis er als Wachposten bei der Ortschaft Raossi eingeteilt wurde. Viele der 600 Männer des Bataillons, die im wehrfähigen Alter waren, wurden im Sommer 1914 an die Front gegen Serbien und Russland geschickt, so dass nur 300 Mann übrig geblieben waren, die sich 1915 in drei Züge teilten. Liste der Standschützenoffiziere von Brandtal und Trumelays mit Geburtsdatum, Wohnsitz und Details zur Wehrpflicht Liste der Brandtaler Standschützen, 1. Kompanie, zum 8. Februar 1915 Aufstellung der Standschützenkompanien des Lagertales (Vallagarina). Die Kompanie Brandtal zählt am 6.11.1914 304 Mann und 8 Offiziere. Beachtlich ist der Unterschied in der Munitionierung im Vergleich zu anderen Kompanien. Als Sitz der Kompanie ist die Ortschaft Raossi angegeben, wo sie von Wachtmeister Broghetti gemustert wurde. Hauptmann ist Eugenio Rossaro. Eugenio Rossaro berichtet über die 350 Gewehre im Besitz der Kompanie Die letzten Brandtaler, die zum Landsturm eingezogen und nach ärztlicher Musterung an die Ostfront geschickt wurden Requirierung von Fuhrwerken und Pferden für die Standschützen. Die Fuhrwerke entsprachen jenen der Landesschützen. Einer der drei Züge der Kompanie nannte sich „Kompanie Valmorbia“ (rund 40 Angehörige) und wurde von Oberleutnant Antonio Campagna kommandiert. Bis zum April 1916 kämpften diese Standschützen an der Brücke von S. Colombano. Zunächst verhinderten sie den Übergang der Italiener über die Brücke auf der Hauptstraße nach Rovereto, danach, als die Frühjahrsoffensive bevorstand, verteidigten sie die Brücke gegen die wiederholten Sprengungsversuche der Italiener. Ein bedeutendes Ereignis war am 6. und 7. September 1915, als die „Kompanie Valmorbia“ bei Molino Costa mit Gewehr- und Maschinengewehrfeuer einen Angriff der Infanteriebrigade Roma zurückschlug. Die am Finonchio stationierte Artillerie unterstützte sie mit einem riskanten Sperrfeuer. Die zähe Verteidigung der Brücke erlaubte der österreichisch-ungarischen Artillerie bei der Maioffensive 1916 die rasche Durchquerung der Schlucht des Leimbaches, um möglichst rasch die Truppen zu unterstützen, die alle Ortschaften der Gemeinde Trumelays und den Großteil des Brandtales eroberten und bereits in die venezianische Ebene blickten. Weitere 60 Mann der Kompanie bezogen bei Marsilli Stellung in engem Kontakt mit den Standschützen von Landeck; 100 Mann befanden sich zwischen Lizzana und Marco in der vordersten Linie, gemeinsam mit einer Gendarmerie-Kompanie, der 15 Brandtaler angehörten, von denen einige für Tapferkeitsmedaillen vorgeschlagen wurden, und mit der Kompanie Ala-Borghetto unter dem Kommando von Hauptmann Krahan. Weitere 70 Standschützen besetzten das Gebiet unterhalb von Castel Dante. In den genannten Frontabschnitten wurden die Standschützen der Kompanie Brandtal-Trumelays immer in der vordersten Linie eingesetzt, anfänglich gemeinsam mit den Standschützen von Landeck, ab November 1916 mit Landesschützen. Vielfach waren in diesen Monaten die Standschützen in der vordersten Linie, während die Landesschützen als ihre Reserve eingesetzt waren. Zwei Karten des österreichisch-ungarischen Militärkommandos, die die Stellungen der Standschützen des Brandtales und von Trumelays bezeugen Sowohl General Ignaz von Verdross, Kommandant der zur 180. Infanteriebrigade zusammengefassten vier Kaiserjägerregimenter, als auch Divisionskommandant General Ludwig Goiginger sowie der Kommandant des Deutschen Alpenkorps, General Konrad Krafft von Dellmensingen, haben sich mehrmals lobend über die Standschützen von Brandtal-Trumelays geäußert. In den ersten Tages der Krieges mit Italien sprengte die Kompanie sechs Straßenabschnitte, unter anderem die Brücke des Val delle Prigioni und einen Straßenabschnitt beim Val di Restel. Der Kompanie war die Aufgabe zugewiesen worden, durch einen hinhaltenden Widerstand das Vordringen des Feindes zu verlangsamen, um so die Zeit für den Aufbau einer Verteidigungslinie bei Rovereto zu gewinnen. Die untenstehenden Dokumente zeigen die Einheiten, die als Reserve für unsere in der vordersten Linie stehenden Standschützen dienten. Unterstützt wurden die Brandtaler durch Maschinengewehrabteilungen und durch Artillerie. Am 10. Dezember 1915 traf in Moscheri (Trumelays) ein 30,5-cm-Skoda-Mörser ein. 26. November 1915 10. Dezember 1915 Die Anweisungen des Militärkommandos Innsbruck an die Offiziere der Standschützen von Brandtal und Trumelays Informationsschreiben von Landeshauptmann Kathrein bezüglich der freiwilligen Einschreibung in die Schießstände bzw. die Tiroler Standschützenkompanien. Das Schreiben erläutert, dass der Eintritt in eine Standschützenkompanie eine gewisse Sicherheit im Falle einer allgemeinen Einberufung biete und grundsätzlich gewährleiste, ausschließlich die Grenzen Tirols verteidigen zu müssen. Ein kurzer Rückblick: Am 15. Mai 1915 stand der italienische Angriff bereits fest. Das österreichisch-ungarische Heer war durch eine Großoffensive gegen Russland in Galizien gebunden und konnte keine Soldaten an die Tiroler Front abgeben. Vom 18. bis zum 22. Mai wurden daher alle irgendwie kampffähigen Männer des Tales in die Kompanie eingeschrieben. Die soziale Lage wurde sofort verzweifelt, viele Familien stürzten in absolutes Elend. Im historischen Archiv des Brandtales sind viele traurige Fälle belegt. Ein elfjähriges Mädchen aus Matassone lebte ganz allein, nachdem ihr Vater (ihr einziger Verwandter) zum Kampf gegen die Italiener aufgebrochen war. Zwei Monate später ersuchte sie, wie viele andere, um einen kleinen staatlichen Überlebensbeitrag an. In den ersten Kriegstagen gelang es den Italienern, zwei Brandtaler Soldaten gefangen zu nehmen. Die Reaktion darauf führte laut Erinnerung der Einheimischen zum ersten italienischen Kriegstoten im Brandtal. Zu den ersten Feuergefechten kam es am Campogrosso-Pass am 24. Mai 1915, bei Matassone am 28. Mai und an den Hängen des Coni Zugna am 4. Juni. Am 5. Juni 1915 hatte die Kompanie am Ortseingang von Anghebeni einen heftigen Schusswechsel mit einer starken Vorhut der Infanteriebrigade Roma. Im Dorf erzählt man sich, dass ein toter italienischer Soldat noch Tage später unbestattet in der Nähe von Anghebeni lag. Während die italienischen Soldaten bereits das halbe Tal besetzt hatten, drangen die Standschützen immer wieder unbemerkt durch ihre Reihen, um Störaktionen durchzuführen. Die Frauen der Ortschaft Parrocchia brachten ihren Männern am Abend Lebensmittel an einen vereinbarten Ort zwischen Speccheri und Parrocchia. Die Standschützen zogen sich langsam zurück und leisteten den Italienern noch am 7. Juni bei Marsilli (Trambileno) und am 13. Juni bei Albaredo Widerstand, wobei sie mehrere Mann verloren, so Enrico Stoffella von Brandtal und danach Luigi Trentini von Trumelays. Ab Anfang Juli kämpfte etwa die Hälfte der Kompanie zwischen Marco und Lizzana im Etschtal zur Unterstützung der Kompanie Ala-Borghetto. Diese hatte General Antonio Cantore, Kommandant des fünften italienischen Armeekorps, der glaubte, mit seinen mehreren zehntausend Mann Rovereto mit Leichtigkeit erobern zu können, mit ihren Gewehren gebührend empfangen. Er wurde von einigen wenigen Schützenkompanien aufgehalten. Die Kämpfe waren in diesem Frontabschnitt besonders heftig. Darüber berichtet Antonio Leoni aus Nogaredo (Jahrgang 1899): „Im Juli gab es einen ersten Versuch eines Bataillons italienischer Soldaten, die 100 Schützen des Brandtales anzugreifen. Auf dem Feld blieben mindestens 100 Italiener und zwei Standschützen, beide mit Kopfschuss. Am 1. August wurden vier Schützen, die zu einer nächtlichen Erkundung gegen Marco aufgebrochen waren, von den Italienern getötet.“ Bereits zu Beginn des Krieges mit Italien begannen manche Lebensmittel knapp zu werden; die Weinberge wurden nicht mehr bearbeitet. Aus diesem Grund unternahmen die für die Versorgung der Kompanie zuständigen Schützen am 23. August einen Stoßtrupp bis zu den feindlichen Linien bei Marco und nahmen den Italienern große Mengen Wein ab. Antonio Leoni berichtet weiters über den 3. September1915: „Ein Bataillon mit 1000 Mann des Generals Cantore griff die 100 Verteidiger aus Brandtal und Trumelays bei Marco an. Die Scharfschützen der Kompanie leisteten ihr Bestes. So gelang es einem von ihnen beim dritten Versuch, einen italienischen Unteroffizier auf 1600 Meter Entfernung zu treffen.“ Dank ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit wäre den Italienern dennoch beinahe der Durchbruch gelungen, weshalb die bei Lenzima stationierte österreichische Artillerie eingreifen musste. Mit einem riskanten Sperrfeuer schlug sie die Angreifer zurück. Am nächsten Tag griff erneut ein frisches Infanteriebataillon an. Die Standschützen täuschten einen Rückzug vor und lockten die Italiener in ein über Nacht gelegtes Minenfeld. Die List funktionierte und die Italiener blieben unter hohen Verlusten stecken. Das erneute Eingreifen der Artillerie von Lenzima schlug die italienischen Infanteristen und Bersaglieri endgültig in die Flucht. Bei dieser und anderen Gelegenheiten haben unsere Standschützen bewiesen, dass sie nach den Regeln des gnadenlosen modernen Krieges kämpfen konnten. Sie kämpften gegen die zahlenmäßig immer weit überlegenen Gegner mit Stör- und Guerillaaktionen, wussten sich aber auch bei Frontalangriffen mit höchster Präzision in Zusammenarbeit mit der Artillerie zu bewegen, die das Feuer ganz knapp vor die eigenen Truppen legte und ihnen so gegen einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner half. Nachdem sich die Front stabilisiert hatte, bezog die Kompanie Stellung in der Hauptkampflinie, die in aller Eile zwischen Lizzana, Moscheri und dem Brücke von San Colombano eingerichtet worden war. Von da an, und für rund ein Jahr, hatten die 300 Mann keinen Kontakt mehr mit ihren Familien, die in dem von den italienischen Truppen besetzten Teil des Tales geblieben waren. Als die Bevölkerung dann im Mai 1916, nachdem die Front durch die Maioffensive Richtung Italien verschoben worden war, in das österreichische Binnenland evakuiert wurde, konnten einige Brandtaler auf der Fahrt durch Rovereto kurz mit ihren Lieben zusammentreffen. Die Bevölkerung des südlichen Teils des Brandtales wurden hingegen über den Fugazze-Pass und Schio in Lager in Italien gebracht. Viele Familien kamen nie wieder zusammen. Schon ab Ende Mai trafen zahlreiche weitere Tiroler Standschützenkompanien ein, um die Standschützen von Brentonico, auf dem Monte Altissimo sowie die Kompanien Ala und Brandtal/Trumelays, die zwischen Lizzana und San Colombano die vorderste Linie hielten, zu unterstützen. Die Neuzugänge besetzten die Hauptkampflinie Biaena-Etsch-Monte Ghello-Finonchio. Das Bataillon Brixen mit 452 Mann und 23 Offizieren bezog im Abschnitt zwischen Isera und Rovereto Stellung, das Bataillon Landeck mit 728 Mann in Rovereto und das Bataillon Meran III (210 Mann) am Ghello. Das Gesuch und die endgültige Zuteilung der Offiziere von Brandtal und Trumelays zur Kampfgruppe Krahan Die Schützenkompanie von Brandtal und Trumelays ging als einzige der Standschützenkompanien Welschtirols (heute Trentino) zum Gegenangriff über und nahm an der Frühjahrsoffensive vom Mai 1916 teil, gemeinsam mit je einem bosnisch-herzegowinischen, böhmischen und ungarischen Bataillon der Sturmabteilung von Stark sowie den Standschützen von Imst, Glurns, Kufstein, Gries und Meran. Dabei wurden in blutigen Kämpfen die Ortschaften Marco und Mori sowie die Berghänge an der Zugna Torta mit Albaredo und Costa Violina oberhalb von Rovereto erobert. Die Ungarn errichteten in Marco und Castel Dante oberhalb von Rovereto Denkmäler zu Ehren ihrer tüchtigen Kriegskameraden, auch jener von Brandtal und Trumelays. Nach Kriegsende ordneten die italienischen Behörden die Zerstörung der Denkmäler an. Die Offensive begann am 15. Mai mit einer intensiven, 15 Stunden dauernden Artillerievorbereitung auf die italienischen Stellungen. Danach begann der gleichzeitige Infanterieangriff aller Einheiten mit den Standschützen von Brandtal und Trumelays. Angriffsziel war die Eroberung von Castel Dante und Costa Violina auf der einen und Albaredo auf der anderen Seite. Die italienischen Soldaten der Infanteriebrigade Taro und der 118. Abteilung Festungsartillerie wurden sofort überrannt. Die österreichischen Soldaten drangen durch die Verbindungslücken zwischen den italienischen Bataillonen und auf der linken Seite des Brandtales vor. Gegen 11 Uhr fiel die Stellung bei der Ortschaft Sich und um 14 Uhr Castel Dante. An vielen Stellen wurden die Soldaten der Infanteriebrigade Taro, die unvorsichtiger Weise in der vordersten Linie konzentriert waren, umgangen und gefangen genommen. Jene, die sich retten konnten, wurden auf die Linie Lavini di Marco-Costa Violina-Albaredo zurückgenommen. Zu ihrer Unterstützung trafen zahlreiche Truppen ein: das Alpinibataillon Val d’Adige, zwei Reservebataillone der Brigade Taro, das 114. Bataillon der Brigade Mantova und die gesamte Brigade Sicilia. Der österreichische Vorstoß, an dem die Männer von Brandtal und Trumelays beteiligt waren, hatte jedoch seine volle Wucht entfaltet und zwang die Italiener zum weiteren Rückzug Richtung Zugna Torta. Am 17. Mai eroberte die österreichischen Soldaten Costa Violina. Dabei wurde der Leutnant Damiano Chiesa gefangen genommen, ein Roveretaner, der zu den Italienern übergelaufen war und nicht davor zurückgeschreckt war, sechs Monate lang seine Heimatstadt Rovereto zu beschießen. Ein weiterer Frontabschnitt an dem unsere Standschützen kämpften, war mit Sicherheit bei der Ortschaft Marco, die am 18. Juni besetzt wurde, nachdem das 42. Bataillon der italienische Bersaglieri vertrieben worden war. Cristiano Lorenzi von Camposilvano, Jahrgang 1883, kämpfte zwischen Lizzana und Marco in einer Gendarmerie-Kompanie gemeinsam mit der Hälfte der Standschützenkompanie Brandtal. Er wurde mit dem nebenstehenden Antrag für eine Auszeichnung vorgeschlagen. In den ersten drei Tagen der Offensive verlor das italienische Heer im Frontabschnitt der Standschützen von Brandtal und Trumelays 2700 Mann an Gefallenen und Verwundeten. Allein am 16. Mai wurden 700 Italiener gefangen genommen. Am 18. und am 19. Mai wurden am Zugna Torta mehrere Angriffe vorgetragen, die sich aber am „Trincerone“, einem stark befestigten Schützengraben, festliefen. Die Standschützen stellten die Angriffe ein und bezogen Stellung an dieser Frontlinie, die längere Zeit unverändert blieb. Die Landesschützen der 88. und der 98. Brigade drangen weiter in das Brandtal ein und bereiteten die Schlachten am Buol-Pass, am Test, am Parmesan usw. vor. Für die Kämpfe im Rahmen der Maioffensive (für die Italiener „Strafexpedition) wurden der Kompanie mehrere Tapferkeitsmedaillen verliehen. Erwähnt seien Guido Raoss, Giuseppe Piazza, Umberto Gios, Eugenio Rossaro, Giuseppe Comper, Emilio Marisa, Albino Maule, Federico Omenigrandi. Während der folgenden Offensiven kämpften auch andere Brandtaler in anderen Formationen an vorderster Front gegen die Italiener, so z. B. Antonio Cobbe aus Zocchio, Zugsführer in der 98. Landsturm-Brigade, der bei den heftigen Kämpfen am Boul-Pass fiel, oder der Kaiserjäger der IX. Brigade Virginio Plazzer, der an der Verteidigung des Monte Spil und der Quote 1801 am Monte Corno beteiligt war und zwei Jahre lang sein Heimathaus in Dosso aus nächste Nähe sah, ohne es besuchen zu können. Das gleiche Schicksal teilte mit ihm der Landesschütze Ambrogio Nave, der am Monte Corno verletzt wurde und dann auf der Edelweiss-Linie Zugna Torta-Foppiano eingesetzt wurde, von wo er aus nicht einmal einen Kilometer Entfernung sein Haus sah, das von italienischen Soldaten besetzt und ausgeplündert wurde. Skizze der österreichischen Beobachter der italienischen (rot) und österreichischen (blau) Stellungen im Gebiet C. MazzanaBuole-Pass-Monte Zugna vom 7. Juni 1916 Weitere Skizzen mit Angabe der Landesschützen-Kompanien (blau), in denen auch Brandtaler kämpften, im Bereich des BuolePasses Auch Luigi Daldossi kämpfte am Monte Zugna. Er wurde dort gefangen genommen und nach Piemont gebracht. Ebenso war Umberto Broz, genannt „cana“, aus Obra mit Sicherheit nach seiner Verwundung in Galizien im Bereich Werk Valmorbia-Pilosetta. Es ist bezeugt dass einige dieser Männer nach Kriegsende nicht mehr in ihre besetzte Heimat zurückkehren wollten und dass sie den Rest ihres Lebens mit ihren Kindern in Österreich verbrachten. Die offizielle Geschichtsschreibung, wonach die Welschtiroler Soldaten nicht an der Tiroler Front kämpften, weil man sie für unzuverlässig hielt, ist daher zu revidieren. Für die Brandtaler trifft diese Behauptung jedenfalls nicht zu. Eine äußerst detailreiche Skizze der Situation des III. Landesschützen-Regimentes in Stellung zwischen Aste und dem Selvata-Kamm. Von den Hängen des Passo Buole zeichneten die Österreicher die italienischen Geschütze im oberen Brandtal ein Am 6. Juni 1916 waren die österreichisch-ungarischen Artilleriebeobachter bereits am Gipfel des Monte Testo angekommen und hatten die Skizzen mit den Koordinaten angefertigt, die es erlaubten, den Abschnitt Buole Pass-Monte Corno unter Beschuss zu nehmen. Vor allem die zähe Verteidigung der Brücke von San Colombano durch die Standschützen von Valmorbia hatte es der österreichischen Artillerie ermöglicht, rasch den eigenen Truppen am Pasubio Unterstützung zu gewähren. Die Frontlinie im Brandtal am 14. August im Zuständigkeitsbereich der Landesschützen von der Zugna Torta bis zum Monte Spil mit Angabe der Scheinwerfer, der Schützengräben und der Besonderheiten der jeweiligen Abschnitte Die erste und die zweite Linie der Front zwischen dem Werk Valmorbia und dem Monte Spil am 18. September 1916 Nach der Maioffensive wurde das Brandtal ein weitläufiges Kampfgebiet. Zur Vorbereitung des Kampfes mussten Truppenunterkünfte errichtet, Schützengräben und Stollen gegraben und der Nachschub organisiert werden. Die nebenstehende Karte zeigt in roter Farbe die 30 geräumigsten Kavernen zwischen dem „sasso in aria“ ober Valmorbia und dem Monte Testo, die als Unterkünfte für die österreichischen Truppen dienten. Im nächsten Dokument sind für jede Kaverne die Anzahl der Soldaten sowie Anmerkungen verzeichnet. Projekt für Schützengräben zwischen Zugna Torta und Foppiano vom 29. Juni 1916 Einige Männer der Standschützenkompanie Brandtal; zweiter von rechts in der mittleren Reihe ist Hauptmann Eugenio Rossaro, an seiner Rechten Oberleutnant Antonio Campagna. Zweiter von rechts stehend ist Luigi Chiasera, ganz links stehend wahrscheinlich Enrico Stoffella, der infolge der Kämpfe gegen die Italiener am Zugna Torta starb. Nachdem im Frühjahr 1917 die Front im Brandtal und am Pasubio mit den aus allen Teilen der Monarchie kommenden Truppen stabilisiert worden war, wurde die Standschützenkompanie Brandtal-Trumelays in den Abschnitt Adamello-Tonale im Befehlsbereich der 49. Infanteriedivision verlegt, um die am Mandrone- und am Lobbie-Gletscher vordringenden Alpini aufzuhalten. Aufgeteilt auf verschiedene Züge leisteten die Standschützen äußerst mühsame Arbeiten, zu denen nur erfahrene Bergsteiger fähig waren. Sie brachten bis auf die höchsten Gipfel in der Val Genova, wo die Geländebeschaffenheit keinen Seilbahnbau zuließ, Lebensmittel, Munition und Brennholz und brachten die Verwundeten zu Tal. Sie litten bei Erfüllung ihrer Pflicht unsagbare Qualen, weil sie geschwächt, unterernährt und der Kälte und den Lawinen schutzlos ausgeliefert waren. Das englisch-französische Embargo, dem sich dann Amerika anschloss, sperrte Österreich von jedem Nachschub aus, die Lebensmittelknappheit begann bereits unter Soldaten und Zivilbevölkerung Opfer zu fordern. Am 27. Dezember 1917 zählte die Kompanie nur noch 49 Mann. Im Juni 1918 hatte sich die Kompanie Brandtal von ursprünglich 300 Mann auf 42 verringert, sie wurde daher mit den Kompanien Arco-Riva, Valsugana und Trient zusammengelegt und bildete das 4. Standschützenbataillon Trient, das im Sarca-Tal und im Etschtal für verschiedene Dienste eingesetzt wurde. Im Vergleich zum bisherigen Dienst war dies die reinste Erholung. Liste der zur Eisenbahn-Sicherheitsabteilung versetzten Brandtaler Standschützen General Ignaz von Verdroß, Kommandant der lange Zeit in der Hölle des Pasubio stationierten 180. Brigade, schrieb am 18. April 1925: „…der Welschtiroler Bauer ist immer ein guter Patriot gewesen. Die Kompanien Brandtal und Vielgereuth haben sich in unseren Reihen an der Front immer als tapfere Verteidiger verhalten“. Die große Fahne, die Erzherzog Albrecht von Österreich-Teschen gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Kompanie geschenkt hatte, zeigte einen mächtigen schwarzen Doppeladler auf goldenem Grund. Die Fahne ging leider im Kampf verloren und konnte nicht mehr gefunden werden. Eine Seite der Fahne der Standschützenkompanie Brandtal Die vollständige Liste der Ausrüstung der Kompanien des Lagertales. Rechts ein Lieferschein über Verbandspäckchen für die Standschützen Nach den blutigen Kämpfen zwischen Rovereto, Pasubio und Buole-Pass im Jahr 1916 änderte sich die Kriegsführung im Brandtal grundlegend. Die Heere hatten sich in einem Gelände festgesetzt, in dem es fast unmöglich war, den Gegner aus seinen Stellungen zu werfen. Die Italiener erhielten außerdem Hilfe in Form von Truppen, vor allem aber von Munition und Lebensmitteln aus Frankreich, England und den USA. Im Jahr 1917 kam es, neben dem Minenkrieg, vor allem zu zahlreichen Aktionen mit wesentlich kleineren Einheiten. Es handelte sich um rein demonstrative Unternehmen oder um Störaktionen, die in militärischer Hinsicht keine nennenswerten Ergebnisse brachten, außer dass sie die Zahl der Toten, Verwundeten und Versehrten vermehrten. Nach dem Willen der Generäle sollten diese Aktionen den Kampfgeist der Truppe wachhalten. Untenstehend der Originalbericht über einen österreichischen Angriff gegen die italienische Talsperre am Leno (Leimbach) in der Nacht vom 11. auf den 1. Februar 1917. Zahlreiche wissenschaftliche Studien ergeben ein Bild vom Brandtal in den unmittelbaren Vorkriegsjahren, das keine Zweifel offen lässt. Das Archiv von Giovanni Pedrotti beschreibt unser Tal als das am meisten österreichtreue von ganz Welschtirol, mit einer äußerst aktiven Sektion des Tiroler Volksbundes. Das wird von vielen anderen Autoren bestätigt, angefangen bei Klaus Gatterer, der immer wieder die Politik des Innsbrucker Landtages in Bezug auf Welschtirol kritisch beurteilte. Nach Kriegsende kamen einige Männer des Tales wegen ihrer antiitalienischen Einstellung in Konzentrationslager in Sardinien und Süditalien, so z.B. der unglückselige Kaiserjäger Vittorio Robol, der in Castellamare di Stabia bei Neapel starb; er hatte längere Zeit Meerwasser trinken müssen, weil man ihm kein Trinkwasser gab. Sofort nach dem 24. Mai 1915 waren in den italienisch besetzten Gebieten alle Personen interniert worden, die der Sympathie für Tirol und Österreich verdächtigt wurden. Der Pfarrer von Parrocchia, die Kapläne von Valmorbia, Albaredo, S. Anna und Riva sowie der Kurat von Matassone wurden sofort ins Exil geschickt und durch Militärgeistliche ersetzt, die augenblicklich die kirchlichen Riten und das gesamte kirchliche und gesellschaftliche Leben im Tal veränderten. Die meisten Frauen des Brandtales blieben, wie bezeugt ist, der Sonntagsmesse fern, da sie nicht bereit waren, Propagandapredigten für Italien zu hören, während ihre Männer nur wenige Kilometer entfernt gegen die italienischen Aggressoren kämpften. Die Abneigung gegen die Eindringlinge wurde noch dadurch verstärkt, dass man Bescheid wusste, dass einige junge Frauen des Tales von den italienischen Militärbehörden entfernt worden waren, um ihr Schwangerschaft – die Folge von Vergewaltigungen durch italienische Soldaten – zu verbergen. Die entsprechenden Akten von Carabinieri und Militärbehörden befinden sich im Staatsarchiv in Trient. Nach dem Krieg haben zuerst die italienischen Militärbehörden und dann alle folgenden römischen Regierungen verboten, die Standschützen auch nur zu erwähnen. Die Denkmäler und die Gräber, die an sie erinnerten, wurden systematisch zerstört und durch andere ersetzt, die den römischen Mythos beschworen (z.B. der römische Bogen im Gemälde des hl. Vigilius in Parrocchia). Die Körper der Gefallenen wurden exhumiert und sowohl in den Akten als auch den Inschriften zu „Befreiten“ erklärt (ein Beispiel befindet sich im Militärfriedhof am Buole-Pass. Die „Legione Trentina“, der irredentistische Kriegsheimkehrer angehörten, verfolgte jeden, der sich im österreichischungarischen Heer ausgezeichnet hatte und der noch Sympathien für seine eigenen Wurzeln und Traditionen zeigte. Die Uniformen der Standschützen und besonders die Medaillen und Auszeichnungen wurden aus Angst vor Schikanen versteckt. Die nachkommenden Generationen wurden direkt vom Regime erzogen. Von sechs Jahren aufwärts wurde ihnen in den verschiedenen Altersgruppen der faschistischen Jugendorganisation („figli della lupa“, „balilla“, „avanguardisti“ usw.) bis zur Universität und bei der Arbeit die faschistische Ideologie eingetrichtert, mit dem Ergebnis, dass innerhalb einer Generation die jahrhundertealte Identität und das Zugehörigkeitsgefühl fast vollständig verloren gingen. Auch der Name unseres Landes wurde mit Gesetz abgeschafft und jede Erinnerung an jene Welt, die seit 600 Jahren auf Mitteleuropa ausgerichtet war, für immer ausgelöscht. Die Erinnerung an die Geschichte, an die Taten und die Opfer unserer Väter ging verloren. Erst jetzt, 100 Jahre später, beginnt man mit anderen Augen auf jene Ereignisse zu schauen und unseren Vätern, Großvätern und Urgroßvätern die gebührende Anerkennung und Bewunderung zu zollen. Einer der wenigen Fälle auf der Welt, in denen der Name einer ganzen Region geändert wurde. Bis dahin war der Name, der sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch als auch in allen Dokumenten verwendet wurde, um unsere Region zu bezeichnen: Tirol. Die Legione Trentina war unmittelbar nach Kriegsende für mehrere Fälle von Gewalt gegen Personen verantwortlich, denen Sympathie oder Nostalgie für die habsburgische Vergangenheit Tirols nachgesagt wurde. Die Internierung und Verfolgung der Tiroler begann bereits im Mai 1915 und dauerte Jahrzehnte an. Ein wichtiges Mittel zum Auslöschen aller Spuren der jahrhundertealten Tiroler Identität war die Entfernung aller Erinnerungen an die im Krieg gefallenen Welschtiroler Soldaten.
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