Haushaltsrede Freie Wähler

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Stellungnahme der Fraktion Freie Wähler
zum Entwurf des Kreishaushalt 2016
Kreistagssitzung am 14.12.2015
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Landrätin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Kreistages,
meine sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe mir selten so schwer getan wie in diesem Jahr bei der Erstellung unserer
Stellungnahme zum Kreishaushalt 2016. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Erstens vermissen wir noch etwas die Transparenz des Haushalts, die ja unter
anderem ein Vorteil der Doppik sein soll. Es ist eine ziemliche Fleißarbeit Ansätze zu
vergleichen oder Herauszubekommen wo und warum Plansätze erhöht wurden. Die
Landkreisverwaltung bemüht sich, wird jedes Jahr besser und hat uns versprochen,
dass die Erläuterungen im nächsten Jahr verständlicher bzw. Änderungen
nachvollziehbarer werden.
Zweitens tut man sich mit Anträgen schwer, weil der Haushaltsentwurf der
Kreisverwaltung dem Kreistag jedes Jahr noch weniger Gestaltungsspielraum lässt.
Das ist im Übrigen kein Vorwurf, sondern die bloße Feststellung, dass die
Pflichtaufgaben des Kreises, insbesondere im sozialen Bereich ungebremst jährlich
anwachsen. Wir beklagen dies jedes Jahr, haben aber nach wie vor kein Konzept,
noch nicht einmal eine Idee, wie wir diese Entwicklung bremsen geschweige denn
stoppen können.
Was mir und uns allen aber wohl am meisten Probleme bei Zukunftsplanungen
macht und irgendwie alles überlagert, ist die große Unsicherheit wie es in der
Flüchtlingspolitik weitergeht.
Während die Einbringung der letzten Haushalte vor allem durch die Finanzkrise und
dann durch die Staatsschuldenkrise begleitet war, stehen wir zum heutigen Zeitpunkt
vor anderen politischen Herausforderungen. Kriege und humanitäre Katastrophen
bestimmen die täglichen Nachrichten. In der Folge sind Millionen Menschen auf der
Flucht. Viele Asylbewerberinnen und Asylbewerber kommen nach Deutschland, in
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den Landkreis Sigmaringen und unsere Städte und Gemeinden. Die Auswirkungen
dieser Krisenherde auf die Weltwirtschaft und damit letztlich auch auf unsere
finanzielle Lage können nicht vorhergesehen werden. Diese Unsicherheit ist auch
deutlich aus dem Vorbericht des Kreiskämmerers herauszulesen: „Ob die kalkulierten
Aufwendungen und Erträge für die Flüchtlingsunterbringung ausreichen ist derzeit
nicht abschließend kalkulierbar, weil kein Mensch weiß, wie viele Flüchtlinge
tatsächlich 2016 in Deutschland aufgenommen werden und wie sich die Kosten dann
auf den Kreishaushalt auswirken.“
Da auch wir leider (oder Gott sei Dank) nicht hellsehen können,
eine Ende der Zuwanderung nicht absehbar ist,
und wir erst am Beginn einer Herausforderung stehen für die wir – zumindest
erkennbar - noch keinen ausreichenden Plan haben,
werden wir für 2016 keine finanzwirksamen Anträge stellen.
Wir sehen davon ab, obwohl der Kreishaushalt über eine Liquidität verfügt von der
andere, vor allem Kommunen nur träumen
und trotz einer unterdurchschnittliche Verschuldung.
Wir brauchen sozusagen ein „Sabbatjahr“. Nicht um uns auszuruhen – wie mancher
jetzt denkt – sondern um uns Zeit zu nehmen für konzeptionelle, strukturelle
Überlegungen.
Unsere Gesellschaft wird sich durch diese Zuwanderung verändern. Die Landkreise,
die Städte und Gemeinden müssen mit dieser Situation umgehen und da liegt noch
ein langer Weg vor uns.
Die Unterbringung ist das Eine. Hier leistet der Kreis Sigmaringen und vor allem die
Kreisstadt bereits Überdurchschnittliches. Wir danken an dieser Stelle der
Kreisverwaltung für das engagierte Auftreten für die Interessen des Landkreises und
wir danken den Sigmaringer Bürgerinnen und Bürgern, dass sie die größte Last
tragen.
Und wir danken aber auch allen ehrenamtlich Tätigen, den Hilfsorganisationen und
allen, die sich für die Aufnahme, die Versorgung oder die Integration der Flüchtlinge
engagieren. Dafür gebührt allen Respekt und Anerkennung.
Wir regen in diesem Zusammenhang an, dass angesichts der anstehenden
Neuauflage der Internetseite des Landkreises baldmöglichst eine Rubrik eingerichtet
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wird mit aktuellen Informationen, Kontakten und Hilfestellungen zum Thema
Asylbewerber. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Internetseite des Landkreises
Ravensburg. Meins Wissens entsteht auch gerade eine Seite: www.AsylnetzSigmaringen.de.
Aber die Unterbringung ist wie gesagt „nur“ das Eine. Uns sollte, uns muss aber
daneben ebenso die Frage beschäftigen wie es weitergeht:
Wohnraum, Ausbildungs- und Arbeitsplätze, Schulen, Kinderbetreuung, medizinische
Versorgung, also schlichtweg alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration.
Das sind unsere Herausforderungen der nächsten Jahre!
Beispiel Schulen: Bei unseren Kreisschulen stehen wichtige Entscheidungen über
erhebliche Investitionen auf der Agenda. Die Kreisverwaltung und der Kreistag
müssen unter Berücksichtigung der aktuellen Situation und der leider kaum
absehbaren Veränderungen, eine Schulentwicklungsplanung erarbeiten. Anlässlich
des unbestritten dringenden Sanierungsbedarfs an der Bertha-Benz-Schule ist die
Schulkonzeption zu überprüfen. Die aktuell prognostizierten Schülerzahlen werden
sich erhöhen, Einzugsgebiete verändern sich und wir werden vielleicht auch neue
Schwerpunkte setzen müssen. Letztlich wird die Prüfung auch zeigen, ob eine
Sanierung wirtschaftlich ist oder ein Neubau die bessere Lösung.
Es wäre wünschenswert, wenn diese Schulkonzeption ebenso gemeinsam entwickelt
und am Ende einstimmig (fast einstimmig) verabschiedet würde, wie wir dies bei der
Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans für die B 311 demonstriert haben. Das
war ein gutes Miteinander und ich bin überzeugt, dass wir damit bzw. nur so auch
Erfolg haben werden.
Dass ein gemeinsames, einmütiges Auftreten Erfolg hat zeigt auch die Entwicklung
unserer Kliniken. Wir haben es geschafft allen drei Standorten eine Zukunft zu
geben. In Bad Saulgau wird gebaut und Sigmaringen ist man auf der Zielgeraden.
Ein Glücksfall für den Landkreis Sigmaringen und die medizinische Versorgung
seiner Bürgerinnen und Bürger.
Wir begrüßen, dass für das nächste Jahr wieder eine Klausurtagung des Kreistages
geplant ist. Wir sollten diese nutzen um die Schwerpunkte, Ziele und finanziellen
Eckpunkte der nächsten Jahre festzulegen. Dort besteht dann auch Raum für die
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Themen der mittelfristigen Finanzplanung, für die „Platzhalter“ eingestellt sind. Wir
haben deshalb darauf verzichtet diese heute zu kommentieren.
Wir werden in den nächsten Jahren weder Zeit noch Geld haben uns mit „Klein,
klein“ zu beschäftigen, vielmehr sind unsere gemeinsamen Herausforderungen wie
gesagt deutlich andere.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die gute wirtschaftliche Ausgangslage, der hohe
Beschäftigungsstand oder die niedrigen Zinsen nicht nennenswert verschlechtern.
Wir werden also dem vorgelegten Haushaltsentwurf, den Änderungen und der
Kreisumlage zustimmen und wie bereits ausgeführt und begründet keine
finanzwirksamen Anträge stellen.
Ich gebe zu, unsere Stellungnahme klingt auf den ersten Blick wenig optimistisch.
Dieser Eindruck wäre aber falsch! Wir sehen es nur so, dass es aktuell keinen Sinn
macht, bei dem aus unserer Sicht akzeptablen und nachvollziehbaren
Haushaltsentwurf, verzweifelt nach Einsparungsvorschlägen zu suchen oder
Prüfungsaufträge zu erteilen, zumal in einer Zeit, die geprägt ist durch einen lange
nicht mehr dagewesenen Verlust an Planungssicherheit.
Es macht aber wie gesagt Sinn sich im nächsten Jahr Leitlinien zu geben für die
kommunale Bewältigung der aktuellen Entwicklung.
Über allem steht die Wahrung des sozialen Friedens. Da wäre es schon ein Anfang,
wenn wir Alle etwas mehr Demut und Zufriedenheit zeigen würden. Angesichts der
Entwicklungen in Europa bzw. auf der Welt, angesichts der Krisen, der Kriege und
der Millionen Menschen, die sich auf der Flucht befinden, sind unsere Probleme und
unser Gejammer manchmal etwas schwer verständlich. Die meisten Menschen
dieser Erde wären glücklich wenn es Ihnen so „schlecht“ ginge wie uns!
Natürlich ist es auch richtig, dass wir uns unseren Wohlstand ja auch erarbeiten
mussten. Dennoch sollten wir unser Handeln nicht von der Angst leiten lassen, ein
wenig von unserem Wohlstand, von dem Glück hier leben zu dürfen, abgeben zu
müssen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Aufgaben des Landkreises sind nicht weniger und die Probleme nicht kleiner
geworden. Sie, liebe Frau Landrätin Bürkle, und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
haben 2015 einen guten Job gemacht, dafür möchten wir uns zum Schluss noch
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einmal ganz herzlich bedanken. Unser Dank gilt auch den Kolleginnen und Kollegen
des Kreistages für das gute Miteinander.
Die kommenden Feiertage erlauben uns hoffentlich durchzuschnaufen und uns den
Dingen zu widmen, die wichtig sind und immer zu kurz kommen: Freunde und
Familie. Nutzen Sie die Chance Kraft zu schöpfen für das kommende Jahr - wir
werden sie brauchen. Wir wünschen Ihnen wunderschöne Weihnachten, einen
rauschenden Jahreswechsel, für das kommende Jahr Ihnen und Ihren Familien alles
Gute und vor allem Gesundheit.
Doris Schröter, Fraktionsvorsitzende